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Horst Wagner
Polizeipräsident Hinckeldey stirbt im Duell

Von den einen wurde er gefürchtet, andere wieder nannten sein Wirken als Berliner Polizeipräsident segensreich: Carl Ludwig Friedrich von Hinckeldey, geboren am 1. September 1805 im Herzogtum Sachsen-Meiningen. 1826 trat der Sohn eines Geheimen Regierungsrates in die preußische Justiz ein, vom 14. November 1848 bis zu seinem Tode stand er an der Spitze der Berliner Polizei. Und war damit nach der »Revidierten Städteordnung« vom 30. Mai 1853 zugleich Vorgesetzter des Oberbürgermeisters. Friedrich von Hinckeldey war mit dem ausdrücklichen Auftrag, nach der Revolution für »Ruhe und Ordnung« in der Residenzstadt zu sorgen, in sein Amt eingeführt worden. Mit seinem Namen sind eine verschärfte Theaterzensur und die Beschlagnahme unliebsamer Zeitungen, die Überwachung aller Reisenden und die Kontrolle jedes Zuzuges, rücksichtslose Hausdurchsuchungen sowie ein ausgedehntes Spitzelwesen verbunden. (Wobei auf seine Veranlassung hin nicht nur »subversive Elemente«, sondern auch die Regierungsbeamten und die Leibwache des Königs überwacht wurden.)


Polizeipräsident Hinckeldey

Andererseits hat er sich um Berlin verdient gemacht durch den 1851 begonnenen Aufbau einer Berufsfeuerwehr, die von ihm zugleich für die Stadtreinigung verantwortlich gemacht worden war, durch die Einrichtung von Volksküchen, Gesindeherbergen, Bade- und Waschanstalten. Auch der Bau einer Wasserleitung sowie des 1856 in Betrieb gegangenen ersten Berliner Wasserwerkes (vor dem Stralauer Tor) geschah auf seine Initiative hin.
     So schillernd wie sein Leben, so skandalös war sein Tod. Als oberster Regierungsbeamter Berlins für die Einhaltung des Duellierungsverbotes verantwortlich, starb er bei einem Duell, zu dem er selbst herausgefordert hatte.

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»Wenn wir ... erwägen, daß Herr von Hinckeldey ein im reifen Lebensalter stehender Mann, daß er Vater von sieben Kindern war und vermöge seiner hohen Stellung den ersten und dringendsten Beruf hatte, das Gesetz zu wahren ... so werden wir ganz von selbst zu der Annahme geführt, daß eine schwere Reizung vorhanden gewesen sein muß, die diesen Mann ... zu einer Herausforderung auf tödliche Waffen bewegen konnte.« - Mit diesen Worten kommentierte die »Vossische Zeitung« vom 12. März das Pistolenduell, das am Montag, dem 10. März 1856, gegen 10 Uhr vormittags in der Jungfernheide stattfand. Der Herausgeforderte und Todesschütze war der 30jährige Rittergutsbesitzer von Rochow auf Plessow, Leutnant a. D. und Mitglied des Preußischen Herrenhauses.
     Die Vorgeschichte: Auf Veranlassung von König Friedrich Wilhelm IV. hatte Polizeipräsident Hinckeldey im Juni 1855 seinem Leutnant Damm befohlen, eine Sitzung des Jockeyclubs, eines adligen Glücksspieler-Zirkels, im Hotel du Nord, Unter den Linden, auflösen zu lassen. Ein Mitglied dieses Clubs, ebenjener Herr von Rochow, war, wie die »Vossische« es formulierte, »so wenig damit einverstanden, daß er den Weg der Beschwerde betrat und hierbei Ausführungen machte, welche der General-Polizei-Direktor als beleidigend für sich ansehen zu müssen glaubte«. Vielleicht wäre es zu Beschwerde und Duell gar nicht gekommen, wenn Hinckeldey sich nicht vor seinen König gestellt
und die Alleinverantwortung für die den Adel provozierende Aktion im Jockeyclub übernommen hätte. Rochow-Plessow galt als vorzüglicher Schütze, während der Polizeipräsident, nach Schilderung der »Vossischen Zeitung«, »mit der Pistole nicht umzugehen verstand und überdies durch ein sehr schwaches Gesicht dabei behindert wurde«.
     Hinckeldey hatte als Beleidigter den ersten Schuß. Seine Pistole versagte. Ihm wurde eine zweite Waffe gereicht. Diesmal schoß er daneben. Nun war Rochow-Plessow an der Reihe. Seine Kugel traf Hinckeldey in die Brust. Von einem Arzt an Ort und Stelle versorgt und dann in die nahe gelegene Wohnung eines Polizeibeamten gebracht, verstarb Hinckeldey noch am gleichen Abend. Hinckeldey hatte vorsorglich sein Testament gemacht und ein erklärendes Schreiben für den König hinterlassen. Rochow-Plessow zeigte sich unmittelbar nach dem Duell bei der Polizei an und wurde am Abend des 10. März in seiner Wohnung Unter den Linden verhaftet. Von einem Militärgericht zu vier Jahren Festungshaft verurteilt, wurde er aber auf Fürsprache von Hinckeldeys Witwe bereits nach einem Jahr begnadigt.
     An der Stätte des Duells in der Jungfernheide wurde ein Gedenkkreuz errichtet und für die hinterbliebene Familie eine u. a. von der Berliner Börse angeregte Sammlung veranstaltet, die 20 600 Thaler erbrachte.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/1996
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