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Hans-Jürgen Mende
Deutschland und die Welt

Die Orte, an denen Regierende und Herrschende Jahrhundertwenden feiern und die Reden, die dabei gehalten werden, sagen viel über den herrschenden Zeitgeist und die Zukunftsvorstellungen der Herrschenden aus. Wilhelm II. hatte passend gewählt: das Zeughaus (dokumentiert S. 155f). Seine Rede war demgemäß. Der deutsche Kaiser ließ über seine Wünsche und Absichten niemanden im Zweifel. Der Imperialismus wurde Staatsdoktrin.
     Dabei fing das Jahr 1900 für die Deutschen und die Welt gar nicht so schlecht an: Im Deutschen Reich tritt das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft. Die Deutsche Sozialdemokratie auf dem Weg zur stärksten Fraktion im Deutschen Reichstag debattiert vor dem Hintergrund einschneidender gesellschaftlicher Umbrüche und Entwicklungstendenzen heiß und öffentlich über das Verhältnis von Theorie und Praxis und über die Wege zur Teilhabe an der Macht. Der Vatikan verlängert das »Heilige Jahr« für die außerhalb Roms lebenden Katholiken um sechs Jahre, die britischen Gewerkschaften gründen den Vorläufer der Labour Party.

In Paris wird am 14. April 1900 die Weltausstellung eröffnet - Paris ist zum fünften Male Ausrichter (Deutschland hat bis zum Ende des 20. Jahrhunderts merkwürdigerweise noch keine einzige ausgerichtet). In den USA und Deutschland - den beiden Aufsteigern und zur Jahrhundertwende Spitzenreitern unter den westlichen Industrienationen - werden die Einwohner gezählt. Die USA eindeutig mit 76,3 Millionen auf Platz 1, das Deutsche Reich mit 56,35 Millionen auf Platz 2. Deutschland und die USA verkörpern zunehmend den industriellen Fortschritt, die innovativsten Leistungen in den Wissenschaften, angewandter Forschung und Technik. Auf kulturellem, literarischem und künstlerischem Gebiet erringen sie Weltgeltung. Gemeinsam ist beiden Ländern zur Jahrhundertwende auch, im Konzert und Widerstreit mit den alten und neuen Großmächten ihre Einflußsphären auf der politischen Weltkarte auszudehnen. Die USA erfolgreich in den kommenden Jahren in der Karibik und Mittelamerika, Deutschland mit Versuchen in Asien und Afrika, vom Platz an der Sonne den Konkurrenten in Europa ein Stück abzunehmen oder bei der Aufteilung noch »freier Reste« erfolgreich dabeizusein. Ein geeigneter Anlaß bietet sich im Juni 1900, als der deutsche Gesandte Opfer des Boxeraufstandes in China wird. Wilhelms II. »Hunnenrede« ging in die Geschichte ein - ebenso wie die gemeinsame Strafaktion der imperialen Mächte in China.
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Am 1. Januar 1900 konstituiert sich der Bundesstaat Australien. Im gleichen Monat stirbt die britische Königin Viktoria und mit ihr endet die Glanzepoche Englands, das sogenannte Viktorianische Zeitalter. Der immer wieder aufkeimenden Kriegsgefahr soll mit einem in Den Haag eingerichteten »Internationalen Büro des Ständigen Schiedshofes« begegnet werden, das die Streitfälle zwischen den Staaten schlichten soll. 1901 wird zum ersten Mal der Friedensnobelpreis vergeben, an Henri Dunant und Frédéric Passy. Auf den Krieg Englands gegen die Burenrepubliken haben diese Ereignisse allerdings keinen Einfluß. Immerhin brauchen die Briten 450000 Mann, um schließlich im Mai 1902 die 88000 Buren in einem mehrjährigen Krieg zu besiegen, vom dem sich der illusionäre Wilhelm II. zeitweise eine Schwächung Englands und eine Stärkung des Deutschen Reiches erhoffte.
     Im fernen Australien dagegen tritt erstmalig das Frauenwahlrecht in Kraft. Hingegen streitet der Papst wider den Zeitgeist und verurteilt in einer Enzyklika vom März 1902 die »modernen Irrlehren« und die Ehescheidung. Judenpogrome in Kischinjow 1903, die ob ihrer Grausamkeit zu internationalen Protesten führen, richten die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit auf das Zarenreich, dessen innere und äußere Widersprüche 1904 zum Krieg mit Japan führen, der ein Jahr später mit dem Sieg Japans endet und in die erste Revolution in Rußland mündet.
Verhieß die Entwicklung im Osten für Deutschlands imperiale Bestrebungen wenig Zuversichtliches, so sollte sich das am 8. April 1904 unterzeichnete Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich über die Verständigung und Sicherung gemeinsamer Interessen als eine politische Niederlage Deutschlands herausstellen, der eine weitere hinzugefügt wurde durch die Verständigung zwischen Großbritannien und Rußland, die zur Triple- Entente führt, mit weitreichenden Folgen für den Ersten Weltkrieg.
     Die Welt verändert sich, wenn auch schrittweise und nicht überall im gleichen Tempo. Als nächste erhalten die Frauen in Finnland 1906 das Wahlrecht; in Österreich tritt 1907 das erste aus allgemeinen und gleichen Wahlen (für Männer) hervorgegangene Parlament zusammen. In China kommt es im gleichen Jahr zum Aufstand. Und während im Januar 1908 der neue schwedische König Gustav V. aus Kostengründen auf Krönungsfeierlichkeiten verzichtet, im April des Jahres Winston Churchill mit seiner Berufung zum Handelsminister im liberalen Kabinett von Asquith seine politische Karriere beginnt, in der Schweiz antimilitaristische Propaganda mit Gefängnisstrafe bedroht wird, annektiert Österreich im Herbst des Jahres Bosnien und Herzegowina, was das bereits mit vielen Krisen belastete junge Jahrhundert um eine weitere bereichert. Doch der Fortschritt ist nicht aufzuhalten:
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Nach San Marino, der Schweiz und Frankreich wird am 5. Oktober 1910 Portugal die vierte Republik im noch monarchistischen Europa; am 19. März 1911 wird zum ersten Mal der Internationale Frauentag gefeiert. Das englische Unterhaus sichert im gleichen Jahr die ökonomische Unabhängigkeit seiner Mitglieder, die allerdings allesamt männlich sind, mit Diäten in Höhe von 400 Pfund pro Jahr, und 1912 wird China Republik.
     Die Ermordung des österreichisch- ungarischen Thronfolgers am 28. Juni 1914 in Sarajewo bietet einflußreichen Kräften in Österreich- Ungarn und Deutschland die Möglichkeit, endlich die angehäuften Interessengegensätze zwischen den Großmächten mit einem Krieg zu lösen, nachdem die Krisen der letzten 15 Jahre nicht zum kriegerischen Konflikt gerieten.
     Die Versuche der Sozialdemokratischen Internationale, einen Krieg zu verhindern, scheitern. Deutschland, Österreich- Ungarn und anfangs noch Italien gegen den wachsenden Rest der Welt. Das Deutsche Reich, bis eben noch die bewunderte und sicher auch beneidete industrielle Großmacht, ein Zentrum von Weltgeltung auf den Gebieten von Wissenschaft, Kunst und Kultur, mutiert zum Hauptfeind der westlichen und östlichen Welt.
     Ein äußeres Zeichen gleich zu Beginn des Kriegs setzt Rußland, das St. Petersburg in Petrograd umbenennt.
Deutschland erringt während des Krieges traurige Rekorde. Es setzt als erstes U-Boote und Giftgas ein, während das Osmanische Reich, ab Oktober Kriegsgegner Rußlands, seit Juni 1915 im ersten Genozid des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Massakern die armenische Bevölkerung in ihrem Machtbereich praktisch ausrottet. Wenngleich der Sturz des Zaren am 15. März 1917 und die Russische Oktoberrevolution - deren Führer Lenin mit Hilfe Ludendorffs rechtzeitig einige Monate zuvor sein Schweizer Exil mit der russischen Heimat tauschen konnte - zum Frieden von Brest- Litowsk am 3. März 1918 zwischen Deutschland und Rußland führt und den Mittelmächten noch eine Atempause und der OHL die Hoffnung auf einen Sieg an der Westfront verheißen.
     Allerdings erweisen sich diese Hoffnungen mit dem Kriegseintritt der USA am 6. April 1917 als trügerisch; die Niederlage des Deutschen Reiches und seiner Verbündeten ist trotz des Separatfriedens nicht aufzuhalten und ein halbes Jahr später mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens am 11. November 1918 besiegelt. Zwei Tage zuvor fegte die Novemberrevolution im Deutschen Reich die Monarchie hinweg. Deutschland hat seine zur Jahrhundertwende gerade errungene Weltgeltung am Ende des zweiten Jahrzehnts des noch jungen Jahrhunderts bereits wieder verloren.
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Die politischen und wirtschaftlichen Folgen sollten sich für die Deutschen als verheerend erweisen. Nicht zu vergessen die Identitätskrise, die große Teile der Bevölkerung mit der Niederlage des gerade vor fünfzig Jahre geschaffenen Deutschen Reiches, des Unterganges der Monarchie und der durch sie verkörperten Werte, erfaßte.
     Die politische Karte der Welt, insbesondere die Europas, hat sich nach diesem Krieg grundlegend verändert. Reiche zerfielen, Monarchien wandelten sich in Republiken, von denen nur wenige sich zu widerstandsfähigen Demokratien entwickelten. Über die Mittelmächte und den Preis, den sie zu zahlen haben, befinden die Sieger ein Jahr später in Versailles.
     Die Bilanz der Menschenopfer im Verhältnis zu früheren Kriegen ist gewaltig: Seitens der Mittelmächte 3,2 Millionen Tote und 7 Millionen Verwundete, bei der Entente waren 5,5 Millionen Tote und 13,8 Millionen Verwundete zu beklagen. Das Deutsche Reich war innerhalb seiner Grenzen während des Krieges von Schlachten, Stellungskriegen und damit verbundene Zerstörungen kaum heimgesucht. Es war noch bewohnbar.
     Die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wurden von einer Vielzahl von Persönlichkeiten geprägt. Nicht wenige von ihnen sind inzwischen vergessen, andere bewahrt unser Gedächtnis noch auf.
Beispiel hierfür sind die amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson, der englische Politiker David Lloyd George und der englische König Eduard VII., die französischen Politiker George Clémenceau, Raymond Poincaré, Aristide Briand und Jean Jaurès, die russischen Revolutionäre W. I. Lenin und L. Trotzki, die deutschen Sozialdemokraten Rosa Luxemburg, August Bebel und Karl Liebknecht, der chinesische Nationalist Sun Yat-sen. Aber auch Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler wie Gerhart Hauptmann, Rabindranath Tagore, Jack London, Leo Tolstoi, Enrico Caruso, Max Weber und Albert Einstein und die Pazifistin Berta von Suttner. Und natürlich beinflußten und prägten diese Zeit die Deutschen Bethmann Hollweg, Bülow, Ludendorff, Hindenburg und Wilhelm II.
     Die Zeit von der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg war in der Geschichte der Menschheit das Zeitalter der Wissenschafts- und Fortschrittsgläubigkeit schlechthin. Die Wissenschaften revolutionierten die industrielle Entwicklung - die industrielle Revolution die Wissenschaften. Die Zahl bedeutender Entdeckungen und Erfindungen wuchs ebenso rasant, wie gesellschaftstheoretische Erklärungen und Orientierungen Hochkonjunktur hatten. Bedeutendes und weniger Bedeutendes soll an diese Zeit erinnern:
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Die mit der Bodenspekulation reich gewordenen Wilmersdorfer Millionenbauern fuhren um die Jahrhundertwende zur Jagd in die Prignitz
1900 begründet Max Planck die Quantentheorie, Ellen Key veröffentlicht ihre Studien zum »Jahrhundert des Kindes«, Sigmund Freud stellt die Grundzüge der von ihm entwickelten Psychoanalyse in seiner »Traumdeutung« vor und Georg Simmel seine »Philosophie des Geldes«, die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften beginnt mit der kritischen Ausgabe der Werke von Immanuel Kant. Im gleichen Jahr wird die Osmium- Glühlampe entwickelt, in Paris die erste Rolltreppe vorgestellt und dort ebenfalls die erste Teilstrecke der Metro in Betrieb genommen (in Berlin am 15. 2. 1902 das erste Teilstück der Hoch- und U-Bahn). 1901 werden zum ersten Mal die Nobelpreise verliehen. Henri Dunant und Frédéric Passy (Frieden), Wilhelm Conrad Röntgen (Physik), Emil von Behring (Medizin), Jacobus Hendricus van't Hoff (Chemie) sind die Preisträger.
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Ebenfalls 1901 stellt Rudolf Steiner seine »Anthroposophie« vor und Max Weber veröffentlicht »Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus«.
     Aber auch so praktische Dinge erblicken das Licht der Welt wie der erste Staubsauger und der Gillette- Rasierapparat, dessen Produktion beginnt. Karl Landsteiner entdeckt in Wien die Blutgruppen. 1902 wird mit dem Assuan- Staudamm das bis dahin größte Stauwerk der Welt fertiggestellt.
     1903 sieht die Erfindung des Ultra- Mikroskops, 1904 wird das autogene Schweißen eingeführt und 1905 die Quarzlampe entwickelt. Im gleichen Jahr erscheinen post hum Jakob Burckhardts »Weltgeschichtliche Betrachtungen«, 1907 eröffnet die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori ihr erstes Kinderhaus, 1909 erfindet Ehrlich das Salvarsan und Claude das Neonlicht. 1910 erscheint Rudolf Hilferding »Das Finanzkapital«, 1911 erreicht Amundsen den Südpol und 1912 entdeckt Heß die kosmische Strahlung. 1912 schließt Eduard Fuchs seine sechsbändige »Illustrierte Sittengeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart« ab. Im Jahr darauf wird der größte Bahnhof der Welt eingeweiht: die Grand Central Station New York, und Ford führt die Fließbandproduktion für das Modell T ein. Ebenfalls 1913 erscheint die »Allgemeine Psychopathologie« von Karl Jaspers. Am 15. August 1914 wird der Panamakanal eingeweiht. 1914 erscheint »Die Homosexualität des Mannes und des Weibes« von Magnus Hirschfeld.
Literatur und Kunst gewannen dank des bürgerlichen Kunstbetriebes, der mit der Industrialisierung einhergehenden Massenverbreitung künstlerischer Werke und der sich zuspitzenden sozialen und politischen Konflikte sowohl neue Impulse als auch Entfaltungsmöglichkeiten. Unmöglich, auch nur ein Bruchteil der dabei noch heute gültigen Werke aufzuzählen. Doch um sich Deutschland und der Welt zu dieser Zeit zu erinnern, sollen einige beispielgebend genannt werden: 1900 löst Arthur Schnitzler mit seiner Erzählung »Leutnant Gustl« einen Skandal aus. Mit ihrer Lithographie »Mutterhände« prägt sich Käthe Kollwitz ebenso in das Gedächtnis der Menschheit ein wie Thomas Mann 1901 mit seinen »Buddenbrooks«. Im gleichen Jahr beginnt mit der Gründung des ersten literarischen Kabaretts in Berlin der Aufstieg einer Kunstgattung, die der Obrigkeit in Deutschland ein ständiges Ärgernis werden sollte. In Moskau wird Anton P. Tschechows Drama »Drei Schwestern«, in Prag Antonin Dvoraks Oper »Rusalka«, 1902 in London George Bernard Shaws »Frau Warrens Gewerbe« und in Moskau Maxim Gorkis »Nachtasyl« uraufgeführt. 1903 erscheint Schnitzlers »Reigen«, 1904 wird in den USA die erste Schallplatte mit von Caruso gesungenen Arien herausgebracht und Jack London veröffentlicht 1904 »Der Seewolf«.
     1905 erhält Henryk Sienkiewicz den Literaturnobelpreis, von Hermann Hesse erscheinen »Unterm Rad« und »Peter Camenzind« und von Heinrich Mann »Professor Unrat«.
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Max Liebermann stellt sein Gemälde »Die Judengasse in Amsterdam« und Edward Munch sein »Selbstbildnis« fertig. Rainer Maria Rilke bringt das »Stundenbuch« heraus, Maxim Gorki »Die Mutter« und Siegfried Jacobsohn gründet »Die Schaubühne«. 1907 erscheinen die Biographien »Beethoven« und »Michelangelo« von Romain Rolland (einer der wenigen unter den Geistesriesen, der den Ersten Weltkrieg von Anfang an verurteilte), »The Playboy of the Western World« des Iren John M. Synge und von Käthe Kollwitz sieben Radierungen zum »Bauernkrieg«. 1909 wird der erste farbige Film produziert. Ein Jahr später erlebt Strawinskis Ballett »Feuervogel« seine Uraufführung. Im Jahr 1911 entstehen die Filmstadt Hollywood und Chagalls Gemälde »Der Soldat trinkt« und »Ich und das Dorf«. Ebenfalls 1911 werden Mahlers »Das Lied von der Erde« und Richard Strauss´ »Der Rosenkavalier«, Gerhart Hauptmanns »Die Ratten«, 1912 G. B. Shaws »Pygmalion« und Sternheims »Die Kassette« und »Bürger Schippel« uraufgeführt. Tucholsky veröffentlicht sein »Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte«.
     1912 finden die Olympischen Spiele der Neuzeit in Stockholm statt: zum ersten Mal nicht als Anhängsel einer Weltausstellung und mit dem Novum der Vergabe einer Goldmedaille im Literaturwettbewerb. Diesen gewinnt kein Geringerer als Pierre de Coubertin mit seiner »Ode an den Sport«.
1913 erhält Rabindranath Tagore den Literatur- Nobelpreis und von Franz Kafka kommt »Der Heizer« heraus. Im folgenden Jahr erscheinen von Leonhard Frank »Die Räuberbande«, von Joseph Conrad »Spiel des Zufalls«, von Theodore Dreiser »Der Titan«, von André Gide »Die Verliese des Vatikans« und von Chagall das Gemälde »Der grüne Jude«, 1915 Tagores »Das Heim und die Welt« und von Franz Werfel »Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig«. Von Emmerich Kálmann hat »Die Czardasfürstin« ihre Uraufführung. 1916 veröffentlichen Barbusse seinen Anti- Kriegsroman »Das Feuer« und Max Liebermann seine Schrift »Die Phantasie in der Malerei«. Im vorletzten Kriegsjahr stellt George Grosz seine Lithographien »Das Gesicht der herrschenden Klasse« und Alexander Block seine Revolutionsgedichte »Die Zwölf« und Upton Sinclair »König Kohle« vor. 1918 erscheinen Rosa Luxemburgs »Briefe aus dem Gefängnis«, Thomas Manns »Betrachtungen eines Unpolitischen« und Heinrich Manns »Der Untertan« - zwei Sichten auf das untergehende Kaiserreich, wie sie nicht konträrer sein können.

Fotoquelle: Wilmersdorf- Museum

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2000
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