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Gerhard Fischer
Sie brachten Bohnen, Spargel und den Gummibaum

Familie Bouché schrieb Gärtnereigeschichte

In der Berlin-Sammlung der Amerika-Gedenkbibliothek, die jetzt im Zentrum für Berlin-Studien im Ribbeckhaus ihr Domizil hat, gibt es als Zeitungsausschnitt eine Anzeige. Im Mai 1856 gibt der »Traiteur« (Speisewirt) Heinrich Müller dem Publikum der preußischen Hauptstadt bekannt, er eröffne eine »Restauration« im »Königsstädtischen Sommer-Theater« im »reizenden Bouchéschen Blumen-Garten, dem größten und an seltenen und schönen Pflanzungen reichsten unserer Residenz«. Beredt preist der Inserent die Lage seines Etablissements in der Blumenstraße 11, namentlich »die Promenade wie die anmutigen Sitzplätze des Gartens«, den er offenbar als besonders werbewirksamen Vorzug seines Lokals betrachtete.
     Im Monat zuvor war der Seniorchef der genannten Großgärtnerei, Peter Friedrich Bouché, im 72. Lebensjahr gestorben. Seine Zeitgenossen schildern ihn als einfachen und fleißigen Mann, stets hilfsbereit und freundlich, aber doch im Grunde von ernstem und gesetztem Wesen.


Was hätte er wohl zu dem lebhaften Treiben gesagt, das sich während der folgenden acht Jahre dank der neuen Vergnügungsstätte auf dem Areal seines Gartenbaubetriebs entwickelte? Mit dessen vormaliger Beschaulichkeit jedenfalls war es nun vorbei.
     Seit 1704 war das ausgedehnte Grundstück im Besitz der Familie. Damals hatte Peter Friedrichs Urgroßvater David Bouché (um 1669-1727) die sieben Morgen Land gekauft, auf denen er seine Gärtnerei einrichtete. Das war die Zeit, in der Berlin nach Osten hin noch am alten Königs- und am Stralauer Tor endete. Östlich davon entwickelte sich jenseits der Memhardtschen Stadtbefestigung gerade in ersten Anfängen die Stralauer Vorstadt, und die Blumenstraße, die später die Alexandermit der Andreasstraße verband, war unter der Bezeichnung »Lehmgasse« ebenfalls erst im Entstehen begriffen.

Ein Segen für Stadt und Land

David Bouché stammte aus Bonney in der Champagne und gehörte zu jener Immigranten-Generation von Hugenotten, denen der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm mit seinem Potsdamer Edikt von 1685 eine neue Heimat gab. Diese calvinistischen Glaubensflüchtlinge waren ein »Segen für Stadt und Land« 1), wie ihr Nachfahre Theodor Fontane zwei Jahrhunderte danach festgestellt hat.

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Ihr Gewerbefleiß, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in Technologie und Ökonomie, ihr Kunstverstand, ihre Lebensart hoben das in vieler Hinsicht zurückgebliebene Brandenburg gleichsam auf eine neue Stufe der Zivilisation.
     Das galt auch für Acker- und Gartenbau. Die Kolonieliste 2) von 1700 führte für Brandenburg und seine Besitzungen insgesamt 44 Gärtnerfamilien auf, darunter 27 in Berlin und seinen Vorstädten, dazu noch eine für Köpenick und eine für Spandau. 3) Hatten die Berliner und Brandenburger, was ihre pflanzliche Kost betraf, bis dahin im wesentlichen von »Kraut und Rüben« gelebt, so lernten sie nun von den Einwanderern, wie gut grüne Bohnen, grüne Erbsen und grüner Salat schmecken, wie man Blumenkohl, Spargel und Artischoken anbauen, Gewächshäuser und Mistbeete anlegen kann.
     »>Bohnenesser< nannte man daher spottweise die Kolonisten, und doch wanderte man bald nach Charlottenburg, um dort Salat à la Dasuron zu essen, oder zu den Gärten der Berliner Gärtner«, schrieb Eduard Muret (1833-1904), der verdienstvolle Historiograph. »Ja, der glückliche Erfolg, den die französischen Gärtner mit den verschiedensten Gartenprodukten und in der Blumenzucht erzielten, schien den Einheimischen an ein Wunder zu grenzen, und das Volk glaubte, sie wendeten geheime Zauberkünste an ...« 4)
     Doch nicht nur, daß diese Gärtner den Berliner Speisezettel bereicherten -
sie bewirkten auch einen bedeutenden Fortschritt in der Landeskultur und Umweltgestaltung, um es mit modernen Begriffen auszudrücken. Nicht von ungefähr wurde die Kurmark Streusandbüchse genannt; zudem hatte der Dreißigjährige Krieg das Land vollends verheert. Die französischen Gärtner trugen wesentlich dazu bei, das Land zu kultivieren.

Berlin war umgeben von Sandwüsten

Kaum jemand kann sich heute noch vergegenwärtigen, daß Berlin damals fast auf allen Seiten von Sandwüsten umgeben war und daß bei starkem Wind wahre Sturzfluten von Flugsand auf die Stadt herabgingen. Indem sich nun Gärtner vor ihren Mauern niederließen und beträchtliche Flächen urbar machten, halfen sie erheblich, die Berliner von dieser ständigen Plage zu befreien. Nicht vergessen werden sollte ferner, daß die französischsprachigen Gärtner viel dafür getan haben, die Berliner Gastronomie zu entwickeln. Wer als Spaziergänger ihre Obst-, Gemüse- und Blumengärten besuchte, erhielt dort auf Wunsch eine Tasse Kaffee oder ein anderes Getränk. Daraus entstanden im Laufe der Jahrzehnte regelrechte Restaurationsbetriebe. Auf ähnliche Weise entwickelte sich die Gastlichkeit in der Gärtnerei der Familie Bouché, ohne daß sie allerdings im 18. Jahrhundert schon ausgesprochen kommerzielle Ausmaße annahm.

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Doch Besucher, die sich an der Pracht der Bäume und Sträucher, der Blumen, Südfrüchte und sonstigen Gewächse in den Treibhäusern und auf dem Freiland erfreuen oder sich wissenschaftlich mit den hier gezogenen Pflanzen beschäftigen wollten, waren stets willkommen und wurden auch bewirtet.
     Die bereits genannte Kolonieliste von 1700 erwähnte unter den Berliner Hugenotten-Gärtnern auch den Namen »Boucher«, und in dieser Form übernahmen ihn die Theologen und Pädagogen Jean Pierre Erman (1735-1814) und Pierre Chretien Frederic Reclam (1741-1789) in ihre neunbändigen, 1782 begonnenen und 1789 vollendeten »Memoires pour servir à l'Histoire des Réfugiés Francois dans les États du Roi« 5), die zum 100. Geburtstag des Potsdamer Edikts verfaßten »Denkwürdigkeiten zum Dienst an der Geschichte der französischen Flüchtlinge in den Staaten des Königs«, wie man den Titel wörtlich zu übersetzen hätte.
     Mutmaßlich ist mit »Boucher« unser David Bouché gemeint; nicht selten schwankte damals noch die Schreibweise von Eigennamen, auch von fremdsprachigen Nachnamen, und einen Vornamen geben in diesem Fall weder die Kolonieliste noch die genannte Sekundärquelle an. Im Berlin-Führer von Friedrich Nicolai (1735-1811), etwa gleichzeitig mit Ermans und Reclams Geschichtswerk veröffentlicht, heißt es ebenfalls noch: »der David Bouchersche Obstgarten« (in der Lehmgasse), »der Peter Bouchersche Obstgarten« (in der benachbarten Schillinggasse). 6)
Weitere große Gärtnereien lagen an der Krautgasse, der Magazin-, der Fruchtstraße und am Grünen Weg. 7) Teils gehörten sie deutschen Besitzern - den Gärtnern Krause, Lucke, Malberg, Ostwaldt, Töpffer, Zietmann und anderen -, teils französischen, wie der Familie George.
     Als David Bouché mit 58 Jahren verstarb, trat sein Sohn Pierre (1703-1784) seine Nachfolge in der »Gemüse- und Obsttreiberei« an. Von hier ab wird die Stammtafel stellenweise ein wenig unübersichtlich: Aus Pierres erster Ehe mit Marie Briest sollen nicht weniger als 14 Kinder, aus seiner zweiten mit der 1724 geborenen Magdaleine weitere vier hervorgegangen sein. So bietet sich uns das Bild einer weitverzweigten Familie, deren Glieder überdies zum Teil miteinander und mit anderen Gärtnerfamilien versippt und verschwägert waren.

Hyazinthen und Kaffeestauden

1781 übernahm Pierres Sohn Jean David Bouché (1747-1819) den väterlichen Betrieb. Die Familientradition fortsetzend, führte er neue Kulturen in Preußen ein. Hortensien, Hyazinthen und andere Blumenzwiebeln machte er wohl als erster in Deutschland heimisch; weithin berühmt wurde er ab 1797 mit seiner Hyazinthensorte »Henri le Grand«. Auch Kaffeestauden und andere exotische Nutzpflanzen baute er an. In seinen Treibhäusern von bis dahin ungekannter Größe züchtete er Flieder und weitere Gehölze.

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Er erstreckte seine Blumenkulturen erstmals auf die Feldmark vor dem Schlesischen Tor. Die Bouchéstraße in Treptow erinnert daran, daß sich hier einmal Hyazinthen- und Tulpen-, Narzissen- und Krokusfelder der Bouchés ausdehnten. Von Bouchés Kaffeeausschank machten auch preußische Könige und Berliner Beamte gerne Gebrauch.
     Als Sohn von David und dessen Frau Henriette kam Peter Friedrich Bouché (der zweite Vornamen war nach Familienbrauch der Rufname) am 15. Februar 1785 in Berlin zur Welt. In ihm verkörpert sich der Höhepunkt der »Kunst- und Handelsgärtnerei«, als die sich der Betrieb bezeichnete. Nie waren die Bouchés bloße Erwerbsgärtner; stets verstanden sie sich zugleich als Pflanzenzüchter und Gartenarchitekten. Friedrich Bouché zog in seinen Treibhäusern und im Freien nicht nur Gemüse, Obst und Wein zum Verkauf - sein ganzes Herz gehörte seinen Blumen und seinen Bäumen.
     9 000 Arten von Nutz- und Zierpflanzen hatte seine Gärtnerei vorrätig. Auch dazu finden wir in der Berlin-Sammlung der Amerika-Gedenkbibliothek ein vergilbtes Dokument: von 1852 ein »Verzeichnis von selbstgezogenen und holländischen Hyazinthen und anderen Zwiebeln, welche von Ende August bis Ende Oktober zu beziehen sind von der Kunst- und Handelsgärtnerei Peter Friedrich Bouché in Berlin, Blumenstraße No. 11«. 8)
Allein 183 Sorten Hyazinthen führt diese Preisliste im einzelnen auf, ferner Narzissen, Krokusse, Ranunkeln, Anemonen, Gladiolen - insgesamt 276 Sorten!
     Seine Züchtungen gediehen in langen, gläsernen Gewächshäusern. Der große Wintergarten war rund 100 Meter lang und vier Meter breit. Glastüren teilten die 16 Bereiche voneinander ab. In jedem dieser Räume erzeugten zwei oder drei Öfen ständige Wärme für Blumen, Südfrüchte und andere kälteempfindliche Kulturpflanzen. Eine Anzahl fremdländischer Spezies in diesen Abteilungen stammten noch aus der Zeit von Friedrichs Urgroßvater David, so eine Zwergpalme (Chamaerops humilis) aus der westlichen Mittelmeer-Region, also eine Vertreterin der einzigen auf europäischem Boden wildwachsenden Palmenart.
     Friedrich Bouché zog Ananas und Orangen, Granatäpfel und Feigen, echte Myrthen und Gummibäume, die er als erster in Deutschland einführte. Zu Hunderten standen im Sommer die exotischen Gewächse in langen Reihen von Kübeln vor seinen Treibhäusern. Alleen mit Obstbäumen, Aprikosen- und Pfirsichspaliere erfreuten die Besucher. Auf Ruheplätzen und in Lauben konnten sie sich in deren Anblick versenken.
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Als Bouché feststellte, daß immer mehr Studenten und Wissenschaftler seine Gärtnerei auch zu botanischen Beobachtungen aufsuchten, legte er für sie gegen Ende der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zur Holzmarktstraße hin einen Schaugarten und besondere Versuchsfelder an, auf denen vor allem technisch und pharmazeutisch bedeutsame Pflanzen besichtigt werden konnten.
     Schon als Zehnjähriger hatte Friedrich Bouché in der Mitte des väterlichen Gartengrundstücks Kastaniensamen in den Boden gelegt. Im Laufe der Jahrzehnte war daraus eine stattliche Baumgruppe emporgewachsen, die nun den Mittelpunkt der Gesamtanlage darstellte. Dahinter lag das Wohnhaus der Familie und hinter diesem der Wirtschaftshof der Gärtnerei mit einem großen Brunnen. Auch als seit den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Gegend um die Blumenstraße mehr und mehr mit Wohnhäusern bebaut wurde, blieben die Gärtnereien zwischen und hinter den Neubauten noch längere Zeit bestehen.
     Friedrich Bouché war nicht nur botanisch, sondern auch entomologisch als Laienforscher eine Autorität. Vor allem die Garteninsekten hat er erforscht und klassifiziert, eine Reihe von Insektenarten überhaupt erst entdeckt.
     Persönliche Freundschaft und wissenschaftliche Zusammenarbeit verbanden ihn mit Alexander von Humboldt (1769-1859), mit Adelbert von Chamisso (1781-1883), dem Kustos des Berliner Botanischen Gartens,
und mit Julius Theodor Ratzeburg (1801-1871), der an der Forstakademie in Neustadt-Eberswalde die Naturwissenschaften vertrat, aber auch mit Berufskollegen wie dem Hofgärtner Fintelmann auf der Pfaueninsel, der ihm Gelegenheit gab, dort das Leben der Insekten zu beobachten.
     Wichtige Werke für Wissenschaft und Praxis hat Friedrich Bouché verfaßt. 1833 erschien seine »Naturgeschichte der Insekten«. Die Nicolaische Buchhandlung in Berlin edierte seine grundlegende Darstellung »Schädliche und nützliche Garteninsekten«. Als 4. Abteilung der Berliner »Handbibliothek für Gärtner« kam 1855 sein dreibändiges Lehrbuch »Die Blumenzucht in ihrem ganzen Umfang« heraus, das im Anhang einen »Gartenkalender« und einen Abriß über »Garteninsekten« enthielt. 9) Seine ebenfalls 1855 in 2. Auflage verlegte Schrift »Die Behandlung der Pflanzen im Zimmer und in kleinen Gärten« gilt als Vorläufer unserer einschlägigen Ratgeber-Literatur.
     Zur Familientradition der Bouché gehörte auch, gesellschaftliche Ehrenämter zu bekleiden. So zählten zwei Söhne von Pierre Bouché zu den Mitgliedern der ersten, 1809 gewählten Berliner Stadtverordnetenversammlung. Friedrich Bouché hat zusammen mit seinem Bruder Carl 1822 den »Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich preußischen Staaten« mitbegründet, der über ein eigenes Grundstück in Neu-Schöneberg gegenüber dem Botanischen Garten in der Potsdamer Straße verfügte.
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Auch als gerichtlich bestellter Gartentaxator und vereidigter Sachverständiger war er tätig. Ferner wirkte er als Vorsitzender Direktor der Deutschen Hagelversicherungsgesellschaft für Feldfrüchte. König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) verlieh ihm 1854 den Roten Adlerorden 4. Klasse.
     Peter Carl Bouché, zwei Jahre älter als sein Bruder Friedrich, arbeitete bis 1827 in dessen Betrieb mit und wurde dann zum Inspektor an der 1823 gegründeten Gärtnerischen Lehranstalt in Schöneberg berufen. Carls ältester Sohn, der Kunstgärtner Emil Bouché, wurde Institutsgärtner in Schöneberg; der jüngere Sohn, Carl David Bouché (1809-1881), lernte und arbeitete ebenfalls bei seinem Onkel Friedrich, wurde dann Mitarbeiter von Chamisso am Botanischen Garten und ging anschließend als Obergärtner zu Fintelmann auf die Pfaueninsel, bis er 1843 zum Inspektor des Botanischen Gartens in Neu-Schöneberg ernannt wurde - eine Aufgabe, die er bis zu seinem Tode wahrgenommen hat.
     Friedrichs jüngerer Bruder Carl David besaß eine Blumengärtnerei, ebenfalls in der Blumenstraße. Auch andere Berliner Gärtnereien wurden zu jener Zeit von Angehörigen der Familie geleitet: von Paul Bouché in der Krautgasse, von Charles Rodolphe Bouché in der Fruchtstraße, eine weitere in der Schillingsgasse. Eine Charlottenburger Gärtnerei war im Besitz von Friedrichs Vetter Charles Louis Bouché (1785-1863).
     1812 heiratete Friedrich Bouché die Gärtnerstochter Wilhelmine Zietmann aus der Magazinstraße. Beider Sohn, nach dem Vater auf den Namen Peter Friedrich getauft, übernahm 1846 die kaufmännische Leitung des Betriebs. Doch nach wie vor arbeitete der Vater in seinem Garten. In seiner blauen Schürze war er regelmäßig schon frühmorgens am Werk; denn die Bäume, Sträucher und Blumen, die er dort heranzog, waren seine ganze Freude. In einem Artikel von 1854, abgefaßt zum 150jährigen Bestehen der Firma, bekannte er, es sei stets sein Bemühen gewesen, »der Kunst und Wissenschaft zu nützen und das Menschenwohl zu fördern«. 10)
     Am 3. April 1856 ist Peter Friedrich Bouché d. Ä. in Berlin einem Schlaganfall erlegen. Schon 24 Jahre vorher hatte Chamisso, um seinen Freund und dessen Brüder zu ehren, eine Art aus der Familie der Eisenkrautgewächse (Verbenaceae) mit dem Namen »Bouchea« belegt. So lebt Bouché in der von ihm so geliebten Botanik fort. In Passagen des »Romans aus dem alten Berlin«, den Meta Brix unter dem Titel »Schuldner« 1947 im Pinguin-Verlag Berlin veröffentlichte, tritt uns seine Gestalt anschaulich entgegen. Unsere Stadt hat guten Grund, ihm ein würdiges Andenken zu bewahren. 11)
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Quellen und Anmerkungen:
1 Theodor Fontane, Die Märker und die Berliner und wie sich das Berlinertum entwickelte, In: Theodor Fontane, Dörfer und Flecken im Lande Ruppin. Hrsg.: Gottfried Erler unter Mitarbeit von Therese Erler, Berlin 1992, S. 561
2 In diesen Listen wurden seinerzeit jährlich die im Kurfürstentum Brandenburg bzw. (ab 1701) im Königreich Preußen ansässig gewordenen Zuwanderer-Familien, die der französischen Kolonie zugerechnet wurden, namentlich erfaßt, um sie in den Genuß der im Potsdamer Edikt zugesicherten Privilegien kommen zu lassen. - Die Liste von 1700 beziffert die Berliner Kolonie auf 5 327 Mitglieder. Bis 1727 stieg deren Zahl auf 8 496 an, bis 1795 sank sie auf 5 400 ab.
3 Vgl. Eduard Muret: Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen, Berlin 1885, S. 50 (und die Listen in der anhängenden »vierten Abteilung«) - Das Werk erschien zum 200. Jahrestag des Edikts von Potsdam. Muret war Oberlehrer an der Luisenschule in Berlin.
4 Ebenda, S. 49, 50
5 Sie würdigen in Band VI auch die Leistungen der Hugenotten in Landwirtschaft und Gartenbau Berlins und der Mark. Der Name »Boucher« wird a. a. O., S. 292, genannt
6 Friedrich Nicolai: Beschreibung der königlichen Residenzstadt Berlin. Eine Auswahl. Hrsg.: Karlheinz Gerlach, Leipzig 1987; hier S. 99, 100. Der Edition liegt Nicolais »Beschreibung ...« in der 3. Auflage, Berlin 1786, zugrunde.
7 In ihrem Verlauf entsprachen die Schillingsgasse in etwa der heutigen Schillingstraße, die Krautgasse ungefähr der jetzigen Krautstraße, während die Magazinstraße ihre damalige Straßenführung beibehalten hat. Die Fruchtstraße wurde 1971 in Straße der Pariser Kommune umbenannt. Der Grüne Weg lag ungefähr im Zuge der heutigen Singerstraße, die Gärtnerei Bouché etwa im Bereich der jetzigen Max-Planck-Schule und der 2. Realschule von Berlin-Mitte. In der vormaligen Lehmgasse lagen neben den gewerblichen Gärtnereien auch Privatgärten, so von Friedrich Nicolai oder von Johann Joachim Bellermann (1754-1842), ab 1804 Direktor des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster. Den Namen Blumenstraße erhielt die Lehmgasse wohl um 1812. Das derzeitige Reststück der Blumenstraße (zwischen Andreas- und Krautstraße) folgt noch ihrem früheren Verlauf, während die Neue Blumenstraße erst 1958 bis 1963 durch Neubebauung entstand.
8 a. a. O., Zeitungsausschnitt-Sammlung
9 Die 2. Auflage, an der Friedrich Bouché noch vor seinem Tode arbeitete, wurde dann von seinem Neffen David vollendet.
10Zit. von Prof. Ratzeburg in seinem Nachruf auf P. F. Bouché in der »Kgl. Privilegierten Berlinischen Zeitung«. Diesen Gedenkartikel bewahrt die Berlin-Sammlung der Amerika-Gedenkbibliothek in ihrer Zeitungssausschnitt-Sammlung auf.
11Gedankt sei an dieser Stelle dem Consistorium der Französischen Kirche (Französischer Dom), das die Einsichtnahme in die Originalausgaben der zitierten Grundlagenwerke zur Geschichte der Hugenotten in Berlin-Brandenburg ermöglichte.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/1996
www.berlinische-monatsschrift.de