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Marlies Ebert
Der Kaiser war (fast) immer dabei

Postkarten zum Krönungsjubiläum

Im Jahre 1901 gab es kein wichtigeres Datum für das preußische Königshaus als den 18. Januar, die 200. Wiederkehr der Erlangung der Königskrone.
     Auch für die Ansichtskartenindustrie, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ihrem

Darstellungen fanden in der Bevölkerung große Beachtung. Nicht nur, weil man sich diese finanziell leisten konnte, sondern weil sie mit ihrer äußeren Gestaltung etwas vom Prunk des Kaiserhauses vermittelten, etwas Glanz in Wohnzimmer oder Küche brachten.
     Der Verkauf der Karten war gesichert, denn das seit Gründung des Deutschen Reiches besonders entfachte Nationalbewusstsein und die Kaisertreue in der Bevölkerung waren enorm. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann angenommen werden, dass diese Karten besonders im Vorfeld und mit Vorliebe am Tag des Ereignisses erworben oder geschrieben wurden, danach weniger.
goldenen Zeitalter befand, war dieser Tag ein willkommener Anlass, um besonders glanzvolle Motive der Hohenzollernschen Herrscher herauszugeben. Die technischen Bedingungen waren um 1900 gegeben, die schönsten Karten z. B. im aufwändigen Prägedruck, mit Gold, Silber oder Glitter versehen, sowie in dominierenden Farben herzustellen. Berichteten auch die Tageszeitungen und Zeitschriften von diesem Ereignis, so doch nur in schwarz- weiß. Die vielfach farbigen Ansichtskarten mit ihren idealisierten
Jubiläumspostkarte mit Wappen und Farben der Stadt Berlin
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Wie viele unterschiedliche Motive zu dieser Festivität hergestellt und verkauft wurden, kann mit Sicherheit nicht mehr festgestellt werden. Wenn im Jahre 1901 in Deutschland die Ansichtskarten- Sammelleidenschaft auch noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte, so stellten die größtenteils prachtvollen Karten des Preußenjubiläums auf jeden Fall eine Bereicherung für die wachsende Liebhaberschar dar. In Alben oder Kästchen aufbewahrt, überdauerten diverse ein ganzes Jahrhundert. Sie gehören heute zu den Zeugnissen der wilhelminischen Zeit, die für mannigfache Untersuchungen herangezogen werden können. Für die derzeitigen Ansichtskartensammler sind es teilweise begehrte Sammelobjekte, die in der Regel auch ihren Preis haben.
     Die Königskrönung, anerkannt durch Kaiser Leopold I. (1640-1705, Kaiser ab 1658), hatte am Dienstag, dem 18. Januar 1701, im Audienzsaal des Königsberger Schlosses stattgefunden. Friedrich, der erste preußische König, wurde am 11. Juli 1657 in Königsberg als Sohn Friedrich Wilhelms, des Großen Kurfürsten (1620-1688, Kurfürst ab 1640), geboren. Von Gestalt klein und verwachsen, von einer labilen Gesundheit und schwachem Charakter geprägt, schien er nicht im Geringsten den Erwartungen als Nachfolger des Großen Kurfürsten zu entsprechen.
Nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1688 ging er, nunmehr als Kurfürst Friedrich III., zielstrebig seinem Wunsch nach, ein preußisches Königtum zu schaffen. Letztlich führte seine Kaisertreue, besonders im Spanischen Erbfolgekrieg, zum ersehnten Ziel. Diese neuerlangte Würde versuchte König Friedrich I. vor allem nach außen hin zur Schau zu tragen. Eine kostspielige Hofhaltung ganz in barocker Weise und die Umgestaltung Berlins zur königlichen Residenzstadt verschlechterte die wirtschaftliche Lage des Staates drastisch. Friedrich II. (1712-1786, König ab 1740) äußerte sich über seinen Großvater folgendermaßen: »30 000 Untertanen opferte er in den verschiedenen Kriegen des Kaisers und der Verbündeten, um sich die Königskrone zu verschaffen. Und er begehrte sie nur deshalb so heiß, weil er seinen Hang für Zeremonienwesen befriedigen wollte. Er zeigte Herrscherpracht und Freigiebigkeit.«
     Nach dem Urteil Friedrichs II. war die Erwerbung der Königskrone 1701 nur das Werk der Eitelkeit, das Königtum nur ein Köder, »den Friedrich III. seiner gesamten Nachkommenschaft hinwarf und mit der er zu sagen schien: Ich habe Euch einen Titel erworben, macht Euch des Titels würdig; ich habe das Fundament zu Eurer Größe gelegt, an Euch ist es, den Bau aufzurichten.«
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Zeitgenössische Berichte und Darstellungen lassen die Feierlichkeiten zur Königskrönung in unermesslichem Prunk erscheinen. Kurfürst Friedrich III. setzte sich, anders als sonst üblich, an diesem Tag selbst die Krone aufs Haupt und nahm Krönungsmantel und Zepter an sich. Danach erhielt auch seine Gemahlin die Krone aus seiner Hand. Anschließend ließ das neugekrönte Paar von den Gästen die Pracht des königlichen Ornats bewundern. Kurfürst Friedrich III. nannte sich von nun an Friedrich I. König in Preußen. Die Übertragung des Königstitels bedeutete in erster
Diese Postkarte mit Goldprägedruck ging an Herrn Hagedorn, Feldpostsekretär in Peking
Linie die Erhöhung des Namens. Erst der Nachfolger Friedrichs I., Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, König ab1713), legte den Grundstein zum Staat Friedrichs des Großen, der zwar durch die napoleonischen Kriege und die 48er Revolution erschüttert wurde, aber letztlich mit dem Erwerb der Kaiserkrone seinen Höhepunkt fand.
     Anders als die prachtvollen Feierlichkeiten im Jahre 1701 war die 100. Jahrfeier 1801 darauf beschränkt, beim Gottesdienst auf den Eintritt der Monarchie in ein zweites Jahrhundert hinzuweisen. Auch 50 Jahre später vermied man ein Gedenkfest, die Krone schien wahrscheinlich noch nicht alt genug.
Wiederum 50 Jahre später, 1901, wurde das Jubiläum festlich begangen. Für Kaiser Wilhelm II. (1859-1941, König und Kaiser 1888-1918) war es Anlass genug, das preußisch- deutsche Königs- und Kaiserhaus, vor allem aber sich selbst mit Aufwand, Würde und Macht darzustellen. Hierzu benutzte er auch die Foto- und Ansichtskartenindustrie.
     Das Verschenken von Porträtaufnahmen des Kaisers in den verschiedensten Posen, vielleicht sogar mit der eigenhändigen Unterschrift, standen in hoher Gunst am Hofe. Wurden von Fotografien des Kaisers vor 1914 ca. 10 000 Stück hergestellt, so garantierten die Ansichtskarten noch eine weit höhere Auflage.
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Wilhelm II. verstand sein Interesse an Feierlichkeiten, Uniformen und Prunk wirkungsvoll ein- und umzusetzen. So stellte seine Person oft den Mittelpunkt der gewählten Motive dar.


Auch Adolf von Menzel ließ es sich nicht nehmen, der Preußenfeier eine Zeichnung zu widmen

»Zur Erinnerung a[n] d[as] 200jährige Bestehen des Königreichs Preussen« ist der Titel einer mit den Porträts der preußischen Könige von der Lithographischen Kunstanstalt Heinrich & August Brüning, Hanau, gefertigten Karte (siehe unser Titelbild). Im Zentrum steht Wilhelm II., goldumrandet mit der Krone über seinem Haupt. Links von ihm ist Kaiser Wilhelm I. (1797-1888, König ab 1861, Kaiser ab 1871), rechts Kaiser Friedrich III. (1831-1888, Kaiser 1888), dargestellt. Über den drei Kaisern befinden sich Abbildungen von König Friedrich I. bis Friedrich Wilhelm IV., gebührend kleiner als Kaiser Wilhelm II.
     Eine sehr schöne Prägekarte stellte der Verlag von Oskar Peters in Darmstadt her, deren Vertrieb durch J. O. Peters in der Berliner Möckernstraße 146 erfolgte. Die ansonsten farbig gestaltete Karte erhält ihre Besonderheit durch die in weiß belassenen Prägedrucke der Porträts von König Friedrich I. in der linken und von Kaiser Wilhelm II. in der rechten Bildseite. Zwischen den beiden Personen ist die Krönungsszene dargestellt, allerdings nicht die Selbstkrönung. Eine andere Ansichtskarte, ein »Gedenk- Blatt an das 200- jährige Bestehen des Königsreichs Preußen« zeigt im Zentrum ein Porträt Wilhelms II., abgeschickt in Rathenow, den 18. 1. 1901: »Mein lieber Hermann ! / An dem heutigen Jubeltage Preussens / kann ich es nicht unterlassen Dir meine / herzlichsten Grüße zu übersenden. /
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Besten Dank für Deine Neujahrskarte, welche / am 1. 1. 1901 hier eintraf. Schreibe bald mehr. / Tausend Grüße auf baldiges Wiedersehen! / Dein tr[euer] Freund Franz Riese.« Ein weiteres schönes Motiv brachte der Verlag von Hildebrandt & Stephan in Berlin auf den Markt. Hauptaugenmerk wurde hier auf die Darstellung der Wappen und Farben der Stadt Berlin gelegt. Eine andere Karte mit der Königskrone, die von einem Blätterkranz umgeben ist, spiegelt durch einen aufwändigen Goldprägedruck die Herrlichkeit des Kaisertums wieder. »Zur 200jährigen / Jubelfeier / des preussischen / Königshauses« ist zu lesen, gefolgt von den handschriftlichen Grüßen: »senden Ihnen lieber / Kollege zum fernen / Osten deutschen Gruß / und Handschlag! Wünschen / Ihnen ferneres Wohlergehen! / Eugen Erdmann. Bertha Erdmann.«
     Alle diese Bildnisse mit Darstellungen des Hohenzollernhauses unterlagen grundsätzlich der Genehmigung durch das Oberhofmarschallamt. Dieses übertrug auch die Bewilligung auf Reproduktionen sowie den Vertrieb.
     Die 200. Wiederkehr der Königskrönung war so, Dank der technischen Errungenschaften, für Kaiser Wilhelm II. ein geeigneter Augenblick, besonders mit Hilfe von Ansichtskarten nachhaltig in der Bevölkerung auf seine Person aufmerksam zu machen.

Immer dabei: Kaiser Wilhelm II.

Die Jubiläumspostkarten anlässlich der Königskrönung gehören somit zu den Propagandapostkarten, die die Stärke des Kaisers demonstrieren und suggerieren sollten.

Bildquelle: Stadtmuseum Berlin, Märkisches Museum

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 1/2001
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