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ke Kunst bebaut werden. Geplant war unter anderem auch ein Saal, der die Stadtbahn überbrückte und damit Anschluß an das Kaiser-Friedrich-Museum fand. In ihm sollte der Pergamon-Altar seinen Platz finden. Heraus kam erst mal ein Provisorium, das den Namen Museum für Pergamonische Altertümer erhielt, sein Standort war schräg hinter der National-Galerie zum Teil auf dem Gelände, den das heutige Pergamon-Museum einnimmt. Der Bau war äußerst schlicht, eher ein Pavillon denn ein Museumsbau. Der Entwurf dazu stammt von Fritz Wolff, erbaut wurde das Haus unter Leitung des Regierungs- und Baurats Hasak in den Jahren 1897 bis 1899. Die Eröffnung erfolgte 1902. In der »Zeitschrift für Bildende Kunst« (1902) beschrieb Hermann Winnefeld, der zweite Direktor der Berliner Antikenabteilung, den Bau des ersten Pergamon-Museums: »Auf dem Grundstück, das von der den Platz der Nationalgalerie umschließenden Säulenhalle bis zur Stadtbahn sich erstreckt und bis vor wenigen Jahren den Fahrgästen des hier vorüberflutenden Bahnverkehrs als ein Stück weltverlassener Wildnis mitten im Herzen Berlins auffiel, erhebt sich jetzt, umgeben von freundlichen Gartenanlagen, im Hintergrund die sorgfältig geschonten großen alten Bäume, ein schlichter heller Sandsteinbau, der den kunstgeschichtlich wichtigsten und zugleich eigenartigsten Teil der Berliner Antikensammlungen umschließt, die Funde
Joachim Methlow
Das erste Pergamon-Museum

Die Berliner Museen führten in den Jahren 1878 bis 1908 mit Mitteln des Deutschen Reiches umfangreiche Grabungen in Vorderasien durch. Im einzelnen wurde an folgenden Orten gegraben: 1878 bis 1886 in der antiken Stadt Pergamon im Nordwesten Kleinasiens, an der Stelle der heutigen türkischen Stadt Bergama, 1891 bis 1893 in Magnesia am Mäander, gelegen in der heutigen türkischen Provinz Aydrin, und in der antiken Stadt Priene nördlich von Milet (von 1899 bis 1908). Um den in Vorderasien dem Erdboden und der Vergessenheit entrissenen antiken Altertümern in Berlin eine neue Heimat zu geben, brauchte man ein Neues Museum. Der Platz für dieses Museum sollte das Gelände zwischen dem Kaiser-Friedrich-Museum, dem heutigen Bode-Museum auf der einen und dem Alten und Neuen Museum sowie der National-Galerie auf der anderen Seite sein und die Museums-Insel komplettieren. Dieser Raum zwischen den einzelnen Museen wurde bis zum Ende des letzten Jahrhunderts fiskalisch genutzt und man konnte so noch nicht von einer Museums-Insel sprechen. Das Gelände sollte mit einem großen Museumsbau für die anti-

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Der helle Sandsteinbau existierte nur bis 1908.

aus Pergamon, denen die verwandten aus Magnesia am Mäander und aus Priene angegliedert sind.« Vorbei an der halbkreisförmigen Exedra Attalos II., die im Freien aufgestellt war, betrat man das Museum durch eine Vorhalle.
     Im Inneren des Hauses war aus räumlichen Gründen keine Freitreppe möglich und der Große Fries des Pergamonaltars nur an den Wänden in einem Umgang zu besichtigen. Der Kleine oder auch Telephosfries war noch nicht ausgestellt, er befand sich noch in der wissenschaftlichen Zuordnung. Das erste Pergamon-Museum war lediglich in den Jahren 1902 bis 1908 der Öffentlichkeit zugänglich. Daß ihm nur eine so kurze Lebensdauer beschieden war, lag vor allem an den fortgeführten umfang- und erfolgreichen Grabungen in Kleinasien. Die nach Berlin

gebrachten Fundstücke »sprengten« jeden Rahmen. Dieser Raummangel und aufgetretende Schäden am Fundament ließen bei den Verantwortlichen den Entschluß reifen, das alte Gebäude abzutragen und an seiner Stelle eine neues, größeres Pergamon- Museum zu errichten.
     Nach 1908 verschwanden die meisten Objekte im Depot, und nur die wichtigsten Teile des Großen Frieses waren in einigen Räumen des Alten Museums ausgestellt. Dieser Zustand änderte sich erst am 2. Oktober 1930, der 100-Jahr- Feier der Berliner Museen, mit der Eröffnung des Neuen Pergamon-Museums.

Bildquelle: Archiv Autor

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