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Maria Curter
Patentamt im eigenen Haus

Im März 1891 war es soweit. Die Behörde mit 238 Beschäftigten konnte in ein eigenes Haus ziehen. Die neue Adresse des Kaiserlichen Patentamtes hieß jetzt Luisenstraße 33/34 - im heutigen Stadtbezirk Mitte.
     Nach 1871 setzte auch im industriellen und Gewerbebereich eine stürmische Entwicklung ein. Ingenieure und Techniker hatten Hochkonjunktur. Und der Schutz von Erfindungen bedurfte ebenfalls neuer Regelungen. Auf Drängen des 1874 gegründeten Patentschutzvereins wurde am 25. Mai 1877 ein einheitliches deutsches Patentgesetz verabschiedet und am 1. Juli 1877 das Kaiserliche Patentamt gegründet.
     Die neun kaiserlichen Bediensteten residierten zunächst in der Wilhelmstraße 75, zwei Jahre später in einem gemieteten Haus in der Königgrätzer Straße 10 (heute Friedrich-Ebert-Straße), später kamen Räume in der Nummer 131 und im Haus Leipziger Platz 18 hinzu. Im März 1882 zog die Behörde in die Königgrätzer Straße 104-105, wo sie bis 1891 tätig war.
     Innerhalb von zehn Jahren verdoppelten sich die Patentanmeldungen, und die zu verwaltenden gültigen Schriften stiegen auf das Dreifache.

Denn jeder, der meinte, daß seine Idee eine technische Neuheit war, die kommerziell verwertbar schien, konnte sie sich - gegen eine Gebühr - patentieren lassen. Das erfolgte nach strengen Regeln, in Form einer Patentschrift.
     Doch bis eine Anmeldung zur Patentschrift wurde, hatte die kaiserliche Behörde technisch und juristisch zu prüfen - durchlief der Antrag mehrere Abteilungen. Bis 1891 stieg die Zahl der Beschäftigten auf 238 Personen. Die Mieträume reichten längst nicht mehr aus. So wurde für diese für die Entwicklung der Industrie so wichtige Behörde nach Entwürfen des Geheimen Oberregierungsrates August Busse (1839-1896), für Staatsbauten zuständig, in den Jahren 1887 bis 1891 ein eigenes Domizil in der Luisenstraße 33/34 errichtet.
     »Auf einem trapezförmigen Bauplatz von 45,20 m Frontbreite und 90 bezw. 70 m Tiefe umschließen ein Vordergebäude zwei Seitenflügel und ein Quergebäude einen Innenhof ...«, heißt es in einer zeitgenössischen Beschreibung. Im Sockelgeschoß befanden sich Wohnungen für Unterbeamte und die Dampfluftheizung. Im Erdgeschoß gelangte man durch das Hauptportal und durch das Vestibül in die Auslegehalle. Dort befanden sich die Kasse und »Gebührencontrole«, die Räume für Patentrolle, Hauptzeichnungen und Patentschriften sowie das »Index- und Acten-Repertorium«. Im ersten Stockwerk waren der Hauptsitzungssaal, die Registratur und Expedition untergebracht.
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Das zweite Stockwerk beherbergte die Bibliothek. Im hohen, mit Falzziegeln gedeckten Dach befand sich die Modellsammlung.
     Obwohl noch das benachbarte Grundstück hinzugenommen und bebaut wurde, reichte das Gebäude für das Patentwesen bald nicht mehr aus, denn neben Patenten wurden ab 1891 Gebrauchsmuster und ab 1894 auch Warenzeichen zum Schutz angemeldet.
Im September 1905 zog das Kaiserliche Patentamt mit nun mehr als 900 Beschäftigten in einen Neubau in die Gitschiner Straße 97-105.
     Trotz zweier Kriege ist die aus Warthauer und Rackwitzer Sandstein gestaltete und mit reichlichen Bildhauerarbeiten versehene Fassade des Hauses in der Luisenstraße 33/34 weitgehend erhalten geblieben.

Bildquelle: Curter



Patentamt in der Luisenstraße.
Heute hat hier eine Nebenstelle der Staatsanwaltschaft ihren Sitz.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/1996
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