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Hans Hauser
Marmorfiguren werden ausgetauscht

Restauratoren mühen sich um Skulpturenschmuck im Park Sanssouci

Im Park von Sanssouci existiert die größte Sammlung von Marmorfiguren nördlich der Alpen. Sie zu erhalten ist für Potsdamer Restauratoren eine außerordentliche Herausforderung. Nach und nach werden die Skulpturen gereinigt und gefestigt, gelegentlich auch durch Kopien ersetzt.

Lange fehlte der Bildergalerie Friedrichs des Großen der kostbare Skulpturenschmuck, der die eher schlichte Fassade außerordentlich belebt. Jetzt sind vierzehn der achtzehn Marmorfiguren aus dem Restaurierungsatelier auf ihren alten Platz zurückgekehrt, der Rest soll in den nächsten Monaten wieder aufgestellt werden. Mit den Maler- und Bildhauerköpfen über den Fenstern und der puttenbestückten Figurengruppe auf der Attika weisen die überlebensgroßen Symbolfiguren der Künste und Wissenschaften schon von weitem auf die Bestimmung des 1755 bis 1763 nach Plänen von Johann Gottfried Büring (geb. 1723) errichteten Galeriegebäudes als Heimstatt der Bilder- und Skulpturensammlung des Preußenkönigs.
Marmorskulpturen auf der Terrasse von Schloß Sanssouci wurden bereits durch Kopien ersetzt
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Durch Abgabe von Bildern und Skulpturen an die 1830 gegründeten Königlichen Museen in Berlin wurde der in der Galerie gesammelte Kunstbesitz der Hohenzollern zwar stark reduziert, besaß aber immer noch große Bedeutung. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg hat die Hoffnung nicht aufgegeben, in Moskau und Sankt Petersburg als »Beutekunst« der Roten Armee seit 1945 zurück gehaltene Stücke irgendwann wieder einmal zurück zu bekommen.
     Die vor der Bildergalerie aufgestellten Marmorfiguren der Bildhauer Johann Peter Benckert(1709-1769) und Johann Gottlieb Heymüller( vor 1715-1763) waren durch starke Verwitterung in ihrer Existenz akut gefährdet. Daher entschloß sich die Schlösserstiftung zu »außerordentlichen Rettungsmaßnahmen«, wie die für den königlichen Skulpturenschatz zuständige Kustodin Saskia Hüneke erläutert. »Wir standen vor der Wahl zusehen zu müssen, wie die Figuren aus carrarischem Marmor über kurz oder lang in sich zusammenbrechen, was schon vorgekommen ist, oder mit chemischen Mitteln gegen den Verfall einzuschreiten. Die Bildwerke wurden daher abgenommen und gereinigt, außerdem wurde der Marmor langsam ausgetrocknet. Das machte ihn aufnahmebereit für eine sehr dünne Acrylharzlösung, die als Steinfestiger fungiert«.
Diese Flüssigkeit sei in einem recht aufwendigen Verfahren unter Vakuumbedingungen komplett in den Stein eingedrungen und habe dessen desolate Struktur wieder stabilisiert. Äußerlich sei das farblose Mittel nicht zu bemerken, versichert die Kunsthistorikerin. Daher bestehe auch nicht die Befürchtung, daß der Stein »irgendwie nach Kunststoff oder speckig aussieht«.
     Je nach Finanzlage will die Preussische Schlösserstiftung in den kommenden Jahren weitere in ihrer Existenz gefährdete Skulpturen im Park Sanssouci und weiteren Gärten durch Tränkung vor dem Totalverlust retten. Besonders wertvolle Objekte aus der friderizianischen Zeit und dem neunzehnten Jahrhundert indes werden »eins zu eins« kopiert. Dies ist bereits bei den Figuren auf dem Grab Friedrichs des Großen nahe Schloß Sanssouci beziehungsweise auf dem Rondell gegenüber und anderenorts geschehen. Wie der empfindliche Freundschaftstempel unweit des Neuen Palais, so hatte die dort stehende Marmorbildnis der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth unter den Unbilden der Witterung und vandalischen Anschlägen gelitten. Zwar wurde der Bau in den letzten Jahren mit großer Kraftanstrengung restauriert, doch fehlte noch die einem Porträt des Malers Pesne nachempfundene Lieblingsschwester Friedrichs des Großen, in deren Schoß ein kleiner Hund sitzt.
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Das Bildwerk kehrte vor einiger Zeit zurück, kongenial bis in die letzte Falte ihres Reifrocks von Peter Flade aus einem stattlichen Brocken carrarischem Marmor nachgebildet. Nach langer Abwesenheit wurden als Kopien auch 14 Marmorbüsten im Mohren- und im Oranierrondell aufgestellt.
     Für die Köpfe aus dem 17. und 18. Jahrhundert wandte die Stiftung etwa 30000 Mark pro Stück auf. Die oranische Verwandtschaft der Hohenzollern fand Asyl im Oranienburger Schloß, während die Original-Mohren aus zweifarbigem Marmor im Schloß Caputh besichtigt werden können wo Kunst und Kunsthandwerk aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert gezeigt wird.
     Durch Kopien ersetzt werden nach und nach auch die acht Götterfiguren an der Großen Fontäne unterhalb von Schloß Sanssouci. Die Kosten für die Arbeiten werden auf drei Millionen Mark veranschlagt. Gegenwärtig arbeitet Bildhauer Wolfgang Wille an der von François Gaspard Adam (1710-1769) geschaffenen Figur des Mars. Der Kriegsgott und die anderen Brunnenfiguren waren teilweise von einer schwarzen Kruste bedeckt, die sich aufgrund von Schmutzpartikeln in der Luft und Mikroorganismen gebildet hatte. Der Belag wirkt sich in Verbindung mit Feuchtigkeit außerordentlich negativ auf die kristalline Struktur des Steins aus und muß vorsichtig abgetragen werden.
Außerdem hatte sich der empfindliche Marmor durch sauren Regen in Gips verwandelt. Die unersetzbaren Originale sollen später einmal in einem Schaudepot gezeigt werden, für das noch ein geeigneter Ort gesucht wird. Daß italienischer Marmor für Gegenden nördlich der Alpen nicht sehr geeignet ist, hat man übrigens schon im neunzehnten Jahrhundert erkannt. Daher wurden schon damals verschiedene Werke aus diesem empfindlichen Material kopiert. Darunter befinden sich die von Jean Baptiste Pigalle (1714-1785) geschaffenen Figuren der Venus und des Merkur im Rondell an der Großen Fontäne unterhalb von Schloss Sanssouci. Die wertvollen Originale kamen 1904 in die Kleine Kuppelhalle des Berliner Kaiser-Friedrich- Museums, das heute den Namen Bodemuseum trägt.
     Über aktuelle Restaurierungsmaßnahmen am Figurenbestand im Park Sanssouci berichten Saskia Hüneke und Werkstattleiter Rudolf Böhm im Besuchermagazin »Porticus« (Winter 1999) der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin- Brandenburg.

Foto: Autor

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 3/2000
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