101   Dokumentiert Juli 1996  Nächstes Blatt
3. Juli
Die erste dezentrale und zugleich privat finanzierte Feuerwache
Berlins wird an der Paulsternstraße in Haselhorst offiziell in Dienst gestellt.
     Finanziert wurde der Bau von der Firma Siemens als Ersatz für die Auflösung der eigenen Betriebsfeuerwehr.
     In der Info-Box am Potsdamer Platz wird der einmillionste Besucher begrüßt. Jubiläumsgast Gerhard Birkholz probiert von einer Riesentorte und betrachtet anschließend die im knallroten Info-Pavillon auf Europas größter Baustelle ausgestellten Projekte der Investoren.

4. Juli
Die Berliner Börse eröffnet ihre neuen Räume
mit einer Feier im Ludwig-Erhard-Haus in der Fasanenstraße (Charlottenburg). Dies sei der achte Umzug in der 311jährigen Geschichte der Börse, erklärt bei dieser Gelegenheit deren Präsident Leopold Tröbinger.
     Ein Archiv für Sexualforschung wird in der Hannoverschen Straße 27 eröffnet. Mit dieser zum Robert-Koch-Institut gehörenden Einrichtung kehrt jetzt die Sexualwissenschaft nach Berlin zurück, wo der Arzt Magnus Hirschfeld 1919 das erste Institut für Sexualforschung überhaupt gegründet hatte. Dessen Originalbibliothek hatten die Nazis im Mai 1933 geplündert und verbrannt.
     Für ein neues Universitätsgebäude wird der Grundstein gelegt. Hauptnutzer des August-Boeckh-Hauses, das zwischen Dorotheen- und Mittelstraße entsteht und bis Ende 1997 fertiggestellt sein soll, wird die Humboldt-Universität sein.
     René Kollo ist nach gemeinsamer Vertragsunterzeichnung mit Kultursenator Peter Radunski (CDU) offizieller Hausherr des Metropol-Theaters.

Es geschah gestern in Berlin
Juli 1996

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. Juli
Die Siegerentwürfe für die geplante Lindengalerie
werden im Haus Pietzsch, Unter den Linden 42 (Mitte), vorgestellt.
     Hu Zhaoguang, Vizebürgermeister von Peking, trifft im Roten Rathaus mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zusammen. Der Gast weilt mit einer achtköpfigen Delegation chinesischer Wissenschafts- und Technikexperten in Berlin.

2. Juli
Die neue Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit
tritt ihr auf dreieinhalb Jahre befristetes Amt an. Für die Berliner Architektur wünscht sie sich »etwas mehr Poesie«.
     Eine Ausstellung des Malers Kurt Mühlenhaupt mit 150 Bildern und Skulpturen wird im Gebäude der gemeinnützigen Heimstätten-AG in Wilmersdorf eröffnet. Die Hauptmotive des 1921 geborenen Künstlers sind Berliner in sozusagen allen Lebenslagen.
     Für den vierten Bauabschnitt zur Erweiterung des Messegeländes gibt der Senat die erforderlichen Mittel frei.
     


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5. Juli
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Künste
teilt mit, daß auf der Plenarsitzung am 8. Juni folgende Persönlichkeiten als neue Mitglieder aufgenommen worden sind: Opern- und Theaterregisseur Robert Wilson, Schauspieler und Intendant des Berliner Ensembles Martin Wuttke, Schriftsteller Karl Mickel, Kabarettist Dieter Hildebrandt, der Dresdener Architekt Peter Kulka, der in Stockholm lebende Schriftsteller Per Olof Enquist, der Berliner Literaturwissenschaftler Peter Wapnewski, Dokumentarfilmautor Ebbo Demant, die Dokumentarfilmer Barbara und Winfried Junge, die Berliner Fotografin Helga Paris, Filmregisseur Rolf Schübel, der Leiter der Stiftung Deutsche Kinemathek in Berlin, Hans Helmut Prinzler.
     Der Schauspieler Alfred Müller begeht seinen 70. Geburtstag.
     Der französische Komponist Maurice Jarré gastiert erstmalig in Deutschland. Mit dem Filmorchester Babelsberg bringt der 71jährige, der unter anderem die Musik zu »Dr. Schiwago« geschrieben hat, während der Open-Air-Filmmusiknacht auf dem Gendarmenmarkt seine Kompositionen zu Gehör.
     Berlin und die Deutsche Bahn AG schließen einen Vertrag über den Schienen-Regionalverkehr ab, demzufolge die Regionalzüge 1996 und 1997 in Berlin rund 4,5 Millionen Kilometer zurücklegen sollen.
     Einen Luftgewehr-Anschlag unternimmt gegen 23 Uhr ein offenbar Verrückter auf einen gelben BVG-Doppeldeckerbus der 182er Linie mit knapp 50 Fahrgästen. Es ist der 72. Anschlag - sämtlich waren es Schüsse - auf einen BVG-Bus seit Anfang 1994. Dabei sind Schäden in Höhe von insgesamt 61 512 Mark entstanden.
     Der 105 Jahre alte Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus sprudelt wieder. Das Chemnitzer Multimedia-Unternehmen »artemedia« stellt mit einer Spende von 20 000 Mark seine Inbetriebhaltung bis Oktober 1996 sicher.

Die 66 Berliner Olympiateilnehmer werden vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen und vom Präsidenten des Deutschen Sportbundes Manfred von Richthofen verabschiedet.
     15 Berliner Sportboothäfen werden mit der »Blauen Europa-Flagge« ausgezeichnet. Sie wird von der »Stiftung für Umwelterziehung in Europa« für besondere Leistungen im Umwelt- und Naturschutz vergeben.

6. Juli
180 Drehorgelspieler aus fünf europäischen Ländern
mit ihren mehr als 110 Leierkästen veranstalten einen Festumzug auf dem Ku'damm, der zu einem Höhepunkt des in Berlin stattfindenden 13. Internationalen Drehorgelfestes wird.

7. Juli
Das Beach-Volleyball-Turnier
auf dem riesigen Parkplatz am Alexanderplatz in Richtung Jannowitzbrücke gewinnen John Child und Marc Heese. Für ihren Sieg bei diesem einzigen deutschen Turnier der World-Championship-Series erhalten die beiden Kanadier 31 000 Dollar.
     Seinen Dienst als »Walker« beim Berliner Kurierdienst »messenger« tritt Carsten Rönsch an. Er ist damit einer der ersten Kuriere in Deutschland, die ihre Arbeit »zu Fuß« verrichten.

10. Juli
Für vier Stadtvillen und ein Wohnhaus
der Unternehmensgruppe Roland Ernst, die nördlich der Hoffmannstraße auch das Milliardenprojekt »Treptowers« der Allianz-Versicherung errichtet, wird an der Puschkinallee (Treptow) Richtfest gefeiert.
     Der akademische Senat der Hochschule der Künste beschließt, zur Realisierung vorgegebener Einsparungen von 7,3 Millionen Mark insgesamt 80 Stellen aufzugeben. Die Studiengänge Architektur und Schauspiel bleiben erhalten.


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11. Juli
Für den künftigen Hauptsitz seines Verbandes
legt Ottmar Franz, Präsident des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie, in der Kurfürstenstraße (Schöneberg) den Grundstein.

12. Juli
Bundespräsident Roman Herzog
empfängt die Bürgermeister der Berliner Bezirke zu einem einstündigen »Termin zum Kennenlernen«.

13. Juli
Die U-Bahn eröffnet
mit einem großen Straßenfest die 168. Station, den U-Bahnhof Hermannstraße.
     Damit wird die Linie 8 bis an den S-Bahn-Südring verlängert. Die Strecke war seit 1932 fertig, bisher fehlte jedoch der (Umsteige-)Bahnhof.
     Der Zug der Love-Parade, einer überdimensionalen Straßen-Disko mit schätzungsweise 700 000 Teilnehmern in extrem schriller Kleidung, bewegt sich zwischen Ernst-Reuter-Platz und Brandenburger Tor.

15. Juli
Sinti und Roma aus ganz Deutschland
beziehen seit sechs Uhr morgens mit ihren Wohnwagen ihr Sommerquartier auf dem ehemaligen Stauraum-Gelände Dreilinden (Zehlendorf). SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben in diesem Zusammenhang erklärt, statt des Provisoriums solle eine Dauerlösung angestrebt werden.
     Anthony Ettlinger, Großneffe des 1922 ermordeten Außenministers Rathenau, legt an der Grolmannstraße 36 (Charlottenburg) den Grundstein für den Bau eines sechsstöckigen Wohn- und Geschäftshauses. Somit wird die letzte Ruine in Ku'damm-Nähe beseitigt.

16. Juli
Die Deutsche Bahn AG
beginnt mit der Elektrifizierung der Fernbahnstrecken Berlin-Hamburg und Berlin-Hannover auf den Abschnitten innerhalb der Stadtgrenzen Berlins.

18. Juli
Die Schlüssel für den Altbaukomplex
an der Invalidenstraße 44 (Mitte) werden von Bauminister Klaus Töpfer und Verkehrsminister Matthias Wissmann symbolisch übernommen. Ende 1998 soll hier das von Wissmann geleitete Ministerium mit 350 bis 400 Mitarbeitern seine Arbeit aufnehmen.

21. Juli
Als erster Berliner Sportler
bei den Olympischen Spielen in Atlanta betritt der Judoka Frank Möller (SC Berlin) das Siegertreppchen. Im Schwergewicht hat er die Bronzemedaille gewonnen.

29. Juli
Der älteste Bewohner
der Gartenstadt Staaken (Spandau), Hermann Pennigsdorf, feiert im Familienkreis seinen 103. Geburtstag.
     Der Berliner Turner Andreas Wecker wird mit der Wertung von 9,850 Punkten Olympiasieger am Reck.

30. Juli
»Testfahrer« eines besonders abgasarmen Autos
wird Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Die Gasag übergibt ihm einen erdgasbetriebenen BMW 518 tg, dessen Auspuff keine krebserregenden Stoffe und vergleichsweise weniger Kohlen- und Stickoxide in die Luft bläst.
     Der Senat gibt seine Zustimmung für den Bebauungsplan hinsichtlich des Geländes zwischen Wilhelmstraße, Spree, Bunsen- und Dorotheenstraße, eingeschlossen auch das ARD-Hauptstadt-Studio. Ein vorgesehener 2,20 Meter hoher Zaun um den Sitz des Verteidigungsministeriums wird abgelehnt.
     

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 9/1996
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