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Es geschah gestern in Berlin
November 1996

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. November
Beim größten Berliner Bauprojekt
nach dem Potsdamer Platz, dem künftigen Stadtteilzentrum Hellersdorf, wird Richtfest für die ersten drei Wohn- und Geschäftshäuser gefeiert. Bauherr des Gesamtprojekts ist die Mega AG (Berlin).
     Die neuen Ladenschlußzeiten werden gleich am ersten Tag von den Verbrauchern im Westteil Berlins rege genutzt. Im Ostteil der Stadt ist die Beteiligung eher verhalten.

2. November
Berlin erlebt die wärmste Novembernacht
seit dem 22. November 1947. Das Thermometer zeigt 12,4 Grad Celsius .
     Seine Kandidatur als Regierender Bürgermeister kündigt Eberhard Diepgen auf dem Parteitag der Berliner CDU für das Jahr 1999 an. Er wolle »2001 zum 300. Jahrestag des Königreiches Preußen Bundeskanzler Helmut Kohl in Berlin« begrüßen, sagt er.

3. November
Mit einem Tag der offenen Tür
feiert das Behring-Krankenhaus am Gimpelsteig in Zehlendorf sein 100jähriges Bestehen. Rund 1 000 Berliner kommen zur Geburtstagsfeier und können z. B. an Simulatoren komplizierte Operationen selber ausführen.

4. November
Egon Bahr, der Mitarchitekt der Ostpolitik,
liest im Brandt-Haus (Stresemann-/ Wilhelmstraße, Kreuzberg) aus seinem Buch »Zu meiner Zeit«. Darin berichtet er über bisher unveröffentlichte Fakten des Zustandekommens der Ost-Verträge.
     Ein achteckiges Toilettenhäuschen für Männer aus der Gründerzeit übergibt Hans Wall, Chef der Firma Wall Verkehrsanlagen, dem Bezirk Kreuzberg. Das sogenannte »Café Achteck« am Chamissoplatz wurde von ihm für 250 000 Mark restauriert.
     Die Berliner Polizei wird bei ihren Einsätzen künftig öfter Fahrräder benutzen, erklärt Innensenator Jörg Schönbohm (CDU).

5. November
Erzbischof Georg Sterzinsky weiht
bei einem Gottesdienst in der St.-Hedwigs- Kathedrale (Mitte) eine Glocke und gibt ihr den Namen des im Juni selig-gesprochenen NS-Märtyrers Bernhard Lichtenberg.

6. November
Der »Verein der Ausländischen Presse zu Berlin«
feiert im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude am Schloßplatz (Mitte) sein 90jähriges Bestehen.
     Derzeit gehören dem Verein 180 Journalisten an, 100 mehr als vor dem Mauerfall.

7. November
Die Hackeschen Höfe werden im 90. Jahr
ihres Bestehens der Öffentlichkeit übergeben. Die Berliner Bauunternehmer Roland Ernst und Rainer Behne hatten den größten Hofkomplex Deutschlands für 98 Millionen DM denkmalgerecht sanieren lassen.

8. November
Die »Berliner Zeitung« veröffentlicht die Gewinner
der Kritikerpreise 1996. Die fünf Preise erhalten Andrej Woron und sein teatr kreatur, die Dirigenten Kurt Sanderling und Jakov Kreizberg, Volker Hassemer, Johannes Heesters und Pascal von Wroblewsky.

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10. November
Der Generalsuperintendent von Berlin
, Martin-Michael Passauer, wird mit einem Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm- Gedächtniskirche (Charlottenburg) in sein Amt eingeführt. Der 53jährige Theologe ist Nachfolger der in den Ruhestand tretenden Ingrid Laudien.

11. November
Dieses »Lernhaus« sei man den Ermordeten schuldig
, sagt Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland. Er bedauert die Pläne des Senats, die Errichtung des Neubaus der Gedenkstätte »Topographie des Terrors« zu verschieben.

12. November
Das Berufsinformationszentrum am Ernst-Reuter-Platz
in Charlottenburg feiert sein 20jähriges Bestehen. Mehr als 1,7 Millionen Jugendliche und Erwachsene nahmen es in dieser Zeit in Anspruch.
     Um 281 Mitarbeiter verstärkt wird die Steuerfahndung und Betriebsprüfung in Berlin wegen hoher Steueraußenstände, teilt Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) mit.

13. November
Der Sozialdemokrat und Stadtälteste Kurt Exner stirbt.
Der am 15. Mai 1901 geborene Exner war Bürgermeister in Neukölln, Mitglied des Abgeordnetenhauses und Senator für Arbeit und Soziales unter dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt.

14. November
Als Zeichen gegen »Preistreiberei«
und »schmierige Geschäfte« im Bestattungsgewerbe bietet eine Berliner Bestattungsfirma einfache Bestattungen zu Preisen in Höhe des gesetzlichen Sterbegeldes von 2 100 Mark an.
     Die Komische Oper in der Behrenstraße (Mitte) gehört der Stadt Berlin und nicht dem schwedi-

schen Stora-Konzern als Tochter der Deutschen Zündholz AG, entschied der Bundesgerichtshof.
     Die Arzt-Legende Wilhelm Heim feiert in Berlin ihren 90. Geburtstag. Heim war 23 Jahre lang Leiter des Virchow-Klinikums und Präsident der Ärztekammer.
     Der Berliner Schauspieler Kurt von Ruffin, bis 1993 Mitglied des Schiller-Theaters, stirbt im Alter von 95 Jahren in Berlin.

15. November
Im Berliner Mykonos-Prozeß
wirft die Bundesanwaltschaft der Staatsführung des Iran vor, für die Morde an vier iranischen Oppositionellen im September 1992 direkt verantwortlich zu sein. Sie beantragte für die fünf Angeklagten langjährige Gefängnisstrafen.

16. November
Acht Schüler eines Hellersdorfer Gymnasiums
erhalten den Mete-Eksi-Preis. Der Preis wird jährlich Jugendlichen verliehen, die sich besonders für gewaltfreies Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen einsetzen.
     Die Berliner Polizei verhaftet fünf Mitglieder einer international operierenden rumänischen Schleuserbande, darunter eine Frau. Bei der Aktion auf dem U-Bahnhof Rudow (Neukölln) werden auch vier illegal eingereiste Rumänen festgenommen.

17. November
Die vom Senat beauftragten Gutachter empfehlen,
die Spree an der Schleuse Charlottenburg vom Westhafen aus zu begradigen. Das gilt im Streit um den Wasserstraßenausbau für Euro-Schiffe, die größer sind als die herkömmlichen, als die technisch, ökologisch und wirtschaftlich sinnvollste Variante.

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18. November
Zu stundenlangen Stromausfällen kommt es am Mittag
im Osten Berlins, nachdem ein Kranausleger eine 220-Kilovolt-Leitung in Marzahn berührt.
     262 000 Haushalte und Hunderte Gewerbebetriebe sowie S- und U-Bahnen sind davon betroffen.

19. November
NS-Urteile sind noch immer gültig.
Darauf machen mit einer Podiumsdiskussion im Ribbeckhaus (Mitte) der Verein Aktives Museum, das Aktionsbündnis Potsdamer Appell sowie die Senatsjustizverwaltung und die Gedenkstätten Deutscher Widerstand aufmerksam.
     Die Inhaber privater Wach- und Sicherheitsdienste müssen künftig alle zwei Jahre ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, beschließt der Senat.
616 neue Firmen entstanden von 1990 bis 1996 in Berlin. 352 gingen pleite.

20. November
Die Ermittlungen wegen der Nazi-Schmierereien
in der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Alt-Friedrichsfelde werden vom Berliner Staatsschutz eingestellt. Die Nachforschungen ergaben, daß nicht junge Polizisten, sondern Rechtsradikale aus der Umgebung für die Schmiererei verantwortlich waren.
     Vor Trickbetrügern, die sich telefonisch nach Bankverbindungen erkundigen, warnt die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin. Sie rät, keine Auskünfte am Telefon zu erteilen.

21. November
In Neukölln schießt ein Unbekannter
in der Nacht ohne erkennbaren Grund durch eine geschlossene Imbißtür auf einen 30jährigen Türken. Der Mann muß mit einem Schuß in den Rücken in ein Krankenhaus gebracht werden.

22. November
Auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof
an der Chausseestraße (Mitte) werden die Restaurierungsarbeiten des Landesdenkmalamtes und der Kirchengemeinde abgeschlossen. Damit präsentieren sich viele Grabmale zum Totensonntag wieder in alter Pracht.
     Der Künstlerklub »Die Möwe« feiert in seinen neuen Räumen im Palais am Festungsgraben (Mitte) sein 50jähriges Bestehen. »Die Möwe« hatte 1995 ihren Sitz im ehemaligen Bülowschen Stadtpalais in der Luisenstraße aufgeben müssen.

23. November
Durch mehrere Pistolenschüsse
werden ein russischer Mann und eine russische Frau in der Spielhalle »Kosmos« an der Stromstraße (Tiergarten) erschossen. Die Polizei spricht von »Spuren einer Hinrichtung«, die von einer Abrechnung innerhalb der »Russenmafia« zeugen.

24. November
Das Bundesvorstandsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen,
Kambiz Behbahani, tritt zurück.
     Der Iraner mit deutschem Paß begründet dies mit Vorwürfen aus seinem Berliner Landesverband, wonach er zwei Frauen sexuell belästigt haben soll.
     Einen Herzinfarkt erleidet der russische Dirigent Michail Jurowski während einer »Boris Godunow«-Vorstellung an der Deutschen Oper Berlin.

25. November
Die Staatsbibliothek zu Berlin eröffnet
in der Eingangshalle in der Potsdamer Straße die Wanderausstellung »Deutsch-russische Begegnungen im Zeitalter der Aufklärung«.
     Berlins Polizeipräsident Hagen Saberschinsky teilt im Senats-Innenausschuß mit, daß bis September 1996 schon 135 Drogentote zu beklagen sind. 1995 waren es in diesem Zeitraum »nur« 93.

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     Der Kulturausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses tagt demonstrativ in der Berliner Staatsbibliothek Unter den Linden. Er wendet sich damit gegen die Absicht des Bundesrechnungshofes, die beiden Teile der Staatsbibliothek im Kulturforum zusammenzulegen.

26. November
Der Verband der Automobilindustrie beschließt
einstimmig, die Internationale Automobilausstellung auch 1999 in Frankfurt/ Main zu veranstalten. In Berlin fehle es an Platz. Außerdem sei man zu keinem akzeptablen Termin gekommen.
     Tausende Autofahrer, vorwiegend Berliner, sitzen nach Schnee und Eis nachts auf der A2 nach Hannover fest. Sie werden von Rettungsdiensten mit Decken und warmen Getränken versorgt.

27. November
Autonome bekennen sich in einem Schreiben
zum Brandanschlag auf die Kaulsdorfer Sanitärfirma Peter Hellmich. Hellmich hatte die Räumung eines besetzten Hauses in Friedrichshain veranlaßt.
     In Berlin wird ein Förderkreis Berliner Brunnen gegründet. Initiator Bernhard Konrad will Firmen, Gewerbetreibende und Privatpersonen als Sponsoren gewinnen, um die Anlagen zu erhalten.

28. November
Ein Benefizkonzert findet im Schauspielhaus
am Gendarmenmarkt für die Kinder der Welt statt. Es ist eines von insgesamt 50 anläßlich des 50jährigen Bestehens des Kinderhilfswerks UNICEF, zu denen der Dirigent Kurt Masur aufgerufen hatte.
     Der »Vadder vom Alexanderplatz«, Hans-Joachim Hensel, wird auf dem Heidefriedhof in Alt-Mariendorf unter großer Anteilnahme beigesetzt. Der Obdachlose ist Mitte Oktober 63jährig tot in seinem Schlafsack in einer Ecke der Bahnhofshalle Alexanderplatz gefunden worden.

29. November
In einer Krisensitzung beim Regierendem Bürgermeister
Eberhard Diepgen (CDU) werden die Baukosten für den Neubau der Akademie der Künste am Pariser Platz auf 85,9 Millionen Mark begrenzt. Bisher waren 110 Millionen Mark vorgesehen.
     Das Berliner Landgericht spricht Wolfgang Vogel vom Vorwurf frei, Ausreisewillige erpreßt und genötigt zu haben. Es heißt, der frühere DDR-Unterhändler habe deren Angebote zum Verkauf ihrer Häuser oder Geldzahlungen lediglich entgegengenommen.

30. November
Rund 30 Hooligans demolieren
nach dem Fußballspiel Hertha BSC gegen Jena einen Blumenladen in den S-Bahn-Bögen am Alexanderplatz und rauben die Kasse. 23 überwiegend jugendliche Personen werden wenig später von der Polizei festgenommen.

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