68   Geschichte und Geschichten Neue Polizeimelder  
Günter Moser
Die neuen Polizeimelder

Nur wenige Berliner hatten bemerkt, daß Anfang März 1924 die Polizei damit begann, an mehreren öffentlichen Gebäuden und an besonders belebten Straßen und Plätzen eigenartige Kästen anzubringen. Wer wissen wollte, worum es sich dabei handele, bekam keine oder nur eine ausweichende Antwort. Erst am 13. März wurde das Geheimnis gelüftet. Der Polizeipräsident teilte der erstaunten Öffentlichkeit mit, daß sie es mit den neuen »Polizeimeldern« zu tun hätte.
     Jeder Schutzpolizist könne damit auf schnellstem Wege Informationen an die verschiedensten Behörden durchgeben. Er brauche nun nicht mehr die öffentliche Telefonzelle aufzusuchen, um sich vom Telegrafenamt mit der gewünschten Stelle verbinden zu lassen.
     Wie das Polizeipräsidium am 20. Januar der Presse weiterhin mitteilte, sorgten die neuen Polizeimelder nicht nur für mehr Sicherheit und Ordnung auf den Berliner Straßen, sie waren auch kleine Wunderwerke der Technik. Siemens & Halske hatte diese Apparate im Auftrage des Polizeipräsidenten entwickelt und zunächst 30 Stück aufgestellt.

Sie konnten nur von den Schutzpolizisten benutzt werden, die dafür einen Schlüssel hatten. Öffneten sie damit den Kasten, wurde eine Handkurbel freigelegt. Mit ihr zogen sie eine Art Uhrwerk auf, das alles weitere mechanisierte und die Wahl eines bestimmten Empfängers ermöglichte. Wählte der Polizist das Polizeipräsidium, bekam er eine telefonähnliche Sprechverbindung. Wählte er das Überfallkommando, eine Polizeibereitschaft oder das Rettungsamt, löste er dort Alarm durch Klingelzeichen und Lichtsignale aus. In jedem Falle setzte er beim Empfänger automatisch ein Gerät in Bewegung, das auf einem Lochstreifen den verschlüsselten Standort des Melders sowie die Uhrzeit anzeigte.
     Klar, daß dies einen besser organisierten Polizeieinsatz gewährleistete. Dem vielfach geäußerten Wunsch, diese Geräte auch dem Bürger zugänglich zu machen, entsprach das Polizeipräsidium nicht. Allerdings ordnete es an, daß sich die Bürger von jedem Telefon aus mit dem Wort »Überfall« an das Telegrafenamt wenden konnten und die Telefonistinnen dann verpflichtet waren, sofort die Verbindung mit der nächsten Polizeidienststelle herzustellen. - Erst einige Jahre später wurde durch das Selbstwählverfahren die Alarmierung der Polizei wesentlich vereinfacht.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/1996
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