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Horst Wagner
19. Mai 1958:
Müggelturm durch Feuer zerstört

»Der Müggelturm brennt« schrie an diesem Montag vor Pfingsten gegen 16.30 Uhr der Kapitän eines kleinen Spreedampfers, der von Schmetterlingshorst nach Grünau unterwegs war.
     Als die Passagiere zur Steuerbordseite stürzten, sahen sie aus der Spitze des 27 Meter hohen pagodenartigen Turmes auf dem Kleinen Müggelberg helle Flammen schlagen. Bald hatte sich auch eine riesige, weithin sichtbare Rauchwolke gebildet. Im trockenen Holz des Turmes fanden die Flammen reichlich Nahrung. Binnen kurzem glich der Turm einer lodernden Fackel, und seine Spitze brach brennend zu Boden.
     Der Wirt des Turmrestaurants im Erdgeschoss, in dem sich bei Ausbruch des Brandes glücklicherweise nur wenige Gäste aufhielten, hatte sofort die Feuerwehr alarmiert, die mit acht Löschzügen und weiteren Spezialfahrzeugen anrückte. Sie bemühte sich vor allem darum, durch einen dichten Wasserschleier ein Übergreifen der Flammen auf den unmittelbar angrenzenden Wald zu verhindern. Es gelang ihr auch, ein an den Turm angrenzendes Wirtschaftsgebäude und das Restaurant zu retten.


Um 1930: der alte und ...

Vom Turm selbst blieben nur glühende Balkenreste übrig. Als Brandursache stellten sich Schweißarbeiten im Inneren des seit fast einem Jahr wegen Baufälligkeit gesperrten Turmes heraus. Die Handwerker hatten kurz vor Ausbruch des Feuers Feierabend gemacht. Die von der HO Köpenick initiierte Renovierung sollte dem 69 Jahre alten Turm neuen Halt geben. Auch war geplant, bis zum 1. Mai 1959 auf der oberen Terrasse neben dem Turm ein modernes Restaurant einzurichten.

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     Der Brand vom 19. Mai 1958 war nach ähnlichen Ereignissen von 1931 und 1950 der dritte und schlimmste in der Geschichte des 1889 vom Köpenicker Wäscherei- und Färbereibesitzer Carl Spindler (1841-1902) gestifteten und am 1. April 1890 offiziell als Aussichtspunkt zugelassenen Müggelturms.
     Früher hatte an seiner Stelle ein turmartiges Holzgerüst gestanden, das Jägern als Anstand diente, aber auch zur Brandbeobachtung genutzt wurde. Später in den Besitz der Familie Wichelhaus übergegangen, war der Turm schon immer eines der beliebtesten Berliner Ausflugsziele. 1945, kurz vor Kriegsende, war er vor seiner völligen Zerstörung gerettet worden. Volkssturmmänner hatten zwei Zentner Dynamit im unteren Turmraum für die Sprengung vorbereitet. Aber der Gastwirt, der damals seit 26 Jahren auf dem Turm zu Hause war, riss gleichsam im letzten Moment die Zündschnüre ab.
     Nach dem, den alten Müggelturm völlig zerstörenden Brand vom Mai 1958 rief die »Berliner Zeitung« zu einer Spendenaktion für seinen Neubau auf. Innerhalb kurzer Zeit kamen 130 000 Mark an Spendengeldern zusammen. 3 700 freiwillige Arbeitsstunden im Rahmen des »Nationalen Aufbauwerkes« (NAW) wurden geleistet. Der von einem Studentenkollektiv der Kunsthochschule Berlin- Weißensee entworfene neue

... der neue Müggelturm um 1961

Müggelturm, ein verglaster Stahlbetonbau von neun Stockwerken mit einer über 126 Stufen zu erreichenden Aussichtsplattform, wurde nach 26- monatiger Bauzeit mit der Silvesterfeier 1961 im neuen Turmrestaurant eröffnet.

Repros: LBV

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/2001
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