76   Novitäten Königliches Gewerbeinstitut  
Maria Curter
16. Mai 1846:
Zöglinge bilden Verein

Die 1821 gegründete Königliche Gewerbeschule war eine gehobene Handwerkerschule und wurde 1827 umbenannt in »Königliches Gewerbeinstitut«. Hier wurden vor allem angehende Metall- und Textiltechniker ausgebildet. Die Gründung einer solchen Einrichtung zur Ausbildung von Ingenieuren, an der - außer an den Bergakademien in Berlin, Freiberg und Clausthal - umfassende naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse erworben werden konnten, war ein wichtiger Schritt zur industriellen Entwicklung Deutschlands, das diesbezüglich England und Frankreich um mehr als 100 Jahre hinterherhinkte. Aber die Zöglinge empfanden die Einteilung des Unterrichts in drei Kurse und die streng geregelten Fachkurse zunehmend als Beschränkung der wissenschaftlichen Fortbildung. Schüler einer Klasse oder einer Region schlossen sich deshalb zu Freundeskreisen zusammen.
     1846 bildeten sich zwei Vereine heraus, der eine widmete sich dem »Cultus der Wissenschaft«, der andere strebte ein »inniges Zusammenleben« an.

Am 16. Mai 1846 schlossen sich beide Gruppen zum »Verein der Zöglinge des Königlichen Gewerbeinstituts« zusammen und gaben sich am 11. Dezember desselben Jahres den Namen »Hütte« - weil das die Stätte sei, »wo die Technik ihre größten Triumphe feiert«. In den Satzungen der »Hütte« hieß es, daß der Zweck des Vereins »ein näheres Aneinanderschließen der Zöglinge des Gewerbeinstituts, theils zur gegenseitigen Belehrung, theils zur gesellschaftlichen Unterhaltung« sei. Die jeweils an Samstagen stattfindenden Versammlungen waren zunächst wissenschaftlichen Vorträgen und Diskussionen vorbehalten, an die sich ein zweiter »unbegrenzbarer« Teil zum »Aufschwung eines gemütlichen Lebens unter einem Kneipenwart« anschloß. Handelte es sich bei der »Hütte« vorerst um eine Vereinigung von Studenten, so verständigte man sich 1848 darauf, zum zehnjährigen Bestehen, im Jahre 1856, wieder zusammenzukommen - als Ingenieure. Am 10. August 1854 wurde in Halberstadt der Plan der Gründung eines deutschen Ingenieurvereins vorgestellt. Der Maschinenbau, die Chemie und das Baufach, »die eng verbunden die Seele der Technik und Industrie ausmachen« und den Kern des Lebens am Gewerbeinstitut bildeten, sollten sich zum Kampf für die Hebung der Industrie zusammenschließen.
     Am 12. Mai 1856 konstituierte sich während des 10. Stiftungsfestes der »Hütte« in Alexisbad bei Halberstadt der »Verein Deutscher Ingenieure«.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/1996
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