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Eberhard Fromm
Berlin erstmals auf der Briefmarke

Man muß kein Sammler sein, um zu wissen, daß die Postwertzeichen seit ihrer Entstehung in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein spezifisches Spiegelbild der Entwicklung des jeweiligen Landes darstellen, von dem sie herausgegeben werden. Hatte man anfänglich nur einfache Werteindrucke als Ziffer oder die Konterfeis der Herrscher als »Bild« benutzt, so fand man sehr bald heraus, daß sich Motive gut eigneten, um über das eigene Land zu informieren. Seither werden auf der Briefmarke Bauwerke und berühmte Persönlichkeiten, Tiere und Pflanzen, Kunstwerke und vieles andere abgebildet.
     Die Briefmarken des Deutschen Reiches waren zunächst recht konservativ gestaltet.

Begonnen wurde mit dem Reichsadler in verschiedener Gestaltung, seit 1900 kam dann die Germania mit Kaiserkrone hinzu, ein Frauenbrustbild nach dem Porträt der Schauspielerin Anne Führing gestaltet.
     Im Jahr 1900 erschien aber auch Berlin erstmals auf einer deutschen Briefmarke. Und es war nicht, wie man annehmen könnte, das Brandenburger Tor - 1930 zum erstenmal abgebildet -, das auf der Marke prangte. Auf den vier Werten zu einer, zwei, drei und fünf Mark wurden wenigstens zwei andere Motive von Berlin gezeigt. Während der Zwei-Mark- Wert ein Detail aus dem Gemälde »Nord und Süd« des Berliner Malers Anton von Werner (1843-1915) wiedergibt und der Fünf-Mark- Wert die Ansicht einer der Gedenkfeiern zur Reichsgründung im Weißen Saal des Berliner Schlosses abbildet, also nur mittelbar Berliner Motive zeigt, finden wir auf den Werten zu einer und drei Mark tatsächliche Berliner Motive: das Reichspostgebäude in der Leipziger Straße und die Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. in Berlin.


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Auf der Marke zu einer Mark ist eine Gesamtansicht des Reichspostgebäudes zu sehen, wie wir sie nach Wiederaufbau und Rekonstruktion auch heute bewundern können. Es entstand nach den Plänen von Ernst Hake in den Jahren 1893 bis 1898. Schon 1872 hatte Heinrich von Stephan (1831-1897) eine »Plan- und Modellkammer« in der Post geschaffen, womit das erste Postmuseum der Welt entstanden war. Auch das repräsentative Gebäude in der Leipziger Straße/Ecke Mauerstraße geht auf seine Initiative zurück. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, seit 1960 teilweise wieder als Postmuseum genutzt, ist es nach langjährigem Wiederaufbau ab März dieses Jahres wieder für Besucher geöffnet.
     Auf dem Wert zu drei Mark wird die Einweihung der Denkmalsanlage für Kaiser Wilhelm I. (1797-1888) dargestellt. Sie fand im März 1897 mit großem Aufwand statt (BM 3/97).
Das Denkmal wurde von Reinhold Begas (1831-1911) geschaffen, der auch gemeinsam mit dem Hofbaurat Ernst Ihne (1848-1917) die Gesamtanlage entworfen hatte, die sich bis Ende des Zweiten Weltkrieges im mittleren Teil der Spreeinsel befand. Bemerkenswert an dieser Briefmarke ist die Darstellung Kaiser Wilhelms II., den man sonst nur noch auf dem Fünf-Mark- Wert und sonst auf keiner anderen deutschen Briefmarke findet: eine winzige Figur zu Pferde in der Mitte des Bildes. Eine kleinere Darstellung eines Monarchen existiert auf keiner anderen Briefmarke der Welt! Die vier Marken, geschaffen von Professor Roese, trugen anfänglich die Inschrift »Reichspost«. 1902 erschienen die gleichen Motive mit der Inschrift »Deutsches Reich«.

Bildquelle: Autor

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2000
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