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Helmut Caspar Adlerflug zum Sternbild Aquila

300 Jahre Medaillen der Akademie der Wissenschaften

Wer sich mit Medaillen zur Geschichte von Universitäten, Akademien und anderen Lehr- und Forschungseinrichtungen beschäftigt, stößt auch auf Prägungen der vor 300 Jahren, am 11. Juli 1700, in Berlin von Friedrich III. (1657-1713, Kurfürst ab 1688, als Friedrich I. ab 1701 König in Preußen),

unter dem Einfluss des Polyhistors und Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) gegründeten Akademie der Wissenschaften (AdW). Die seltenen numismatischen Belegstücke der Gelehrtensozietät aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden bereits von Carl Laverrenz in dem 1885 bis 1887 in Berlin veröffentlichten Werk »Die Medaillen und Gedächtniszeichen der deutschen Universitäten« erfaßt. Das Berliner Akademie- Archiv besitzt eine große Zahl dieser Prägungen und Gussstücke, dazu kommen etliche galvanoplastische Nachbildungen jener besonders raren Medaillen aus der Frühzeit der Akademie, die sich nur noch in großen Münzkabinetten erhalten haben.

König Friedrich I. und Herkules auf einer undatierten Preismedaille der Berliner Akademie der Wissenschaften (von Raimund Faltz)
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Vorausgeschickt sei, dass die ein halbes Jahr vor der Erhebung des Kurfürsten zum König gegründete Gelehrtensozietät mehrfach ihren Namen geändert hat. Unter den Hohenzollern hieß sie Königlich preußische Akademie der Wissenschaften, nach dem Sturz der Monarchie (1918) Preußische Akademie der Wissenschaften beziehungsweise nach 1945 Deutsche Akademie der Wissenschaften. Im Jahre 1972 wurde der Name im Zeichen der vom damaligen Parteichef Erich Honecker (1912-1994, Generalsekretär des ZK der SED ab 1971, Staatsratsvorsitzender 1976-1989) betriebenen Abgrenzungspolitik in Akademie der Wissenschaften der DDR umgeändert. Dies war politisches Programm und mehr als ein Namenswechsel. Die aufgrund des Einigungsvertrags gefundene Bezeichnung lautet heute »Akademie der Wissenschaften Berlin- Brandenburg (vormals Preußische Akademie der Wissenschaften«, ab gekürzt BBAW).
     Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften vor 300 Jahren muss im Zusammenhang mit Bestrebungen des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. gesehen werden, sich königliche Ehren zuzulegen und seinem als »Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation« verlachtes Herrschaftsgebiet zu kultureller Blüte zu verhelfen und damit auch seiner Krone einen weiteren Edelstein hinzuzufügen.

Friedrich II. als Protektor der Akademie auf einer Medaille (von Nils Georgi, Kupferstich aus »Das neu eröfnete Münzcabinet« von 1761)
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Dem diente auch die Gründung einer zweiten Landesuniversität (nach Frankfurt an der Oder) in Halle an der Saale im Jahre 1694 sowie in Berlin die Schaffung der Akademie der Künste im Jahre 1696. Nicht zuletzt verfolgte der repräsentative Ausbau der Haupt- und Residenzstadt Berlin und insbesondere die Umgestaltung des königlichen Schlosses dieses Ziel. Solche Aktivitäten wurden durch aufwendige Druckwerke mit Kupferstichen sowie durch Medaillen gefeiert. Sie waren als »Histoire métallique« bestens geeignet, den darauf dargestellten Herrscher als Vater des Vaterlandes, Kriegshelden und Friedensfürsten, als Förder der Wissenschaften und Künste in haltbarem Material zu feiern.
     Die noch mit kurfürstlichem Titel versehene Gründungsmedaille mit der Angabe 11. Juli 1700, dem 43. Geburtstag des Kurfürsten, als Gründungstag der Akademie zeigt bereits alle Merkmale weiterer Prägungen dieser Art - das Bildnis des Herrschers als Protektor der Sozietät und den zu den Sternen aufstrebenden Adler. Dieses auch bei Siegeln der Akademie und ihren Publikationen verwendete Motiv wird Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) zugeschrieben. Im Gegensatz zum ähnlich gestalteten kurbrandenburgischen beziehungsweise königlich- preußischen Adler ist der zum Sternbild des Aquila aufsteigende »Akademie- Adler« ein bürgerlicher Vogel, denn er trägt keine Krone, kein Zepter oder andere Insignien, auch kein Herrschermonogramm auf der Brust.
Leibniz, der sich als Universalgelehrter auch in der Numismatik und Heraldik auskannte, legte großen Wert darauf, dass die auf der Medaille erkennbaren Sterne »einigermaßen das Sternbild des Adlers vorstellen«. Schaut man diesbezügliche Darstellungen an, so findet man sehr unterschiedliche Versionen dieses Sternbildes. In einem lateinischen Gedicht beschrieb der Gelehrte die Gründungsmedaille und erläuterte auch die an den Dichter Ovid angelehnte Devise »Cognata ad sidera tendit«, die sich etwa als »Das Wissen strebt zu den Sternen« übersetzen lässt.
     Das mit dem Motto und dem Adlerbild angedeutete Streben zu höheren Zielen hat im Großen und Ganzen bis heute die Arbeit der Akademie bestimmt, denn es ging und geht nicht um »pure« Gelehrsamkeit, sondern um die Anwendung des erworbenen Wissens. »Solche Churfürstliche Sozietät müste nicht auf bloße Curiosität oder Wissens- Begierde und unfruchtbare Experimenta gerichtet seyn, oder bey der bloßen Erfindung nützlicher Dinge, ohne Application oder Anbringung beruhen ...; sondern man müste gleich anfangs das Werck samt der Wissenschaft auf den Nutzen richten ...Wäre demnach der Zweck Theoriam cum praxi zu vereinen. Und nicht allein die Künste und die Wissenschaften, sondern auch Land und Leute, Feld- Bau, Manufacturen und Commercien, und mit einem Wort die Nahrungs- Mittel zu verbessern«, forderte Leibniz.
     Eine von Friedrich Marl geschaffene Medaille ohne Jahreszahl zeigt ebenfalls das nunmehr königliche Brustbild und den Akademieadler.
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Undatiert ist auch eine Medaille von Raimund Faltz (1658-1703) mit der Darstellung des Herkules, die zwischen 1701 und 1703, dem Todesjahr ihres Schöpfers, entstanden sein muss. Nach französischem Vorbild diente die mit der (übersetzten) Rückseiteninschrift »Er setzt Belohnung für Tüchtigkeit aus« und »Fürstliche Freigiebigkeit« versehene Medaille als Auszeichnung für bedeutende Gelehrte. Abschläge in Gold mit einem Gewicht von 100 Dukaten waren ein wahrhaft fürstliches Geschenk. Die Darstellung des mit einer Keule bewaffneten Helden besitzt tiefe Symbolik, denn wie Herkules, so ruht sich Friedrich I. nach kriegerischen Auseinandersetzungen aus und verteilt die goldenen Äpfel der Hesperiden an Künstler und Gelehrte.
     Während Leibniz seine sehr modern klingenden und später in vielen Publikationen zitierten Forderungen erhob, tat sich hinsichtlich der finanziellen Ausstattung der Akademie herzlich wenig. Der Kurfürst und baldige König sicherte seiner Sozietät zwar manche Zuwendungen, Privilegien wie das der Herausgabe von Kalendern, deren Verkauf der Akademie zugute kam, ferner ein Laboratorium, ein Museum, eine Raritätenkammer und manch anderes zu. Tatsächlich aber waren die Hilfen gering, was übrigens auch für die Akademie der Künste zutraf.
Demzufolge waren auch die Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt.
     Nachdem unter dem kultur- und wissenschaftsfeindlichen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, König ab 1713) auch in der Akademie die Lichter ausgegangen waren, erlebte sie ihr Comeback unter Friedrich II. (1712-1786, König ab 1740). Er reformierte das Institut und verschaffte französischen Gelehrten großen Einfluss. Nach Pariser Vorbild wurden Preismedaillen und Präsenzjetons geprägt. Mit Silberstücken im Gewicht von etwa einem halben Taler wurde die Anwesenheit von Akademiemitgliedern bei Sitzungen der Sozietät belohnt. Da nur so viel Exemplare hergestellt wurden, wie es Akademiemitglieder gab, galten die Prägungen schon Mitte des 18. Jahrhunderts als »ungemein selten«, so wenigstens vermeldet es Johann Friedrich Joachim (1713-1767) in seinem Buch »Das neu eröfnete Münzcabinet« (Nürnberg 1761, S. 109). Stempelschneider der friderizianischen Akademiemedaillen waren Johann Karl Hedlinger, (1691-1771) Nils Georgi (1717-1790) und Abraham Abramson (1754-1811). Um 1780 wurde verfügt, die Jetons erst beim Ende der Sitzung auszugeben. Dies um zu verhindern, dass die gelehrten Herren nach Empfang der »Douceurs«, die ein nicht ganz kleines Zubrot waren, gleich wieder verschwinden.
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Gottfried Wilhelm Leibniz auf einer Medaille zum 200. Geburtstag des Akademiegründers 1846 (von Carl Fischer)
Der kostspielige Brauch wurde auf Betreiben Wilhelm von Humboldts (1767-1835) erst im Zusammenhang mit der 1810 erfolgten Gründung der Berliner Universität bgeschafft.
     Dass Friedrich II. große und kleine Preismedaillen zur Auszeichnung herausragender Gelehrter und Gewinner von Preisaufgaben prägen ließ, lag im Trend, denn auch andere Herrscher zeichneten auf diese Weise Gelehrte und Künstler aus oder förderten wie im Falle der Preismedaillen mit dem Bildnis der Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) Bergbau, Münzprägung und anderes. Zu nennen sind hier auch die Preismedaillen der Hohen Karlsschule mit dem Bildnis Herzog Karl Eugens (1728-1793) von Württemberg. Aus dem Einerlei des Schemas Brustbild beziehungsweise Kopf/ Inschrift SCIENTIARUM ET LITERARUM INCREMENTO
ragt eine undatierte Preismedaille mit dem Bildnis Friedrich Wilhelms III. (1770-1840, König ab 1797) von Daniel Friedrich Loos (1735-1819) heraus, auf deren Rückseite sich der Akademieadler über der Straße Unter den Linden erhebt, an der auch das Akademiegebäude stand.
     Der 200. Geburtstag von Gottfried Wilhelm Leibniz war 1846 Anlass zur Herausgabe einer Medaille, die in einem goldenen, silbernen und bronzenen Exemplar Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861, König 1840-1858) überreicht und noch bis um 1900 an Akademiemitglieder und andere Persönlichkeiten verteilt wurde. Erstmals ehrte die Akademie ihren Gründer und ersten Präsidenten, und erstmals wird auf einer Akademiemedaille eine Person dargestellt, die nicht dem Herrscherhaus angehört. Johann Karl Fischer (1802-1865) stellt Leibniz ohne Allongeperücke dar.
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Ab 1907 wird die Leibnizmedaille verliehen. Auf der Rückseite der Akademieadler über dem Panorama Berlins (von Constantin Starck)
Eine die königliche Akademie symbolisierende Frau opfert auf der Rückseite an einem Altar, über dem sich der Akademieadler erhebt. Die Figuren auf dem Altar erinnern an die physikalisch- mathematische beziehungsweise die philosophisch- historische Richtung und »sonach auch an die beiden Classen der Akademie und an die Verdienste Leibnizens in dem ganzen Umfange der akademischen Tätigkeit«, wie eine in den Sitzungsberichten der Akademie veröffentlichte Beschreibung vom 1. Juli 1846 vermerkt.
     Der 70. Geburtstag von Hermann von Helmholtz (1821-1894) war 1891 Anlaß zur
Herausgabe der Helmholtz- Medaille, die noch heute an Persönlichkeiten verliehen wird, die laut Statut »die in der physikalisch- mathematischen Klasse vertretenen Wissenschaften oder die Erkenntnislehre durch hervorragende Leistungen gefördert haben«. Dargestellt ist auf der von Joseph Tautenhayn (1837-1911) geschaffenen Medaille das Brustbild des »Reichskanzlers der Physik«, wie man den 1882 in den Adelsstand erhobenen Naturforscher auch nannte. Die Tafel auf der Rückseite gibt Raum für eine Namensgravur, darum der Name der Helmholtz- Stiftung sowie der Geburtstag 30. August 1821 und das Jahr 1891.
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Nach der Umbenennung 1972 lautete die Umschrift um die Tafel AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR; nach deren Abwicklung wurde die alte Inschrift wieder hergestellt. Die Helmholtz- Medaille wird heute für überragende wissenschaftliche Leistungen auf den Gebieten der Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften, Biologie, Medizin oder der technischen Wissenschaften an Einzelpersönlichkeiten des In- und Auslandes verliehen.
     Wer nicht zum Kreis der »hervorragendsten unter den auf helmholtzischen Arbeitsgebieten tätigen Forschern aller Nationen« gehörte oder auch ein anderes Fach vertrat, wurde (wenn überhaupt) mit der an Kaiser Wilhelms II. 47. Geburtstag, dem 27. Januar 1906, gestifteten Leibnizmedaille in den Ausführungen Gold und Silber geehrt (Wilhelm II. 1859-1941, Kaiser 1888-1918). Das Werk des Stempelschneiders Constantin Starck (1866-1939) ist die bekannteste Akademieauszeichnung. Beschränkt war die mit dem Perückenbildnis des Akademiepräsidenten sowie dem Adler über dem Panorama Berlins versehene Medaille laut Statut für »solche Fälle«, bei denen eine Anerkennung durch Zuwahl in die Akademie, Erteilung von Preisen oder Stipendien oder Verleihung der Helmholtz- Medaille nicht möglich ist. Mit der Leibnizmedaille wurden ursprünglich auch solche Persönlichkeiten ausgezeichnet, die die Akademie und andere gelehrte Körperschaften finanziell förderten.
So erhielt 1907 der Kunstsammler und Mäzen James Simon (1851-1932) als einer der ersten die Leibnizmedaille in Gold. Münz- und Medaillensammler, die sich damals für die Neuerscheinung interessierten, wurden an die Berliner Prägefirma Oertel verwiesen, die Kupferabschläge in nicht bekannter Zahl herstellte. Heute wird die Leibnizmedaille an Einzelpersönlichkeiten bzw. Arbeitsgruppen als Anerkennung für Verdienste um die Förderung der Wissenschaften sowie als Anerkennung für wissenschaftliche Leistungen, die von Personen bzw. Personengruppen außerhalb ihrer Profession erbracht werden, verliehen. Erwähnt sei, dass der Akademiename um das Leibniz- Porträt mehrfach verändert wurde. Bis 1990 stand da »Akademie der Wissenschaften der DDR«, beibehalten wurden der Akademieadler mit jetzt fünf statt sechs Sternen über dem Stadtpanorama. Darauf ist die Schlosskuppel zu erkennen, obwohl der Palast der Hohenzollern bereits 1950 abgerissen worden war. In der DDR war das Thema tabu. Die DDR- Version in zwei Größen zu 45 und 30 mm (»für Kollektive«) verzichtete auf die vertiefte Inschrift DIGNA DIGNIS beiderseits des Brustbildes, ungefähr zu übersetzen mit »Würdiges dem Würdigen«.

Bildquelle: Archiv Autor

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 8/2000
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