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15 Armeekorpsführer von 1870/71, den
bayerischen General Jakob von Hartmann, das pikante
biographische Detail, daß dieser in seiner Jugend die
französische Militärakademie absolviert und unter Napoleon gedient hatte; nach einer Laufbahn im bayerischen Heer war er mit Sicherheit der
einzige kommandierende General eines deutschen
Armeekorps auf französischem Boden, der seine in St.
Cyr erworbenen Kenntnisse gegen ehemalige
Mitschüler anzuwenden hatte. Ohne lange Recherchen
kann man mit der DBE nun auch Zugriff auf jene
österreichischen Befehlshaber bekommen, die aus
dem Siebenjährigen Krieg immer nur durch die
Preußen- Brille der österreichischen Militäraktionen
in das Bewußtsein des Historikers gelangt sind: vgl. z. B. (S. 397) Ferdinand Philipp von Harsch, der
1758 die Belagerung der Festung Neiße leitete, und (S. 300) Hadik von Futak, der im November 1757 in einer taktischen Meisterleistung unentdeckt mit seiner Kavallerie bis nach Berlin gelangte (was
die DBE jedoch offenbar für unerheblich hält: sie
verschweigt die Aktion! Band 4 weist die
Berlin- Historiker jedoch auf einen seit 200 Jahren hierorts verbreiteten Irrtum hin: Hadik war keineswegs Husaren- General, als er an der Spitze seiner Truppe
in Berlin auftauchte und etliche hunderttausend
Taler Kontribution abkassierte General der
Kavallerie wurde er erst im Folgejahr). Dankbar nimmt
der Historiker auch an, daß ihm die Daten der
deutschen Militärs geliefert werden, die im
Zweiten Weltkrieg nicht unbedingt in der allerersten
Reihe beim Kriegsgeschehen bzw. im Widerstand
gestanden haben; diese erste Reihe ist in einschlägigen
Lexika eruierbar, aber z. B. für den oft
übersehenen Berliner Stadtkommandanten am 20. Juli 1944,
Paul von Hase, ist man doch namentlich in Berlin
dankbar.
Die schwierige Frage, wo man in einer Enzyklopädie für Personen die Grenze zwischen Aufnahme und Nicht- Aufnahme zieht, ist zwar von grundsätzlicher konzeptioneller Bedeutung (u. E. sind Sänger | ||||
Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE)
Band 4: Gies-Hessel K. G. Saur, München- New Providence- London- Paris 1996 Während die NEUE DEUTSCHE BIOGRAPHIE wie jedes akademische wissenschaftliche
Unternehmen in Deutschland mit ihrem hohen Anspruch
(und, zugegeben, hoher Qualität) in schöner
Tradition nun schon seit Jahrzehnten als ambitioniertes,
aber nur langsam sich realisierendes Projekt das
unentbehrliche Handwerkszeug des Historiographen bereichert, beginnt ein der Privatinitiative entsprungenes Unternehmen dem akademischen
Alleinvertretungsanspruch immer wirksamer Konkurrenz zu machen. Der Saur-Verlag, bereits
durch erfolgreich abgeschlossene große
Publikationsvorhaben in der wissenschaftlichen Welt mit
Vertrauensvorschuß ausgestattet, legt in erstaunlich
stetiger Folge Band für Band eines neuen
Standardwerkes vor, das alle Aussichten hat, zu Beginn des
neuen Jahrhunderts als bevorzugtes Nachschlagewerk
für biographische Daten an die Stelle der
altehrwürdigen ADB und der schon fast mit gleicher
Ehrwürdigkeit ausgestatteten NDB zu treten.
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und, mit einigem Abstand, Schauspieler
überbetont), aber besonders schwer bei der Aufnahme
von Herrschern zu ziehen. Die DBE folgt auch in Band
4 dem Grundsatz, in dieser Beziehung eher ein Zuwenig als ein Zuviel zu bringen: Die unzähligen
sächsischen und die vielen pfälzischen Nebenlinien sind z. B. bei den Fürstennamen Herrmann und
Heinrich ausgeklammert wahrscheinlich zurecht.
Bei »Herrmann« könnte man sich einen Verweis auf
»Arminius« vorstellen, bei »Heinrich« wäre jener
LXXII. von Reuß- Lobenstein von Erhaltenswert für
die Nachwelt, der das »Herumreiten auf einem
Prinzip« erfunden hat. Wenn Friedrichs II. Bruder
Heinrich wie auch der gleichnamige Bruder Wilhelms
II. Aufnahme gefunden haben, spricht eigentlich
nichts dagegen, auch jenen Prinzen Heinrich
(1781-1846) aufzunehmen, der als Bruder Friedrich Wilhelms
III. eine Rolle als Sonderling spielte und damit eine
Linie der hohenzollernschen Familientradition bediente, die nur allzugern unterschlagen wurde
(und wird ...). Gern hätte der Berlin- Brandenburger
natürlich den Markgrafen Hans von Küstrin
(1513-1571, Markgraf in der Neumark seit 1535)
berücksichtigt gesehen, der als erster die Reformation auf
brandenburgischem Boden einführte. Warum nun aber
die zweite Gemahlin Wilhelms II., Hermine von
Reuß, Aufnahme in die DBE gefunden hat, aber unter
den vielen Harrachs Gräfin Auguste von Harrach (1800-1873) fehlt, die als Fürstin von Liegnitz
1824 zweite Gemahlin Friedrich Wilhelms III.
wurde, wird wohl das Geheimnis der Herausgeber bleiben.
Leider kennen die Herausgeber nicht das Biographische Lexikon zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Dietz Verlag, (Ost-)Berlin 1970. So kann es geschehen, daß zwar dankenswerterweise der österreichische Fußball- Nationalspieler Gerhard Hanappi und das deutsche Laufwunder Rudolf Harbig aufgenommen wurden, aber der Leiter der 1930 bis 1933 existenten KPD- orientierten Sportorganisation »Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit«, Ernst Grube (1890-1945), vergeblich gesucht wird. |
Einige kleinere Lapsus können den
Gesamtwert allerdings nicht schmälern, den die DBE auch
mit ihrem 4. Band bestätigt. Dennoch soll auf einige
aufmerksam gemacht werden: das exakte Todesdatum von Gneisenaus Sohn Friedrich Alexander
Bruno (1811-1889) dürfte wohl angesichts seiner
Zugehörigkeit zum Preußischen Herrenhaus zu
ermitteln sein; die Sängerin F. L. Hartknoch nahm nicht
1927, sondern 1827 Abschied von der Bühne (S. 401);
der bei Rolf Herricht angeführte erfolgreiche
DEFA-Film hieß keineswegs »Der Revolverheld«, sondern
»Der Reserveheld« (S. 640); und der Verweis auf den
Artikel »Gysi, Klaus« bei Felix Hartlaub (S. 402) ist
natürlich überflüssig, wenn Klaus Gysi auf S. 278,
wo die Gysis versammelt sind, garnicht auftaucht!
Kurt Wernicke Wartberg Verlag, Gudensberg- Gleichen 1996 Der Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht,
Stadtgeschichten unter dem Motto »Wie es früher
war« zu veröffentlichen. Im vorliegenden Band wird
die Entwicklungsgeschichte des Bezirkes Berlin- Weißensee mit historischen Fotografien und
Kartenausschnitten anschaulich dokumentiert. Einiges
erkennt man wieder, vieles hat sich verändert,
oder aber, es ist für immer verschwunden.
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vielschichtigen Einblick in das Leben in
Weißensee. Die detailgetreuen Bildunterschriften enthalten
viele Detailinformationen zum Bild und zur
Geschichte des Bezirkes insgesamt.
Die dem Buch beigefügte Zeittafel ergänzt die Texte vortrefflich. So erfährt man: Die aus dem Mittelalter bestehenden Verkehrswege von Berlin nach Bernau und darüber hinaus führten zu einer raschen Entwicklung der Landgemeinde Weißensee und des Rittergutes, dem späteren Neu- Weißensee. In den Gründerjahren nach dem Deutsch- Französischen Krieg setzte auch in Weißensee die Bodenspekulation ein. Gelände wurde gekauft, parzelliert und nach den Erschließungsarbeiten mit Gewinn weiterverkauft. Die Verkehrsanbindung an Berlin erfolgte bereits 1873 mit einem Pferdeomnibus zum Alexanderplatz und 1901 mit der elektrischen Straßenbahn zum Spittelmarkt. Nach Fertigstellung der Industriebahn Tegel- Friedrichsfelde siedelten sich hier auch Betriebe an (Kugellagerwerk Riebe, Gummiwarenfabrik Fa. Carl Müller, Brauereien Enders und Gabriel & Richter). 1920 wurde der Bezirk Weißensee, bestehend aus den Landgemeinden Weißensee, Hohenschönhausen und den Landgemeinden und Gutsbezirken Malchow, Wartenberg und Falkenberg, als 18. Verwaltungsbezirk von Groß-Berlin gegründet. Bekannte Architekten, wie Bruno Taut (Buschallee) und der Gemeindebaurat Carl James Bühring (Wohnhäuser in der Woelkpromenade und Oberrealschule), wirkten in Berlin- Weißensee. Auch Filmgeschichte wurde in Weißensee geschrieben. Filmfirmen, wie Vitascope, May-Film und andere, wichen von den engen Innenstadt- Ateliers in die Außenbezirke aus. Marlene Dietrich begann in Weißensee ihre Filmkarriere. Der Jüdische Friedhof in der jetzigen Herbert- Baum- Straße wurde am 9. September 1880 durch den Rabbinatsassessor Dr. Frankl eingeweiht. Nach der Vollbelegung des Friedhofes in der Schönhauser |
Allee erwarb die jüdische Gemeinde das 40
Hektar große Gelände in Weißensee. Der Sieger des
1878 ausgeschriebenen Wettbewerbs zur Gestaltung
des Geländes war der Architekt Hugo Licht. Der
Friedhof ist die größte jüdische Begräbnisstätte in
Europa. Die Erbbegräbnisstätten der wohlhabenden Gemeindemitglieder gestalteten bekannte Architekten. Leider sind die Jahre nicht spurlos am
Friedhof vorbeigegangen.
Manfred Härtel | ||
© Edition Luisenstadt, 1997
www.luise-berlin.de