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Heidrun Siebenhühner
Der Wetterturm auf dem Steglitzer Fichtenberg

Ein mächtiger, rötlich-brauner Turm »krönt« den Steglitzer Fichtenberg. Er hebt sich von den benachbarten Gebäuden deutlich ab durch seine kräftigen Formen in Ziegelrohbau unter sparsamer Verwendung von Rackwitzer Sandstein. Wer ihn genauer betrachten möchte, muß den Fichtenberg mit seinen 70 Metern über NN »erklimmen«; er kann aber auch einfach die Schmidt-Ott-Straße bis zur Nummer 13 hinaufgehen.
     Beim Näherkommen erkennt der neugierige Spaziergänger auf der obersten Plattform des Turms eine Radarantenne. Auf einer Tafel am Eingang kann er lesen, daß er vor einem Gebäude der Freien Universität steht - vor dem Institut für Meteorologie.
     Der heute unter Denkmalschutz stehende und über 100 Jahre alte Turm wurde jedoch nicht als »Wetterturm« erbaut. Die Charlottenburger Wasserwerke nahmen ihn am 1. Oktober 1886 als Wasserspeicher (Hochreservoir) in Betrieb.
     Ein mächtiges Gebäude war entstanden, 40 Meter hoch mit seiner »Laterne«, die ehemals die oberste Plattform krönte. Mauerstärken von 3,80 Metern in Höhe der Fundamentsohle und 1,75 Metern in Höhe der Bodengleiche, ein innerer Durchmesser in Fußbodenhöhe von 18,10 Metern können noch heute Respekt einflößen.


Im Innern des Turms befand sich in etwa 13 Meter Höhe ein Behälter mit einem Fassungsvermögen von 2 000 Kubikmeter Wasser. Er diente zur Versorgung der damals am Fichtenberg entstehenden Villenkolonie mit dem lebenswichtigen Naß.
     Im Jahre 1966 schloß die Freie Universität mit den Berliner Wasserwerken einen Vertrag und nutzt seitdem die Turmkuppel für die Satelliten-Empfangsanlage des Instituts für Meteorologie. Im Dezember 1976 teilten die Wasserwerke mit, daß der Vertrag nicht verlängert werden könne, da das Grundstück samt Turm verkauft werden sollte. Das löste viele Diskussionen über die weitere Verwendung des alten, nur noch 33 Meter hohen Wasserturms aus. Eine Variante sah sogar vor, Wohnungen in ihm unterzubringen.
     Da das Grundstück jedoch an ein Gelände grenzte, auf dem sich seit 1974 ein Gebäude des Meteorologischen Instituts befand, lag es nahe, den Turm insgesamt - nach Umbzw. Ausbau - für dieses Institut der Freien Universität zu nutzen. 1977 wurde das Grundstück »grundbuchamtlich in das Fachvermögen des Senators für Wissenschaft und Forschung übertragen«. Über die Ausbaupläne und ihre Finanzierung einigten sich alle Beteiligten rasch. Im Februar 1978 wurden die Kosten für den Umbau mit 4,3 Millionen DM angesetzt - sein Bau im Jahre 1886 hatte ca. 150 000 Reichsmark gekostet.
     Am 17. Oktober 1979 war der Start für die endgültige »Verwandlung« des Wasserturms in einen »Wetterturm«.
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Zunächst mußten der große Wasserbehälter und die tragenden Eisenkonstruktionen im Turminnern entfernt werden, das waren etwa 130 Tonnen Eisen. Danach wurden sieben Geschosse in einer freitragenden Stahlbetonkonstruktion, also ohne Verbindung mit der Turmaußenwand, eingebaut. Eine Nutzfläche von 1 200 Quadratmetern wurde gewonnen.
     In drei Geschossen entstanden Arbeitsräume. Die anderen vier Geschosse wurden durch die Auflagen des Landeskonservators zu sogenannten »Dunkel-Geschossen«. Sie werden als Archiv-Räume und als Räume für elektrische Anlagen genutzt. Schon nach einer Bauzeit von 16 Monaten, am 19. Februar 1981, konnte für den inneren Neubau das Richtfest gefeiert werden. Der Gesamtausbau des Turmes wurde in der ersten Hälfte des Jahres 1982 beendet.
     Am 13. Oktober 1983 wurde die Radarkonsole aus einem alten Gebäude des Meteorologischen Instituts in der Dahlemer Podbielskiallee ausgebaut und in der sechsten Etage des Turms installiert. Vier Tage später wurde das Gerät erstmalig vom Wetterturm aus eingeschaltet und lieferte ein einwandfreies Bild.
     Am 31. Oktober 1983 nahm der Wetterdienst der Freien Universität im denkmalgeschützten Gebäude mit modernem »Innenleben« seinen Betrieb auf. Aus dem alten Wasserturm war ein »Wetterturm« geworden.
Bildquelle:
Deutsche Bauzeitung vom 9. April 1887

Der Turm, wie er als Wasserspeicher 1886 in Betrieb genommen wurde
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/1996
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