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werden – Gemälde, Porzellan, kostbare Möbel. Da die ostpreußische Adelsfamilie enge Beziehungen zu den Hohenzollern hatte, werde die Ausstellung auch der Herrscher gedenken, die die Potsdamer Kulturlandschaft geprägt haben, sagt der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, Hans-Joachim Giersberg. Das Schloß wurde 1773 für den Kommandeur der Festung Spandau, Graf Johann Ludwig von Hordt, erbaut. Im späten 18. Jahrhundert wohnte hier der Dichter Heinrich Carl de la Motte Fouqué. Nach einigen Besitzerwechseln kaufte König Friedrich Wilhelm IV. das Anwesen gleich nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1840. 1)
     Leider ist es nicht möglich, das ursprüngliche Interieur wiederherzustellen. Als das Schloß in den 30er Jahren für den preußischen Generalforstmeister umgebaut wurde, veränderte man auch die Raumfolgen. »Wir können den alten Zustand nicht rekonstruieren und lassen es daher bei der heutigen Fassung. 1998 wird das Museum geöffnet. Sacrow wird dann einer der Glanzpunkte in der auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes stehenden Potsdamer Schlösser und Parklandschaft sein«, fügt Giersberg hinzu.

Geld reicht nicht

Generaldirektor Giersberg und Schlösserdirektor Burkhardt Göres sehen dem Ereignis mit einem lachenden und einem weinenden

Helmut Caspar
Sacrow – eine »Sinfonie der Ausblicke«

Im sechsten Jahr der deutschen Einheit zeigt sich die wasserumspülte märkische Idylle Sacrow endlich wieder frei, und damit von ihrer schönsten Seite. Das im 18. Jahrhundert erbaute, im 19. Jahrhundert durch Ludwig Persius umgebaute Landschloß in dem von Peter Joseph Lenné gestalteten Landschaftsgarten war bis zur Wende Schule der Zollverwaltung. Seit einiger Zeit gehören Schloß und Park nun zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Sie verwirklicht seit 1995 im kleinen, was am 5. Mai 1996 bei der Abstimmung über die Länderehe nicht gelang – die Konzentration aller Mittel und Kräfte auf das gemeinsame bauliche und künstlerische Erbe.
     Nach der Restaurierung des Schlosses unter schattigen Bäumen, das eher einer noblen Villa gleicht, wie sie in dieser wohlhabenden Gegend an der Nahtstelle zwischen Berlin und Potsdam häufiger anzutreffen sind, sollen die von der Schlösserstiftung vor einigen Jahren angekauften Kunstwerke der Fürsten zu Dohna-Schlobitten ausgestellt

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Auge entgegen. »Einerseits freuen wir uns über jedes Haus, das wir zeigen können, über jede zusätzliche Ausstellung«, sagt Göres. Auf der anderen Seite aber wisse man nicht, wie die sich dadurch erhöhenden Personalkosten und die Aufwendungen etwa auch für die Sicherheitstechnik bestritten werden sollen. Denn der Jahresetat der Stiftung erhöhe sich ungeachtet wachsender Kosten nicht. »Es wird uns nichts anderes übrigbleiben, als bestimmte Häuser beziehungsweise Raumfluchten zeitweise zu schließen oder nur am Wochenende zu öffnen, weil wir die nötigen Aufsichtskräfte nicht bezahlen können. Uns entgehen bei diesem höchst unbefriedigenden Verfahren erhebliche Eintrittsgelder.« Die Schere gehe noch weiter auseinander, wenn andere Häuser der Preußischen Schlösserstiftung geöffnet werden, etwa die frisch restaurierte Bildergalerie im Park von Sanssouci, das mit Millionenzuschüssen der Münchener Messerschmitt-Stiftung wiederaufgebaute barocke Belvedere auf dem Klausberg unweit des Neuen Palais oder das noch aus kurfürstlicher Zeit stammende Schloß in Caputh.
     »Wir hoffen, daß sich die Besucherströme nicht nur über Schloß Sanssouci ergießen, sondern auch anderen Bauten zugute kommen«, ergänzt Giersberg. »Die können noch einiges vertragen. Durch das Sommerschloß Friedrichs des Großen führen wir täglich nur 1 800 Besucher. Unser Bestreben ist es daher, auch andere Baudenkmäler in die
Touristik-Programme einzubeziehen.« Giersberg denkt besonders an das Marmorpalais am Heiligen See in Potsdam. Die klassizistische Lieblingsresidenz des 1797 verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm II. war in DDR-Zeiten Armeemuseum. 1997 kann das idyllisch gelegene Schloß nach umfänglicher Restaurierung wieder besichtigt werden und wird den Besuchern eine neue Kunstdimension eröffnen. Die Termine im Marmorpalais werden durch den bevorstehenden 200. Todestag des Monarchen am 16. November 1997 diktiert.
     Vom Sacrower Park aus kann man das mit einem kleinen Turm geschmückte Marmorpalais, die Glienicker Brücke, und den Glienicker Park und das Panorama von Potsdam gut sehen, seit die Spuren des Grenzregimes und das dichte Unterholz entfernt wurden. Der Park hat sich vorteilhaft verändert. Uferwege wurden zurückgewonnen, Schlängelpfade mit Kies und Schotter belegt wie im vorigen Jahrhundert, Bäume werden gepflanzt. Gartendirektor Michael Seiler, der die Restaurierung dieses Gartens nach archäologischen Befunden leitet und mit seinem Team alle greifbaren Quellen auswertet, nennt die von Lenné angelegten Sichtachsen eine »Sinfonie der Ausblicke«. Mit Natur- und Umweltschützern sei man sich einig, daß die Veränderungen »mit der silbernen Axt« notwendig sind und dem Park letztlich zugute kommen.
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Demolierte Kirche

Die am Wasser stehende Heilandskirche wurde unter der Regentschaft Friedrich Wilhelms IV. nach italienischem Vorbild durch Ludwig Persius erbaut. 2) Das mit einem freistehenden Glockenturm versehene Gotteshaus war so etwas wie die »Generalprobe« für die Friedenskirche am Rande des Parks von Sanssouci, in der der kunstliebende, ewig zeichnende Monarch 1861 bestattet wurde. Beide Kirchen gehen auf Entwürfe des »Romantikers auf dem Thron« zurück. Nach dem Fall der Mauer bot sich die Heilandskirche in schlimmem Zustand dar. »Unbekannte« hatte hier wie die Vandalen gehaust, doch da niemand anderes als Angehörige der Grenztruppen der DDR an dieser Stelle patrouillieren durften, bedarf es keiner großen Phantasie, um sich auszumalen, wer die Kirchenschänder waren. Die DDR-Denkmalpflege mußte auf Rettungsmaßnahmen verzichten.
     Da es den staatlichen Organen mit Blick auf außenpolitische Wirkungen nicht opportun erschien, die Kirche gänzlich verfallen zu lassen, wurden Mitte der 80er Jahre mit DM-Spenden des West-Berliner Senats und des »Tagesspiegel« erste Rettungsmaßnahmen begonnen. Kirche und Gemeinde blieben weiter durch die Mauer getrennt.
     Die erste deutsch-deutsche Andacht fand Weihnachten 1989 in der von den Spuren der Zerstörung gezeichneten Kirche statt. Von da

an begann die allmähliche Wiedergeburt des eindrucksvollen Baudenkmals nach den Vorgaben der Denkmalpflege.
     Der wie die Kirche mit blau glasierten Ziegeln geschmückte Glockenturm hat eine besondere Geschichte, auf die eine von Hermann Hosaeus im Jahre 1928 geschaffene Gedenktafel mit einem stehenden Mann weist. Im Sommer 1897 richteten die Physiker Adolf Slaby und Georg Graf von Arco hier, an diesem abgelegenen Ort, eine Antenne ein und schickten von dem 24 Meter hohen Campanile der kaiserlichen Matrosenstation auf der anderen Seite des Jungfernsees Funksignale. Die Versuche zur drahtlosen Telegrafie hatten große Bedeutung für den militärischen und zivilen Funkverkehr, waren aber auch wichtig für den späteren Rundfunk.

     
Quellen:
1      Siehe Michael Seiler und Jörg Wacker: Insel Potsdam, Berlin 1991, S. 88–92; Michael Seiler: Potsdam – Schlösser, Gärten, Stadt und Parklandschaft, In: Potsdamer Schlösser und Gärten. Bau- und Gartenkunst vom 17. bis 20. Jahrhundert. Ausstellungskatalog der Stiftung Schlösser und Gärten Potsdam- Sanssouci, Potsdam 1993, S. 157–163
2      Andreas Kitschke: Potsdam-Sacrow Heilandskirche. PEDA-Kunstführer (Passau) Nr. 128/1995

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