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Gert Taraschonnek
Er gehörte zu den Mitbegründern der CDU

Ehrenbürger Jakob Kaiser
(1888–1961)

Als Sohn eines Buchbindermeisters am 8. Februar 1888 im unterfränkischen Hammelburg geboren, erlernte Jakob Kaiser nach dem Besuch der Volksschule den Beruf seines Vaters. 1912 schloß er sich der Deutschen Zentrumspartei und der Christlichen Gewerkschaftsbewegung (CGD) an, deren Kartellsekretär er bis 1921 war. Diese Tätigkeit führte ihn zuerst nach Köln und 1921 nach Berlin. In den Jahren 1925 bis 1933 fungierte er als Landesgeschäftsführer der Christlichen Gewerkschaften Rheinland-Westfalen. Als Abgeordneter und Mitglied des Zentrum-Reichsvorstandes gehörte er bis 1933 dem Deutschen Reichstag an.
     Von den Nationalsozialisten seiner Ämter enthoben, wurde Jakob Kaiser 1933, als er der Unterstellung der Christlichen Gewerkschaften unter die Deutsche Arbeitsfront seine Zustimmung verweigert hatte, vorübergehend verhaftet. In einer zehn Jahre währenden Auseinandersetzung mit der

Jakob Kaiser
Arbeitsfront setzte er sich nach Auflösung der Gewerkschaften für die materiellen Rechte der ehemaligen Gewerkschaftsangestellten ein.
     Zugleich knüpfte er Kontakte zu verschiedenen Bereichen des Widerstandes gegen das nationalsozialistische System und zählte zu den Führungskräften jener gewerkschaftlichen Gruppen, die Widerstandsarbeit leisteten. Unter dem Verdacht der Vorbereitung zum Hochverrat wurde Jakob Kaiser 1938
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für zehn Monate von der Gestapo inhaftiert. Da er zum engsten Kreis der Männer des 20. Juli gehörte, mußte er sich wegen der einsetzenden Verfolgungswelle neun Monate lang in einem Keller in Babelsberg verborgen halten.
     1945 gehörte Jakob Kaiser zu den Mitbegründern der Christlich-Demokratischen Union und übernahm deren Vorsitz für Berlin und die sowjetische Besatzungszone. Er war Mitglied des Vorbereitenden Gewerkschaftsausschusses Groß-Berlin und 1946/47 des FDGB-Bundesvorstands sowie des Landesvorstands Groß-Berlin. Im Dezember 1947 erfolgte durch die sowjetische Besatzungsmacht seine Absetzung, da er sich gegen die »Blockpolitik« und die Teilnahme der Ost-CDU am 1. Deutschen Volkskongreß ausgesprochen hatte.
     Von 1946 bis 1949 gehörte er der Berliner Stadtverordnetenversammlung an und vertrat die Stadt im Parlamentarischen Rat in Bonn. 1949 wurde Jakob Kaiser als Abgeordneter der CDU in den ersten Bundestag gewählt und zum Minister für Gesamtdeutsche Fragen berufen. Zehn Jahre – zwischen 1948 und 1958 – arbeitete er als Vorsitzender der Sozialausschüsse in der CDU. 1950 übernahm er den Vorsitz der Exil-CDU und wurde Stellvertretender Vorsitzender, ab 1958 Ehrenvorsitzender der CDU in der Bundesrepublik.
     Zu seinem 70. Geburtstag, am 8. Februar 1958, wurden die Verdienste Jakob Kaisers
um Berlin mit der Verleihung der Ehrenbürgerrechte geehrt. Wenig später – am 7. Juni 1958 – ehrte ihn die Stadt Homburg mit ihrer Ehrenbürgerwürde wegen seiner Verdienste um die Wiedervereinigung des Saarlandes mit Deutschland.
     Mit Jakob Kaiser ernannten der Senat und das Abgeordnetenhaus erstmals einen CDU-Politiker zum Ehrenbürger der Stadt. Geehrt wurde mit Jakob Kaiser nicht nur der frühere Reichstagsabgeordnete und Führer der christlichen Gewerkschaften, sondern auch der aufrechte Widerstandskämpfer in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. »Darüber hinaus«, heißt es in der Ehrenurkunde, »sollen durch diese Ehrung seine Mitwirkung bei der Gründung der CDU für Berlin und die sowjetisch besetzte Zone und des Kuratoriums >Unteilbares Deutschland< und nicht zuletzt seine aufopferungsvolle und selbstlose Arbeit als Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen ihre volle Würdigung finden.«
Jakob Kaiser starb am 7. Mai 1961 in Berlin.

Bildquelle:
CDU Landesverband Berlin

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