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Horst Wagner
Die ersten CARE-Pakete in Berlin eingetroffen

»In zwei Waggons trafen gestern die ersten Liebesgabenpakete aus Amerika auf dem Güterbahnhof Steglitz ein«, berichtete der Berliner »Telegraf« in seiner Ausgabe vom Sonntag, dem 11. August 1946. Die beiden Waggons seien so gut plombiert gewesen, dass sie mit dem vorhandenen Werkzeug nicht geöffnet werden konnten. Riesige Spezialzangen waren notwendig, um den fingerdicken Draht zu lösen. Steglitz »Bürgermeister Jochen öffnet die Schiebetüren und die 49 Pfund schweren Armeepakete mit je zehn Tagesrationen werden auf einen Lastwagen geladen, der sie in das Lager Geranienstraße bringen wird«. Dort würden sie, wie der Bürgermeister versicherte, polizeilich bewacht und durch besondere Alarmanlagen gegen Plünderer »vorbildlich geschützt«.
     Die beiden in Steglitz entladenen Waggons enthielten 1 480 dieser von der amerikanischen Hilfsorganisation CARE (Cooperative for American Remitance to Europe)

besorgten Pakete für die notleidende Berliner Bevölkerung. Drei weitere Waggons seien schon vom Nachschubhafen Bremen nach Berlin abgegangen. Aus der ersten Sendung seien 150 Pakete direkt an Berliner Familien adressiert. Als »glücklichen Empfänger Nr.  1« nannte der »Telegraf« W. Starick in Charlottenburg, Dahlmannnstraße 5. »Die meisten Empfänger wohnen im britischen Sektor«, wusste das Blatt weiter zu berichten.

 

Zu Land und durch die Luft treffen Spenden der amerikanischen Hilfsorganisation CARE in West-Berlin ein

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Die Verteilung erfolgte besonders für Familien, alte Menschen und Kinder

»Aber auch im amerikanischen und französischen Sektor wird die Avisierung der Pakete, die am Montag durch die Post erfolgen wird, viele Freude auslösen.« Für Familien im sowjetischen Sektor seien vier Pakete dabei. Die Verteilung der nicht direkt an bestimmte Familien adressierten Pakete übernehme eine spezielle Wohlfahrtsorganisation, der Vertreter der drei westlichen Besatzungsmächte, der Sozialämter der Westsektoren, des Berliner

Magistrats, der Caritas, der Inneren Mission, des Evangelischen Hilfswerkes wie auch des FDGB angehörten. Bei der Verteilung sollten besonders alte Leute und Kinder zwischen drei und sechs Jahre bedacht werden.
     Die CARE - »Gemeinschaft für amerikanische Überweisungen nach Europa« - war am 27. November 1945 von 27 privaten amerikanischen Hilfsorganisationen gegründet worden. US-Bürger konnten durch Einzahlung von 15 Dollar bei CARE ein aus Armeebeständen zusammengestelltes Paket erwerben und an deutsche Empfänger senden lassen. Jedes Paket enthielt Nahrungsmittel mit rund 40 000 Kalorien, darunter Büchsenfleisch, Fett, Kekse, Schokolade, aber auch Zigaretten, Seife und Zahnpasta.
     Pakete für Kinder enthielten neben Grundnahrungsmitteln auch Vitaminpräparate, die für Säuglinge außerdem Schnuller, Puder und Windeln. Zur Organisation der zur »Bekämpfung des Elends und Notstandes in Deutschland« gedachten Lieferungen war am 6. Juli 1946 in Stuttgart ein Abkommen zwischen CARE und der amerikanischen Militärregierung in Deutschland geschlossen worden. Von 1946 bis zur Beendigung der Aktion 1963 trafen fast zehn Millionen CARE-Pakete in Deutschland ein, davon über drei Millionen in Berlin. Besondere Bedeutung erlangte die Aktion während der Berlin-Blockade 1948/49, als cirka 200 000 CARE-Pakete über die Luftbrücke in die Stadt geflogen wurden. Ab 1951 organisierte CARE auch Schul- bzw. Mensaspeisungen für Schüler und Studenten.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 7-2/2001
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