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Herbert Landmann
In Berlin begann der Kampf gegen die Tuberkulose

Es war schon 1880 im höchsten Maße ungewöhnlich, daß ein 37jähriger Landarzt aus dem östlichen Deutschland nach Berlin an das Kaiserliche Gesundheitsamt berufen wurde. Aber man war an der Universität Breslau und in den Medizinisch- Wissenschaftlichen Gesellschaften auf den Kreisphysikus Robert Koch aufmerksam geworden, der in Wollstein, nahe Posen, für eine vorwiegend ländliche Bevölkerung praktizierte. Unter den einfachen Bedingungen seiner Praxis hatte er mit speziellen Methoden der Bakteriologie die Biologie und die Übertragungswege des Milzbrandbazillus auf Tier und Mensch erforscht und seine Ergebnisse in präziser Form in einer Publikation bekanntgemacht.
     In Berlin fand Robert Koch, geboren am 11. Dezember 1843, im Kaiserlichen Gesundheitsamt sehr gute Voraussetzungen für weitere Forschungen auf seinem Spezialgebiet der Bakteriologie. Er erkannte in den dort vorliegenden umfangreichen Studien über die Epidemiologie

der Infektionskrankheiten die große Gefahr, die die Tuberkulose darstellte.
     In den Massenquartieren für die Industriearbeiter hatte sich die Schwindsucht schnell ausgebreitet. Tausende Landarbeiter mit ihren Familien waren von dem verlockenden regelmäßigen Lohn in den neuen Fabriken angezogen worden, aber sie fanden meist nur miserable Wohnbedingungen.
     Das Wachstum der Städte mit Industriezentren war enorm. In Berlin z. B. stieg die Bevölkerungszahl von 201 900 Personen im Jahr 1820 auf 410 426 im Jahr 1849. Als Robert Koch 1880 nach Berlin kam, hatte die Reichshauptstadt bereits 1 122 330 Einwohner. Der Wohnungsbau konnte mit diesem Anstieg der Bevölkerung kaum Schritt halten. Schnell wurden Mietskasernen mit Hintergebäuden und Seitenflügeln errichtet, die durch enge Hinterhöfe getrennt waren. Die meisten der Einbis Zwei-Zimmer- Wohnungen bekamen nur für kurze Zeit am Tage Sonnenlicht. Durch Überbelegung dieser kleinen Wohnungen entwickelten sich die Arbeiterquartiere zu Brutstätten ansteckender Krankheiten wie Diphtherie, Scharlach, Typhus und Tuberkulose. Als überbelegt galt für die damalige Sozialfürsorge eine Wohnung, wenn für fünf Personen oder mehr nur ein Zimmer mit einem Fenster zur Verfügung stand.
     In den europäischen Hauptstädten entwickelte sich die Lungenschwindsucht zur Volkskrankheit Nr. 1. In Berlin starben noch
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Robert Koch in seinem Berliner Labor
1880 mehr als 350 Menschen je 100 000 der Bevölkerung, das waren 3 500 Menschen im Jahr. In Paris mit damals mehr als 2 Millionen Einwohnern starben im selben Jahr sogar rund 8 400 Menschen an der Lungenschwindsucht. Die Mehrzahl der Opfer der Schwindsucht befand sich im produktiven Alter unter 45 Jahren. Am meisten betroffen waren die Arbeiter in den Massenquartieren der Großstädte. Ganze Familien wurden in den Mietskasernen dahingerafft.
     Aber die Tuberkulose blieb nicht in den Arbeitervierteln. Besonders in Künstlerkreisen griff die Krankheit um sich. Viele Berühmte fielen ihr zum Opfer. Unter ihnen Dichter wie Matthias Claudius, Christian Morgenstern, Novalis, Molière, Maxim Gorki, Anton Tschechow, Franz Kafka, Annette
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   14   Probleme/Projekte/Prozesse Kampf gegen Tuberkulose  Vorige SeiteNächste Seite
von Droste- Hülshoff. Die Musiker Niccolo Paganini, Frédéric Chopin, Carl Maria von Weber sind nur einige von vielen, die an Tuberkulose starben. Unter den Ärzten und Wissenschaftlern, die der Tuberkulose erlagen, finden sich vor allem jene, die sich der Erforschung der Tuberkulose widmeten, so der Arzt und Pharmakologe Paul Ehrlich,

der französische Kliniker Laënnec und der Augenarzt Albrecht von Graefe. Auch Fürsten mußten an der Schwindsucht sterben. So gab es für König Ludwig XIII. von Frankreich und Joseph II. von Österreich keine Rettung, obwohl die besten Ärzte zu ihnen gerufen wurden.
     Die Ursache der meist schleichend verlaufenden Krankheit war noch immer nicht bekannt. Im Laufe der Jahrtausende waren viele Ursachen genannt worden. Im Altertum galten böse Geister als Urheber der Lungenschwindsucht oder der Auszehrung. Bis in Kochs Zeiten wurden schlechte Luft oder Ausdünstungen des Bodens, das sogenannte Miasma, als krankheitsauslösend angesehen. Man brachte die Lungenschwindsucht mit anderen Krankheiten wie der Syphilis in Verbindung. Virchow, die

Robert Koch
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   15   Probleme/Projekte/Prozesse Kampf gegen Tuberkulose  Vorige SeiteNächste Seite
führende Kapazität in Berlin, hatte eine eigene Anschauung der Schwindsucht und sah in den schweren Formen der Lungenzerstörung durch Nekrosen eine Verbindung zum Lungenkrebs. Er ließ nur die Knötchenform als Tuberkulose gelten. Virchow konnte auch später seine Skepsis gegenüber der neuen Lehre des jungen Landarztes nicht ganz überwinden. Koch glaubte unbeirrt, daß er mit den bakteriologischen Methoden, die ihm bei der Erforschung des Milzbrandbazillus gedient hatten, auch den Erreger der Tuberkulose sichtbar machen und ihn in Reinkulturen züchten könnte.
     Mit fähigen Mitarbeitern konnte er in gewohnter systematischer Arbeit ein stäbchenförmiges Bakterium, er nannte es Bazillus, als Erreger der Tuberkulose identifizieren. Lange Versuchsreihen in Tag- und Nachtarbeit waren dazu notwendig gewesen. Durch spezielle Färbemethoden, bei denen ihm Paul Ehrlich half, konnte er das Tuberkelbakterium im Mikroskop sichtbar machen, und es gelang ihm, es in Reinkultur zu züchten. In Tierversuchen am Meerschweinchen wies er nach, daß nur dieses Bakterium der Erreger der Tuberkulose bei Mensch und Tier sein konnte.
     Am 24. März 1882 gab er diese Entdeckung in einem Vortrag vor der Physiologischen Gesellschaft in Berlin bekannt. Den epochemachenden Vortrag hielt er im Hygiene- Institut der heutigen Humboldt- Universität in der Dorotheenstraße. Nachdem nun der
Robert Koch bringt Spaltpilzen »reine Kultur« bei (zeitgenössische Karikatur von W. A. Wellner)
Erreger bekannt war, konnte man zunächst wenigstens vorbeugende Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung ergreifen. Aber noch fehlte eine wirksame Behandlungsmethode. Koch glaubte, sie in dem von ihm entwickelten Tuberkulin gefunden zu haben. Doch das erwies sich als Fehlschlag. Koch ließ sich durch diesen Mißerfolg nicht entmutigen.
     Er gab Regeln bekannt, mit denen man der Tuberkuloseepidemie wirksam begegnen konnte. Diese wurden zur Grundlage der Tuberkulosebekämpfung in der ganzen Welt und sind noch heute gültig. Das waren:
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1.     Anzeigepflicht für Offentuberkulöse;
2.     Unterbringung und Behandlung der ansteckend Kranken in Krankenanstalten;
3.     Einrichtung von Fürsorgestellen zur sozialen Unterstützung der Tuberkulose kranken und ihrer Familien;
4.     Aufklärung über die Ansteckungsgefahr durch Tuberkulose;
5.     Verbesserung ungünstiger Wohnverhält nisse durch staatliche Stellen.
     Als wichtigsten Faktor zur Verhinderung der Weiterverbreitung der tuberkulösen Infektion sah Koch die Isolierung der Schwerkranken an, weil diese beim Husten meist massenhaft Tuberkelbakterien ausscheiden und unter den ungünstigen Wohnbedingungen ihre Familien ansteckten. Die Behandlung in den damaligen Krankenanstalten galt nur der Stärkung der Abwehrkräfte der meist hinfälligen Kranken.
     Neben den Krankenanstalten für Offentuberkulöse wurden schon 1860 erste Heilstätten oder Sanatorien für Lungenkranke eingerichtet, wo Frühformen der Tuberkulose, die oft noch keine Tuberkelbakterien ausschieden, geheilt werden sollten. Diese Sanatorien wurden in klimatisch günstigen Lagen der Mittelgebirge eingerichtet. Die Behandlung dort schloß Wasseranwendungen, Freiluftliegekur und Atemgymnastik neben der eiweißreichen Ernährung ein. Daneben wurden auch Lebertran, Gold- und Kupferpräparate als spezifische Therapie verabreicht.
Später kamen noch chirurgische Verfahren zur Ruhigstellung der Lunge hinzu. Das waren Pneumothorax, Pneumolyse und Thorakoplastik. Die genialen Operationsmethoden von Ferdinand Sauerbruch an der Charité in Berlin machten dann auch die Entfernung von zerstörten Lungenteilen möglich. Die großen chirurgischen Eingriffe wurden in speziellen Lungenkliniken durchgeführt. Es gab bei einem Teil der Tuberkulosekranken lang anhaltende Besserungen und auch Heilungen.
     Aber wirkliche Heilung durch Vernichtung der Tuberkelbakterien in den Krankheitsherden der verschiedenen Organe wurde erst mit der antituberkulotischen Chemotherapie rund 60 Jahre nach Kochs Entdeckung des Erregers erreicht.
     Koch fertigte eine Kurve der Tuberkulosesterblichkeit von 1880 bis 1910 an, die den starken Rückgang der Sterbefälle in Berlin von 1885 an deutlich macht. In seiner gewohnten Bescheidenheit betrachtete er seine Entdeckung nur als einen Faktor unter anderen, obwohl alle wußten, daß er es war, der die Grundlage für eine ursachenbezogene Tuberkulosebekämpfung gelegt hatte. Der wichtigste Faktor für den Rückgang der Tuberkulose war für ihn die Isolierung der Bazillenausscheider in Krankenanstalten. Einen weiteren wichtigen Faktor sah er in der Verbesserung der Wohnverhältnisse der ärmeren Bevölkerungsschicht, wobei er sich besonders dagegen aussprach,
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   17   Probleme/Projekte/Prozesse Kampf gegen Tuberkulose  Vorige SeiteNächste Seite
Behandlungsversuche mit Tuberkulin 1890
daß auch bei ausreichendem Wohnraum oft nur ein Bett für mehrere Familienmitglieder genutzt wurde.
     Koch sah auch einen günstigen Einfluß der Sozialgesetzgebung Bismarcks nach 1880, die zur Verbesserung der Gesundheitssituation besonders bei den Arbeitern geführt hatte.
     Die soziale Fürsorge für Tuberkulosekranke hatte besonders in Schottland und in Belgien gute Auswirkungen auf den Tuberkulosestand dort gehabt. Koch sah darin einen weiteren Faktor zur Tuberkulose-
bekämpfung. In Deutschland hatte der Stadtrat Pütter 1899 in Halle die erste Tuberkulose- Fürsorgestelle gegründet. 1905 gab es schon 42 solcher Einrichtungen, 1938 war ihre Zahl schon auf über 1 000 in Deutschland angewachsen. Pütter wurde übrigens 1904 zum Verwaltungsdirektor der Charité berufen, von wo aus er auch Einfluß auf die Tuberkulosebekämpfung in Berlin nahm. 1905 wurden eine Heimstätte für Brustkranke in Buch in Betrieb genommen und mehrere Fürsorgestellen für Tuberkulöse und ihre Familien eingerichtet.
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Berliner Heilstätte um 1925
Es entstanden weitere Krankenanstalten und Heilstätten in Berlin und der waldreichen Umgebung der Stadt.
     1905 wurde Robert Koch für seine Entdeckung des Tuberkelbakteriums und seine Verdienste für die Bekämpfung der Tuberkulose der Nobelpreis verliehen. Fünf Jahre später, die ausgefüllt waren mit Forschungsreisen nach Afrika, wobei Koch noch die Erreger von Typhus und Cholera nachwies und neue Erkenntnisse über die Schlafkrankheit gewann, starb er 1910 im Alter von 67 Jahren. Sein Lebenswerk, womit er
Tausende von Menschenleben rettete, bleibt unvergessen. Überall in der Welt wurden seine Regeln in die Bekämpfungsprogramme aufgenommen. In den Industrieländern ging die Tuberkuloseepidemie zurück.
     Der Erste Weltkrieg brachte nicht nur eine Unterbrechung des stetigen Rückgangs, es kam besonders in den Jahren 1920 bis 1925 zu einem erneuten Anstieg der Mortalitätskurve bis zum Niveau von 1890. Eine ähnliche Entwicklung war bei allen am Krieg beteiligten Nationen bis hin zu Japan festzustellen. Auch der Zweite Weltkrieg brach-
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   19   Probleme/Projekte/Prozesse Kampf gegen Tuberkulose  Vorige SeiteNächste Seite
te einen ähnlichen Rückschlag mit einem Gipfel in den ersten Nachkriegsjahren, wobei die Zunahme der Sterbefälle an Tuberkulose in Japan alle anderen weit übertraf. In Deutschland griff die Tuberkulose erneut in den großen Städten um sich, so auch in Berlin. Flüchtlingslager, Gefangenenlager, überfüllte Notquartiere in den zerstörten Städten, Nahrungsmangel und Infektionskrankheiten wie Typhus, Ruhr, Grippe und Fleckfieber begünstigten die schnelle Verbreitung der Tuberkulose. Krankenhäuser und Heilstätten sowie das Netz der Tuberkulose- Fürsorgestellen mußte wiederhergestellt werden.
     Das geschah unterschiedlich in den vier Besatzungszonen und den vier Sektoren Berlins. Ebenso unterschiedlich war auch die Häufigkeit der Tuberkulose. Besonders schlimm war die Situation 1946 in der sowjetischen Besatzungszone. Dort endeten viele Flüchtlingsströme aus den östlichen Ländern.
     Erste verläßliche Zahlen über die Tuberkulosesituation in der sowjetischen Besatzungszone gab es erst 1949. Die Ziffer der Tuberkulosesterbefälle betrug 106,9 je 100 000 der Bevölkerung. In den westlichen Besatzungszonen waren dagegen nur 52,5 je 100 000 der Bevölkerung, was einer Gesamtzahl von über 2 500 Tuberkulosetoten entsprach, registriert. In der sowjetischen Besatzungszone starben 1949 107 227 Menschen an Tuberkulose. Unter
ihnen waren 1 256 Kinder unter 15 Jahren.
     Die sowjetische Militäradministration (SMAD) hatte schon 1946 den Befehl 297 erlassen, der nach den Prinzipien von Robert Koch die Bekämpfung der Tuberkulose streng regelte. Dieser Befehl bildete dann auch in der DDR die solide Grundlage für alle Maßnahmen gegen die Tuberkulose.
     Innerhalb von zwei Jahren wurden rund 30 000 Betten für die Isolierung und Behandlung der ansteckenden Tuberkulosepatienten bereitgestellt. In Ost-Berlin standen ausreichend Krankenhausbetten zur Verfügung. Tuberkulosebetten wurden in Berlin- Buch im Dr.-Heim- Krankenhaus, im sogenannten Waldhaus Buch und im Krankenhaus Herzberge eingerichtet.
     Außerhalb von Berlin standen die Heilstätten Beelitz und die Helmut- Ulrici- Klinik in Sommerfeld zur Verfügung. Berliner Patienten wurden auch in Lungenheilstätten Thüringens verschickt. In West-Berlin waren die Lungenkliniken Heckeshorn, Havelhöhe und Tuberkuloseabteilungen in den großen Krankenhäusern wie dem Urbankrankenhaus und der Virchowklink aufnahmebereit.
     Es war ein großes Glück, daß mit Kriegsende 1945 auch die ersten hochwirksamen Antituberkulotika zur Verfügung standen. Mit Streptomycin, INH, TBI und PAS konnten selbst Schwerkranke geheilt werden. Die Chemotherapie der Tuberkulose war in der Kombination mehrerer Mittel so sicher
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geworden, daß die Behandlung auch ambulant durchgeführt werden konnte. Voraussetzung war allerdings, daß die Patienten die verordneten Medikamente regelmäßig in der richtigen Dosierung einnahmen. In der DDR galten verbindliche Chemotherapieempfehlungen seit 1961, die Therapie wurde grundsätzlich stationär eingeleitet und ambulant fortgeführt. Dafür waren Kontrollen der Einnahme der Medikamente vorgeschrieben.
     Die katastrophale Ausgangssituation der DDR 1949 wurde durch die systematischen Bekämpfungsmaßnahmen zu einer immer besseren Position hinsichtlich der Krankheits- und Sterbeziffern im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, vor allem auch der BRD, ausgebaut. Allerdings hatte die BRD durch den hohen Ausländeranteil mit starker Tbc- Durchseuchung wesentlich ungünstigere Bedingungen.
     Der große Unterschied zwischen DDR und BRD von 1949 in der Tbc- Erkrankungshäufigkeit war 1968 bereits ausgeglichen. 1978 lag die Ziffer der Neuerkrankungen in der DDR bei 30,4 : 100 000, in der BRD erkrankten 1978 dagegen 48,1 je 100 000.
     Bei den Kindern von 0–15 Jahren wurde das noch deutlicher: 1978 DDR 0,5 – BRD 19,2 : 100 000 der Altersgruppe.
     Ähnlich waren die Unterschiede auch in den Stadtbezirken in West- und Ost-Berlin. So wurden z. B. in West-Berlin 1985 fast 60 : 100 000 Tbc- Zugänge registriert. Zur
gleichen Zeit gab es in Ost-Berlin weniger als 20 : 100 000 Tbc-Fälle. Nach der Vereinigung wurden 1990 rund 36 : 100 000 Tbc-Fälle im Westteil registriert, während es im Ostteil nur rund 15 : 100 000 Einwohner waren.
     1995 war der Unterschied infolge der Wanderungsbewegung zwischen Ost und West geringer, aber mit 20,5 im Westteil und 15,4 im Ostteil wirkten sich die günstigen Ost-Zahlen auf den Gesamtdurchschnitt Berlins von 21,0 sicher vorteilhaft aus. In gleicher Weise verstärkte sich auch der Rückgang der Zugänge an Tuberkulose im Bundesdurchschnitt durch den Beitritt der neuen Bundesländer mit den niedrigen Erkrankungszahlen deutlich.
     Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte in diesem Jahr den 24. März zum Welt- Tuberkulosetag erklärt. 1882, also vor 116 Jahren, gab Robert Koch in Berlin die Entdeckung des Erregers der Tuberkulose bekannt. Aber es ist bisher nicht gelungen, die weitere Ausbreitung der Tuberkulose in der Dritten Welt entscheidend zurückzudrängen. Obwohl die spezifischen Medikamente fast hundertprozentige Heilung bringen können, stehen diese Antituberkulotika für die Betroffenen nicht zur Verfügung. Es fehlt an Geld, medizinischem Personal und Infrastruktur des Gesundheitswesens. 20 Millionen Menschen haben eine ansteckende Tuberkulose.

Bildquellen: Gartenlaube, Archiv Autor

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