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Herbert Schwenk
Selbst die Zahl der Hunde war zurückgegangen ...

Die republikanische Hauptstadt im Spiegel der Statistik des Krisenjahres 1932

Groß-Berlin war nach Überwindung der schweren Nachkriegszeit zur Weltstadt avanciert - mit allen Licht- und Schattenseiten: pulsierende City, dichter Straßenbahn- und Autoverkehr, gleißende Vergnügungsviertel und Kauftempel, aber auch Mietskasernen mit düsteren Hinterhöfen, Massenarbeitslosigkeit, Elend und Kriminalität. Karl Schefflers (1869-1951) Aussage von 1910 zum Schicksal Berlins, »immerfort zu werden und niemals zu sein«, war zwei Jahrzehnte später am Ende der Weimarer Jahre und auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise nicht nur allgegenwärtig wie eh, sondern signifikanter denn je.

Groß-Berlin unter der Last der Großen Krise

Ende 1932 wohnten in Berlin 4 288 944 Menschen auf einer Stadtfläche von 88 348,5 ha. Damit lag die Einwohnerdichte mit 48,5 Einwohnern pro ha zwar deutlich über der heutigen (1998: 38,2), jedoch um ein Vielfaches unter der Alt-Berlins (1900: 297,5),

das in seinen Grenzen vor 1920 nunmehr der dichtbebauten Innenstadt entsprach.
     Berlin gehörte zu den größten Städten der Welt: 1932 hatte New York 10,901 Mill. Einwohner, London 8,204 Mill., Tokio 5,312 Mill., Paris 4,900 Mill. (1931), Chicago 3,458 Mill. (1931) und Moskau 2,781 Mill. (1931). Die Zahl der Lebendgeborenen betrug 1932 in Berlin 36 173 (das entsprach 8,43 Promille der Bevölkerung) und die Zahl der Gestorbenen (ohne Totgeborene) 48 376 (11,28 Promille der Bevölkerung); darunter waren 2 411 Kinder unter einem Jahr. Damit hielt auch 1932 der Sterbeüberschuss mit 12 203 an und erreichte den höchsten Wert seit 1928.
     Mit nur 36 067 Eheschließungen gab es den Tiefststand (1929 noch 47 104) und mit 8 629 Ehescheidungen den Höchststand (1931: 7 932) seit 1928. Die vier Jahre anhaltende Weltwirtschaftskrise hatte so auch voll auf die Bevölkerungsbewegung in Berlin durchgeschlagen. An der Spitze der Todesursachen standen: Herzkrankheiten (7 569), Krebs und andere bösartige Neubildungen (7 213), Gehirnschlag (5 397), Tuberkulose (3 735), Gefäßkrankheiten (3 430), Selbstmord (2 262), Lungenentzündung (2 169) und Altersschwäche (1 261).
     Während es 1929 in Berlin noch einen Zuzugsüberschuss von 59 923 Personen gab (345 054 Zugezogene gegenüber 28 5131 Fortgezogenen), bestand 1932 ein Fortzugsüberschuss von 49 570 Personen (nur 199 503 Zugezogene gegenüber 249 073 Fortgezogenen) - die höchste Zahl während der Krisenjahre (1930: -8 537; 1931: -33 007).
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Die Zahl der in Berliner Privatwohnungen 1932 polizeilich gemeldeten Ausländer betrug 121046 (1929: 132 177); von den 1932 gemeldeten Ausländern waren »staatsangehörig«: 28190 in Polen, 20031 in Österreich, 16 096 in der Tschechoslowakei, 8230 in der Sowjetunion und 4740 in Ungarn. Die Bevölkerungsabnahme Berlins erreichte 1932 das Krisen- Rekordniveau von 61773 Personen (1929: +49 458; 1930: -14 188; 1931: -43 603). Selbst die Zahl der versteuerten Hunde war mit 128 181 und die der steuerfreien mit 18 132 (1. 1. 1933) »auf den Hund gekommen« - am 1. 1. 1930 waren es noch 152 459 bzw. 31 533.
     Dreh- und Angelpunkt aller Probleme des Jahres 1932 war das riesige Ausmaß der Arbeitslosigkeit in Berlin. Im Dezember 1932 waren bei den neun Berliner Arbeitsämtern 636000 Arbeitslose registriert (April: 585000; August: 578000). Davon erhielten 574 000 eine Unterstützung, und zwar: 79 000 Arbeitslosenunterstützung, 155000 Krisenunterstützung (wobei 20 % der Kosten von den Gemeinden getragen wurden) und 34000 Wohlfahrtsunterstützung (Erwerbslose ohne versicherungsmäßige Unterstützung).
     Im 4. Quartal 1932 wurden 195 336 männliche und 120931 weibliche neue Arbeitssuchende registriert, denen nur 52777 bzw. 61140 neue Angebote von offenen Stellen gegenüberstanden. Damit kamen zu jenem Zeitpunkt auf 100 neue Arbeitsuchende 27 männliche und 51 weibliche neue offene Stellen.
Berliner »Urhunger« anno 1932

»Auf dem Grunde der Berliner Seele, unerkannt und nie erforscht, wohnt eine Art von Urhunger.« Diese Feststellung von Walther Kiaulehn (1900-1968) fand zu allen Zeiten ihren Ausdruck im Berliner Großverbrauch von Nahrungs- und Genussmitteln - auch während des Krisenjahres 1932. Der Fleischkonsum belief sich nur noch auf 67,1 kg pro Einwohner, das lag deutlich unter den Jahren zuvor (1928: 75,1 kg; 1929: 71,7 kg; 1930: 71,1 kg; 1931: 69,7 kg). Der Pro-Kopf- Milchverbrauch betrug 1932 ganze 0,25 Liter, und die Stadt konsumierte 274000 t Roggen und 178 000 t Roggenmehl, 236000 t Weizen und 177000 t Weizenmehl und etwa 500 000 t Kartoffeln.
     Die traditionell hohe Biererzeugung Berlins war 1932 rückläufig: 3463000 hl gegenüber 5 956000 hl (1929). Ende 1932 zählte Berlin 11864 Schankwirtschaften mit voller Konzession, 3 126 Schankwirtschaften mit beschränkter Konzession und 4826 »zum Kleinhandel mit Spirituosen in versiegelten oder verkapselten Flaschen zugelassene Betriebe« - zusammen 19 816, im statistischen Durchschnitt je 282 Einwohner ein Schankbetrieb (ohne Kleinverkaufsstellen). In Berlin befanden sich 1932 elf städtische und 18 private Markthallen sowie 60 öffentliche und 89 private Wochenmärkte.
     Auch die Kleinhandelspreise trugen den Stempel der Krise: Zwischen 1930 und 1932 folgten die Preise den schwachen Einkommen, zum Beispiel (je Pfund in Rpf):

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Schweine- Kotelett von 150,5 auf 98, grüne Heringe von 31,5 auf 21, Molkereibutter von 173,5 auf 138, Margarine von 89 auf 64,5, Roggenbrot von 19,25 auf 17,2, Mohrrüben von 10 auf 7, Kartoffeln (10 Pfund, gelbfleischig) von 48 auf 33,5, Eier (pro Stück) von 13 auf 9,5 und Briketts (ein Zentner) von 178 auf 159 Rpf. Die Einkommensstatistik vermerkte indes als tarifliche Stundenlöhne in der Privatindustrie (Dezember 1932), Beispiel Metallindustrie (Mindestlöhne): gelernte männliche Arbeiter 82 Rpf (ungelernt 66 Rpf, weiblich und ungelernt 46 Rpf); Beispiel Hochbaugewerbe: gelernte männliche Arbeiter 108 Rpf (ungelernt 90 Rpf; Beispiel Zigarettenindustrie: gelernte männliche Arbeiter 103 Rpf (ungelernt 90 Rpf).

»Jede Stadt ist ein Individuum« (Karl Scheffler)

Das große »Stadtindividuum« Berlin verfügte am Ende der Weimarer Jahre über eine leistungsfähige städtische Infrastruktur. Das Berliner Nahverkehrswesen gehörte zu den am besten ausgebauten unter den Millionenstädten der Welt.

Zwar war die Zahl der im Berliner Stadt-, Ring- und Vorortverkehr beförderten Personen zwischen 1929 und 1932 krisenbedingt von 445 auf 362 Mill. zurückgegangen, allein die Zahlen der eingesetzten Verkehrsmittel und damit beförderten Personen sind respektabel.
     Im Bereich der Reichsbahndirektion Berlin waren Ende 1932 insgesamt 829 Dampflokomotiven und 2334 Personenwagen für Dampfbetrieb (davon 240 bzw. 1 752 im Stadt-, Ring- und Vorortverkehr) sowie 754 Triebwagen und 783 Steuer- und Beiwagen für den elektrischen Betrieb der Stadt-, Ring- und Vorortbahn in Betrieb. 148 Bahnhöfe und 39 Haltepunkte dienten innerhalb der Stadt dem Personenverkehr; 61 Bahnhöfe und Abfertigungsstellen dem Güterverkehr.
     Die Zahl der 1932 im Stadt-, Ring- und Nahverkehr abgefahrenen Personen belief sich an den Stadtbahnhöfen auf 75,4 Mill., an den Ringbahnhöfen auf 87,8 Mill. und an den Vorortbahnhöfen der Nahzone auf 34,4 Mill. Menschen. Hinzu kamen die Hoch- und Untergrundbahnen. Ende 1932 verfügten sie über 666 Triebwagen und 521 Anhängewagen, eine Betriebsstreckenlänge von 76 km und 94 Bahnhöfe; im gleichen Jahr wurden 231,5 Mill. Personen befördert (1929: 277,3 Mill.);
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die »gefahrenen Wagenkilometer« wurden mit 53,5 Mill. (1929: 57,9 Mill.) und die prozentuale Platzausnutzung mit 28,9 (1929: 30,9) angegeben. Diese Betriebsleistungen wurden von der Straßenbahn noch übertroffen. Zum Jahresschluss 1932 waren auf 74 Linien (1929: 93) bei einer Betriebsstreckenlänge von 626 km (1929: 643 km) 2103 Triebwagen (1929: 2138) und 1697 Anhängewagen (1929: 1787) in Betrieb. Die Berliner Straßenbahnen beförderten 1932 insgesamt 514,4 Mill. Menschen (1929: 929,1 Mill.); die »gefahrenen Wagenkilometer« wurden mit 127,3 Mill. (1929: 177,9 Mill.) und die prozentuale Platzausnutzung mit 30,5 (1929: 31,6) angegeben.
     Der Nahverkehr auf der Schiene wurde durch den Automobilverkehr auf der Straße ergänzt und verdichtet. Über die rund 7800 Straßen und 707 Brücken (ohne Eisenbahnbrücken) Berlins rollten insgesamt 114043 Kraftfahrzeuge (gemeldet am Stichtag 1. 7. 1932), darunter 652 Kraftomnibusse, 50933 Personenkraftwagen, 16135 Lastkraftwagen, 25256 Krafträder, 18857 Kleinkrafträder, 1648 Zugmaschinen, 249 »Kraftwagen für Feuerlöschzwecke« sowie 313 »selbstfahrende Straßen- Reinigungsmaschinen«. Hinzu kamen 7946 Kraftdroschken und 74 Pferdedroschken (1922 waren es noch 2 151). Verkehrszählungen hatten in jener Zeit bei einer 24stündigen Beobachtungszeit in der Memhardstraße am Kaufhaus Tietz 32785 Fahrzeuge, am Hausvogteiplatz 1048 Fahrzeuge
und in der Französischen Straße 9 212 Fahrzeuge ergeben. Dementsprechend hoch war die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr. 1932 ereigneten sich 23824 Unfälle im Straßenverkehr, wovon 42646 Fahrzeuge und 4 761 Personen betroffen waren; 366 Menschen wurden getötet und 10 956 verletzt. Der damalige Berliner Zentralflughafen registrierte 1932 im planmäßigen Verkehr 4 129 Abflüge und 4 168 Landungen, im nichtplanmäßigen Verkehr 2 683 Abflüge und 2 574 Landungen sowie im örtlichen Verkehr 9 476 Flüge. Dabei wurden insgesamt 53 612 Fluggäste befördert (davon 17 958 im örtlichen Verkehr).
     In der »Stadt am Wasser« hatten die städtischen Häfen und Ladestraßen 1932 mit einem Anteil von 32,7 % am gesamten Berliner Schiffsgüterverkehr einen Gütereingang per Schiff von 1 677 000 t (1930: 2 460000 t) bei einem Güterausgang per Schiff von 170000 t (1930: 169000 t).
     Apropos Wasser: In Berlin gab es 1932 37 städtische Badeanstalten, darunter 23 Warmbadeanstalten und 7 Freibäder; letztere wurden 2 872 113 mal besucht; die drei größten Freibäder waren Strandbad Wannsee, Wassersportplatz Plötzensee und Freibad Müggelsee.
     Im Postverkehr wurden 1932 insgesamt 2 963 Mill. Briefsendungen und 37 Mill. Pakete ohne Wertangabe sowie 1 Mill. Briefe und Pakete mit Wertangabe befördert, des weiteren 2 Mill. Rohrpostbriefe und -karten sowie 17 Mill. Telegramme.
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Zum Bereich der Oberpostdirektion Berlin gehörten Ende 1932 302 »Postanstalten«, 89 Rohrpostämter (Länge des Rohrpostnetzes 364 km), 255 Paketannahmestellen, 4438 Briefkästen und 477031 Fernsprechstellen (davon 6 183 öffentliche), von denen insgesamt 449 Mill. Orts- und 5,7 Mill. Ferngespräche geführt wurden. Ende 1932 waren 631000 Rundfunkteilnehmer im Oberpostdirektionsbezirk Berlin gemeldet, 30000 mehr als zwei Jahre zuvor.
     Auch Wasserversorgung und Stadtentwässerung hatten einen hohen Stand. Zur Berliner Städtischen Wasserwerke AG. gehörten 12 Werke, aus denen 1932 94342 Grundstücke über ein Rohrnetz von 3784 km versorgt wurden. Die abgegebene Wassermenge belief sich auf 152 Mill. m3, die Tagesförderung betrug im Jahresdurchschnitt 448600 m3, das waren 126 Liter je Einwohner täglich bei einem tarifmäßigen Wasserpreis von 25 Rpf je Kubikmeter. Das Leitungsnetz der Stadtentwässerung umfasste am 1. 1. 1932 5069 km, an das 99221 (von insgesamt 119 602 bebauten Grundstücken in Berlin) angeschlossen waren. Die 59 Haupt- und 21 Überpumpwerke beförderten 1932 über ein Netz von 646 km Druckrohren 227 Mill. m3 Abwässer auf die Rieselfelder des Umlandes, das waren im Tagesdurchschnitt 620000 m3.
     An der Gasversorgung Berlins waren 1932 die Berliner Städtische Gaswerke AG mit 409,456 Mill. m3 Gasabgabe und die Gasbetriebsgesellschaft AG mit 132,798 Mill. m3 Gasabgabe beteiligt.
Die Berliner Städtische Gaswerke AG. verfügte über fünf Gaswerke (Tegel, Danziger Straße, Charlottenburg, Neukölln und Lichtenberg). Ende 1932 waren in Berlin 288105 Gasmesser vorhanden; das Rohrnetz umfaßte 1813 km; ein Kubikmeter Gas kostete 1932 bei der Berliner Städtischen Gaswerke AG 16,2 Rpf, bei der Konkurrenzgesellschaft nach Staffeltarif ab 16,7 Rpf. abwärts.
     An der Elektrizitätsversorgung Berlins waren mehrere Werke beteiligt, allen voran die Berliner Städtische Elektrizitätswerke- Aktiengesellschaft (Bewag). 1932 lag der Gesamtbedarf Berlins an elektrischer Energie bei 1,30 Mrd. kWh, das waren durchschnittlich 306 kWh je Einwohner (1929: 369 kWh). Die Bewag war daran zu 82 % beteiligt. In den neun Bewag- Steinkohlenkraftwerken belief sich die Bruttoerzeugung 1932 auf 758,2 Mill. kWh; 507,2 Mill. kWh bezog die Bewag aus fremden Werken.
     Das Stromleitungsnetz umfaßte 20 146 km; an die Netze der Bewag waren Ende 1932 1065532 Niederspannungsabnehmer und 669 Großabnehmer mit 1036 Hochspannungsmessaggregaten angeschlossen. Der Preis für Elektroenergie war stark differenziert, und es bestanden zahlreiche Sondertarife. In der Straßenbeleuchtung waren Ende 1932 im Bereich der Stadt neben den 18 031 elektrischen Glühlampen noch 76494 Gasflammen und 876 Bogenlampen in Betrieb.
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Im Jahr 1932 gehörten zum Berliner Feuerlöschwesen 38 Wachen der Berufsfeuerwehr und 57 der freiwilligen Feuerwehren. Die Berufsfeuerwehr rückte 4 797 mal zu Bränden und 6865 mal zu Hilfeleistungen aus; die entsprechenden Zahlen der freiwilligen Feuerwehren lauteten 821 und 1 024. In jenem Jahr gab es insgesamt 12 968 Alarmierungen, darunter 243 mal Großfeueralarm, aber auch 671 mal »böswilliger Alarm« und 1 077 mal »blinder Alarm«. Der Fahrzeugpark der Feuerwehren umfasste 467 Fahrzeuge, darunter noch 193 »Wagen mit Pferdebespannung« und acht »Dampfspritzen«.
     Die zu reinigende Straßenfläche umfasste am Jahresschluss 1932 insgesamt 2629 ha, darunter 1 558 ha Steinpflaster und 932 ha Asphaltpflaster; es wurden in jenem Jahr 453612 m3 »befestigte Kehrichtmengen« und 8758 m3 »Schneemengen« beseitigt. Der Fuhrpark der Straßenreinigung bestand am 1. 7. 1933 aus 163 Sprengwagen, 126 Waschmaschinen und 72 Kehrmaschinen.
     Zu jener Zeit standen auf Straßen und Plätzen im Bereich der Stadt 437400 Bäume. Die von den städtischen Gartenämtern bewirtschafteten Park- und Gartenanlagen beliefen sich auf 1179 ha, die Waldparkanlagen auf 219 ha und die Schmuckplätze und Promenaden (bis 1 ha) auf 204 ha. Die Kleingartenfläche Berlins betrug 4 476 ha, davon gehörten u. a. 39,4 % der Stadtgemeinde, 2,6 % den Kirchen und 1,3 % der Reichsbahn und Reichspost.
Der gesamte städtische Grund- und Bodenbesitz belief sich nach dem Stand vom 31. 12. 1932 (ohne Straßenland) auf 61355 ha mit 23083 ha Forsten. Davon lagen 30812 ha mit 9392 ha Forsten außerhalb des Stadtgebiets. Auf den umfangreichen selbstbewirtschafteten städtischen Gütern wurden per Stand Ende Juni 1932 u. a. 2 645 Kühe, 24 Mastrinder, 1854 Jungrinder, 2 531 Schweine, 3978 Schafe, 734 Pferde, 55 Bullen, 15 Zugochsen und 46 Maultiere gehalten.

Das Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen auf dem Prüfstand der Krise

Besonders das in den Jahren der Weimarer Republik ausgebaute Berliner Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen hatte es schwer, im Sturm der Weltwirtschaftskrise zu bestehen. Fehlendes Geld riss überall große Lücken in die Netze - auch im Bildungswesen. Am 1. 5. 1932 besuchten 276 448 Schüler(innen) in 7 381 Klassen 543 Volksschulen, 74 869 in 2 518 Klassen 157 höhere Schulen, 12 589 in 348 Klassen 26 Mittelschulen und 8 415 in 465 Klassen 59 Hilfsschulen und Schulen für Gebrechliche - insgesamt 372 321 Lernende in 10 712 Klassen 785 Schulen. Hinzu kamen zahlreichen Berufs-, Fach- und Hochschulen.
     Die 51 städtischen Berufsschulen wurden zum genannten Zeitpunkt von 67 206 Schüler(innen) in 2 164 Klassen besucht, die 21 kaufmännischen Fachschulen von 4 789 Schüler(innen) in 156 Klassen,

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die drei gewerblichen Fachschulen von 163 Schüler- (innen) in sechs Klassen und die fünf hauswirtschaftlichen Fachschulen von 704 Schüler(innen) in 21 Klassen. Unter den Fachschulen nahmen die Vereinigten Technischen Lehranstalten der Stadt Berlin (»Gaußschule«) mit 1 364 Lernenden, die Technische Lehranstalt der Stadt Berlin (»Gewerbesaal«) und die Höhere Technische Lehranstalt der Stadt Berlin (»Beuthschule«) mit 1 364, 1 238 bzw. 1 189 Lernenden die vorderen Plätze ein.
     Unter den neun Berliner Hochschulen stand unverändert die Friedrich-Wilhelm- Universität mit 12 532 Studierenden im Winter 1932/33 an der Spitze. Es folgten die Technische Hochschule mit 4 140, die Handelshochschule mit 1 405, die Staatliche Akademische Hochschule für Musik mit 472, die Tierärztliche Hochschule mit 438, die Landwirtschaftliche Hochschule mit 372, die Staatsschule für freie und angewandte Kunst mit 337, die Deutsche Hochschule für Leibesübungen mit 278 und die Staatliche Kunstschule mit 198 Studierenden.
     Darüber hinaus sorgten 1932 für Bildung und Unterhaltung: 108 Volksbüchereien mit einem Gesamtbücherbestand von 861 132 Bänden und 146 049 aktiven Lesern, die Stadtbibliothek mit ihrem Bücherbestand von 281 237 Bänden und 105 877 Lesesaal- Besuchern, 57 Lesehallen mit 1 016 322 Besuchern, 34 Theater mit 40 451 Plätzen, sechs große Varietés und Kabaretts mit 12 354 Plätzen und 396 Lichtspieltheater mit 196 517 Plätzen und rund 51,9 Mill. Besuchern.
Hinzu kam die Bildungstätigkeit der Kirchen und religiösen Gemeinschaften, wobei es infolge der Großen Krise auch in Berlin zu umfangreichen Kirchenaustritten kam: Allein 1932 wurden 52 119 evangelische, 6 611 katholische und 804 jüdische Austrittserklärungen registriert.
     Vielgestaltig und umfangreich waren auch Struktur und Tätigkeit des Berliner Gesundheits- und Sozialwesens. Ende 1932 standen in den städtischen, Provinzial-, staatlichen und sonstigen öffentlichen Anstalten sowie Privatanstalten insgesamt 51 711 Betten zur Verfügung, davon in den städtischen Krankenhäusern 13 595 und in den städtischen Heil- und Pflegeanstalten 7 512.
     Die Gesamtzahl der in den Kranken- und Heilanstalten zusammen verpflegten Personen war von 419200 (1929) auf 379 000 (1932) zurückgegangen. Anfang 1932 praktizierten in Berlin 6 653 Ärzte (auf 10 000 Berliner kamen damit 16 Ärzte), 1 222 Zahnärzte, 2 386 Zahntechniker, 879 Hebammen (einschließlich Anstaltshebammen), 1 384 Heilgehilfen und Masseure sowie 1 564 sonstige Heilkundige.
     Hinzu kamen 501 Tierärzte. In Berlin bestanden 494 Vollapotheken, das entspricht 12 auf 100 000 Einwohner. Vielfältig waren auch die Aktivitäten der Fürsorgesysteme.
     Zur Tuberkulosefürsorge gehörten 26 städtische Tuberkulosefürsorgestellen, die 1932 101 489 Personen betreuten und sechs Tuberkulosefürsorgestellen der Landesversicherungsanstalt Berlin, die weitere 109 716 Personen betreuten.
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1932, auf dem Höhepunkt der Krise, wurden 7 722 Personen mit ansteckender Lungen- und Kehlkopftuberkulose neu gemeldet. Insgesamt wurden in jenem Jahr 25 837 ansteckende Krankheiten gemeldet (1931: 23 951), Impfungen aber wegen der herrschenden Kinderlähmung vielfach ausgesetzt: Von den Erstimpfpflichtigen wurden nur 55 % und von den Wiederimpfpflichtigen 81 % geimpft. Die Säuglingsfürsorge registrierte 1932 414 401 und die Kleinkinderfürsorge 582 834 Beratungen in ihren 79 städtischen Fürsorgestellen, in denen 13 Ärzte hauptamtlich und 85 Ärzte nebenamtlich sowie 205 Fürsorgerinnen und Schwestern beschäftigt waren.
     In den neun Krüppelfürsorgestellen der Stadt wurden 1932 6096 Krüppel neu vorgestellt, davon 2 357 im Vorschulalter und 3 343 im Schulpflichtalter, und in 432 Fällen eine Anstaltsaufnahme angeordnet. Durch die Stadt wurden 1932 in der Kurfürsorge 2 183 Personen verschickt. Drei Berliner Versorgungsämter betreuten im Mai 1932 49 993 Kriegsbeschädigte und deren 22471 versorgungsberechtigte Kinder; 59529 Kriegshinterbliebene erhielten Renten- Beihilfen.
     Eine Zentralstelle für Blindenwohlfahrt betreute 1932 in 5 983 Fällen Blinde, eine Zentralstelle für die Wohlfahrt der Gehörlosen 4 110 Personen.
In den Heimabteilungen des städtischen Obdachs Fröbelstraße (Prenzlauer Berg) waren 1932 insgesamt 4 963 Personen untergebracht; zudem wurden 186 546 Übernachtungen (im Tagesdurchschnitt 510) im nächtlichen Obdach gewährt. In Obhut der Berliner Pflegeämter befanden sich 8 407 Personen. In Berlin gab es 1932 insgesamt 450 »Anstalten« (darunter 112 städtische), in denen zusammen im Tagesdurchschnitt 11 520 Kinder untergebracht waren. Es handelte sich dabei um 35 Kinderkrippen, 221 Kindergärten und 194 Horte.
     Und wie eh und je schlugen sich auch in jener Zeit die schweren sozialen Probleme in einer hohen Kriminalität nieder. 1932 ereigneten sich zahlreiche Schwerverbrechen in Berlin: 42 Morde (1929: 32), 15 Mordversuche (1929: 14), 31 mal Totschlag (1929: 13), neunmal Totschlagsversuch (1929: acht), 540 mal Raub und räuberische Erpressung (1929: 277) sowie 220 mal Versuche von Raub und räuberischer Erpressung (1929: 138). Im Jahr zuvor (1931) wurden insgesamt gegen 48 127 (1929: 46 568) Personen Strafsachen wegen Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze in den Berliner Landgerichtsbezirken I-III erledigt, wobei es gegen 38 864 Personen zu Verurteilungen kam. Unter den Verurteilten waren 5 687 Frauen (= 14,6 %), 1 434 Jugendliche bis zu 18 Jahren (= 3,7 %) und 1 628 Ausländer (= 4,2 %).
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Bei den Verurteilungen wurde erkannt auf: einmal Todesstrafe, 296 mal Zuchthaus, 10 032 mal auf Gefängnis bis drei Monate, 5 579 mal auf Gefängnis von drei Monate bis ein Jahr, 21 016 mal auf Geldstrafe. 1932 wurden in den 10 Berliner Gefängnissen der Justizverwaltung mit einer Belegungsfähigkeit von 5 803 Personen 45 241 Gefangene, darunter 2 691 Frauen, untergebracht. Im Berliner Polizeigefängnis beim Polizeipräsidium waren 1932 insgesamt 29 895 Personen in Gewahrsam. Am 1. April 1932 betrug die Zahl der Polizeibeamten (einschließlich Anwärter) bei der staatlichen Polizeiverwaltung 18 796 Personen, darunter 2 354 männliche und 36 weibliche Angehörige der Kriminalpolizei.
     Und wie stand es 1932 mit dem Berlin- Tourismus? Die Zahl der »Gasthofsfremden« (in Berliner Hotels, Gasthöfen, Fremden- und Durchgangsheimen gemeldete Fremde) betrug 829 867 (im Tagesdurchschnitt 2 548) - 1929 waren es noch fast doppelt soviel (1 633 133; im Tagesdurchschnitt 4 474). Unter den Berlin- Touristen waren 1932 140 003 Ausländer (1929: 255 606).
Übrigens: 1999 besuchten 4,17 Mill. Menschen (davon 3,19 Mill. Deutsche) die »deutsche Tourismushauptstadt«, 16,8 % mehr als im Jahr zuvor, und Berlin verbuchte 9,48 Mill. Übernachtungen in Hotels und Pensionen, 14,6 % mehr als 1998, wobei die Häuser zu 47,1 % ausgelastet waren ...

Datengrundlage: Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, 9. Jahrgang 1933, hrsg. v. Statistischen Amt der Stadt Berlin, Berlin 1933; Kleines Berliner Taschenbuch: Berlin in Zahlen, Ausgabe 1933, Beilage zum Statistischen Jahrbuch der Stadt Berlin, 9. Jahrgang 1933, hrsg. v. Statistischen Amt der Stadt Berlin; Statistisches Jahrbuch 1999, hrsg. v. Statistischen Landesamt Berlin, Berlin 1999; Berlin Tourismus Marketing

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 6/2000
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