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Asien hatte Dahlke den Buddhismus kennengelernt und war von der Lehre so beeindruckt, daß er seine Lebensaufgabe darin sah, sie auch in Deutschland zu verbreiten. Dahlke wurde Buddhist, übersetzte und schrieb selbst buddhistische Erzählungen. Durch die Bibliothek sowie die Sammlung buddhistischer Zeitschriften und Bücher ist das Buddhistische Haus erst zu jener Stätte des Buddhismus in Europa geworden, die es heute noch darstellt.
     Das Buddhistische Haus war von Anfang an nicht gedacht als reine Versammlungsstätte, als Museum für buddhistische Kunst und vor allem nicht als bloße exotische Kuriosität der Stadt Berlin, sondern als ein ernstzunehmender Kristallisationspunkt für den Buddhisten mit engen Beziehungen zu den anderen buddhistischen Zentren in der ganzen Welt.
     Der Buddhistischen Gesellschaft Berlin gehören neben Gläubigen auch philosophisch Interessierte an. Das Buddhistische Haus mit seinem Tempel für die Meditation, seiner Bibliothek sowie ostasiatischen Kult- und Weihestätten steht nicht nur Gläubigen, sondern allen Interessierten offen.
     Hier finden Andachten und Vorträge statt, an denen jeder Interessierte teilnehmen kann; das Haus sowie die gesamte Anlage ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
     Durch das einem indischen Heiligtum, Sánchi Torana, nachempfundene Elefantentor erreicht man über 73 Stufen (Symbol
Hannelore Hübner
Das Buddhistische Haus am Rande Berlins

Mit der S-Bahn bis Frohnau oder mit dem Auto in Richtung Oranienburg - und schon ist man in einer der jüngeren Ortsgründungen innerhalb der Grenzen Berlins: in der Gartenstadt Frohnau. Ein Ausflug in diese Gegend, mit dem Zeltinger- und Ludolfinger Platz, dicht mit Bäumen bestandenen Alleen und vielen Villen, lohnt sich zu jeder Jahreszeit.
     Am Ostende des breiten Edelhofdammes, nahe der Stadtgrenze, auf einer Anhöhe, von Kiefern umgeben, befindet sich das Buddhistische Haus, ein Kleinod und für viele in Deutschland lebende Buddhisten eine Meditations- und praktische Begegnungsstätte. Diese einzige mir bekannte buddhistische Kultstätte in Deutschland ist mittlerweile so populär geworden, daß sie sogar in den »Goßen Baedeker Berlin« aufgenommen wurde.
     Erbauer des Hauses ist der Arzt Paul Dahlke ( 1865 Osterode-1928 Berlin-Frohnau). In den Jahren von 1922 bis 1924 ließ er es nach Entwürfen des Pankower Architekten Max Meyer errichten. Auf mehreren Reisen nach


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Das Tor zum Gelände des Buddhistischen Hauses in Frohnau

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für die 73 Arten des Wissens eines Buddha), die in acht Absätzen angeordnet sind, das Hauptgebäude. Die acht Absätze symbolisieren den »Edlen Achtfachen Pfad«, den Buddha den Menschen zur Erlösung vom Leid der Vergänglichkeit, das mit dem Dasein unmittelbar verbunden ist, nahebrachte.
     Der »Edle Achtfache Pfad« ist in der ältesten Spruchsammlung von buddhistischen Weisheiten zusammengefaßt:
»Vermeide jede böse Tat,
Vermehre guter Werte Saat,
Beständig läutere den Geist,
Das ist der Weg, den Buddha weist.«
In jedem Stockwerk des Haupthauses gibt es eine große Diele, Wohnräume, Küche, Vorratsräume; und im mittleren Stockwerk ist die Bibliothek mit ihrem umfangreichen Buchbestand von über 2 000 Bänden buddhistischer Literatur in mehreren Sprachen untergebracht.
     Neben dem Haus befindet sich in einem Tempel, spartanisch eingerichtet, der Meditationsraum. Nach Ablegen der Schuhe vergißt man in der atemberaubenden Stille des mit einem Hauch von Weihrauchkerzen geschwängerten Raumes für einen Augenblick, in einer europäischen Großstadt zu sein.
     Im zum Gelände gehörenden parkähnlichen Garten steht das Ceylon Haus, das, nach den Zerstörungen im Krieg, 1974 wieder aufgebaut wurde. Die im Garten stehende Kwannonstatue ist eine Stiftung der japanischen Stadt Nagoya aus dem
Jahre 1959. Paul Dahlke wurde im weitläufigen Garten des Grundstücks bestattet. Er ruht an einer nur Eingeweihten bekannten Stelle des Tempelgartens.
     Nach dem Tod Dahlkes und erst recht, als der Nationalsozialismus die buddhistische Lehre für unerwünscht erklärte, verliefen sich die Anhänger, und die Anlage verfiel.
     Erst viel später, Anfang der 60er Jahre, erwarb die German Dharmaduta Society aus Sri Lanka das Gelände und die Gebäude und setzte alles wieder instand. Von Sri Lanka (Ceylon) kamen und kommen auch heute noch Mönche, die kahlgeschoren und in orangefarbenen Gewändern dem Ortsbild von Frohnau einen Farbtupfer aufsetzen. Wie früher wird in der ersten Vollmondnacht des Mai Buddhas gedacht. Bereits 1956 feierten über 100 Buddhisten bei Feuerschein die 2 500jährige Wiederkehr des Tages, an dem Prinz Gautama zum Buddha erleuchtet wurde.
     Die Zugehörigkeit zur buddhistischen Gemeinde ist durch keine feste Form, durch keine feste Mitgliedschaft geregelt. Nur durch die innere Einstellung, den Entschluß, den vom Buddhismus gewiesenen Befreiungsweg zu gehen, durch die Zufluchtnahme zum Buddhismus wird man Buddhist.

Bildquelle: Archiv Heimatmuseum Reinickendorf


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Wurstverkäuferinnen im Lustgarten
Bildquelle:Berliner Kalender 1907

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 7/1996
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