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Nachdem er gemeldet hatte, räusperte er sich und sagte: »Leider habe ich Euer Majestät noch eine äußerst unangenehme Sache vorzutragen.« »Lasse er hören!« »Der Rittmeister von ...« »Etwa der, der gestern mit seiner Schwadron den dummen Streich machte?« »In der Tat, Majestät, es war ein unglücklicher Tag!« »Ja, ja. Nun, was meint er denn?«
»Er bittet Eure Majestät um seinen Abschied.«
»So, so.« »Er ist einer der besten und tüchtigsten Offiziere der Armee; sein Ausscheiden wäre ein großer Verlust!« »Und warum will der Mann seinen Abschied nehmen?« »Er wollte mir den Grund dafür nicht nennen; aber er meint, er könne seit gestern nicht mehr in Ehren dienen!« »Ach so! Der Mann ist also ein braver Offizier?« »Einer der allerbravsten!« »Also befehle er dem Rittmeister, auf der Parade zu sein!« Der General ging, und die Parade wurde abgehalten. Als der König die Front abnahm, kam er zur Schwadron des betrübten Rittmeisters. Laut, daß der gesamte Generalstab und die weitere Umgebung es

Friedrich II.
     und die Macht seines Krückstocks

Alljährlich hielt Friedrich der Große zu wiederkehrenden Terminen in den Provinzen Manöver ab. Als er einmal mit den Leistungen seiner Soldaten nicht zufrieden war, konnte er seine schlechte Laune nicht verbergen. Sein Zorn steigerte sich noch, als er bemerkte, daß eine Schwadron Husaren einen völlig falschen Ausfall machte. Mit emporgehobenem Krückstock, den er bekanntlich auch auf dem Pferde nie losließ, jagte er auf den Rittmeister der Schwadron zu. Dieser sah den König mit unheilvollem Gesicht auf sich zupreschen. Vorsichtshalber gab der Rittmeister seinem Pferd die Sporen und jagte davon. Der erzürnte König sprengte ihm hinterdrein, aber der Rittmeister war jünger und sein Pferd schneller. Der König konnte ihn nicht einholen und mußte unverrichteterdinge zurückreiten.
     Am nächsten Morgen sollte die militärische Übung mit einer großen Parade abgeschlossen werden. Bevor diese nun stattfand, kam der kommandierende General zum König, um Rapport abzustatten und die Befehle des Königs entgegenzunehmen.


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auch hören konnten, sprach der König zum Rittmeister: »Ich habe ihn hiermit zum Major ernannt; ich wollte es ihm schon gestern sagen; aber er war mir zu geschwinde!«

Friedrich II. und sein General Köckeritz

Unter vielen anderen Eigenarten, die Friedrich der Große hatte, besaß er eine, die sehr gefürchtet war: Er spottete gern über andere. Da war zum Beispiel der General Köckeritz, den der König wegen seiner etwas auffälligen dürren Figur hänselte. Doch einmal konnte sich dieser mit Eleganz aus einer leidigen Affäre ziehen.
     Friedrich der Große hatte ihm eine Tabatiere geschenkt, in deren Deckel eine Elfenbeinplatte mit einem kleinen Äffchen eingelassen war. Der General nahm das Geschenk mit freundlichem Dank entgegen. Schnell sandte er einen Boten nach Berlin, ließ das Äffchen herausnehmen und dafür das Bildnis des großen Königs einsetzen.
     Am folgenden Tage, während eines festlichen Mahls, schnupfte er mit sichtlichem Vergnügen, wobei er sich aus der Tabatiere bediente. Dem aufmerksamen König entging dies nicht und er fragte: »Ist es nicht so, Köckeritz, daß ihm diese Dose sehr gut gefällt?« Bescheiden entgegnete der: »Sie ist mir

um so lieber, als Euer Majestät verehrungswürdiges Bildnis darauf prangt!«
Der König, nun arg verwundert: »Köckeritz, reiche er mir doch einmal die Dose her!« Der General entsprach dem Wunsche des Königs.
     Mit Erstaunen bemerkte Friedrich die Veränderung an der Tabatiere. Sein Gesicht hellte sich auf und er sagte: »Sein Einfall ist vortrefflich, Köckeritz, er gereicht ihm zur Ehre.« Nachdem das Mahl beendet war, winkte er den General noch einmal zu sich und eröffnete ihm: »Ich bin auf seiner Dose nicht gut genug getroffen, hier ist ein noch ähnlicheres Porträt von mir.« Mit diesen Worten überreichte er dem Überraschten eine goldene Tabatiere, die des Königs Bildnis in Brillanten enthielt.

Nach »Der Bär«, 1887 und 1891


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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 8/1996
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