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Heinrich Lange
August Stülers Neue Universität in Königsberg

Der am 28. Januar 1800 in Mühlhausen/ Thüringen geborene Architekt Friedrich August Stüler, ein Schüler Karl Friedrich Schinkels (1781-1841) an der Königlichen Allgemeinen Bauschule, erhielt mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. (1795-1861, König ab 1840) und Schinkels Erkrankung und Tod 1840/41 zunächst neben Ludwig Persius (geb. 1803) und nach dessen frühem Tod 1845 allein das gesamte Hof- und Staatsbauwesen Preußens übertragen.
     Einen Überblick über Umfang, Spektrum und Stilformen des Entwurf- und Bauschaffens des 1842 zum »Architekten des Königs« ernannten Baumeisters im gesamten ehemaligen Preußen gibt die von Eva Börsch-Supan und Dietrich Müller-Stüler verfasste und 1997 vom Landesdenkmalamt Berlin herausgegebene Künstler- Werkmonographie »Friedrich August Stüler. 1800-1865«. Zugleich macht dieser sehr verdienstvolle Œuvre- Katalog deutlich, wie viele seiner Entwürfe, Bauwerke und Ausstattungsstücke durch den Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit zerstört worden sind.

Zu den von Kriegsverlusten besonders betroffenen Provinzen Preußens gehört das ehemalige nördliche Ostpreußen mit Königsberg, der heutige Oblast Kaliningrad der Russischen Föderation mit der gleichnamigen Stadt. Die Angaben im Werkkatalog von 1997 zu den Stüler- Bauten in Königsberg, insbesondere zu ihrem Schicksal nach dem Zweiten Weltkrieg und zu dem bis heute überdauernden Bestand, bedürfen der Nachbesserung. Eine Sichtung der Bauten des Hofarchitekten in Kaliningrad in dem heute eine Exklave zwischen Polen und Litauen bildenden Gebiet, das seit dem Frühjahr 1991 zugänglich ist, ist nicht erfolgt. Auch seither erschienene Literatur blieb unberücksichtigt. Schon zuvor wäre manche Lücke durch die Nutzung von Museen, Archiven und weiteren Forschungseinrichtungen in Deutschland zu füllen gewesen. Erstaunlich, dass auch wichtige Literatur hierzu vor 1991 nicht bekannt ist. Als Beispiele seien Herbert Meinhard Mühlpfordts »Königsberger Skulpturen und ihre Meister 1255-1945« (Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis Bd. 46, Würzburg 1970) oder Gerhard von Glinskis und Peter Wörsters »Königsberg. Die ostpreußische Hauptstadt in Geschichte und Gegenwart« (Ostdeutsche Städtebilder Bd. 7, Berlin- Bonn 1990) genannt.
     Zu den Bauten Stülers in Königsberg gehören der 1864-1866 im neugotischen Stil erneuerte obere Turmteil des Königsberger Schlosses, des Wahrzeichens der Stadt,
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Neue Universität in Königsberg. Stich nach dem Entwurf von August Stüler, 1865
die 1843-1862 im romantisch- neugotischen Stil ausgeführten Fassaden der Stadttore, der Backsteinbau der Chirurgischen Universitätsklinik (1859-1863) und die 1843-1862 im Stil der Renaissance errichtete Neue Universität. Die Neue Universität ist die einzige von Stüler entworfene Universität und sein bedeutendster Bau in der früheren zweiten Residenz Preußens - keineswegs ein »internationales Projekt« Stülers, wie Michael Bollé in seiner Rezension zur Werkmonographie von 1997 (Brandenburgische Denkmalpflege 7,1, 1998, S. 94) irrt. Universität statt Exerzierhaus

Die Neue Universität wurde an der Stelle des Exerzierhauses am gleichnamigen Platz errichtet. Der frühere herzoglich- königliche Garten und spätere Paradeplatz war der größte freie Platz der Stadt, in der Nähe des Schlosses und des Schlossteiches gelegen. Zu dem repräsentativen Neubau an der Nordseite des Platzes legte Stüler 1843 seinen ersten Entwurf im Stil der italienischen Frührenaissance vor. Friedrich Wilhelm IV. bestimmte diesen heute im Original verlorenen Entwurf durch einen Erlass zur Ausführung.

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Anlässlich der 300-Jahr- Feier der Königsberger Universität fand am 31. August 1844 die Grundsteinlegung durch den König statt. Der Baubeginn verzögerte sich bis 1857/58. Zu diesem Zeitpunkt waren das Exerzierhaus abgerissen und die Baupläne für die Universität endgültig ausgearbeitet.

 

Friedrich August Stüler, aquarellierte Bleistiftskizze von Adolph Menzel, 1861/62

»Eine klare und einfache Renaissance- Architektur«, so Stüler in seiner Veröffentlichung »Das neue Universitäts- Gebäude zu Königsberg in Pr.« in der Zeitschrift für Bauwesen von 1864, »erschien hierzu am meisten geeignet und wies zugleich auf die Zeit der Stiftung der Universität hin ... Im Allgemeinen hat in der Stylrichtung die italienische Renaissance, besonders der Ziegelbau in den Städten der Lombardei und Ober- Italiens bis Bologna, als Anhalt gedient.« Die Einweihung der Universität, mit welcher der Bauherr und sein Architekt gleichsam ein Stückchen Italien in den Nordosten Preußens holten, erlebte Friedrich Wilhelm IV. nicht mehr. Stüler übergab bei der Einweihungsfeier am 20. Juli 1862 die Schlüssel dem neuen Rektor, Kronprinz Friedrich Wilhelm, dem späteren Kaiser Friedrich III. (1831-1888, Kaiser 1888). Tags darauf wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität verliehen. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Schlüssel zum Hauptportal, den 1945 die Frau des letzten Universitätshausmeisters Kaminski in den Westen rettete und der heute im Museum Königsberg in Duisburg ausgestellt ist, um einen der originalen, von Stüler übergebenen Schlüssel.
     Eine Porträtstudie von Adolph Menzel im Kupferstichkabinett Berlin zeigt den zu dieser Zeit über sechzigjährigen »Geh. O. Baurath Stüler«, wie der Maler auf der aquarellierten Bleistiftskizze vermerkte.
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Universität mit Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. auf dem Königsgarten.
Postkarte von 1907
Es ist bekanntlich die Vorstudie zu Menzels berühmtem Ölgemälde »Krönung Wilhelm I. zu Königsberg 1861«.

Künstler der Berliner Bildhauerschule

Mit den Aufträgen für die 1860-1862 geschaffenen Modelle der figürlichen Bauplastik bedachte Stüler eine ganze Reihe von Künstlern der Berliner Bildhauerschule.

»Für die Ausschmückung mit Bildwerken gaben«, so der Architekt, »die Bezeichnung der Bestimmung des Gebäudes, die Darstellung der Stifter und ausgezeichneten früheren Lehrer der Universität geeignete Vorwürfe.«
     Wie sowjetische Fotografien bezeugen, war noch in den 50er Jahren an der Ende August 1944 zur Ruine ausgebrannten Universität ein Teil des Figuren- und Reliefschmucks erhalten.
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Ruine der Universität in den 50er Jahren
und geschultertem, blanken Schwert geschmückt. Nach diesem Urbild des »Albertus« wurde das Siegel der Universität geschnitten.
     Markgraf Albrecht von Brandenburg- Ansbach (1490-1568), Sohn des Markgrafen Friedrich zu Ansbach und Bayreuth und der Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. (1427-1492, König ab 1447), war der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens. 1525 säkularisierte er im Frieden zu Krakau auf Anraten Martin Luthers (1483-1546) als erster Herzog von
So befand sich an der herausragendsten Stelle am vorgezogenen und erhöhten Mittelbau der Vorderfront, der zentralen Bildfläche im Obergeschoss über den großen Fenstern der Aula, das über drei Meter hohe Hochrelief des Herzogs Albrecht von Preußen zu Pferde, des Gründers dieser »echt lutherischen« Universität. Der Fürst in Renaissancerüstung hält in der Linken den Zügel und in der Rechten die Gründungsurkunde. Allerdings fehlte bereits der bärtige, unbehelmte Kopf. Schon das Alte Albertinum auf dem Kneiphof hinter dem Dom war an der Domhofseite über dem Eingang mit dem steinernen Brustbild des Gründers im Harnisch Preußen und oberster Lehnsmann des Polenkönigs sein Land, das so zum Herzogtum Preußen wurde. Er führte 1526 als erster deutscher Fürst die Reformation ein und machte dadurch sein Land vom katholischen Polen religiös unabhängig. Schon 1523 wurde im Dom evangelisch gepredigt, und 1526 wurde Preußen durch den Erlass einer »Allgemeinen Kirchenordnung« zum ersten deutschen Land, in dem eine evangelische Landeskirche eingerichtet wurde. Um die Pfarreien ausreichend zu besetzen, fehlten die theologisch gebildeten Männer, und so entschloss sich der Herzog, höhere Schulen und vor allem eine Universität zu gründen.
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So hatte es schon seine tiefere Bedeutung, dass, als nach Einführung der Reformation aus dem Dom die Pfarrkirche des Kneiphofs wurde, die Universität auf dem Besitz des ehemaligen Domkapitels und der einstigen Domschule eingerichtet wurde. 1544 als Pflanzstätte des lutherischen Glaubens für den Osten gegründet, hatte die Albertus- Universität, die zweitälteste evangelische Universität der Welt, unter Herzog Albrecht Königsberg zum Mittelpunkt der Reformation in Osteuropa gemacht. Ihr erster Rektor war der Humanist und Lateiner Georg Sabinus (1508-1560), der Schwiegersohn Philipp Melanchthons (1497-1560), neben Luther einer der beiden geistigen Väter der Universität.
     Luther, Sabinus und Melanchton begegnen uns beim Bildprogramm der Bauplastik am Mittelrisalit der Universität. In den 50er Jahren standen noch beiderseits des Reiterbildes die weiblichen Allegorien der vier Fakultäten vor den die Drillingsfenster flankierenden Pilastern: Theologie und Jurisprudenz in der Mitte, Philosophie und Medizin außen. Das Reiterrelief, die Statuen der Fakultäten und vier der insgesamt acht weiblichen Personifikationen von Wissenschaften, welche die Gebäudeecken auf der Attika der Vorderfront markierten - Gesetzgebung und Staatsverwaltung am Mittelbau, Geschichte und Archäologie an den Ecken der Seitenflügel -, modellierte der Rauch- Schüler Albert Wolff (1814-1892).
So ist es kein Zufall, dass das Pferd des Herzogs die gleiche Gangart und eine ähnliche Haltung wie das des Rauchschen Reiterdenkmals Friedrichs II. Unter den Linden aufweist.


Blick auf die allegorische Figur der Mathematik, um 1950/60

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Bei der auf einer Nachkriegsaufnahme der Königsberger Universität durch das Fenster an der Südwestecke des Seitenflügels sichtbaren Figur handelt es sich um die von dem Rauch- Schüler Carl Heinrich Möller (1802-1882) geschaffene allegorische Figur der Mathematik auf der rechten Ecke des Mittelrisalits der Rückfront. Die Figur der Physik auf der linken Ecke des Mittelrisalits ebenfalls von Möller und die der Geographie auf der Nordostecke von dem Rauch- Schüler Bernhard Afinger (1813-1882) fehlten bereits. Als einzige weitere Figur war nach dem Zeugnis eines Fotos von der westlichen Seitenfront aus den 50er Jahren auf der Nordwestecke die Personifikation der Astronomie von Hermann Wittig (1819-1891), einem Schüler Friedrich Tiecks, vorhanden.

Büstenmedaillons berühmter Gelehrter

Auf den Abbildungen sowjetischer Zeit sind zudem am Mittelbau in den Seitenfeldern des Obergeschosses die Scudellen mit den Büsten des ersten Universitätsdirektors Georg Sabinus und Simon Dachs (1605-1659), des in Memel geborenen Dichters und Professors für Poesie und Direktors der Universität, erhalten.


Westfront der Universitätsruine mit dem Liebenthalflügel in den 50er Jahren
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Westfront der Universität im Jahre 1992
Diese und weitere sechs Büsten bedeutender Professoren und Rektoren - wie Immanuel Kant (1724-1804) und Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846), des Astronomen und Direktors der ersten Königsberger Sternwarte - unter dem Dachgesims in jeder Fensterachse modellierte der in Königsberg geborene, zu dieser Zeit aber schon als Gehilfe im Atelier seines Lehrers Gustav Hermann Blaeser an der Berliner Akademie wirkende Rudolf Siemering (1835-1905). Die übrigen vier Scudellen- Büsten, unter anderem von Johann Gottfried Herder (1744-1803), schuf in Berlin Ferdinand Hieronymus Schindler (gest. 1860), ein Schüler Schievelbeins.
     Hingegen waren in den 50er Jahren am Mittelrisalit der Universität bereits das krönende Tympanon mit dem preußischen Adler auf dem Block der Attika mit der Bauinschrift herabgefallen und die beiden Nischen in den Seitenfeldern des Aula- Geschosses verwaist.
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Fotos der Ruine von 1944 zeigen in letzteren noch die Statuen Luthers und Melanchthons, geschaffen von Friedrich Anton Hermann Schievelbein (1817-1867). Die 1850 von dem Bildhauer geschaffene Büste Stülers wurde 1867 in der Grabädikula des Architekten auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin aufgestellt.
     Abgeräumt waren nach dem Zeugnis der Nachkriegsaufnahmen auch die dem Erdgeschoss der Seitenflügel vorgesetzten und über diese hinaus reichenden rundbogigen Arkaden. Mit diesen wollte der König ursprünglich den gesamten Königsgarten umschließen und das Universitätsgebäude, den noch zu erbauenden Gerichtspalast und das zu verschönernde Schauspielhaus, wie Stüler festhielt, »zu einer großen Architektur- Anlage verbinden«. Parallelen zu der von Säulengängen umgebenen forumartigen Anlage auf der Berliner Museumsinsel als »Freistätte für Kunst und Wissenschaft« mit den klassizistischen Bauten des Neuen Museums (1843-1857) und der Nationalgalerie (Entwurf 1862-1865) tun sich auf.
     In der Mitte des Königsgartens wurde am 3. August 1851 das Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms III. (1770-1840, König ab 1797), welches die Stände der Provinz Preußen durch den Rauch- Schüler August Kiss (1802-1865) ausführen ließen, eingeweiht. Das Reiterstandbild wurde in Rauchs Werkstatt in Berlin modelliert und aus erbeuteten französischen Geschützrohren in der Gräflich- Einsiedelnschen Gießerei Lauchhammer gegossen.
Auch dieses bis dahin repräsentativste Denkmal der Stadt stand nach einem Fotodokument noch bis in die 50er Jahre vor der Universität und ist dann - wie das von Albert Wolff geschaffene Gegenstück im Berliner Lustgarten - der Metallschmelze zum Opfer gefallen.
     Das Äußere des Universitätsgebäudes wurde »mit gelben, sehr sauber gearbeiteten Ziegeln aus der Königl. Ziegelei bei Dirschau« bekleidet, die dorischen Säulen der Arkaden waren aus Weser (Bremer) Sandstein und die Bauornamentik, die Architekturteile und der gesamte bauplastische Schmuck aus gelbgebrannter, sandsteinfarbener Terracotta aus der damals berühmten Marchschen Tonwarenfabrik in Berlin- Charlottenburg. Firmengründer Ernst March (ab 1836) und seine Söhne Paul und Emil (ab 1852, endgültig ab 1863) setzten Schinkels und Stülers Entwürfe und die Modelle der Bildhauer in enger Zusammenarbeit mit diesen um. Stüler berichtet von Verzögerungen beim Bau, da die Anlieferung der in Serie gefertigten Architekturteile für Fenster und Gesimse aus der Charlottenburger Fabrik und der Marmorsäulen aus Schlesien und Westfalen zum Teil nicht rechtzeitig erfolgte. Das Eichen- und Kiefernholz für die Tischlerarbeiten wurde in Berlin und Landsberg an der Warthe angekauft.
     Im Gegensatz zu dem Backsteinbau der Universität mit Architektur- und Skulpturenschmuck gänzlich aus Terracotta wurden Stülers beide anderen monumentalen Renaissancebauten, das Nationalmuseum in Stockholm (1847-66) und die
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   23   Probleme/Projekte/Prozesse Stüler-Universität in Königsberg  Voriges BlattArtikelanfang
Akademie der Wissenschaften in Budapest (1862-65), in Werkstein ausgeführt. Bei der Budapester Akademie wurde aber der von Stüler vorgesehene Figurenschmuck an den Fassaden ebenfalls von March in Terracotta ausgeführt, zum Teil nach den gleichen Modellen der Figuren, welche die Bildhauer Wolff, Wittig und Afinger für die Königsberger Universität geschaffen hatten.

Was bis heute blieb

Das heute zur 1967 gegründeten Kaliningrader Staatlichen Universität gehörende Gebäude ist Mitte der 60er Jahre unter Einbeziehung der alten Bausubstanz ungefähr im alten Umriss wiederaufgebaut worden. Auch Reste der Außenmauern wurden unter Beseitigung sämtlichen Zierrats als glatt verputzte Fassade mit rechteckigen Fenstern wiederhergestellt. Deutlich wird dies bei einer Gegenüberstellung von Ansichten der westlichen Seitenfront der Ruine in den 50er Jahren und des Gebäudes im Jahre 1992. Die rechte Hälfte zeigt noch die alte Fenstergliederung. Fast erhalten ist die linke Hälfte, bei der es sich um den Erweiterungsbau des Regierungsbaurats Robert Liebenthal (1884-1961) von 1925-1928 handelt. Freilich fehlen auf den Konsolen über dem Erdgeschoss die 1927 von Hermann Brachert (1890-1972) aus Untersberger Marmor geschlagenen Kolossalstatuen »Forschender und Lehrer«.

Das Kellergeschoss im Innenhof schmücken jedoch noch immer die fünf Kunststeinreliefs mit Szenen aus dem Studentenleben von Bracherts Schüler Rudolf Daudert (geb. 1903), den sein Lehrer nach dem Zweiten Weltkrieg als Dozent an die Staatliche Kunstschule in Stuttgart holte.
     Während vom Liebenthalflügel auch die Innenarchitektur größtenteils überdauerte, so das Auditorium Maximum im hohen Obergeschoß, das jetzt als Bibliothek und Lesesaal genutzt wird, ist vom Inneren des Stüler- Baus fast nichts verblieben. So ist auch nichts mehr zu sehen von der von Stüler beschriebenen und in einem Stich der perspektivischen Ansicht abgebildeten »geräumigen Vorhalle, die auf Säulen von grauem schlesischen (Kunzendorfer) Mamor gewölbt ist«, allein die »hintere Abtheilung des Vestibüles, welche um 3 Fuß gegen die vordere erhöht liegt« und von der die Erdgeschosskorridore und die Haupttreppe zu den oberen Geschossen ausgehen, ersteigt man weiter »auf 6 Marmorstufen«. Doch auch diese bestehen nicht mehr aus Marmor.

Bildquellen:
Stich von 1865: Repro nach A. Stüler, Das neue Universitäts- Gebäude zu Königsberg, Berlin 1865, Taf. VII
Porträt Stüler: Kupferstichkabinett Berlin
Postkarte und sowjetische Fotografien: Sammlung Heinrich Lange
Foto von 1992: Verfasser

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 7/2000
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