15   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Nächstes Blatt
sten genannt wurden. Dieses Vorrecht erhielten die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier sowie der Pfalzgraf am Rhein. Im Jahre 1257 erweiterte sich der Kreis auf sieben. Zu den genannten vier kamen der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen hinzu. Die Mark Brandenburg wurde damals gemeinsam von den Brüdern Johann I. (1213?-1266) und Otto III. (1215?-1267) aus dem Geschlecht der Askanier regiert. Otto III. war mit einer Tochter des böhmischen Königs Wenzel I. verheiratet. Als Mitgift bekam er die Städte Bautzen und Görlitz zugesprochen. Die Brüder hatten sich um die Entwicklung Berlins große Verdienste erworben, hatten das Städtebürgertum gefördert, Berlin zu einem ihrer zeitweiligen Sitze erhoben und in der Klosterstraße ihre Burg, die »Aula Berlin«, das »Hohe Haus« errichten lassen.
     Nach der Königswahllehre des »Sachsenspiegels«, des bedeutendsten Rechtsbuches des deutschen Mittelalters, besaßen die Brandenburger Markgrafen bereits 1252 die Kurwürde, gehörten zum »Kreis der Vorwähler«. In dieser Funktion wählten sie zusammen mit dem Herzog von Sachsen nachträglich den jungen, vom Papst gestützten Grafen Wilhelm von Holland als Gegenkönig zu dem Staufer Konrad IV. 1) Als handfeste Zugeständnisse bekamen sie dafür von König Wilhelm die Stadt Lübeck als Lehen, und den Kaufleuten der Mark
Dagmar Claus
Markgraf - Königsmacher - Kurfürst

Historisch-rechtliche Voraussetzungen für den Rang Berlins als »Kurfürstliche Residenz«

Kaiser, König, Edelmann ... die Abfolge der weltlichen Stände wird schon den Kleinsten durch Märchen und Spiele vermittelt. Wenig bekannt dagegen ist, daß die Spitzen der weltlichen Macht im Mittelalter gewählt werden mußten und es kein Erbfolgerecht des Erstgeborenen bei den deutschen Königen und Kaisern gab. Wer zum König gekrönt werden wollte, mußte sich die sogenannten Kurfürsten geneigt machen, denn sie wählten den neuen König. Diese »Wahlmänner« wurden nicht nur durch Vergabe von Gütern, Titeln, Ämtern und Geld bestochen, wichtiger war oft die Zusicherung von Privilegien und Rechten, denn diese stärkten die Herausbildung landesherrlicher Territorialgewalt.
     Seit 1198 galt die Ansicht, daß bei der Königswahl auf alle Fälle vier bestimmte Fürsten dabeisein mußten, die nach ihrem Amt, den König zu küren (auszusuchen), Kurfür


BlattanfangNächstes Blatt

   16   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattNächstes Blatt
Brandenburg wurden Zollermäßigungen in Holland gewährt.
     Vier Jahre (1256) später fand Wilhelm von Holland, erst 28 Jahre alt, auf einem Heereszug gegen die Friesen den Tod. Es mußte deshalb 1257 schon wieder »gekürt« werden. Der Kreis der sieben »Königsmacher« stand nun endgültig fest, und die Markgrafen von Brandenburg gehörten dazu. Die Kurwürde wurde nur auf den erstgeborenen Sohn des jeweiligen Fürstengeschlechts übertragen. Bei den Brandenburgern lag sie bei Johann I. Dieses Markgrafengeschlecht war inzwischen so mächtig geworden, daß Johann es 1257 wagen konnte, für seinen Bruder Otto IV. die deutsche Königskrone zu fordern. 2) Die askanischen Markgrafen waren den anderen Kurfürsten aber schon zu vermögend und einflußreich. Ein weiterer Machtzuwachs hätte die Territorialgewalten geschwächt. Deshalb ließen sie ihre Stimmen lieber gleich von zwei Anwärtern kaufen, von dem spanischen König Alfons von Kastilien und dem englischen Grafen Richard von Cornwall. 3) Johann I. votierte schließlich für den Spanier. Der Engländer und der Spanier wollten über die deutsche Königswürde die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches erringen. Am Ende dieser Doppelherrschaft war das Reich in einem desolaten Zustand.
     Als Richard von Cornwall 1272 starb, wurde am 1. Oktober 1273 in Frankfurt am Main Rudolf von Habsburg zum neuen deutschen
König gewählt. Allerdings nur von sechs Kurfürsten, denn der siebente, der König von Böhmen, hatte sich selbst Hoffnungen auf den deutschen Thron gemacht und ließ gegen die Entscheidung der Kurfürsten Protest einlegen. Anläßlich dieser Wahl kam es zwischen den Askaniern zum Streit, wem das Recht der Königswahl zustände.
     Da das Land zwischen den erbberechtigten Kindern aufgeteilt wurde, hatten sich zwei Linien herausgebildet. Johann II. (Linie Stendal) beanspruchte die Kurwürde ebenso wie Otto V. von der jüngeren Linie. Beide waren in Frankfurt zugegen, beide wählten vielleicht auch.
     Der neue König Rudolf I. versuchte, sich und seinen Nachkommen die Stimmen der Kurfürsten ein für allemal zu sichern, indem er seine Töchter mit den weltlichen Kurfürsten verheiratete: Agnes mit Albrecht II. von Sachsen, Mathilde mit Pfalzgraf Ludwig und Hedwig mit dem Markgrafen Otto VI. von Brandenburg (1264-1303). Dennoch konnte er, als er 1291 starb, seinem Sohn Albrecht nicht die deutsche Königskrone hinterlassen. Als Anwärter auf die Krone wurde 1292 wieder ein Brandenburger Markgraf genannt, Otto IV. mit dem Pfeil. Seinem Verwandten der jüngeren Linie (Otto V.) gelang es, die Wahl zu verhindern. Im Interesse feudaler Territorialpolitik entschieden sich die Kurfürsten für einen Grafen aus einem unbedeutenden Geschlecht als Rudolfs Nachfolger.

BlattanfangNächstes Blatt

   17   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattNächstes Blatt
Sie waren bemüht, durch einen Wechsel der Dynastie die Königsmacht zu schwächen und keine kontinuierliche Politik zuzulassen.
     Je weniger emanzipiert und eigenständig der König handeln konnte, desto günstiger für die Interessen der Territorialfürsten. Adolf von Nassau, ein ca. 40jähriger Adliger aus einer mittelrheinischen Grafschaft, konnte die Wahl zu seinen Gunsten beeinflussen und vermachte den kurfürstlichen »Königsmachern« Güter, Rechte und Geld, so z. B. dem Kölner Erzbischof 25 000 Mark Silber (für ca. 12 000 Mark Silber kaufte Adolf 1293 ganz Thüringen) und die Burgen Kochem, Kaiserswerth, Landskron, Sinzig, Duisburg und Dortmund mit allen Rechten, Einkünften, Zöllen, Abgaben und Zubehör. 4) Andere bekamen Ämter, wie Markgraf Otto IV. von Brandenburg, der 1293 zum obersten Landfriedensrichter in Sachsen bestellt wurde. Der unbemittelte König nahm Kredite auf und verpfändete Reichseinkünfte, um seine Wahlmänner zu befriedigen. Diese Selbstsucht und Bestechlichkeit der Kurfürsten wurde von Zeitgenossen scharf kritisiert und ein erbliches Königstum gefordert, um diesen Mißbrauch abzuschaffen.
     Andererseits versuchte der König, seine Wahlversprechungen zu »vergessen« und sich aus seiner Abhängigkeit gegenüber den Kurfürsten zu lösen. Diese schmiedeten deshalb Pläne zur Absetzung Adolfs. Bei der Krönung des Böhmischen Königs Wenzel II.
im Jahre 1297 in Prag kam es zwischen diesem, dem Mainzer Erzbischof und den Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen zu einem Komplott gegen König Adolf. Am 23. Juni 1298 setzten in Mainz die Kurfürsten (ohne den Erzbischof von Trier und den rheinischen Pfalzgrafen Rudolf, der seit 1294 mit Adolfs Tochter Mechthild verheiratet war) den König ab, weil er »seiner Herrschaft und Macht nicht gewachsen« 5) war. Zum neuen König wurde von ihnen (Otto IV. vertrat dabei Brandenburg) nun doch der Sohn von Adolfs Vorgänger Rudolf gewählt und als Albrecht I. auf den deutschen Königsthron gehoben. Die Macht der Kurfürsten war umfassend, sie verhökerten Königthrone nach ihrem Willen.
     Albrecht I. aus dem Hause Habsburg kannte Einfluß und Stärke der Kurfürsten, hatte beides beim Tode seines Vaters Rudolf selbst gespürt, als nicht er, sondern Adolf von Nassau zum neuen deutschen König gewählt worden war. Durch geschickte Heiratspolitik und durch direkte kriegerische Auseinandersetzung versuchte er, die Herrschaft der Königsmacher zu spalten und zu brechen. Die Markgrafen von Brandenburg wurden durch Heirat - die älteste Tochter von Albrecht I., Anna, war bereits 1295 mit Hermann von Brandenburg (Mgf. von 1295-1308) verheiratet worden und seine Tochter Guta wurde 1302 mit Woldemar (Mgf. von 1308-1319) verlobt - an das Haus Habsburg gebunden. Gegen die Kurfürsten

BlattanfangNächstes Blatt

   18   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattNächstes Blatt
von Mainz, Köln, Trier und den rheinischen Pfalzgrafen führte Albrecht Krieg und besiegte sie 1301/1302. Dieser Sieg war durch die neutrale Haltung der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen 6) sowie durch die militärische und finanzielle Unterstützung seitens der Städte möglich. Dafür bot der König den Bürgern Handelsprivilegien, Stapelrecht, Abgaben- und Zollbefreiungen, Anerkennung von Städtebünden. Die besiegten rheinischen Kurfürsten mußten auf Zölle verzichten und Land und Burgen hergeben. Nun versuchte Albrecht, gegen den fünften Kurfürsten, den Böhmischen König, vorzugehen. Mit dem Tod des Böhmischen Königs Wenzel II. 1305 und der Ermordung seines Sohnes und Nachfolgers Wenzel III. 1306 starb das Geschlecht der Przemysliden aus. Albrecht gelang es, seinen Sohn Rudolf als neuen Böhmischen König zu lancieren. Die Macht der Kurfürsten schien gebrochen.
     Da verstarb plötzlich 1307, ein Jahr nach seiner Krönung zum Böhmischen König, Rudolf, und zehn Monate später, am 1. Mai 1308, wurde König Albrecht von seinem Neffen Johann ermordet. Der deutsche Königsthron war wieder frei, es mußte wieder gewählt werden. Die Kurfürsten entschieden sich 1308 für den politisch und wirtschaftlich um die Konsolidierung seines Besitzes ringenden Grafen Heinrich von Luxemburg. Durch diplomatisches Geschick war es dem Luxemburger im gleichen Jahr gelungen, seinen jüngeren Bruder Balduin
zum Erzbischof von Trier und damit zum Kurfürsten erheben zu lassen. Als Vertreter Brandenburgs nahm Woldemar als Kurfürst an der Wahl teil und gab seine Stimme dem Luxemburger. Am 6. Januar 1309 wurde der Graf von Luxemburg als Heinrich VII. deutscher König. 1310 schanzte Heinrich seinem Sohn Johann die Böhmische Krone zu. Um das Erbe der 1306 erloschenen böhmischen Königsdynastie anzutreten, verheiratete er ihn mit der Schwester des letzten regierenden Przemyslidenherrschers.
     Damit waren die Luxemburger als Böhmische Könige legitimiert. Die Regierungszeit von Heinrich VII. dauerte nur fünf Jahre und war von seinem mit Brutalität und großen Verlusten geführten Italienfeldzug überschattet. Sein Ziel war, Rom einzunehmen und sich dort zum Kaiser krönen zu lassen. Dies gelang ihm zwar am 29. Juni 1312, aber bereits ein Jahr später (24. August 1313) starb er in der Nähe von Siena an Malaria. Sein Sohn Johann, König von Böhmen, wäre gern seinem Vater auf den deutschen Königsthron gefolgt, fand aber bei den Kurfürsten keine Lobby. Auch der Sohn von Albrecht I. aus dem Hause Habsburg machte sich Hoffnungen auf die Krone. Die Kurfürsten konnten sich zunächst auf keinen dieser beiden Kandidaten einigen, waren beide Dynastien doch schon stark und mächtig genug, um als mögliche Könige Rechte und Einnahmen der Fürsten zu beschneiden. Der Markgraf von Brandenburg

BlattanfangNächstes Blatt

   19   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattNächstes Blatt
(Woldemar), die Erzbischöfe von Mainz und Trier und der König von Böhmen schlugen deshalb den Wittelsbacher, Ludwig den Bayern, vor. Dieser lehnte zunächst ab, weil er weder wirtschaftlich noch politisch über entsprechende Mittel verfügte, ließ sich dann aber doch im Oktober 1314 nach Frankfurt führen. Dort warteten die verbleibenden drei Kurfürsten, also der Erzbischof von Köln, der Pfalzgraf bei Rhein und der Herzog von Sachsen, schon mit ihrem Kandidaten.
     Es war Friedrich der Schöne, ältester Sohn Albrechts I. aus dem Hause Habsburg. Bereits 1308 hatte er versucht, Nachfolger seines Vaters auf dem deutschen Thron zu werden, war aber am Widerstand der Kurfürsten gescheitert. Nun wurde er von einem Teil der Kurfürsten am 19. Oktober 1314 zum deutschen König ausgerufen, und einen Tag später wurde Ludwig der Bayer vom anderen Teil der Kurfürsten zum deutschen König gewählt. Da sich mehr Kurfürstenstimmen auf Ludwig vereinten, mußte der Habsburger erst einmal von dannen ziehen. Er gab aber nicht auf. Am 25. 11. 1314 ließ er sich von seinem Befürworter, dem Erzbischof von Köln, in Bonn krönen. Aachen, die eigentliche Krönungsstadt, hatte ihm das Zeremoniell verwehrt. Am gleichen Tag wie in Bonn fand hier die Krönung von Ludwig statt. Ludwig empfing allerdings die Krone nicht wie vorgeschrieben aus den Händen des Erzbischofs von Köln, sondern
der Erzbischof von Mainz krönte ihn. Zwischen beiden Parteien gab es im deutschen Reich nicht nur erbitterte Feindschaft, sondern Krieg. Diese militärische Auseinandersetzung konnte Ludwig für sich entscheiden und seinen Widersacher, Gegenkönig Friedrich, 1322 gefangennehmen.
     Als die Askanische Linie der Markgrafen von Brandenburg 1320 ausstarb, übertrug König Ludwig die Markgrafschaft mitsamt der Kurwürde auf seinen achtjährigen Sohn Ludwig. 7) Der Böhmische König, eigentlich Parteigänger Ludwigs, hatte sich selbst Hoffnung auf die Mark Brandenburg gemacht und ging nun auf die Seite von Ludwigs Gegnern über. Um diese Front aufzubrechen, ließ Ludwig den Gegenkönig Albrecht 1325 frei und vereinbarte, gleichberechtigt mit ihm über das deutsche Königreich zu herrschen. 1327 rüstete Ludwig der Bayer zu einem Italienfeldzug, um die deutsche Kaiserkrone zu erringen und seine Legitimation als rechtmäßiger Herrscher zu untermauern. Am 17. Januar 1328 ließ er sich in Rom durch einen Kardinal zum Kaiser krönen. Der Papst, der im französischen Avignon residierte, hatte bereits die Königswürde von Ludwig nicht anerkannt und verweigerte auch der Kaiserkrönung seine Zustimmung. Dadurch sahen sich die Kurfürsten in ihrem angestammten Recht, die Wahl des deutschen Königs allein zu bestimmen, eingeschränkt.
     Zur Verteidigung ihrer kurfürstlichen

BlattanfangNächstes Blatt

   20   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattNächstes Blatt
Rechte bildeten sie 1338 zu Rhens einen Kurverein und legten als Grundsatz fest, daß der von den Kurfürsten mit Mehrheit gewählte König legitimierter Herrscher sein sollte und diese Wahl keiner päpstlichen Zustimmung bedurfte. Durch diesen Grundsatz gestärkt, traf Ludwig in den nächsten Jahren Entscheidungen und ging Bündnisse ein, die die Interessen der Kurfürsten außer acht ließen. Zu Rhens hatten sie die Macht des Königs gestärkt, zu Rhens nahmen sie ihm diese Macht auch wieder, als sie hier 1346 Ludwig für abgesetzt erklärten und einen neuen König wählten: den ältesten Sohn König Johanns von Böhmen aus dem Geschlecht der Luxemburger, Karl. Fünf Kurfürsten gaben Karl ihre Stimme - sein Großonkel, der Erzbischof von Köln, sein Vater, König Johann von Böhmen, die Erzbischöfe von Mainz und Trier und der Herzog von Sachsen, der aus dem Hause Askanien stammte und sich bei der Vergabe der Mark Brandenburg übergangen fühlte. Karl wurde am 26. 11. 1346 in Bonn gekrönt. Zum Krieg zwischen König und Gegenkönig kam es nicht mehr, da Ludwig 1347 im Alter von 67 Jahren an einem Schlaganfall starb.
     Karl IV. war durch die Wahl von fünf Kurfürsten deutscher König geworden. Die fehlenden zwei Kurfürstenstimmen kamen aus dem Hause Wittelsbach. Der Markgraf von Brandenburg war ein Sohn des 1347 gestorbenen Königs Ludwig des Bayern, und auch der rheinische Pfalzgraf stammte
aus dem Haus Wittelsbach. Um den Widerstand dieser Fürsten zu brechen, heiratete Karl die einzige Tochter des wittelsbachischen Kurfürsten von der Pfalz. In Brandenburg unterstützte er den »falschen Woldemar« und belehnte ihn mit der Mark. Dieser behauptete, 1319 nur totgesagt worden zu sein. Als 1350 dieser Schwindel aufflog, verheiratete Karl seine Tochter Katharina mit Markgraf Otto von Brandenburg aus dem Hause Wittelsbach, Sohn von Ludwig dem Bayern. Als auch das nichts half, führte er von 1371 bis 1373 Krieg gegen die Brandenburger. Im August 1373 gaben die Brandenburgischen Wittelsbacher schließlich auf und verkauften die Mark für 500 000 Gulden an Kaiser Karl. Die Kur- und Erzkämmererwürde durfte der Wittelsbacher aber auf Lebenszeit behalten, also bis 1379.
     Die Kurfürsten waren für Karl »die Pfeiler und Mauern des Reiches«. 8) Er war im Interesse seiner eigenen Machtposition bemüht, zu einem Konsens mit den sieben Kurfürsten zu kommen, ihr Wahlrecht neu zu regeln, ihre Stellung festzuschreiben.
     Seine »Goldene Bulle« bestätigte 1356 in einem Reichsgrundgesetz ein für allemal die Kurfürsten als Wähler des deutschen Reichsoberhaupts und legte die Unteilbarkeit der Kurlande und das Erbfolgerecht des Erstgeborenen fest. Die Wahl hatte drei Monate nach Erledigung des Thrones in Frankfurt am Main durch die sieben

BlattanfangNächstes Blatt

   21   Probleme/Projekte/Prozesse »Königsmacher«  Voriges BlattArtikelanfang
Kurfürsten unter Vorsitz des Erzbischofs von Mainz zu erfolgen. Die drei geistlichen Kurfürsten sollten als Erzkanzler die Siegel führen. Der Mainzer Erzbischof war der Erzkanzler für das Reich, der Kölner für Italien und der Trierer der für Burgund und Gallien. An Böhmen ging das Amt des Erzmundschenks, an Brandenburg das des Erzkämmerers, an die Pfalz das des Erztruchseß (Aufsicht über die fürstliche Tafel), an Sachsen das Amt des Erzmarschalls. Das waren Ehrenvorrechte, die nur bei der Königskrönung auszuführen waren.
     Die Kurfürsten wurden über alle anderen Reichsfürsten gestellt, hatten in ihren Territorien die uneingeschränkte Gerichtsbarkeit, besaßen die vollen Hoheitsrechte in ihren Gebieten. Die Kurwürde beruhte auf dem Besitz des in der »Goldenen Bulle« territorial bestimmten Kurlandes (also für den Brandenburger die »Kurmark«) und sollte nach dem Recht der Erstgeburt vererbt werden. Die weltlichen Fürsten führten nun auch den Titel Kurfürst. Bis zur Auflösung des Römischen Reiches 1806 besaß dieses Gesetz als das wichtigste Verfassungsgesetz des Reiches Gültigkeit.

Quellen:
1 Evamaria Engel/Eberhard Holtz (Hrsg.): Deutsche Könige und Kaiser des Mittelalters, Leipzig/ Jena, Berlin 1989, 2. Aufl., S. 234
2 Ingo Materna/Wolfgang Ribbe: Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 127
3 Evamaria Engel/Eberhard Holtz (Hrsg.): a. a. O., S. 236
4 Ebenda, S. 252 ff.
5 Ebenda, S. 256
6 Ebenda, S. 261-264
7 Ebenda, S. 279
8 Ebenda, S. 316


BlattanfangArtikelanfang

© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 10/1996
www.berlinische-monatsschrift.de