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verordnet werden«. Je vier dieser Braumeister sollten aus dem Rat, den Gewerken und der »gemeinen Burgerschafft« sein.
     Kein Brauer sollte »mehr alß von vierzehentagen zu vierzehen tagen einmall brawen«. Mehr als einmal vierzehntäglich war nur in der Zeit zwischen Maria Lichtmeß (2. Februar) und Ostern erlaubt. Der Bierpreis sollte alljährlich zu Walpurgis entsprechend dem Wachstum des Getreides »nach Billigkeit« gemeinsam vom Rat und den zwölf Braumeistern festgelegt werden. Überliefert ist für 1597 ein Preis von 2 Talern je Tonne.
     Bierbrauen und Ausschenken durften schon seit 1317 nur Bürger der Doppelstadt, genauer gesagt die, die ein Erb-Haus besaßen, also keine Zugewanderten waren.
     Nach der 1549 von Joachim II. eingeführten »Großen Bierziese« waren je Tonne gebrauten Bieres acht Märkische Groschen Steuer abzuführen. Auswärtige Biere (beliebt waren vor allem die Bernauer) zu lagern und auszuschenken war dem Rat selbst vorbehalten und geschah vorwiegend in den Kellern beider Rathäuser. In einer Ausschankverordnung vom 29. August 1636 hieß es, daß ab 9 Uhr abends »in keinem Schankhause usw. einiger Wein oder Bier mehr den Gästen gezapfet, sondern dieselben nach Hause zu gehen angewiesen werden sollen. Wollen sie aber einen Trunk mit sich nehmen, das bleibt ihnen unverwehret«.
     Schon Dr. Heinrich Knaust, der von 1540
Horst Wagner
16. September 1577:
Berlins »bestendige Brewer Ordnung«

Kürzlich, im April, haben wir - mancher sicher mit einem Glas über den Durst - auch in Berlin den »Tag des Bieres« begangen.
     Anlaß war der 480. Jahrestag des Deutschen Reinheitsgebotes, was strenggenommen ein bayerisches ist, denn es wurde am 24. April 1516 in Ingolstadt von Bayern-Herzog Wilhelm IV. für seine Ländereien erlassen. Suchte man nach einem Datum für einen speziellen Berliner Biertag, so könnte man dafür den 16. September wählen. An diesem Tag des Jahres 1577 wurde nämlich vom Rat der Vereinigten Städte Berlin und Cölln die »Brewer Ordnung« erlassen. Diese »bestendige, ehrliche, untadelhafftige« Brauerordnung sollte »in alle Ewigkeit« unter den Berliner Brauern und ihren Nachkommen »stets fest und unverbrüchlich gehalten und dagegen nicht gelebet werden«. Vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. wurde sie am 27. Juni 1714 für die ganze »Chur-Marck-Brandenburg disseit der Oder und jenseit der Elbe« bestätigt.
     In ihren 31 Paragraphen war u. a. festgelegt, daß »die Brewer ihre eigene Gilde haben und zwelff Brewmeistere gekoren und


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bis 1544 Rektor am Cöllnischen Gymnasium war, hatte das »gut roth Bier« (aus Gerstenmalz) gelobt, das »in beyden Städten Berlin und Cölln« vorwiegend gebraut wurde.
     Wallenstein dagegen schrieb in einem Bericht: »Ich muß dem Herrn klagen, daß ich kein Weissbier in der Mark bekommen kann, dahero denn nicht weiss, wie den Durst löschen muß, dieweil ich das Gerstenbier nicht trinken kann.« Das Berliner Weißbier kam nämlich erst nach 1685 mit den Hugenotten in die kurfürstlich-brandenburgische Residenzstadt, wurde dann aber schnell Lieblingsgetränk aller Berliner, bis dieses obergärige Bier ab Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr vom untergärigen bayerischen Bier verdrängt wurde, bzw.
     vom Pilsener (so genannt, weil in Böhmen die bayerische Brauart weiter entwickelt wurde).
     Der erste, der in Berlin Bier auf bayerische Art braute, war der aus der Pfalz stammende Küfer Georg Hopf, der es ab 1832 in seiner Weinstube in der Leipziger Straße 6 und später in seiner 1836 auf dem Tempelhofer Berg (an der Fidicinstraße in Kreuzberg) errichteten Bockbier-Brauerei ausschenkte, die schnell zu einer Gesamtberliner Attraktion wurde. (BM 5/1994) Berühmtheit erlangte auch die 1842 vom Berliner Apotheker Prell in der Neuen Jakobstraße 26 eröffnete Brauerei nebst Bierstube, die sich, wie der Feuilletonist der »Vossischen Zeitung« Ludwig Pietsch seinerzeit schrieb,
»bald eines außerordentlich zahlreichen Besuches erfreute ... Nie sah ich Prells Bierstube gefüllter, als an jenem Oktoberabend des Jahres 1848, als die Bürgerwehr genöthigt war, sich mit den meuternden Arbeitern in der Köpenicker Straße in nächster Nähe dieses Lokals ziemlich ernstlich herumzuschlagen.« 1853 wurde dieses Etablissement in der Neuen Jakobstraße nebst einer ebenfalls von Prell eingerichteten neuen Brauerei in der Schönhauser Allee (der heutigen »Kulturbrauerei«) von der Firma Schultheiss erworben, die sie 1891 mit der Tivoli-Brauerei auf dem Kreuzberg vereinigte (dem späteren Hauptsitz von Schultheiss). Hopfs Brauerei auf dem benachbarten Tempelhofer Berg ging 1917 an das aus Bayern stammende Brauhaus Patzenhofer über, das dann 1920 - so schließt sich der Kreis - ebenfalls unter das Schultheiss-Dach kam.
     Wir aber wollen hoffen, daß der Preis des Bieres immer so bleibt, daß sowohl »der arme gemeine Mann als auch der Brewer dabei bestehen könnten«, wie in der »in alle Ewigkeit« einzuhaltenden Ordnung vom 16. September 1577 festgelegt wurde.

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 9/1996
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