103   Dokumentiert August 1996  Nächstes Blatt
Es geschah gestern in Berlin August 1996

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. August
Im Alten Museum
wird eine Kunstausstellung mit Bildern von Lovis Corinth eröffnet.
     Unter dem Fernsehturm am Alexanderplatz beginnt an diesem Tag eine große Blutspende-Party. Viele Prominente rührten dafür die Werbetrommel. Nach Angaben des Roten Kreuzes hat Berlin einen Jahresbedarf von rund 200 000 Blutkonserven.
     Wegen Nachwuchsmangels wird die Station der Schönstätter Marienschwestern in der Katholischen Kirchengemeinde Rosenkranz-Basilika an der Deitmerstraße 3-4 (Steglitz) geschlossen.
     Grünes Licht für die Sanierung ihrer Berliner Vertretung in der Behrenstraße 21-22 hat die bayerische Staatsministerin Ursula Männle gegeben.
     Der Altbau soll bis Ende 1998 für den Umzug hergerichtet werden.

2. August
Die Arbeiten zur Spreeverlegung
an der Moltkebrücke (Tiergarten) sind abgeschlossen. Das alte Spreebett wurde durch Sanddämme von der daneben liegenden »provisorischen Spree« getrennt und zur Baugrube für den geplanten Fern-, U-Bahn- und Straßentunnel.

3. August
Die Berliner Rock-Sängerin Tamara Danz
wird auf dem Friedhof ihres Geburtsortes Münchehofe beigesetzt. Hunderte von Trauergästen nahmen Abschied von der Künstlerin, die am 22. Juli im Alter von 43 Jahren an Brustkrebs verstorben war.

4. August
Der Präsident des Deutschen Grünen Kreuzes,
Burghard Stück, ruft zur Schutzimpfung gegen Masern und Mumps auf, da Kinderkrankheiten, die zu schweren Komplikationen führen können, immer häufiger bei Jugendlichen und Erwachsenen auftreten.
     Seinen 104. Geburtstag feiert der Tempelhofer Telegrafenmeister a. D. Bruno Roth. Roth kam 1908 zur Post. 1918 dolmetschte er bei den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk für die deutsche Telegrafengesellschaft.
     Im Rohbau des Ludwig-Erhard-Hauses der Industrie- und Handelskammer an der Fasanenstraße beginnt die Börse mit ihrer Arbeit. Das vom britischen Architekten Nicholas Grimshaw entworfene Gebäude, einem Gürteltier ähnlich, soll Ende 1997 fertig sein.

6. August
Einen Monat vor Beginn
des neuen Ausbildungsjahres sind in Berlin noch immer 8 200 Jugendliche ohne Lehrstelle, stellt das Landesarbeitsamt fest.

7. August
Der Berliner Generalstaatsanwalt
Hansjürgen Karge ordnet an, Unrechts-Urteile der Nazis generell überprüfen zu lassen. Anträge auf Aufhebung solcher Urteile seien bereits für Mitglieder des Kreisauer Kreises gestellt worden. Andere seien noch offen.


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   104   Dokumentiert August 1996  Voriges BlattNächstes Blatt
Der Erhalt und die Sanierung der East Side Gallery würde 23 Millionen Mark erfordern. Das stellt Umweltstaatssekretär Hans Kremendahl im Abgeordnetenhaus fest. Von den 73 noch vorhandenen Bildwerken sollten nach seiner Ansicht 15 restauriert werden.

8. August
Nach sieben Monaten Bauzeit
wird das Richtfest für die psychiatrische Tagesklinik Prenzlauer Berg - die erste ihrer Art im Ostteil Berlins - gefeiert.
     Richtfest wird beim Atrium in der Leipziger/Ecke Friedrichstraße und beim Philip-Johnson-Haus am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie (Mitte) gefeiert. Beide Gebäude gehören zur künftigen Bummelmeile im Zentrum der Hauptstadt.
     Die beiden letzten besetzten Häuser im Westteil Berlins werden von der Polizei geräumt. 200 Beamte holen die Bewohner aus den Gebäuden an der Marchstraße und am Einsteinufer (Charlottenburg). Im Ostteil der Stadt sind noch zehn Häuser besetzt.

9. August
Für ein neues Gebäude
der privaten Kant-Schule, das rund 500 Schülern Platz bietet, wird in der Steglitzer Körnerstraße der Grundstein gelegt. Die Schule soll schon 1997 in das neue Gebäude umziehen.

10. August
Zum 100. Todestag Otto Lilienthals
zeigt die Airport-Galerie auf dem Berliner Flughafen Tegel eine historisch-dokumentarische Ausstellung, mit der die Leistungen des Flugpioniers in Wort und Bild gewürdigt werden.

12. August
Die Eishockeyspieler
des EHC Eisbären absolvieren eine konditionelle Überprüfung und ein erstes Eistraining in der Eishalle Steffenstraße in Hohenschönhausen. Von den 18 neu zur Mannschaft gestoßenen Spielern fehlte lediglich einer.

Anläßlich des 35. Jahrestages des Baus der Berliner Mauer am 13. August 1961 ruft Bundeskanzler Helmut Kohl dazu auf, der Toten an der innerdeutschen Grenze zu gedenken. Der Tag sei eine Mahnung, Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen.
     Rund 36 000 Abc-Schützen gehen an diesem Tage erstmals zur Schule. Unter dem Motto »Erste Klasse - Berlin paßt auf!« begann die diesjährige Verkehrserziehungswoche.

13. August
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt
feiert Richtfest im Deutschen Arbeitsschutzmuseum (Charlottenburg). Das Gebäude wurde für 80 Millionen Mark restauriert.
     Das katholische Erzbistum Berlin hat die rechtliche Rehabilitierung von fünf Priestern, die am 13. November 1944 verurteilt und dann hingerichtet worden waren, beim Berliner Landgericht beantragt.

14. August
Ein Medaillon König Friedrichs I.
wird über dem Hauptportal des Zeughauses wieder angebracht. Das 60 mal 130 Zentimeter große und 250 Kilo schwere Kunstwerk von 1706 hatte eine zehnmonatige Grundsanierung erfahren und war mit Blattgold versehen worden.

16. August
Der heute 66jährige Sohn
des Hitler-Sekretärs Martin Bormann steht Berliner Schülern Rede und Antwort. Bei der Veranstaltung des Katholischen Gymnasiums Theresienschule ging es um die Biographie seines Vaters und seine Erfahrungen als »Täterkind«.


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   105   Dokumentiert August 1996  Voriges BlattNächstes Blatt
Zum Abschluß der »Ökologischen Mustersanierung« wird im Suhler Baufeld zwischen Eisenacher und Gothaer Straße (Hellersdorf) ein Ökofest gefeiert. 22,5 Millionen Mark flossen in die Sanierung der Plattenbauten für 196 Wohnungen und 14 Gewerbebetriebe.

17. August
Das 125. Jubiläum der Friedenskirche
wird in Niederschönhausen mit einem Chorkonzert feierlich begangen. Kantor Konrad Winkler wurde aus diesem Anlaß mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.

18. August
Beendet wird
das dreitägige dritte internationale Ballonfahrertreffen Berlin/Brandenburg. Auf die Trabrennbahn Karlshorst kamen 15 000 Besucher. Von den fünf geplanten Starts konnte wegen ungünstiger Wetterlage nur einer durchgeführt werden.

19. August
In der Kinderklinik Lindenhof
(Lichtenberg) wird die bundesweit erste moderne Dauerbeatmungsstation, in der Kindern mit chronischen Atemproblemen geholfen werden kann, eröffnet.

20. August
Zwölf Gemälde des Malers Egon von Kameke
(1881-1955) im Gesamtwert von rund 500 000 Mark werden nach Angaben der Polizei aus einer Ausstellung in Potsdam gestohlen.

21. August
Das Schinkel-Standbild von Friedrich Drake
(1869) wird nach jahrzehntelanger Abwesenheit auf dem Schinkelplatz erneut enthüllt. Die Restaurierung der stark beschädigten Figur hat eine Berliner Firma bezahlt.

Der Ausbau der Behrenstraße zwischen Mitte und Tiergarten beginnt. Diese Ost-West-Verkehrsverbindung soll bis April 1997 vierspurig befahrbar sein. Für die Bauarbeiten werden rund 3,3 Millionen Mark veranschlagt.
     Die Straße Unter den Linden soll ab 1997 für rund zehn Millionen Mark zum weltstädtischen Boulevard umgebaut werden, beschließt der Senat.

22. August
Eine Behelfs-Fußgängerbrücke
wird zwischen dem S-Bahnhof Storkower Straße und dem Wohngebiet an der Franz-Jacob-Straße (Lichtenberg) eröffnet. Das Provisorium wurde eingerichtet, um den 505 Meter langen »Langen Jammer« aus dem Jahr 1937 zu sanieren.
     Erneut abgelehnt wird mit den 23 Stimmen der CDU-Fraktion in der Wilmersdorfer Bezirksverordnetenversammlung die Umbenennung des Seebergsteigs in Walter-Benjamin-Straße.

24. August
Der »Stralauer Fischzug«
startet wieder nach 35 Jahren Pause. Rund 500 kostümierte Friedrichshainer ziehen zu Fuß, beritten oder auf historischen Wagen vom Rudolfplatz nach Alt-Stralau (Friedrichshain/Treptow).
     Ein Rikschaservice wird in der Wrangelstraße 23 (Kreuzberg) eröffnet. Die 20 Rikschas können rund um die Uhr gemietet werden. Eine halbe Stunde kostet 39 Mark.

26. August
Problemlos wechselt die S-Bahn
auf der Stadtbahn zwischen den Stationen Zoologischer Garten und Lehrter Stadtbahnhof auf ihre alte Trasse. Auf den sanierten Gleisen, die zum ersten Mal auf Betonplatten liegen, ist die Fahrt viel ruhiger.


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27. August
Eine sofortige Haushaltssperre
wird von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing verhängt. Nach ihrer Prognose werden am Jahresende voraussichtlich 2,4 Milliarden Mark in der Landeskasse fehlen.
     Ein Nutzungskonzept für die neuen Mehrzweckhallen in Prenzlauer Berg, darunter die Radsporthalle und die Max-Schmeling-Halle, wurde vom Senat beschlossen. Das bedeutet das Aus für die Deutschlandhalle, die ab 1998 nicht mehr genutzt wird.

28. August
Eine Sammlung amerikanischer Bücher
über den Holocaust bereichert jetzt das Archiv des Centrum Judaicum. US-Botschaftsrat Joel Levy überreichte sie an der Oranienburger Straße dem Direktor der Stiftung »Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum« Hermann Simon.
     »Benny«, der einzige Elefantenbulle des Berliner Zoos, stirbt überraschend in der Nacht.

29. August
Ein Prozeß gegen drei Neonazis,
darunter gegen den Chefredakteur der »Berlin-Brandenburger Zeitung« Frank S., beginnt vor dem Landgericht.
     Die ersten Berliner »Wirtschafts-Stadtpläne« mit mehr als 100 Adressen und Standorten von Bundes- und Landesverwaltungen, Interessenverbänden und Kammern der Stadt werden von Wirtschafts-Staatssekretär Wolfgang Branoner (CDU) an Taxifahrer verteilt.

30. August
Der Verein »Pfefferwerk e. V.«,
der das Kulturzentrum Pfefferberg auf dem gleichnamigen Brauereigelände im Stadtbezirk Prenzlauer Berg betreibt, stellt sein neues Konzept vor. Pfefferwerk will das Gelände vom Land kaufen und die Gebäude sanieren.

Rund 5 000 begeisterte Fans bejubeln am Abend in der Berliner Waldbühne das Künstler-Ehepaar Christo und Jeanne-Claude und die Welt-Uraufführung des Dokumentarfilms »Dem Deutschen Volke - Verhüllter Reichstag«.
     Der Berliner Projektentwickler Roland Ernst schlägt bei einer Diskussion in der »Aedes«-Galerie in Mitte vor, die sanierungsbedürftigen Wohnungen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften an private Interessenten zu verschenken.

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 10/1996
www.berlinische-monatsschrift.de