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Dieter Merten
Ifflands letzte Vorstellung

Am 23. Januar 1814 stand August Wilhelm Iffland zum letztenmal auf den Brettern, die ihm seit seinem 17. Lebensjahr die Welt bedeuteten. Wahrscheinlich ahnte der an Tuberkulose Erkrankte jenen Sonntag nicht, was seine Ärzte wohl schon wußten - daß ihm nur noch wenige Monate bleiben würden. Denn der gefeierte Akteur und Generaldirektor »der Schauspiele und zugleich der Kapelle und Musik, der Balletts und aller hierzu gehörigen Gegenstände« war schon lange ein kranker Mann. Mit einer schnell vergessenen Erkältung hatte es angefangen, die er sich 1811 auf einer Gastspielreise nach Breslau und Frankfurt zugezogen hatte und die einen Mann traf, dessen Konstitution nicht mehr die beste war. Die Schwierigkeiten und Demütigungen unter der französischen Besatzung hatten ihm zugesetzt, zudem überanstrengte er sich an dem personell unterbesetzten Theater.
     So wurde aus der Erkältung ein Brustkatarrh mit Husten und Blutauswurf. Als im Mai 1813 eine neue französische Besetzung Berlins drohte, floh er nach Breslau. Hier verbrachte er einige Zeit in düsterer Stimmung, sein Lungenleiden verschlimmerte sich, Erstickungsanfälle kamen hinzu.



August Wilhelm Iffland

Er ging dann zum Kuraufenthalt ins schlesische Reinerz, wo er, wie schon früher des öfteren, vorübergehende Linderung fand. Am 11. Oktober trat er im »Gutherzigen Polterer« mit scheinbar voller Kraft wieder auf. Doch es kamen Rückfälle, und er beschloß, nicht mehr öfter als zweimal in der Woche aufzutreten. Am 5. Dezember spielte er den Luther in »Die Weihe der Kraft« und beschloß damit eigentlich seine Theaterlaufbahn. Der Verzicht auf Auftritte konnte das Fortschreiten der Krankheit jedoch nicht aufhalten. Was also bewog ihn, die Bühne doch noch einmal zu betreten?

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     Es war ein Freudenfest: Die große Schlacht von Leipzig war geschlagen, der Tyrann vom Heimatboden vertrieben, und eben war Blücher bei Kaub über den Rhein gesetzt. Nun erwartete man die Rückkehr von König und Hof in die endgültig befreite Residenz, und von Iffland erwartete man seinen Beitrag zur Festfreude. Er schrieb für den Anlaß ein kleines Stück und nannte es »Liebe und Wille«. Der königlichen Familie auf dem Fuße aber folgte die Kaiserin von Rußland, und wieder mußte Iffland produzieren: diesmal einen Prolog, in dem er selbst in einer kleinen Rolle - seiner letzten - den großen Friedrich darstellte. Am 25. Januar wurde das Ereignis in den »Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen« gewürdigt. Wir lesen: »Zum erfreulichen Empfang und zur Feier der am 22sten d. gegen Abend in Berlin glücklich erfolgten Ankunft Ihrer Majestät der Kaiserin von Rußland, Elisabeth Alexeiewna, war im Königl. Opernhause Sonntag den 23sten alles bereitet. Nie war dies so überfüllt als diesmal und lauter Jubel übertönte den Trompeten-Schall und Pauken-Klang beim Erscheinen der huldreichen Monarchin, ... welcher alle Herzen ehrfurchtsvoll und freudig huldigten. Der Prolog (von Hrn. G. D. Iffland besonders zu dieser Feier verfaßt) begann mit einer erst stürmischen, dann in sanfte Harmonien verklingenden Ouvertüre (Sämtliche passende Musik war von Herrn K. M. Weber dazu gesetzt).«      Über das Leben August Wilhelm Ifflands in den folgenden Monaten wissen wir nicht mehr viel. Ein weiterer Aufenthalt in Reinerz brachte ihm wohl noch einmal die Illusion einer Besserung, wie ein Brief an seine Schwester Louise vermuten läßt, in dem er hoffnungsvoll von seiner Gesundheit spricht. Am 22. September 1814 schließlich, so berichtet der Geheime Rath und Leibarzt Dr. Formey, »unterlag er, nicht 56 Jahre alt, einem der langwierigsten, martervollsten Uebel, der Brustwassersucht, als Folge einer Verderbniß des rechten Lungenflügels«.
     Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof II der Jerusalem-Gemeinde, Baruther/ Zossener Straße im Stadtbezirk Kreuzberg.
     Kurz vor seinem Tode hatte Iffland noch eine große Freude. Sein königlicher Herr ehrte den Generaldirektor seines Hoftheaters, indem er das von Anton Graff gemalte Bildnis des Schauspielers für die Berliner Gemäldegalerie ankaufte und ihn durch den Staatskanzler Hardenberg davon benachrichtigen ließ.

Bildquelle:
Archiv des Vereins für die Geschichte Berlins, gegr. 1865

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 6/1996
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