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Berliner Biographien (R)

Rabinowitsch-Kempner, Lydia
* 22. August 1871 in Kowno/ Litauen
† 3. August 1935 in Berlin
Naturwissenschaftlerin

In einer jüdischen Familie aufgewachsen, studierte und promovierte sie in der Schweiz. 1894 trat R.-K. als erste weibliche Assistentin eine Stelle am Berliner Institut für Infektionskrankheiten an, das seit 1891 vom Begründer der modernen Bakteriologie Robert Koch (1843–1910) geleitet wurde. Sie war auch die erste Frau in Preußen, die den Professorentitel (1912) verliehen bekam und eine Fachzeitschrift herausgab. Die Wissenschaftlerin konnte die Übertragung der Tuberkelbazillen durch infizierte Kuhmilch nachweisen. 1920 übernahm sie das bakteriologische Institut am städtischen Krankenhaus Moabit, wurde jedoch wegen ihrer jüdischen Herkunft 1934 entlassen. R.-K. fand ihre letzte Ruhe auf dem Parkfriedhof in Lichterfelde.

Radziwill, Luise Fürstin
* 24. Mai 1770 in Berlin
† 7. Dezember 1836 in Berlin
Salonière

Die Tochter des Prinzen Ferdinand von Preußen (1730–1813) heiratete im März 1796 den nicht ebenbürtigen, katholischen Komponisten Fürst Anton Radziwill (1775–1833). Gemeinsam mit ihrem Mann empfing sie im Zeitraum von 1796 bis 1816

die Salongäste im Palais Radziwill, Wilhelmstraße 77 (ab 1875 Reichskanzlerpalais). 1806 ging das Ehepaar in das ostpreußische Exil. Nach ihrer Rückkehr gehörte die Salonière zu den aktiven Mitgliedern der antifranzösischen Partei. Die Bemühungen der Fürstin, eine Ehe zwischen Ihrer Tochter Elisa und dem Prinzen Wilhelm (1797–1888) zu stiften, scheiterten am Widerstand des Hofes.

Ramin, Friedrich Ehrenreich
* 9. April 1709 in Brüssow/ Prenzlin
† 2. Dezember 1782 in Berlin
Militär

R. trat im Alter von 16 Jahren als Gefreiterkorporal in den preußischen Militärdienst. Er galt als ausgesprochener Frontsoldat von einer nicht zu übertreffenden Deutlichkeit und Grobheit. 1767 erhielt R. die Beförderung zum Generalleutnant und Gouverneur von Berlin. Unter seiner Leitung wurde der Kasernenbau für die sieben Infanterie- Regimenter der Garnison begonnen. Obwohl R. nur wenig Freunde in der Armee hatte, besaß er das Vertrauen von König Friedrich II. (1712–1786, Kg. seit 1740), dessen Gast er oft in Potsdam war. Der unverheiratete Ritter des Ordens vom Schwarzen Adler übte das Amt des Gouverneurs bis zu seinem Tode aus und wurde in der Gruft der Garnisonkirche beigesetzt.

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Rathenau, Emil
* 11. Dezember 1838 in Berlin
† 20. Juni 1915 in Berlin
Ingenieur, Industrieller

Der überaus erfolgreiche Unternehmensgründer begann seine Laufbahn bei der Firma Borsig und wurde danach Eigentümer der Maschinenfabrik »M. Weber«. Im Ergebnis von Studienreisen nach England und in die USA gelang es ihm, die Patente der Edison- Glühlampe zu erwerben. Am 19. April 1883 gründete er mit Oscar von Miller und einem Grundkapital von fünf Millionen Mark die »Deutsche Edison- Gesellschaft für angewandte Elektricität« (DEG), aus der 1887 die weltbekannte »Allgemeine Elektricitäts- Gesellschaft« (AEG) mit Sitz in Berlin hervorging. Walther Rathenau (1867–1922) hob in der Trauerrede auf seinen Vater hervor: »Als hervorragender Ingenieur und Fabrikant erkannte R. weit voraus blickend, welche Zukunftswege die Elektrotechnik einschlagen müsse, die große kaufmännische und organisatorische Begabung gestatteten ihm die Realisierung seiner Visionen«.

Rau, Heinrich
* 2. April 1899 in Stuttgart- Feuerbach
† 23. März 1961 in Berlin
Stanzer, Politiker

Einer süddeutschen Arbeiterfamilie entstammend, schloß sich R. frühzeitig den Unabhängigen Sozialdemokraten und später der Kommunistischen Partei an. Er stieg zum Abteilungsleiter in deren Zentrale auf. Von 1928 bis 1933 vertrat R. seine Partei im Preußischen Landtag. 1933 wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Teilnahme am spanischen Bürgerkrieg fiel er 1942 in die Hände

der Nazis und erlebte das Kriegsende im Lager Mauthausen. Seit 1949 gehörte R. dem Politbüro der SED an. Er leitete ab 1950 das Ministerium für Maschinenbau und danach das Außenhandels- Ministerium der DDR.

Raumer, Hans
* 10. Januar 1870 in Dessau
† 3. November 1965 in Berlin
Jurist

R. besuchte die Ritter- Akademie in Liegnitz und studierte an den Universitäten Lausanne, Leipzig und Berlin. Seine Laufbahn als Verwaltungsbeamter und preußischer Landrat gab er 1911 auf. Er wechselte in die Wirtschaft, bekleidete hier führende Stellungen in der Elektrotechnik sowie im Reichsverband der Deutschen Industrie. Der Reichstagsabgordnete der Deutschen Volkspartei (1920–1930) war von 1920 bis Mai 1921 Reichsschatzminister und unter Gustav Stresemann (1878–1929) 1923 Reichswirtschaftsminister. Das Amt eines Präsidenten der Deutsch- Rumänischen Handelskammer durfte er bis 1938 noch ausüben.

Ribbeck, Konrad Gottlieb
* 21. März 1759 in Stolp/ Pommern
† 26. Juni 1826 in Berlin
Theologe

Der gemäßigte Rationalist wirkte ab 1805 in Berlin und war als Oberschulrat und geistlicher Oberkonsistorialrat zugleich Propst von St. Marien und St. Nikolai. R. hat sich als Prediger und Seelsorger um die Erneuerung der evangelischen Kirche nach den Befreiungskriegen bemüht. Für seine Mitwirkung an einer Deputation Berliner Bürger wurde

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Propst R. am 6. Juli 1813 der erste Ehrenbürger von Berlin. Der Beichtvater der Königin Luise gehörte 1814 der von König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840, Kg. seit 1797) gebildeten Kirchen- Kommission an. Mit den Theologen Carl Ritschl (1783–1858) und Franz Theremin (1780–1846) reformierte er im Auftrage der Kreissynode 1818 das Berliner Gesangbuch, das beim Erscheinen eine rege Diskussion auslöste.

Richter, Rotraut
* 15. Mai 1915 in Berlin
† 1. Oktober 1947 in Berlin
Schauspielerin

Vor allem jene Rollen, die im Berliner Milieu beheimatet waren, machten sie beliebt und berühmt. Sie wurde zum Prototyp der »Berliner Jöre«. In »Krach im Hinterhaus« stand sie im Theater am Schiffbauerdamm als Edeltraut Panse, ein Mädchen mit Herz und Klappe, 450mal auf der Bühne. Der gleichnamige Tonfilm brachte ihr 1935/36 den großen Erfolg und machte sie in ganz Deutschland populär. Weitere Filme wie »Das Veilchen vom Potsdamer Platz«, 1937, und »Meiseken«, 1938, festigten den Ruf als volkstümliche Schauspielerin. Ihre letzte Ruhestätte auf dem Landeseigenen Friedhof in Dahlem wird als Ehrengrab betreut. Ein Platz in Rudow (Neukölln) trägt seit 1969 den Namen der Künstlerin.

Riemer, Emil
* 13. Februar 1875 in Berlin
† 22. August 1965 in Berlin
Artist, Berliner Original

In jungen Jahren war R. ein vielseitig begabter und bekannter Artist bei den Zirkusunternehmen Schumann und Busch. Seit den 30er Jahren fuhr er mit seinem Fahrrad durch Berlin, zog seinen Strohhut, tippte sich an die Stirn und erklärte, daß er sich nicht von seinem Vogel trennen könne. Noch bis zum August 1961 erfreute »Strohhut- Emil« Ost- und Westberliner gleichermaßen mit seinen stadtbekannten Kunststücken auf dem Fahrrad und seiner Mandoline. Er konnte den Strohhut über seinem lustigen Gesicht zum Gruß hochklappen, ein Gag, der immer belacht wurde.

Riesser, Jakob
* 17. November 1853 in Frankfurt am Main
† 6. Mai 1932 in Berlin
Jurist, Bankier

Nach dem Studium und einer Anwaltstätigkeit in Frankfurt war R. von 1888 bis 1904 als Direktor der Darmstädter Bank in Berlin maßgeblich an deren Entwicklung zu einem der führenden Bankinstitute beteiligt. 1905 wurde er Honorarprofessor an der Berliner Universität. R. gründete und leitete über viele Jahre den Centralverband des deutschen Bank- und Bankiersgewerbes und den Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie. Er war Vorsitzender des Ehrengerichts der Börse und Vizepräsident der Handelskammer. Der Vizepräsident des Reichstags (1921–1928) und Verfasser bedeutender handelsrechtlicher Werke hat in hohem Maße das deutsche Handels- und Kreditwesen gefördert.

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Risch, Otto Theodor
* 5. Mai 1809 in Magdeburg
† 27. Mai 1874 in Berlin
Jurist

R. studierte von 1830 bis 1833 in Berlin und wurde 1839 von den Stadtverordneten zum besoldeten Stadtrat gewählt. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit in den insgesamt drei Amtsperioden (Wiederwahl 1851 und 1862) waren die Neuordnung des städtischen Handwerks, die Erarbeitung eines Besoldungsetats sowie die Leitung der Baudeputation. Unter seiner Mitwirkung wurde der Abbruch des längst zu eng gewordenen Berlinischen Rathauses an der Spandauer/Ecke Königsstraße beschlossen und der Neubau an gleicher Stelle vollendet. Der Geheime Regierungsrat erhielt am 3. Mai 1872 die Würde eines Stadtältesten.

Roesicke, Richard
* 24. Juli 1845 in Berlin
† 21. Juli 1903 in Dessau
Brauer

Er gehört zu den führenden Direktoren in der Geschichte der Berliner Brauereiindustrie. Insbesondere durch sein für die damalige Zeit ungewöhnliches Engagement für die sozialen Belange der Arbeiter hat er sich einen bleibenden Namen gemacht. Seine Ideen, die er in seinem Betrieb realisierte, vertrat er auch als Sozialpolitiker im Deutschen Reichstag. Der den Liberalen nahestehende fraktionslose Abgeordnete (1890–1903) beförderte die Gründung des Reichsversicherungsamtes. Außerdem war er seit 1883 erster Vorsitzender der Versuchs- und Lehranstalt für das Brauereiwesen.

Rumpf, Willy
* 4. April 1903 in Berlin
† 8. Februar 1982 in Berlin
Kaufmann, Politiker

Nach einer Lehre als Versicherungskaufmann war R. in verschiedenen Angestelltenberufen tätig. 1925 trat er der Kommunistischen Partei Deutschlands bei und wurde Mitglied in deren Unterbezirksleitung Weißensee. Von 1934 bis 1938 war er im Zuchthaus Brandenburg inhaftiert. 1940 bis 1942 gehörte er der Widerstandsgruppe Robert Uhrig (1903–1944) an. Nach dem Kriege leitete R. die Deutsche Treuhandverwaltung in der Hauptabteilung Finanzen der Deutschen Wirtschaftskommission. 1949 wurde er Staatssekretär im Finanzministerium der DDR und bekleidete von 1959 bis 1966 dort das Amt des Ministers.

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