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Herbert Schwenk
»Eilt, einen Tempel ihm zu weihn«

Zur Geschichte des Denkmals für Friedrich II.

Rund 65 Jahre nach dem Tode Friedrichs II. wurde am 31. Mai 1851, dem Tag seiner Thronbesteigung im Jahre 1740, in Berlin Unter den Linden das Reiterdenkmal des Preußenkönigs enthüllt. Über elf Jahre zuvor, am 8. Dezember 1839, hatte König Friedrich Wilhelm III. die Zeichnung von Christian Daniel Rauch (1777-1857) für ein Reiterstandbild Friedrichs genehmigt. Nachdem Rauch, vormals Lakai im Dienste der Königin Luise und Sohn eines Fürstlich Waldeckschen Kammerdieners, schon 1839 mit der Anfertigung eines lebensgroßen Modells des Pferdes begonnen hatte, vollzog Kronprinz Friedrich Wilhelm, in Vertretung des kranken Königs, am 1. Juni 1840 die Hammerschläge der Grundsteinlegung aus Anlaß der hundertjährigen Thronbesteigung Friedrichs. Der Guß des Standbildes erfolgte in der Nacht vom 11. zum 12. Juli 1846 durch den Kunstgießer Friebel; den architektonischen Aufbau leitete der Oberbaurat und Professor an der Akademie der Künste, Johann Heinrich Strack (1805-1880).

Das »Friedrichs- Fest« am 31. Mai 1851 in Berlin wurde dann »ein festlicher und erhebender Tag des stolzen und vertrauensvollen Bekenntnisses zum Preußentum«.1) In einer zeitgenössischen Beschreibung wurden der Tag und das Ereignis als historisch überaus bedeutsam gefeiert, als »ein echtes, rechtes Königsfest, ein echtes, rechtes Preußenfest, unvergeßlich und einzig wie der König, zu dessen Gedächtnis es gefeiert wurde«.2) Für das 13,5 Meter hohe Denkmal (allein die Reiterfigur 5,65 Meter) wurden insgesamt 800 Zentner Metall verwendet. Damit hatte die Straße Unter den Linden im 19. Jahrhundert unter dem Einfluß eines Stilwandels hin zum preußischen Klassizismus - neben Brandenburger Tor und Wache - eine weitere künstlerische Ergänzung und das hundert Jahre zuvor als Friedrichsforum begonnene architektonische Ensemble eine Bereicherung erfahren.
     Der Denkmalseinweihung von 1851 war eine lange, über ein halbes Jahrhundert dauernde Bewegung für ein König Friedrich II. »erhebendes« Denkmal vorausgegangen. Schon 1759, noch zu Lebzeiten Friedrichs, hatte Karl Wilhelm Ramler (1725-1789), Dichter von Oden und Kantaten, Freund Lessings und glühender Verehrer der Person und Taten Friedrichs, in seiner »Ode an die Stadt Berlin« gefordert:
»Eilt, ihn in Erz den Enkeln aufzustellen.
Eilt, einen Tempel ihm zu weihn.«
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Der Gedanke der Ehrung Friedrichs II. durch ein Denkmal wurde - natürlich! - zu erst von der Berliner Garnison der preußischen Armee aufgegriffen. Um die veranschlagten Kosten (200 000 Thaler) aufzubringen, veranlaßte General Wichard Joachim Heinrich Graf von Möllendorf (1724-1816; vgl. BM 6/1995), Gouverneur der Residenz, eine Sammlung in der preußischen Armee. Selbst in seinem Garten stellte er »seinem geliebten König« ein (wahrscheinlich erstes) Denkmal Friedrichs mit der Inschrift »Dem Einzigen« auf. Der Hofbildhauer und Rektor der Königlichen Akademie der Künste, Johann Peter Anton Tassaert (1729-1788), fertigte einen Denkmalsentwurf an, der den König zu Pferde auf einem Sockel darstellte. Allerdings zeigte sich Friedrich II. von dem Vorhaben wenig begeistert und erklärte, daß es eine schickliche Sache sei, nicht während des Lebens, sondern nach dem Tode dem Feldherrn ein Denkmal zu setzen.4)

Die Gemüter erhitzten sich am römischen Gewand

Kaum war der König gestorben, errichtete Carl Philipp Christian von Gontard (1731-1791) zur Totenfeier Friedrichs am 9. September 1786 in der Potsdamer Garnisonkirche einen barocken Rundtempel. Andere hervorragende Bildhauer wie Hans Christian Genelli (1763-1823) und Johann Heinrich Gentz (1766-1811) fertigten ebenfalls Entwürfe für ein Tempeldenkmal Friedrichs schon kurz nach dessen Tode an.

Auch von der Armee ging 1791 ein neuer Vorstoß aus. Staatsminister Friedrich Anton Freiherr von Heinitz (1725-1802) erneuerte König Friedrich Wilhelm II. gegenüber den Plan, das Denkmal durch eine breite Spendenaktion, an der sich nun alle Stände beteiligen würden, zu finanzieren. Aber dem König erschien das Anliegen patriotisch genug, es auf eigene Kosten verwirklichen zu lassen. Friedrich Wilhelm II. hielt an der Idee des Reiterstandbildes fest, allerdings sollte Fridericus Rex in römischem Kostüm dargestellt werden. »Römisches Kostüm oder Zeitkostüm?«, diese Frage erhitzte in der Folgezeit die Gemüter in der Denkmalsdebatte besonders. Sie wurde zum Kristallisationspunkt einer Stilfrage: Sollte man den Preußenkönig in der Tradition des Barocks und Rokokos in der idealisierten römischen Tracht darstellen (wie Andreas Schlüter bei seinem Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten) oder »moderner«, in einem nüchtern- realistischen Kostüm, das mehr dem Geschmack der heraufdämmernden bürgerlichen Epoche entsprach?
     Auch in der rund 70jährigen Bewegung für ein Denkmal Friedrichs II. zeigte sich der allmähliche Übergang von der einen zur anderen Stilepoche: vom spätbarocken Klassizismus der friderizianischen Zeit zu einem akademischen, rationalistisch ausgerichteten Klassizismus, der sich an griechisch- antiken Kunstwerken, aber auch an einem italienischen und englischen Neo- Palladianismus sowie der französischen Revolutionsarchitektur orientierte.5)
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Entwurf zum Denkmal für Friedrich den Großen von Schinkel auf dem Lustgarten zwischen Schloß und Dom
Dabei wurde das Bestreben sichtbar, vom bisher üblichen Denkmalstyp in Form einer Statue oder eines Reiterstandbildes zu monumentaleren architektonischen Denkmalen überzugehen.

Die Sphinx für erhabene Ruhe

Dies kommt bereits in dem Wettbewerb für das Friedrichsdenkmal zum Ausdruck, der zu einer am 25. September 1797 eröffneten Ausstellung der Preußischen Akademie der Künste führte. Dazu waren mehrere Entwürfe eingesandt worden, von denen vier ausgestellt wurden: die von Hirt, Langhans, Gentz und Gilly. König Friedrich Wilhelm II. bestimmte,

daß der bereits von der Akademie favorisierte Entwurf von Langhans zur Ausführung gelangen solle. Allerdings verhinderte der Tod des Monarchen am 19. Dezember 1797 die Verwirklichung dieser Entscheidung. Während der Entwurf des Archäologen und Kunsthistorikers Emil Hirt (1759-1837), Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Künste, einen länglichen Tempel im Lustgarten vorsah, in dem innen Friedrich als Heros nackt dargestellt wird, als künstlerisch weniger bedeutend gilt, beanspruchen die Projekte von Langhans (1732-1808), Gentz (1766-1811) und Gilly (1772-1800) stärker das Interesse der Kunstgeschichte.
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Carl Gotthard Langhans hatte einen zwölfsäuligen Rundtempel mit einfallendem Oberlicht am Eingang der Linden (vor der heutigen Humboldt- Universität) projektiert. In dem Tempel, dessen Säulen und Kuppel (Pantheon in Rom) berühmten antiken Vorbildern nachgestaltet waren, sollte Friedrichs Statue entweder im römischen oder im Zeitkostüm stehen. Auch Johann Heinrich Gentz hatte für seine Denkmalsanlage auf dem Forum Fridericianum vor dem Opernhaus, entsprechend angeregt durch antike Monumente, einen runden Tempel aus weißem Marmor mit doppelter Säulenreihe geplant, wobei eine reichverzierte Kuppel die bronzene Statue Friedrichs auf hohem stufenförmigem Unterbau überwölben sollte, flankiert von ägyptischen Sphingen »als Symbol der erhabenen Ruhe«. Der Ehrentempel Friedrichs sollte in Verbindung mit einer Gruppe von Gebäuden (Kaffee- und Speisehaus sowie Kaufläden) gebracht werden. Außergewöhnlich stellt sich der Entwurf Friedrich Gillys dar.6) Der damals 26jährige, der schon im Alter von 28 Jahren starb, hatte seinen Entwurf bei antiken Vorbildern entlehnt. Er siedelte seine Anlage für den »Heros der Menschheit« auf dem Leipziger Platz an. In den Innenräumen eines zweistufigen Unterbaus in kubischen Formen sollten der Sarkophag Friedrichs, dessen Bibliothek und ein Museum Fridericianum untergebracht werden. Auf diesem Unterbau sollte sich ein griechischer Tempel von hellerem Gestein mit Friedrich, als Jupiter auf einem hohen Untersatz thronend, erheben. Auf Giebelreliefs erschien bei diesem Entwurf Friedrich mit Blitzen bewaffnet, von einem mit geflügelten Pferden bespannten Wagen seine Feinde zu Boden streckend bzw. auf dem Throne mit der Palme des Friedens vor dem versammelten Volk sitzend. Baumalleen sollten den Platz einfassen und die Denkmalsanlage mit dem Tiergarten verbinden.
     Andere Entwürfe zu einem monumentalen Friedrichsdenkmal, die nach Beendigung des Wettbewerbs von 1797 eingegangen waren, enthielten Momente unterschiedlicher Stilauffassungen. So schlug zum Beispiel Johann Heinrich von Dannecker (1758-1841) einen Obelisk in einem Waldtal vor, andere favorisierten Trajanische Säulen (der römische Kaiser Trajan[us] regierte von 98-117 u. Z.; die Trajanssäule in Rom erinnert an die Unterwerfung der Daker 106 u. Z.) sowie Pyramiden und Kuppelgebäude. Aber diese auf das Pompöse, Riesenhafte, Unbegrenzte, Pathetische gerichteten Denkmalsideen, die auch die preußischen Bildhauer aus der Revolutionsarchitektur Frankreichs am Ende des 18. Jahrhunderts empfangen hatten, konnten sich im feudal- absolutistischen Preußen nicht durchsetzen.
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Mit Beginn des 19. Jahrhunderts widmete sich Friedrich Wilhelm III. wieder verstärkt dem Projekt des Friedrichsdenkmals. Bis zur endgültigen Ausführung des Denkmals zwischen 1839 und 1851 lagen 58 Entwürfe vor, wobei die rein architektonischen nicht gerechnet sind.
     Nicht zufällig erhielt die Idee für ein Friedrichsdenkmal 1806, dem Jahr der größten Schmach Preußens, als dessen bislang sieggewohnte Armee in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt gegen Napoleon I. (1769-1821) eine empfindliche Niederlage erlitt, neue Impulse. Auf einer weiteren Akademieausstellung zu einem Zeitpunkt, als die preußische Armee schon in den Krieg zog, machten zwei neue Denkmalsentwürfe Furore. Erneut legte Johann Heinrich Gentz ein Projekt vor, das auf dem Opernhausplatz zwei große halbkreisförmige Gebäudegruppen vorsah, in deren einem Zentrum die Reiterstatue Friedrichs II. und im anderen das berühmte Reiterstandbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter (um 1660-1714) stehen sollten. Das andere Projekt hatte Ludwig Friedrich Catel (1776-1819) entworfen: einen Ehrentempel auf dem Großen Stern im Tiergarten in Verbindung mit einer großen Triumphstraße zwischen Berlin und Potsdam. Die vor allem vom früh verstorbenen Gilly verfochtene, »auf das Römische Cäsarische gerichtete Geistes- und Kunstströmung«7) erfuhr in jenem Jahr 1806 durch den Gang der Geschichte eine zusätzliche Verstärkung:
Mit dem Sieg über Preußen erklomm der neue Cäsar Napoleon den Olymp seiner Macht - und auch Verherrlichung. Weitere Denkmalsentwürfe für Friedrich lagen also im »Trend der Zeit«, zumal sich Napoleon mit großer Geste ausdrücklich in der Potsdamer Garnisonkirche vor dem Sarg Friedrichs verneigt hatte.

Von Schinkel stammen mehrere Entwürfe

Ins Rampenlicht der Bewegung für ein Denkmal Friedrichs II. trat nun der Gilly- Schüler Karl Friedrich Schinkel (1781-1841). Er entwarf mehrere Projekte für ein Friedrichsdenkmal, von denen zwei herausragten: ein Siegesdenkmal in Gestalt eines gotischen Domes auf dem Leipziger Platz sowie eine große Gedächtnishalle auf dem Lustgarten zwischen Schloß und Dom in Form eines griechischen Tempels, vor die er Friedrich als Triumphator in antikem Gewande in eine auf einem Säulenunterbau stehende Quadriga stellen wollte.
     Zur Ausführung dieser großen Pläne fehlte erneut das Geld. Die Bewegung für das Friedrichsdenkmal mußte bescheidenere Ziele anstreben. Im Januar 1829 beschloß der Provinziallandtag der Mark Brandenburg, König Friedrich Wilhelm III. zu bitten, zur Errichtung einer Reiterstatue Friedrichs II. eine Sammlung veranstalten zu dürfen.

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Der König genehmigte das Gesuch und forderte seinerseits die Verwirklichung des Projekts in Form einer Trajanssäule, rings um den Schaft der Säule die Taten und auf der Spitze das Standbild des Königs darstellend. Den Auftrag für einen entsprechenden Entwurf erhielt der Schadow- Schüler Christian Daniel Rauch. Aber der Bildhauer plädierte nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Italien im Frühjahr 1830 für ein Standbild, das Friedrich zu Pferde in der Tracht seiner Zeit, umgeben von seinen Feldherren und Staatsmännern, darstellt - etwa in der Gestalt, die dann bis 1851 Wirklichkeit wurde. Die anfänglichen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König und seinem Bildhauer konnten geglättet werden, so daß schließlich Friedrich Wilhelm III., ein halbes Jahr vor seinem Tode am 7. Juni 1840, die oben erwähnte Zustimmung zu Rauchs Zeichnung eines Reiterstandbildes gab.
     Die Geschichte des Friedrichsdenkmals bringt auch ein neues Selbstbewußtsein der entwerfenden Architekten zum Ausdruck, »indem man sich als Exponent eines mit einem freien Willen begabten Bürgertums empfand«.8) In der Bewegung für ein Denkmal Friedrichs II. haben herausragende Vertreter der beiden Stilepochen des 18. und 19. Jahrhunderts, des Spätbarocks und des Klassizismus mit ihren Schattierungen und Übergängen, mitgewirkt. »Die Geschichte des Friedrichsdenkmals zeigt mit größter Deutlichkeit, wie die Berliner Baukunst noch während des ersten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts mit der Barocktradition des 18. Jahrhunderts zusammenhängt, wie aber auch die Ideen des Zeitalters, der Napoleonischen Ära, von ihr aufgenommen werden.«9)
Quellen:
1Bogdan Krieger: Berlin im Wandel der Zeiten. Eine Wanderung vom Schloß nach Charlottenburg durch 3 Jahrhunderte, Berlin- Grunewald 1923, S. 182
2Ebenda, S. 185
3Ebenda, S. 175
4Ebenda
5Vgl. Peter Goralczyk: Wunschvorstellung und Realität in der städtebaulichen Entwicklung Berlins im 18. Jahrhundert, In: Studien zur Berliner Kunstgeschichte, hrsg. v. Karl-Heinz Klingenburg, Leipzig 1986, S. 101
6Vgl. Rudolf Wolters: Stadtmitte Berlin. Stadtbauliche Entwicklungsphasen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Tübingen 1978, S. 86 f.
7Hermann Schmitz: Berliner Baumeister vom Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts, Berlin 1914, S. 66
8Peter Goralczyk: a. a. O., S. 103
9Hermann Schmitz: a. a. O., S. 67

Bildquellen:
Bogdan Krieger: a. a. O.
Victor Laverrenz, Die Denkmäler Berlins und der Volkswitz, Berlin 1898

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/1996
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