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Helmut Caspar
Dem Besten, Größten und Berühmten

Das Denkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm steht seit 50 Jahren in Charlottenburg

Andreas Schlüters berühmtes Denkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kurfürst ab 1640) gibt es in Berlin gleich dreimal - im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg steht seit 50 Jahren das Original aus grün patinierter Bronze,

flankiert von vier Sklaven. Die Große Kuppelhalle des Bodemuseums am Kupfergraben beherrscht eine auf dem originalen Marmorsockel stehende Kopie ohne die Begleitfiguren. Außerdem ist das Reitermonument auf dem Terrakottareliefband am Roten Rathaus zu erkennen, allerdings nur als Modell, das gerade dem preußischen König Friedrich I. (1657-1713, Kurfürst als F. III. ab 1688, König ab 1701), dem Sohn und Nachfolger, präsentiert wird. Dargestellt ist der Große Kurfürst hoch zu Ross. Er trägt einen römischen Lederharnisch, der von einem leichten Mantel bedeckt ist. Vorzüglich gelungen ist der markante Kopf mit wallender Allongeperücke.
Schlüters Monument vor dem Berliner Schloß, wie es von Adolph Menzel gezeichnet wurde
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     Schlüter hatte berühmte Vorbilder, als er das Modell von Ross und Reiter schuf - das Standbild Kaiser Marc Aurels in Rom, den Colleoni Andrea Verrochios (1436-1488) in Venedig, den Gattamelata von Donatello (etwa 1386-1447) in Padua sowie das des Königs Ludwig XIV. in Paris.
     Die antikisierende Kostümierung des Großen Kurfürsten kontrastiert zu der modischen Allongeperücke, die ihn als Potentaten der Barockzeit ausweist.
     Die an den Sockel geketteten Sklaven ließ Schlüter flehentlich die Hände dem Sieger entgegenrecken. An der Ausformung der muskulösen Sklavenkörper waren die Bildhauer Friedrich Gottlieb Herfort (gest. 1708), Johann Samuel Nahl (1664-1727) sowie Cornelius Heintzy und Johann Hermann Becker beteiligt. Die Figuren wurden erst 1708 und 1709 hinzugefügt, als Schlüter bereits wegen des Zusammenbruchs des halb aufgeführten Münzturms am Berliner Schloss in Ungnade gefallen war.
     Der prestigesüchtige und prunkliebende Friedrich I. ließ am Denkmal eine Wappentafel samt lateinischer Widmung anbringen, die in der Übersetzung lautet:
»Dem erhabenen Friedrich Wilhelm dem Großen / Des Heiligen römischen Reiches Erzkämmerer und Kurfürst von Brandenburg / Seinem, des Vaterlandes und der Heere Vater, /
Dem Besten, Größten und Berühmten / Da er ein unvergleichlicher Held / zu seinen Lebzeiten die Liebe des Erdkreises / Ebenso wie der Schrecken der Feinde gewesen / Hat dieses Monument des Gedenkens und des ewigen Ruhmes / Freudig und nach Verdienst errichtet / Friedrich / Der erste Preußenkönig aus seinem Stamm / Im Jahre nach Christi Geburt 1703«.
      Die beiden seitlichen Sockelreliefs stellen die Personifikationen des Kurfürstentums Brandenburg mit Kurhut und Zepter, umgeben von allegorischen Figuren der Spree, der Geschichtsschreibung und des Friedens, beziehungsweise die thronende Borussia als Symbolfigur des 1701 gegründeten Königreichs Preußen mit dem Palmenzweig des Ruhmes dar. Zwei Genien zeigen den Plan der Kurfürstenbrücke, die in ihrer Entstehungszeit als technisches Meisterwerk galt (BM 12/1999).
      Als im Jahre 1904 das damalige Kaiser-Friedrich- Museum eröffnet wurde, wollten der Museumsdirektor Wilhelm Bode (1845-1929) und der Architekt Ernst von Ihne (1848-1917) mit der Aufstellung der Kopie des Schlüterschen Reiterdenkmals einen bedeutenden Förderer der Berliner und der kurmärkischen Kunstszene ehren. Die in der monumentalen Kuppelhalle des Bodemuseums aufgestellte dunkel gefärbte Bronze kontrastiert zu vergoldeten Reliefs in der Deckenzone, die weitere Hohenzollern darstellen.
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     Friedrich I. hatte das Original des von Andreas Schlüter (um 1660-1714) zwischen 1696 und 1698 geschaffenen und 1700 von Johann Jacobi in Berlin in einem Stück gegossene Denkmals, das erste dieser Art in Deutschland, auf die Lange Brücke stellen lassen. (Nach dem Denkmal nannten die Berliner sie auch Kurfürstenbrücke. Heute - des Denkmals ledig - heißt sie Rathausbrücke.)
     Wer diese Brücke heute passiert, sieht dort noch Fundamente des Unterbaus, umspült von Spreewasser. Das Bildwerk, eine Inkunabel barocker Monumentalplastik, war im Zweiten Weltkrieg zum Schutz vor Bombenangriffen abgebaut worden. Beim Rücktransport vom Auslagerungsort Zehdenick 1947 versank der tonnenschwere Koloss im Tegeler See. Erst 1949 konnte das Monument geborgen und 1951 nach Charlottenburg gebracht und im Ehrenhof des damals noch zerstörten Schlosses aufgestellt werden. Der Plan, des Herrschers Standbild auf dem Kurfürstendamm reiten zu lassen - ähnlich wie Friedrich der Große Unter den Linden - wurde nicht verwirklicht. Rückgabe kam in Zeiten des Kalten Kriegs nicht in Frage, auch später haben Westberliner Stellen dies stets abgelehnt.

Der Große Kurfürst reitet seit 1951 im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses
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     In den vergangenen Jahren wurde in den Medien gelegentlich die Rückführung des insgesamt 5,60 Meter hohen Monuments an seinen originalen Platz in die Berliner Mitte erörtert.
     Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg, Denkmalpfleger und Charlottenburger Lokalpolitiker halten nicht viel von dieser Idee, befürchten sie doch eine Entwertung des Ehrenhofes des Charlottenburger Schlosses.
     Es wird darauf hingewiesen, dass sich der Kurfürst sehr gut in das barocke Umfeld einfügt, während dies unweit des Palasts der Republik nicht gegeben sei und der Wiederaufbau des Stadtschlosses noch auf sich warten lässt. Ob sich eine im Landesdenkmalamt angedachte Aufstellung von Kopien realisieren lässt - eine für Charlottenburg und eine weitere für die Rathausbrücke; hängt nicht zuletzt von der Finanzierung ab, die allerdings völlig offen ist.
     Das schon recht angegriffene Original müsste nach Worten von Landeskonservator Jörg Haspel unbedingt in ein Lapidarium gebracht werden. Er weist darauf hin, dass vor dem Schloss Charlottenburg schon Kopien stehen - die bronzene Nachbildungen des ursprünglich für den Hof des Zeughauses bestimmten und 1801 der Stadt Königsberg geschenkten Standbildes des Königs Friedrich I. (von Andreas Schlüter, BM 6/1998) und Friedrichs des Großen (nach Schadow).
     Da die für die kommenden Jahre geplante neue Rathausbrücke eine größere Scheitelhöhe bekommt, um auch großen Schiffen die Passage zu gestatten, könnte das an der Brücke aufgestellte Denkmal seine auf Fernsicht berechnete Wirkung einbüßen, geben Denkmalpfleger zu bedenken. Außerdem könne es dort nicht mehr rundum betrachtet werden. Außerdem sei der Große Kurfürst in Charlottenburg vor Umweltverschmutzung besser geschützt als im abgasverpesteten Zentrum.
     Nicht zuletzt gebe es in der Stadtmitte schon zahlreiche stark gefährdete Standbilder, die unbedingt restauriert werden müssten.

Repro, Fotos: Caspar

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/2001
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