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Heinz Kühn
Ein Hauch Nostalgie

Café Eckstein war einst eine Drogerie

Das Cafe Eckstein ist seit 1993 eine bekannte und gutbesuchte gastronomische Institution in der Pappelallee im Prenzlauer Berg. Das markante Eckhaus an der Gneiststraße mit seiner roten Klinkerfassade gehört zu einem Ensemble gleichartiger Bauten, die die 1847 gegründete Berliner Gemeinnützige Baugesellschaft im Geviert zwischen Pappelallee, Gneist-, Buchholzer und Greifenhagener Straße errichten liess.


Das Eckhaus in der Pappelallee

Heutiger Eigentümer ist die von den bisherigen Mietern gegründete Wohnungsbau- Genossenschaft »Bremer Höhe«, benannt nach der alten Bezeichnung für dieses Siedlungsgebiet.
     Mit dem Bau des Hauses Gneiststraße 9 wurde 1902 durch den Ratsmaurermeister R. Krebs begonnen. Ursprünglich war es als Wohngebäude für Subalternbeamte konzipiert. Tatsächlich weisen die Adressbücher ab 1905 vor allem viele Postbedienstete als Bewohner auf; in den späteren Jahren ist eine zunehmende Durchmischung feststellbar.
     Von Anfang an befanden sich im Erdgeschoss des Hauses zwei Ladenräume mit angrenzenden Wohnungen, zur Pappelallee 73 zählend ein Kolonialwarengeschäft und zur Gneiststrasse 9 eine Drogenhandlung. An der Pappelallee ist noch über dem ehemaligen Schaufenster das Wort »Butter« zu lesen sowie ein stark verwitterter Hinweis auf eine Putzmacherei. Interessanter sind die an der Mittelfassade noch erhaltenen Inschriften, die einen kleinen Ausschnitt aus dem Angebot der einstigen Drogerie wiedergeben. So wie das Wort Droge (ursprünglich als Bezeichnung für getrocknete Pflanzen oder auch Tiere bzw. Teile davon zu Heilzwecken) in der heutigen Zeit einen Bedeutungswandel erfuhr, sind die modernen Drogeriemärkte mit ihrer durchrationalisierten Gestaltung und Einförmigkeit nicht mit den alten Drogenhandlungen vergleichbar.
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Das Sortiment umfasste Drogen, Chemikalien, Farben, Reinigungs- und Toilettenartikel und vieles mehr, oft auch Fotobedarf und Lebensmittel. Trotz der Vielseitigkeit des Berufes war die Bezeichnung Drogist früher nicht zwingend an eine bestimmte Ausbildung oder Genehmigung gebunden. So konnten auch die Ehefrauen das Geschäft allein weiterführen. Ständigen Streit gab es mit den Apothekern um die Kompetenz zur Abgabe von Arzneimitteln.
     Bereits 1905 begründete Adolf Lindner die Drogenhandlung, ab 1906 ist Luise Lindner als Besitzerin im Adressbuch verzeichnet.
     Die weiteren Ladeninhaber waren:
Otto Dräger 1910-1915
Luise Dräger 1916-1927
Paul Rodewald 1928-1930
Luise Rodewald 1931
Friedrich Schab 1933-?
Leo Siegler 1939-1955
     Leider gibt es keine Unterlagen über eine weitere Nutzung der Räume nach 1955. Befragte Zeitzeugen wussten nur, dass sie später der HO-Gaststätten als Lager dienten und dann längere Zeit leer standen.
     Auch der Zeitpunkt der Vereinigung beider Läden zu einem großen Raum konnte noch nicht belegt werden. Eine Abbildung in einem 1983 erschienenen Bildband zeigt das Haus mit herabgelassenen Rollläden an allen Schaufenstern (Bau- und Kunstdenkmale der DDR-Hauptstadt Berlin, Henschelverlag Berlin).
     Der jetzige Betreiber des Cafés ist sich der Originalität der alten Inschriften wohl bewusst. So besteht Hoffnung, dass der aufmerksame Betrachter auch in Zukunft bei Badesalz, Schwämmen oder Schellack einen Hauch von Nostalgie verspüren kann.
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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2001
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