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Berliner Biographien

Bachmann, Johann Friedrich
* 21. Juli 1799 in Drossen (Neumark)
† 26. Juli 1876 in Kassel
Pfarrer

Der aus einer Pfarrersfamilie stammende B. kam 1816 an das Gymnasium zum Grauen Kloster, das er trotz des frühen Todes des Vaters 1819 erfolgreich beenden konnte, da ihn der Rektor Johann Joachim Bellermann unterstützte. Nach einem kurzen Theologiestudium in Halle und Berlin wirkte er als Lehrer am Schindlerschen Waisenhaus, bevor er als Prediger nach Lissabon ging, wo er bis 1828 blieb. Nach seiner Heirat mit Julie Lieder erhielt er 1829 eine Stelle als 2. Prediger an der Luisenstadt-Kirche. 1845 wurde er zum Prediger einer neuerbauten Kirche in der Luisenstadt ernannt. Zu dieser Zeit war er durch die Veröffentlichung einer Geschichte der Luisenstadt (»Die Luisenstadt. Versuch einer Geschichte derselben und ihrer Kirche«) im Jahre 1838 bereits eine bekannte Persönlichkeit. Auch in der Folgezeit war B. über sein Predigeramt hinaus aktiv: im sozialen Bereich, auf dem Gebiet der Bildung und in der Publikation kirchlicher Schriften, so vor allem einer »Geschichte der Berliner Kirchengesangbücher« (1856) und einer Ausgabe der Lieder von Paul Gerhardt (1866). Auf einer Kurreise ereilte ihn der Tod. Beigesetzt wurde er am 29. Juli 1876 auf dem alten Friedhof der St.-Jacobi-Gemeinde.

(B)

Bamberg, Hermann
* 26 Juli 1846 in Wittenberge
† 4. Oktober 1928 in Berlin
Fabrikant, Ehrenbürger

Gegen Ende der 60er Jahre kam der Sohn eines Magdeburger Manufakturwarenhändlers nach Berlin, trat in die Damenmantelfabrik V. Mannheimer ein und entwickelte ein solches unternehmerisches Geschick, daß er in verschiedenen Verbänden den Vorsitz erhielt. Zugleich engagierte er sich für die städtischen Belange. Seit 1900 war er Stadtverordneter, wirkte als Handelsrichter und führte sowohl in der Vereinigung der Berliner Handelsrichter als auch im Berliner Verein des Roten Kreuzes den Vorsitz. Als er 1926 zum Ehrenbürger ernannt wurde, erhielt damit zum erstenmal ein Unternehmer diese Ehrung.

Benjamin, Georg
* 10. August 1895 in Berlin
† 26. August 1942 im KZ Mauthausen
Mediziner

Der aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie stammende jüngere Bruder des Schriftstellers Walter Benjamin erlebte den Ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger. 1920 Mitglied der USPD, trat er 1922 der KPD bei und entwickelte sich hier zu einem der Initiatoren einer eigenen Gesundheitsbewegung. Nach seiner Promotion 1923 wirkte er von 1925 bis 1931 als Schularzt im Wedding, wo er auch wohnte und seit 1929 als Bezirksverordneter gewählt worden war. 1926 heiratete er die Juristin Hilde Lange, die später, seit den 50er Jahren, DDR-Justizministerin war. 1932 eröffnete er in der Badstraße 20 eine eigene Praxis. Nach 1933 wurde er aus der Ärztekammer ausgeschlossen und 1936 verhaftet. Zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, überstellte man ihn nach Verbüßung der Strafe in Brandenburg-Görden in das Konzentrationslager Mauthausen, wo er bereits nach wenigen Tagen ermordet wurde.

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Benjamin, Hilde
* 5. Februar 1902 in Bernburg/Saale
† 18. April 1989 in Berlin
Juristin, DDR-Justizminister

Nach dem Studium und einigen Jahren Arbeit im Justizdienst wurde B. 1929 in Berlin als Rechtsanwältin zugelassen und erregte erstmals im Prozeß gegen die Mörder von Horst Wessel Aufsehen. Hier verteidigte sie die Wirtin des Getöteten erfolgreich. 1926 heiratete sie den Arzt Georg Benjamin, der führend in der kommunistischen Gesundheitsbewegung tätig war und der 1942 im KZ Mauthausen ermordet wurde. Seit 1927 Mitglied der KPD, wurde sie 1933 aus der Anwaltskammer ausgeschlossen. Sofort nach Kriegsende in Steglitz als Oberstaatsanwältin eingesetzt, wirkte sie aktiv am Aufbau des Justizwesens in Ostdeutschland mit, wurde 1949 Vizepräsidentin des Obersten Gerichts der DDR und ersetzte 1953 den verhafteten Max Fechner als Justizminister. In diesen Funktionen setzte sie sich unnachsichtig für die Durchsetzung eines vom Klassenkampf her begründeten Rechts ein und trug Verantwortung für politisch motivierte Unrechtsurteile. 1967 schied sie aus dem Ministeramt aus und wirkte als Professor für Rechtsgeschichte an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg.

Benjamin, Walter
* 15. Juli 1892 in Berlin
† 26. September 1940 in Port-Bou (Frankreich)
Schriftsteller

Der aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie stammende B. studierte seit 1912 in Berlin und Freiburg, ging während des Ersten Weltkrieges in die Schweiz, wo er 1919 in Bern promovierte, und strebte eigentlich eine Dozentur für Philosophie an. 1920 nach Berlin zurückgekehrt, wirkte er vor allem als Literaturkritiker. In seinen Arbeiten befaßte er sich aber auch mit geschichtsphilosophischen Fragestellungen und näherte sich einer materialistischen Geschichtsauffassung. Er kam in Kontakt mit Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Im Winter 1926/27 unternahm er eine Moskau-Reise. Zu dem ihn immer wieder herausfordernden Werk der nächsten Jahre wurde das »Passagenwerk«, in dem er Kunst, Technik und Geschichte im Spannungsfeld zwischen 19. und 20. Jahrhundert analysieren wollte. 1933 ging er ins Exil nach Paris und wurde freier Mitarbeiter der »Zeitschrift für Sozialforschung«, die von den Repräsentanten der »Frankfurter Schule« Adorno und Horkheimer in den USA herausgegeben wurde. Als er vor der Gestapo flüchten mußte, ging er nahe der spanischen Grenze in den Freitod. In der 1950 postum erschienenen Sammlung »Berliner Kindheit um 1900« hat er ein Bild seiner Berlineindrücke gezeichnet.

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Bertram, Heinrich Walter
* 1. Mai 1826 in Magdeburg
† 5. November 1904 in Berlin
Pädagoge, Stadtschulrat, Ehrenbürger

Nach dem Studium in Halle und Berlin legte der Beamtensohn 1851 sein Examen für das höhere Lehramt ab und erhielt 1853 seine erste Stelle in Berlin, an der Königstädtischen Realschule. Seit 1855 wirkte er am traditionsreichen Friedrichwerderschen Gymnasium, zuerst als Lehrer, dann als Rektor. Seine letzte Stellung an einer Schule übernahm er 1868: Er wurde Rektor der neugegründeten Sophien-Realschule. In die Zeit von 1874 bis 1901 fallen die Jahre seines erfolgreichen Wirkens als Stadtschulrat für Volksschulen. Besonders engagierte er sich für den Ausbau der Realschulen und die Entwicklung des Fortbildungswesens in der Stadt. Als er am 23. Dezember 1900 zum 46. Berliner Ehrenbürger ernannt wurde, fiel damit zum erstenmal die Wahl auf einen Lehrer.

Beyrich, Ernst Heinrich
* 31. August 1815 in Berlin
† 9. Juli 1896 in Berlin
Geologe

Nach dem Besuch des Gymnasiums zum Grauen Kloster studierte B. in Berlin und Bonn, wobei sein Interesse vor allem der Geologie und Paläontologie galt. Nach der Promotion (1837) und Habilitation (1841) lehrte er als Privatdozent an der Berliner Universität. Seine Ehe mit Clementine Helm, die sich als Jugendschriftstellerin einen Namen machte, blieb kinderlos. Seine wissenschaftlichen Arbeiten auf geologischem und paläontologischem Gebiet brachten ihm 1853 die Berufung in die Akademie der Wissenschaften, eine Professur an der Universität (1865) und die Übertragung wichtiger Ämter - so die des Direktors der vereinigten Museen für Naturkunde - ein. 1848 war er maßgeblich an der Gründung der Geologischen Gesellschaft beteiligt, der er zwischen 1874 und 1896 vorstand. Als 1885 in Berlin der dritte internationale Geologenkongreß tagte, war B. sein Präsident.

Borcke, Ludwig Christian August von
* 15. Juni 1791 in Altwigshagen (bei Anklam)
† 29. Juli 1862 in Berlin
Militär, Kommandant von Berlin

Sein Leben war untrennbar mit dem Militär verbunden. Schon 1804 diente B. als Fahnenjunker, kämpfte 1812 in Rußland und war an allen wichtigen Schlachten der Befreiungskriege zwischen 1813 und 1815 beteiligt. Seit 1831 zum Major befördert, übernahm er 1839 ein Regiment und 1847 eine Brigade. Als Generalmajor (1850) erhielt er im November 1851 die Stellung des Kommandanten von Berlin, die er bis 1853 ausübte. 1854 trat er in den Ruhestand.

Borgmann, Wilhelm Gustav
* 15. Februar 1838 in Potsdam
† 6. April 1908 in Berlin
Bürgermeister

Von 1871 bis 1904 wirkte B. als Bürgermeister in Köpenick. In seiner Amtszeit wurde das neue Köpenicker Rathaus gebaut. 1904 ernannten ihn die Köpenicker zu ihrem Ehrenbürger. Die Borgmannstraße in Köpenick erinnert an die erfolgreiche Amtszeit dieses Kommunalpolitikers.

Brandes, Alwin
* 12. Juni 1866 in Groß-Schönau (bei Zittau)
† 6. November 1949 in Berlin
Gewerkschaftsfunktionär

Als Vorsitzender des Deutschen Metallarbeiterverbandes (1919-1933) und Reichstagsabgeordneter (1912-1924, 1928-1933) wirkte der Sozialdemokrat B. vorwiegend in der deutschen Hauptstadt, bevor er 1930 ganz nach Berlin zog. Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierte er in Köpenick die SPD mit und wirkte 1946-1948 als Bezirksverordneten-Vorsteher. In Kreuzberg wurde 1971 eine Straße nach ihm benannt.

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Braun, Christoph Heinrich Gottlob von
* 25. Oktober 1714 in Giersleben (Anhalt)
† 24. Dezember 1798 in Berlin
Militär, Kommandant von Berlin

Seit 1735 in preußischen Diensten stehend, kämpfte B. in den Schlesischen Kriegen, wurde mehrfach verwundet und diente sich vom Fähnrich bis zum Generalmajor (1777) hoch. 1781 wurde er Kommandant von Berlin. 1794 schied er als General der Infanterie aus dem aktiven Dienst aus, blieb jedoch bis zu seinem Tod in der Funktion des Berliner Kommandanten.

Brandenburg, Friedrich Wilhelm Graf von
* 24. Januar 1792 in Berlin
† 6. November 1850 in Berlin
preußischer Ministerpräsident, Ehrenbürger

Als Dreijähriger erhielt Friedrich Wilhelm den Grafentitel, war er doch ein echter Hohenzollern: Sein Vater war König Friedrich Wilhelm II., seine Mutter die Gräfin Sophie von Dönhoff. Seit 1806 in der preußischen Armee, durchlief er eine steile Karriere, kommandierte 1816 bereits ein Regiment, 1819 eine Brigade und wirkte seit 1839 als Kommandierender General des VI. bzw. VIII. Armeekorps. Am 2. November 1848 zum preußischen Ministerpräsidenten berufen, führte er ein Kabinett der offenen Konterrevolution an. Nach seinem plötzlichen Tod - er starb an einer Kopfgrippe - wurde sein Leichnam nach Schlesien übergeführt und in der Familiengruft in Domanze (bei Schweidnitz) beigesetzt. Um die Ernennung zum Berliner Ehrenbürger am 6. Februar 1850 hatte es seit 1849 Auseinandersetzungen zwischen konservativen und liberalen Stadtverordneten gegeben. Die Spuren anderer Ehrungen, wie ein 1862 auf dem Leipziger Platz eingeweihtes Denkmal des Bildhauers Hugo Hagen oder die 1849 nach ihm in Kreuzberg benannte Straße, sind verschwunden: Das Denkmal wurde nach 1945 abgeräumt, die Straße 1962 in Lobeckstraße umbenannt.

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 5/1996
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