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Frank Eberhardt
Ein Schwede kommt nach Berlin

Der Mineraloge Johann Jacob Ferber (1743-1790)

Die Eröffnung der skandinavischen Botschaften Ende vergangenen Jahres in Berlin ist Anlaß genug, eines bedeutenden schwedischen Mineralogen zu gedenken, der zwar nur wenige Jahre in Berlin lebte, aber schon lange vorher mit Berlin in Verbindung stand: Johann Jacob Ferber. Er hat das naturwissenschaftliche Denken seiner Zeit in vielen Ländern beeinflußt. Seine engsten Beziehungen aber hatte er zu Berlin, wo auch die meisten seiner Arbeiten, die er vorwiegend in Deutsch schrieb, veröffentlicht wurden. Ferber war preußischer Oberbergrat und ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Sein früher Tod mit 46 Jahren verhinderte ein umfangreicheres Wirken in Berlin. In der Festschrift zum 200. Jahrestag der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften erhält er folgende Würdigung: »Ferber, von den besten schwedischen Chemikern und Bergbau-Technikern ausgebildet, war am Ende des 18. Jahrhunderts einer der verdientesten, ja neben Werner (Abraham Gottlob Werner, 1749-1817,

Geologe und Mineraloge in Freiberg/ Sa., d. V.) vielleicht der hervorragendste Geognost und Mineralog in Europa.«1)
     Johann J. Ferber wurde am 9. September 1743 in Karlskrona (Südschweden) als Sohn eines Apothekers geboren. Er studierte in Uppsala zuerst Medizin, wandte sich dann jedoch der Mineralogie zu. Der bedeutendste unter seinen Lehrern war Karl von Linné (1707-1778), der die doppelnamige Benennung der Pflanzen- und Tiernamen einführte. In seinem immer wieder erweiterten »Systema naturae« (1735) versuchte Linné, Mineralien, Pflanzen und Tiere zu klassifizieren. Vielleicht war es der Einfluß dieses Lehrers, der auf die Beobachtung der Gesamtheit der Natur großen Wert legte und auch seine Reiseberichte so anlegte. Ferber handhabte diese Art der Beobachtung und Verarbeitung sein ganzes Leben lang.
     Nach Abschluß des Studiums hatte Ferber eine Anstellung als Bergbeamter in Stockholm. Zugleich begann er seine mineralogischen Forschungen auf Reisen durch Schweden. 1765 ging er nach Berlin, wo er sich bei den Chemikern der Akademie der Wissenschaften Johann Heinrich Pott (1692-1777) und Andreas Sigismund Marggraf (1709-1782), der 1747 den Zucker in der Runkelrübe entdeckte, weiterbilden konnte. In Freiberg/Sa. konnte er den neuesten Stand in Mineralogie und Lagerstättenlehre studieren, während in Kassel Rudolph Erich Raspe (1736-1794) ihn in die Theorie der Erhebung der Gebirge und Länder durch Vulkane einweihte.
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Das sollte sich für seine späteren geologischen Anschauungen als äußerst wichtig erweisen. Ferber bereiste aber auch Böhmen, Frankreich und Italien sowie Holland und England, in letzterem insbesondere die Bergwerksdistrikte von Derbyshire und Cornwall. Zuletzt hielt er sich wieder in Berlin auf.
     1773 erschien in Prag sein Buch »Briefe aus Wälschland (Italien, d. V.) über natürliche Merkwürdigkeiten«. Damit erregte Ferber bedeutendes Aufsehen. Anton Friedrich Büsching (1724-1793), Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin und intensiver Begutachter der neuesten geographischen Literatur, gibt in seinen »Wöchentliche(n) Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen« (Berlin 1773) eine ausführliche Würdigung des Werkes. Büsching schreibt: »Eigentlich gehören diese Briefe für die Liebhaber der Naturgeschichte, insonderheit für die Mineralogen, wie es denn auch scheinet, daß Herr Ferber seine gröste Stärke in der Mineralogie habe. Alle Hügel und Berge, welche er gesehen, sind mineralogisch beschrieben. Auf die alten wie die neuen Vulkane, hat er vorzügliche Aufmerksamkeit gewendet.« (Der Begriff Mineralogie stand damals noch für die gesamten erst in Entwicklung befindlichen Geowissenschaften.)

Johann Jacob Ferber in der Uniform eines preußischen Oberbergrats, Radierung von Samuel Halle nach einer Zeichnung von Hinnecke, um 1787

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In der einleitenden kurzen Beschreibung von Ferbers Lebensweg betont Büsching, daß »Herr Ferber sich in Schweden von der Naturhistorie und Bergwerkswissenschaft viel Kenntnis erworben habe, auch in das dasige Königliche Bergcollegium aufgenommen worden sey, und hierauf Deutschland, Frankreich, Holland, England und Italien durchgereiset, sich mit den dasigen berühmten Naturforschern bekant gemacht, überall die Seltenheiten der Natur fleißig besehen, die vorzüglichen Bergwerke befahren, und merkwürdige Naturalien gesammelt habe«.2)
     Auf Grund seiner für die damalige Zeit hervorragenden Beobachtungen und Deutungen der geologischen Besonderheiten Italiens wurde Ferber zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Siena sowie der Ackerbaugesellschaft in Florenz und Vicenza ernannt. Aber auch in Berlin hatte man offensichtlich schon länger sein herausragendes Wissen zur Kenntnis genommen. Obwohl erst am 18. Oktober 1773 Büsching Ferbers »Briefe ...« referierte, wurde dieser bereits am 14. September des gleichen Jahres als auswärtiges Mitglied in die zwei Monate vorher gegründete Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin aufgenommen. Man erhoffte sich von ihm wohl nicht nur Artikel für die von der Gesellschaft herausgegebene Zeitschrift, sondern auch Mineralien und Gesteine für die Sammlung.
     1773 ging seine mehrjährige Reiseperiode zu Ende. Er kehrte in seine Heimatstadt zurück.
Doch seine Lage war prekär. Die Reisen hatten ihm zwar Kenntniszuwachs und internationale Anerkennung gebracht, doch seine Geldmittel erschöpft. Außerdem befriedigte ihn nun der Aufenthalt in seiner Vaterstadt nicht mehr. In einem Brief an die Berliner Gesellschaft naturforschender Freunde beschwerte er sich darüber, daß er in einem in Hinsicht auf die Gelehrsamkeit höchst elenden Orte lebe, wo er fast der einzige sei, der sich um auswärtige Literatur bekümmert. Auch im (schwedischen) Bergwesen sei nur ein geringes Einkommen zu erwarten. Aber Ferber arbeitete intensiv an weiteren Veröffentlichungen. So folgten schon 1774 die »Beiträge zur Mineralgeschichte von Böhmen« und die »Beschreibung des Quecksilberbergwerks zu Idria« (Slowenien).
     1774 nahm Ferber die Professur für Physik und Naturgeschichte am neugegründeten akademischen Gymnasium in Mitau (heute Jelgava) bei Riga an. Von hier aus war es ihm nur einmal möglich, eine größere Reise zu unternehmen. 1781 fuhr er im Auftrag des polnischen Königs durch Polen und konnte dabei zahlreiche mineralogische Beobachtungen anstellen. Insbesondere nutzte er die Zeit in Mitau, seine auf den früheren Reisen gesammelten Kenntnisse zu publizieren. Drei Bücher erschienen zwischen 1776 und 1778 in Mietau, ein weiteres 1780 in Berlin und Stettin. Offensichtlich war man in St. Petersburg auf Ferber aufmerksam geworden, denn 1783 wurde er als Professor der Mineralogie und Mitglied an die Akademie in der russischen Hauptstadt berufen.
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In allen diesen Jahren hatte Ferber die Verbindung mit Berlin nicht abreißen lassen. Der Berliner Verleger Christoph Friedrich Nicolai (1733-1811) hatte ihn schon im ersten Jahr seiner Tätigkeit in Mitau für die Mitarbeit als Rezensent an der Allgemeinen Deutschen Bibliothek gewonnen. Seit 1778 kamen Ferbers Rezensionen in dieser Zeitschrift heraus. Der weite Weg und die Schwierigkeiten Ferbers, in Mitau an die entsprechende Literatur heranzukommen, erschwerten die Mitarbeit. Trotzdem sind 80 Rezensionen nachgewiesen, die sich vorwiegend mit Reiseberichten und Regionaldarstellungen beschäftigten.
     1777 gab es auch schon einmal Bemühungen, Ferber nach Berlin zu berufen. Die treibende Person war Friedrich Anton von Heinitz (1725-1802), seit 1776 Minister für Bergwerksangelegenheiten in Preußen (BM 6/98). Auf seine Empfehlung wollte König Friedrich II. (1712-1786, König ab 1740) Ferber in die Akademie der Wissenschaften berufen, er sollte dafür 1 600 Taler Gehalt erhalten. Das war eine für die damalige Zeit große Summe, die die Bezahlung der meisten Akademiemitglieder übertraf. Die verantwortlichen Mitglieder der Akademie lehnten das jedoch mit der Begründung ab, Ferbers Gehalt in Mitau sei nicht so hoch, daß man ihm eine so große Summe geben müsse. Außerdem sei ein Astronom viel nötiger, da die Akademie bereits drei Chemiker habe. Sie empfahlen auch namentlich einen Astronomen.
Der König bestätigte diesen zwar, entschied aber, daß außer ihm auch Ferber zu berufen sei; das notwendige Geld werde sich schon finden, wenn nicht, so sei es den Überschüssen der Akademie zu entnehmen. Ferber kam damals aus unbekannten Gründen nicht nach Berlin.3)
     In St. Petersburg litt Ferber unter dem Einfluß des nordischen Klimas so sehr, daß er eine Stellung als Direktor der sibirischen Bergwerke ausschlug. 1785 erhielt er Urlaub für eine mehrmonatige Reise nach Schweden und Berlin. Im Sommer dieses Jahres hielt er sich mehrere Monate hier auf. Offensichtlich wurden in dieser Zeit die Weichen für seine Übersiedlung gestellt, denn Ferber hatte auch eine Unterredung mit Minister Heinitz. Im Vertrauen auf eine Berufung nach Berlin gab Ferber seine Stellung in Petersburg Anfang 1786 auf und reiste privat nach Mitau und dann nach Berlin. Hier durfte sich Ferber jedoch vorerst nur inkognito aufhalten (evtl. um Differenzen mit Rußland zu vermeiden?). Minister Heinitz schickte ihn wohl auch deshalb Mitte des Jahres, als Privatmann und mit Frau und Tochter, in das slowakische Erzgebirge. Das war aber nicht nur ein halbdienstlicher Auftrag, sondern die Reise entsprach durchaus Ferbers Interessen, da dort eine Tagung führender Berg- und Hüttenleute stattfand, wo über eine Amalgamationsmethode zur verbesserten Gewinnung von Edelmetallen aus Erzen verhandelt wurde.
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Die Anstellung in Berlin verzögerte sich infolge der Krankheit Friedrichs II. und dessen Tod am 17. August 1786. Doch noch während Ferbers Abwesenheit gelang es Minister von Heinitz, die Berufung als Oberbergrat bei dem neuen König Friedrich Wilhelm II. (1744-1797, König ab 1786) zu erreichen. So war Ende dieses Jahres Ferber wieder in Berlin, wo er eine Wohnung im Pittaschen Haus in der Breiten Straße nahm. Es muß eine große Wohnung gewesen sein, denn in einem Brief an Nicolai schrieb er: »Ich brauche zum beständigen Wohnen in Berlin ein geräumiges ... Quartier. Geräumig muß es sein wegen meiner großen Mineralsammlung.«4) Das deutet darauf hin, daß Ferber beabsichtigte, endgültig in Berlin zu bleiben, denn weder nach Mitau noch nach St. Petersburg hatte er seine Sammlung, die sich in seiner schwedischen Heimatstadt befand, mitgenommen.
     Die Freude über Ferbers Anstellung in Berlin war offensichtlich allgemein, denn bereits am 7. Dezember 1786 wurde er als ordentliches Mitglied in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Damit verstärkte ein bedeutender Wissenschaftler die physikalische Klasse. »Mineralogische und geologische Studien mit chemischen zu verbinden war eine alte Tradition in der Akademie (von Pott, Marggraf, Lehmann, Ferber und Gerhard her), in der sie Glänzendes geleistet hat.«5)
Auch die Mitglieder der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin begrüßten Ferber, worüber ihr Tagebuch Auskunft gibt: »Herr Ferber ward mit allgemeiner und aufrichtiger Freude empfangen, da er nun hier in königliche Dienste getreten und zugleich ordentliches Mitglied der Physikalischen Klasse bei der Königl. Akademie der Wissenschaften geworden ist.«6) Ferber nahm danach häufig an öffentlichen Versammlungen dieser Gesellschaft teil und wurde 1787 auch ordentliches Mitglied.
     Im preußischen Bergwesen hatte Minister Heinitz Ferber die Aufgaben, die zur Wissenschaft hin tendierten, zugedacht: Gutachten und Inspektionen von Berg- und Hüttenwerken sowie Lehraufgaben an der Bergakademie und Betreuung von deren Sammlung. Und so war Ferber auch in den folgenden Jahren häufig auf Reisen. 1788 mußte er das damals zu Preußen gehörende Gebiet von Neuenburg (Neuchâtel, Schweiz) mineralogisch begutachten. Darüber hinaus bereiste er noch das französische Burgund und andere Teile der Schweiz. Auch über die Ergebnisse dieser Reise veröffentlichte er ein Buch.
     Danach verbrachte Ferber nur ein halbes Jahr in Berlin, denn im Ergebnis der letzten Reise hatte er eine Einladung der eidgenössischen Regierung in die Schweiz erhalten. Dort sollte er das dortige Bergwesen verbessern.
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Von dieser Reise kehrte Ferber nicht zurück. Ein Brief aus Bern teilte mit, daß er am 11. September 1789 einen Schlaganfall erlitten hatte, der ihn halbseitig lähmte. Ferber wurde nach Bern gebracht, wo er am 12. April 1790 starb. Minister Heinitz sorgte für die Witwe und die Tochter in großzügiger Weise, indem er die große Mineraliensammlung Ferbers gegen 2000 Taler bar und eine Leibrente für Mutter und Tochter von 400 Talern für die Berliner Bergakademie aufkaufen ließ.
     Mit Johann Jacob Ferber verstarb viel zu früh ein Wissenschaftler, der auch im damals tobenden Streit der Neptunisten und Plutonisten aus eigener Anschauung viel zur schnelleren Klärung hätte beitragen können. Die von dem verdienstvollen Geologen Abraham Gottlob Werner starrsinnig vertretene These der Entstehung fast aller Gesteine aus dem Wasser (Neptunismus) stand bekanntlich der These des Plutonismus gegenüber, die James Hutton (1726-1797) entwickelt hatte. Sie besagte, daß neben dem Wasser auch das unterirdische Magma bei der Entstehng der Gesteine und im geologischen Geschehen überhaupt eine bedeutende Rolle spielt. Ferber hatte auf seinen Reisen in Italien tätige Vulkane gesehen und konnte deshalb aus Augenschein z. B. die Entstehung von Basalten als vulkanisches Gestein bezeugen. Doch nach seinem Tod blieb die Meinung Werners noch lange in Deutschland vorherrschend (auch Goethe war Neptunist). Erst viele Jahre später haben die Werner-Schüler Leopold von Buch (1774-1853) und Alexander von Humboldt (1769-1859) auf Grund ihrer Vulkanstudien die Entstehung von Basalten als Tiefenergußgestein endgültig beweisen können.
Eine umfangreiche Würdigung vom Leben und Wirken Ferbers hat der langjährige Professor für Mineralogie und Direktor des Mineralogischen Museums an der Humboldt-Universität, Günter Hoppe, vorgenommen, dessen Material mit Grundlage dieses Artikels ist.5) In diesem Museum befindet sich auch die Sammlung Ferbers.

Quellen:
1 Adolf Harnack, Geschichte der Königl. Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Berlin 1900, S. 500
2 Anton Friedrich Büsching, Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern, 1. Jg., Berlin 1773, S. 328 ff.
3 Adolf Harnack, a. a. O., S. 382 ff.
4 Günter Hoppe, Johann Jacob Ferber (1743-1790). Zum Leben und Wirken des bedeutenden Geo- und Montanwissenschaftlers, Der Aufschluß, Jg. 46, Nov./Dez. 1995, Heidelberg 1995
5 Günter Hoppe, Johann Jakob Ferber (1743-1790) und die Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, Fundgrube, XXVI. Jg., H. 1, Berlin 1990

Bildquelle: Stadtmuseum Berlin

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/2000
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