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Es geschah gestern in Berlin
Februar 1997

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. Februar
Im Schloß Charlottenburg
sind die Räume von König Friedrich Wilhelm IV. und seiner aus Bayern stammenden Gemahlin, Königin Elisabeth, nach Abschluß der Restaurierungsarbeiten wieder für Besucher zugänglich.

2. Februar
Mit einer Ausgabensperre
droht Helmut Wieczorek (SPD), der Vorsitzende des Bundestags- Haushaltsausschusses, falls die Bundesministerien den Umzug nach Berlin nicht beschlußgemäß zu einer Reduzierung des Personals um mindestens zehn Prozent nutzen.

3. Februar
Etwa 60 Prozent der Betriebe wollen
ihren Standort nach Brandenburg verlegen. Der Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder, will deshalb den Firmen innerhalb der Stadt mehr Gewerbeflächen zur Verfügung stellen.

4. Februar
Die Abschleppgebühren für falsch geparkte Autos
will der Senat auf 234 DM am Tage und 274 DM Mark nachts anheben. Innensenator Schönbohm begründete das mit gestiegenen Personalkosten.
     Auf dem Gelände der DG Bank am Pariser Platz nahe dem Brandenburger Tor wird ein Bunker gesprengt. Trotz gründlicher Erkundung durch eine

Spezialfirma ist er erst bei Erdarbeiten zum Neubau entdeckt worden.

5. Februar
Die Wachsfiguren des Panoptikums
im Kurfürstendamm- Eck werden in das Lager einer Speditionsfirma abtransportiert. Das Gebäude am Kudamm soll abgerissen und bis 2000 neu aufgebaut werden.
     Bei einem »Real- Test« auf dem Flughafen Tegel gelang es Beamten des Bundesgrenzschutzes in Zivil unbemerkt, Waffen- Imitationen durch die Kontrollen zu bringen.
     Der 46jährige israelische Dirigent Lior Shambadal unterzeichnet in Berlin einen Drei- Jahres- Vertrag als neuer Chefdirigent der Berliner Symphoniker. Er wird Nachfolger des Mitte vergangenen Jahres ausgeschiedenen Alun Francis.

6. Februar
Den Bau eines modernen Heizkraftwerks
in Pankow vergibt die Bewag an die Firma BAV, eine Tochter der Laubag. Zum Auftrag gehört die jährliche Lieferung von 8 000 Tonnen Braunkohlenstaub.

7. Februar
Sensationell ist der Besucherandrang
im Alten Museum (Mitte) anläßlich der Eröffnung der Kunstausstellung »Das Labyrinth der Wirklichkeit« mit Bildern von Adolph Menzel.

8. Februar
Im ehemaligen Wohn- und Atelierhaus des Bildhauers Schadow
, Schadowstraße 10-11 (Mitte), wird in einer Ausstellung u. a. das Testament Schadows gezeigt, das Studenten für Museumskunde bei Recherchen fanden.

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10. Februar
Wegen »verfassungsfeindlicher Propaganda und Volksverhetzung«
verurteilt das Landgericht Berlin den 25jährigen Journalisten Hans-Christian Wendt, Vorstandsmitglied des rechtsextremen Vereins »Die Nationalen«, zu einem Jahr Haft ohne Bewährung.
     Heinz Werner stirbt 76jährig in Berlin. Unter seiner Leitung hatte sich die Berliner Stadtbibliothek zu einem wichtigen Kultur- und Literaturzentrum entwickelt.

11. Februar
Pharmakonzern Schering gibt die Ergebnisse
des Geschäftsjahres 1996 bekannt. Die Gewinnerhöhung um 46 Prozent wurde vor allem durch einen Umsatzanstieg in Amerika und Europa erzielt.
     Der Senat beschließt die Verlagerung der naturwissenschaftlichen Bereiche der Humboldt- Universität in das Wissenschaftszentrum Adlershof. Kosten für den Neubau der Institute: 685,7 Millionen DM.

12. Februar
Verleihung der »Goldenen Kamera 1996«
im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt: Preisträger sind u. a. Henry Maske, Kathrin Waligura, Günther Strack sowie die »Maus« aus der WDR-Serie.
     »Radio Paradiso«, der christliche Radiosender Berlins, geht um 12.02 Uhr auf Sendung. Er wird von mehreren evangelischen Landeskirchen, dem Evangelischen Presseverband Nord sowie dem Moses Mendelssohn Zentrum getragen.

13. Februar
Das Abgeordnetenhaus beschließt die erneute Umbenennung
des U-Bahnhofs Petersburger Straße. Diesmal in Frankfurter Tor. 1930 hatte er den Namen »Petersburger Straße« erhalten, hieß dann Bersarinplatz und Rathaus Friedrichshain.

14. Februar
Die Deutsche BA teilt mit,
daß sie die Flüge von Berlin nach Moskau und St. Petersburg aus wirtschaftlichen Gründen zum 31. März einstellt. Sie waren 1993 aufgenommen worden.

15. Februar In Berlin gibt es die »lange Nacht« der Museen. Sie sind bis 24.00 Uhr, teilweise sogar bis 3.00 Uhr geöffnet. Das Märkische Museum (Mitte) bietet neben Führungen auch Konzerte.
     Schwere Auseinandersetzungen gibt es in Hellersdorf zwischen Rechtsradikalen und linken Gegendemonstranten. Rund 150 Mitglieder der »Jungen Nationaldemokraten« hatten »Arbeitsplätze zuerst für Deutsche« gefordert.

16. Februar
Die Feuerwache Urban an der Wilmsstraße 19
in Kreuzberg begeht ihr 100jähriges Bestehen. Sie galt einst als »Musterstall« der Berliner Feuerwehr.

17. Februar
1996 starben 175 Drogensüchtige in Berlin,
fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Eine immer größere Rolle spielt dabei die synthetische Party-Droge Ecstasy.

18. Februar
Bei Verkehrsunfällen starben 1996
laut Statistischem Landesamt Berlin 120 Menschen, darunter sechs Kinder. Dies ist die niedrigste Zahl an Verkehrstoten seit der Wiedervereinigung.
     Die Geburtenrate in Ost-Berlin stieg 1996 erstmals wieder seit der Wende. Und zwar um 11,5 Prozent. Wurden 1995 noch 7 586 Neu- Berliner registriert, so waren es 1996 8 700. Im Westteil blieb die Zahl der Neugeborenen mit 22 000 stabil.

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19. Februar
Zehn Methoden, einen Papst umzubringen,
beschreibt die Berliner »Tageszeitung« (taz) in gereimter Form. Dafür wird ihr vom Deutschen Presserat eine öffentliche Rüge ausgesprochen.
     Vor dem Wahlkreisbüro des PDS- Politikers Gregor Gysi in Marzahn wird ein Buchhändler angeschossen und schwer verletzt. In der PDS- Zentrale Mitte ging ein Bekenneranruf ein.

20. Februar
Am ehemaligen Checkpoint Charlie (Mitte)
wird damit begonnen, den Verlauf der ehemaligen Mauer mit einem roten Farbstrich zu markieren.

21. Februar
In Flatowallee umbenannt wird die Reichssportfeldstraße,
die seit der Olympiade 1936 die Heerstraße mit dem Olympiastadion (Charlottenburg) verbindet. Auf diese Weise werden die jüdischen Berliner Turner Gustav-Felix Flatow und Alfred Flatow geehrt.

23. Februar
Aus Anlaß des 57. Todestages des früheren Nazi- Führers
Horst Wessel legt eine Gruppe rechtsradikaler Jugendlicher Blumen an seinem Grab nieder. Die Polizei schreitet nicht ein.

24. Februar
Milos Forman (USA) erhält den »Goldenen Bären«
für seinen Film »Larry Flynt Die nackte Wahrheit«. Als beste Schauspielerin wird die Französin Juliette Binoche zum Abschluß der Berliner Filmfestspiele ausgezeichnet.
     Eine Razzia auf der Baustelle des Hotels »Adlon« (Mitte) führt zu 20 Festnahmen. Die aus Polen, Tschechien, Tunesien und Jordanien stammenden Männer arbeiten illegal in Deutschland. Die Leitung des Baukonzerns Stabag gab keine Erklärung ab.

25. Februar
20 Arbeitsstipendien im Bereich der Bildenden Kunst
vergibt die Kulturverwaltung des Senats 1997. Statt wie bisher 15 000 Mark erhalten die Stipendiaten jetzt 22 500 Mark.

26. Februar
15 bis 20 zum Teil vermummte Jugendliche
schlagen am Abend auf dem S-Bahnhof Ostkreuz (Friedrichshain) wahllos mit Hartgummiknüppeln auf Reisende ein. Zwei Reisende werden auf die Gleise gestoßen. Die Täter entkommen unerkannt.
     Der Profiboxer Graciano Rocchigiani (33)wird vom Amtsgericht Tiergarten wegen Beleidigung eines Polizisten und gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Für neun Monate wird ihm der Führerschein entzogen.
     Der Berliner Neonazi und Polizistenmörder Kai Diesner gesteht den Anschlag auf den 62jährigen Buchhändler Klaus Baltruschat am 23. Februar in Marzahn. Er wollte die PDS »bestrafen«.

27. Februar
Im Amtsgericht Tiergarten beginnt ein neuer Prozeß
gegen den Neonazi Hans-Christian Wendt. Er ist angeklagt, Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation öffentlich verwendet und »Sieg Heil« gerufen zu haben.

28. Februar
Klaus Landowsky hält eine weltweit beachtete Rede.
Unter Bezugnahme auf Ausländer sagt der CDU- Fraktionschef u. a. im Abgeordnetenhaus, daß »dort, wo Müll ist, Ratten sind und daß dort, wo Verwahrlosung herrscht, Gesindel ist. Dies müsse beseitigt werden.« Nach der Rede gab es Tumulte und Forderungen nach Entschuldigung.

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