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Hannelore Prüfer
Landschaftsgärtner im Steinmeer

Hermann Mächtig
(1837-1909)

Am 28. Juni 1994 jährte sich der Todestag dieses für die Gartengestaltung Berlins bedeutenden Mannes zum 85. mal. Obwohl er 32 Jahre seines Lebens an der Spitze der größten Stadtgartenverwaltung Deutschlands stand, wurden sein Name und sein Schaffen in der Öffentlichkeit nur wenig publik.
     Wie Hermann Mächtig seine Liebe zur Gärtnerei entdeckte, läßt sich heute nicht mehr genau feststellen. Geboren wurde er am 18. August 1837 als Sohn eines Lehrers in Breslau. Dieser unterrichtete an einer Baugewerkeschule und widmete sich in seiner Freizeit der Bildhauerei und der freien Natur. Zu vermuten ist, daß der Vater schon frühzeitig die künstlerischen Begabungen seines Sohnes erkannte und entwickelte.
     Nach dem Schulabschluß 1852 nahm Hermann Mächtig eine Lehre in der Handelsgärtnerei Mohnhaupt in seiner Heimatstadt auf. Zwei Jahre später wechselte er zur Königlichen Gärtnerlehranstalt Wildpark bei Potsdam, um sich dort bis 1856 unter dem Einfluß Peter Joseph Lennés und Gustav Meyers endgültig für die gartenkünstlerische Laufbahn zu entscheiden.

Dem Abschluß der gärtnerischen Lehranstalt schloß sich für ihn in Potsdam ein militärisches Dienstjahr an. Danach blieb er in Potsdam und arbeitete unter Lennés und Meyers Leitung als Gartentechniker. 1864 wurde Mächtig die Qualifikation eines Obergehilfen zugesprochen, 1870 die des Hofgärtners in Sanssouci. Um 1865 wurde Hermann Mächtig Mitglied des Lehrkörpers in Wildpark. Als Gustav Meyer Gartendirektor der Stadt Berlin wurde, übernahm er dessen Unterricht in der Lehranstalt auf dem Gebiet der Landschaftsgärtnerei. Gustav Meyer war ihm stets Lehrer und Freund. Er bezeichnete Mächtig sogar als seine rechte Hand. Wie gut die beiden miteinander konnten, zeigte sich, als Mächtig auf Meyers Betreiben hin 1875 die Aufgaben eines Garteninspektors in Berlin übertragen bekam. In dieser Funktion wurde er in die Ausarbeitung der Pläne für den Treptower Park mit einbezogen. Nachdem der Bau des Parks geraume Zeit fortgeschritten war, verstarb Gustav Meyer im Mai 1877. Ein Jahr später wurde Hermann Mächtig zu dessen amtlichem Nachfolger gewählt. Er hatte inzwischen, getreu den Plänen seines Lehrers, den Treptower Park fertigstellen lassen.
     Hermann Mächtig folgte der Tradition der Lenné-Meyerschen Schule, die noch bis zur Jahrhundertwende das gartenkünstlerische Geschehen bestimmte. Als er 1888 die Gestaltung des Viktoriaparks begann, die sich über neun Jahre hinzog, bewies er sein eigenes gestalterisches Talent, was in der Fachwelt gebührende Würdigung fand.
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Sein ausgeprägtes, sensibles Naturverständnis erlaubte ihm eine ganz eigene Sprache. Der Viktoriapark wurde zu einem Höhepunkt in seinem Schaffen. Möglicherweise schränkte seine starke Verbundenheit mit der Lennéschen Landschaftsgestaltung und der große Respekt vor den Leistungen seiner Lehrer die Freiheit eigener Gestaltungsentscheidung ein. Selbst in den Außenpartien des Viktoriaparks sind wieder Hinweise auf die Lenné-Meyerschen Schule zu finden. Der Plänterwald dagegen, mit dessen Erschließung 1873 begonnen worden war, trug keine besonders hervorzuhebende Handschrift.
     Mehr als 30 Jahre war Hermann Mächtig ein stiller und fleißiger Arbeiter in der Berliner Stadtgartenverwaltung. Ihm ist die Schöpfung des Zentralfriedhofes Friedrichsfelde (Lichtenberg) zu danken. Mit großer Hingabe widmete er sich der gärtnerischen Gestaltung architektonischer Plätze in Berlin. Dazu gehörte 1878 der Askanische Platz in Kreuzberg, 1884 der Dennewitzplatz in Schöneberg, 1887 der Dönhoffplatz in Mitte, der Chamissoplatz in Kreuzberg und der Gartenplatz im Wedding, 1890 der Alexanderplatz und um die Jahrhundertwende der Bebelplatz und der Arnswalder Platz. Vermutlich stammen auch die von 1905 vorliegenden Entwürfe für den Brunnenplatz und den Augustenburger Platz, beide im Wedding, von Hermann Mächtig.
Bei der Gestaltung der Plätze sagten ihm kompetente Kritiker keine sehr glückliche Hand nach. Auch gesellschaftlich verübelte man ihm mancherorts, daß er wenig Bedürfnis verspürte, im Licht der Öffentlichkeit zu glänzen, in der Berliner Gesellschaft zu verkehren.
     Als um die Jahrhundertwende große Impulse zur Entwicklung des öffentlichen Grünflächenwesens von England und den Vereinigten Staaten ausgingen, die die funktionale Bedeutung der Grünanlagen veränderten und somit auch die gestalterische Veränderung des öffentlichen Grüns verlangten, machte Hermann Mächtig keinen Hehl aus seiner Abneigung dem Neuen gegenüber. Gartenbauarchitekten, die dem neuen Trend folgten, erhielten kaum noch Aufträge von der Berliner Stadtgartenverwaltung. Mit dem Ergebnis, daß es später an phantasievollen, fähigen Beamten in diesem Fach fehlte. Die »Stilwende» im gartenkünstlerischen Bereich bedurfte einer fortschrittlichen Generation an Gartenkünstlern, wie beispielsweise Friedrich Bauer, der Architekt des Schillerparks. Hier hatte Hermann Mächtig wohl den Anschluß verpaßt, die Zeit überholte ihn. Im Nachruf, den ihm die »Vossische Zeitung» widmete, wurde hervorgehoben, daß er aus der ehemaligen Sandwüste am Denkmal des Kreuzbergs eine der schönsten Sehenswürdigkeiten von Berlin geschaffen hatte.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/1996
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