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daß, nachdem wir bei dem Feldlazarethe angestellet worden, wir zuvörderst Seiner Königlichen Majestät von Preussen unserm Allergnädigsten Könige und Herren wollen treu, gehorsam und ergeben seyn, Höchstdero Nutzen befördern und allen Schaden abwenden.
     Hiernächst wollen wir die uns obliegenden Pflichten und Geschäfte nach den Vorschriften des Lazareth-Reglements treu und redlich ausführen, die Kranken und Verwundeten nach unserm besten Wissen und Gewissen behandeln und die beim Militärdienst so nöthige Subordination jederzeit beobachten. Auch wollen wir keine Gefahr, weder bei Bataillen, Belagerungen, noch in dem Lazarethe bei vorkommenden ansteckenden Krankheiten scheuen, sondern überall das Allerhöchste Interesse Seiner Majestät und die baldige Wiederherstellung der kranken und verwundeten Soldaten dergestalt zu unserm Augenmerk und Zweck haben, daß wir es bei Gott, dem Könige, unserm Vorgesetzten und unserm eigenen Gewissen verantworten können. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum.« 1)
     Die preußischen Militärärzte der unterschiedlichsten Graduierungen und Ausbildungsformen unterlagen mit dem Abschluß ihrer Unterweisung ohnehin zunächst den allgemein anerkannten Verpflichtungen des Hippokratischen Eides. Die militärmedizinische Eidesformel ergänzte den Eid des gro-
Bernhard Meyer
Königlich-Preußisches
Feldlazareth- Reglement

Kaum hatte Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) nach dem Tod des kinderlosen Friedrich II. (1712–1786) als Neffe die Regentschaft in Preußen übernommen, bereitete er der Aufklärung mit dem restriktiven Religionsedikt vom 9. Juli 1788 und dem nur wenige Monate später folgenden Zensuredikt (19. Dezember 1788) ein staatlich-normatives Ende.
Es begann eine Zeit der Reaktion im Lande und der Mätressenwirtschaft am Hofe. Aus Frankreich wetterleuchtete die herannahende Revolution. Hohe Zeit, einiges in der preußischen Armee zu ordnen, so 1787 die Verkündigung eines neuen »Königlich-Preußischen Feldlazareth-Reglements«. Zu den Auffälligkeiten dieses Gesetzesaktes gehören eine Reihe von Eiden, so für die Feldärzte, für die Unterwundärzte sowie für die Ober-, Reise- und Unterfeld-Apotheker. Die »Eidesformel für die Feldärzte, nach welcher auch die Staats-, Pensionärs- und Ober-Wundärzte vereidet werden«, lautete: »Wir Feldärzte, (die Vor- und Zunamen) schwören hiermit zu Gott dem Allmächtigen einen körperlichen Eid,

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ßen Griechen gewissermaßen um die militärischen Erfordernisse. So fällt zunächst der für Mediziner dieser Zeit hohe Grad der Verbindlichkeit der Eidesformel auf. Ihr medizinischer Dienst wird de facto als eine Leistung für den König persönlich deklariert. Ihr Handeln bewegte sich in den exakt gezogenen Grenzen und Vorschriften des Lazareth-Reglements, von dem es kein Abweichen gab. Immerhin gipfelte dies in der generellen verbalen Aufforderung, Kranke und Verwundete zu behandeln, ohne daß auf die Beachtung militärischer Ränge verwiesen wurde. Die vermeintliche Gleichheit zwischen Soldat und Generalfeldmarschall bei der medizinischen Behandlung wurde mit der Verpflichtung der verschiedenen Chargen, bei allem Tun und Handeln stets auch die gestrenge Unterordnung peinlichst einzuhalten, wieder aufgehoben. Im Vergleich mit dem Eid des Hippokrates fehlt hier der explizite Verweis auf die Wahrung des Arztgeheimnisses, das Verbot zur Verabreichung tödlicher Mittel sowie die Abwendung von Gefahr und Schaden.
     Das Reglement und der Eid galten fortan auch für das militärische Berlin, wo jedes Regiment über ein eigenes Krankenhaus verfügte, dessen finanzielle Unterhaltung weitgehend durch das Regiment selbst zu gewährleisten war. Es galt die Regelung, wonach alle Soldaten, »sobald sie in eine nur etwas anhaltende Krankheit verfallen«, in ein Krankenhaus gebracht werden sollten.
Christoph Friedrich Nicolai (1733–1811) vermerkte 1786: »Die Kranken werden in diesen Häusern sehr sorgfältig, sowohl von den Regimentsals auch den Kompaniefeldscherern, besuchet und mit Arzneyen versorgt.« 2)
Das seinerzeit größte und namhafteste Lazarett Berlins befand sich in der Charité, dessen anerkannter Chirurg und militärischer Oberwundarzt Johann Christoph Friedrich Voitus (1741–1787) gerade in der Vorbereitungszeit des Reglements verstarb. Der ihm gleichgestellte Internist an der Charité, der Leibarzt Friedrichs II., Christian Gottlieb Selle (1748–1800), verfaßte übrigens für die »Berlinische Monatsschrift« 1787 einen umfänglichen Nachruf auf Voitus.
Und schließlich verfügte Friedrich Wilhelm II. im gleichen Jahr den Neubau seiner militärmedizinisch-klinischen Behandlungsstätte, der Charité, der unter der Bezeichnung »Alte Charité« in ihre Baugeschichte einging.

Quellen:
1      Königliches-Preußisches Feldlazareth-Reglement, Berlin 1787, S. 97/98
2      Christoph Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Berlin 1786, S. 684/685

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