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Es geschah gestern in Berlin
Februar 1998

Was gestern noch Schlagzeilen machte, ist heute fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Wir dokumentieren deshalb Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit.

1. Februar
Die Konsumgenossenschaft Berlin
kauft ihren Firmensitz in der Josef-Orlopp-Straße 32–36 (Lichtenberg) zurück. Das unter Denkmalschutz stehende Haus war 1992 wegen vorübergehender wirtschaftlicher Engpässe verkauft worden.
Klirrende Kälte hat in Berlin Einzug gehalten.
Auf dem Flughafen Tegel wurde mit minus 12,8°oC der niedrigste Wert des Jahres gemessen.

2. Februar
Die Ergebnisse des Architektur-
wettbewerbs
für die 1999 stattfindende »Bauausstellung Elisabeth-Aue« sind in den Foyers des Rathauses Pankow ausgestellt. Mit dem Bau preiswerter Eigenheime will der Bezirk der Abwanderung ins Umland entgegenwirken.
Eine Gedenktafel wird am ehemaligen Wohnhaus der als »Mutter Lustig« bekannt gewordenen Waschfrau Henriette Lustig am Alten Markt 4 (Köpenick) angebracht. Sie begründete mit ihrem Gewerbe den Ruf Köpenicks als »Waschküche Berlins«.

3. Februar
Der Jugendhilfeausschuß
von Prenzlauer Berg weist Vorwürfe des Bundes der Antifaschisten zurück, vom Jugendclub »Baracke« an der Fröbelstraße gingen Neonazi-Aktivitäten aus.

4. Februar
Das Verwaltungsgericht Berlin
entscheidet, daß Hertie das ehemalige Wertheim-Grundstück am Leipziger Platz (Mitte) nicht zurückerhält. Die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft hatte gegen einen Bescheid von 1991 geklagt und Recht bekommen.
Für den Umzug der DGB-Zentrale von Düsseldorf nach Berlin im Jahr 2002 setzt sich der DGB-Vorsitzende Dieter Schulte ein. Standort werde vermutlich ein ehemaliges Gewerkschaftshaus in der Wallstraße in Mitte sein.

5. Februar
An den bundesweiten Protesten
gegen die Massenarbeitslosigkeit beteiligen sich in Berlin Tausende Menschen. Mehrere hundert Berliner forderten gewaltsam Einlaß in das Rote Rathaus. Es flogen Tomaten und Flaschen. Die Polizei erschien in Kampfuniform.
Räume der Berliner Bank und ihrer Frankfurter Niederlassung werden von 120 Steuerfahndern durchsucht. Das Verfahren wurde wegen des Verdachtes der Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet.

6. Februar
Ruhrgas
beantragt vor dem Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf der Gasag an ein Konsortium von Bewag und Gaz de France. Damit wurde Berlins wichtigste Privatisierung und der 1,4-Milliarden-Kaufpreis blockiert.
Der ehemalige Plenarsaal des Abgeordnetenhauses im Rathaus Schöneberg erhält den Namen »Willy-Brandt-Saal«. Die Feier war Auftakt für eine Vortragsreihe über den ehemaligen Regierenden Bürgermeister und Bundeskanzler.

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7. Februar
Der Berliner Boxer Graciano Rocchigiani
sagt den Weltmeisterschaftskampf gegen Michael Nunn (USA) wegen einer fiebrigen Erkältung wenige Stunden vor Beginn des Wettkampfes in der Max-Schmeling-Halle ab.
Zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Nagano singt der Ernst-Senff-Chor Schillers »Ode an die Freude« aus Beethovens IX. Sinfonie synchron zum japanischen Orchester in Nagano um 4.44 Uhr vor dem Brandenburger Tor.

8. Februar
Die Berliner Seniorenmesse
»Aktiv im Alter '98« geht nach drei Tagen zu Ende. Über 80 Aussteller waren vertreten.

9. Februar
Das American Jewish Committee
(AJC) eröffnet in Berlin ein Büro. Es ist die erste amerikanisch-jüdische Organisation, die ein ständiges Büro in Deutschland unterhält.
An Protestaktionen vor der dritten Tarifrunde für den öffentlichen Dienst beteiligen sich Hunderte Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung. Mit 40 Fahrzeugen versammelten sie sich am Platz der Luftbrücke, 250 Mitarbeiter vor dem Bezirksamt Wilmersdorf.

10. Februar
Am 100. Geburtstag
von Bertolt Brecht legen viele Berliner am Grab des Schriftstellers und Dramatikers auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof (Mitte) Kränze und Blumengebinde nieder. Die Akademie der Künste ehrte Brecht mit einem Festakt.
Die Zahl der in Berlin lebenden Ausländer ist erstmals seit der Vereinigung zurückgegangen, teilt das Statistische Landesamt mit. Ende 1997 seien 440 247 Ausländer gemeldet gewesen, rund ein Prozent weniger als im Vorjahr.

11. Februar
Die 48. »Berlinale«
werden im Zoo-Palast (Charlottenburg) eröffnet. Bis zum 22. Februar waren mehr als 300 Filme zu sehen. 25 Streifen bewarben sich um die Goldenen und Silbernen Bären.
Der erste Berlin-Bonner Karneval wird in Berlin eröffnet. Karnevalsprinz war Bundesminister Eduard Oswald, Umzugsbeauftragter der Bundesregierung.
Zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und 250 Demonstranten kommt es am Rande einer Veranstaltung mit Bundesinnenminister Manfred Kanther vor der Freien Universität Berlin. Kanther hatte über »innere Sicherheit in Deutschland« referiert.

12. Februar
Eduard Vermander
, Chef des Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz, erklärt im Abgeordnetenhaus, daß sich die Zahl der rechten Gewalttaten in Berlin verdoppelt habe. 1997 wurden 60 einschlägige Delikte registiert, 1996 waren es »nur« 33.
Die Berliner Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) unterbreitet einen Vorschlag zur Schaffung neuer Beschäftigungsverhältnisse für Sozialhilfeempfänger. Sie will die Sozialhilfe für reguläre Arbeit auszahlen lassen.

13. Februar
Claudio Abbado
wird seinen Vertrag als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker über das Jahr 2002 hinaus nicht verlängern, bestätigen Orchestervorstand und Intendanz.
»Fairplay statt Jugendgewalt« lautet das Motto einer Veranstaltung, die das Bezirksamt Friedrichshain erstmals in einigen Jugendklubs durchführt. Während der Streetball-Night von 21.00 Uhr bis 3.00 Uhr konnten Jugendliche um die Wette dribbeln.

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14. Februar
Die Fußballmannschaft
Hertha BSC besiegt im Berliner Olympiastadion (Charlottenburg) den Deutschen Meister Bayern München mit 2:1 (1:0). Mit 76 000 Zuschauern war das Stadion ausverkauft.
Als Spitzenkandidatin der Berliner Grünen wird Andrea Fischer in den Bundestagswahlkampf ziehen. Weitere Kandidaten, die von einer Mitgliedervollversammlung von Bündnis 90/Die Grünen bestätigt wurden, waren Christian Ströbele und Franziska Eichstädt-Bohlig.

15. Februar
Zur »Langen Nacht der Museen«
kommen über 75 000 Besucher in die Ausstellungen – das sind 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Überall gab es bei milden Außentemperaturen Musik, Lesungen, Sonderführungen und Performances.
Der Koalitionsausschuß von CDU und SPD kann sich auch nach achtstündigen Verhandlungen nicht endgültig über die geplante Berliner Bezirksreform einigen.

16. Februar
Neuer Intendant des SFB
wird der bisherige Fernsehdirektor des Senders Freies Berlin, Horst Schättle. Er erhielt im zweiten Wahlgang 20 von 28 Stimmen der anwesenden Mitglieder des Rundfunkrates.
Die Notfallseelsorge teilt mit, daß sie 1997 119mal alarmiert worden ist, die doppelte Zahl im Vergleich zum Vorjahr. Meist sei ihre Aufgabe die Betreuung Hinterbliebener gewesen. In Berlin gibt es 40 örtliche Notfallseelsorger.

17. Februar
Die »Utech Berlin 98«
wird im Haus am Köllnischen Park (Mitte) eröffnet. 78 Aussteller aus dem gesamten Bundesgebiet zeigten Neuheiten im Bereich des Umweltschutzes. Veranstalter der Utech war das Fortbildungszentrum Gesundheits- und Umweltschutz Berlin.

Im Heimatmuseum Tiergarten in der Zwinglistraße findet das erste Treffen von Zeitzeugen statt, die Informationen über den Kriegsgräberfriedhof in der Wilsnacker Straße geben können. Dort wurden im Mai 1945 über 300 Opfer der SS bestattet.

18. Februar
Der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses
bewilligt mit den Stimmen von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen 12,8 Millionen Mark aus der Landeskasse für die Ausstellungen und Veranstaltungen zur Jahrtausendwende in Berlin.
Die neuen Gebäude der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Lichtenberg, Pankow und Reinickendorf werden übergeben. Die freiwerdende Frauenhaftanstalt Plötzensee mit 270 Plätzen soll für den geschlossenen Männervollzug genutzt werden.

19. Februar
Ein »Ort des Nachdenkens«
soll am »Sowjetischen Speziallager Nr. 3« und späteren Stasi-Gefängnis in der Genslerstraße (Hohenschönhausen) entstehen. Ein entsprechendes Konzept wurde in der Bezirksverordnetenversammlung Hohenschönhausen vorgestellt.
Gegen die Schließung der Deutschlandhalle (Charlottenburg) und ihren möglichen Abriß spricht sich die SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses aus. Die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und PDS lehnten die Schließung bereits ab.

20. Februar
Ein Kabelbrand
bringt nach 16.20 Uhr den gesamten Zugverkehr im Bahnhof Zoo zum Erliegen. Der Fern-, Reise- und Regionalverkehr wurde eingestellt. S-Bahnen durften nur noch bis Westkreuz bzw. Warschauer Straße fahren.
Ein »Kultur- und Tourismus-Verein Kreuzberg« wird im Stadtbezirk gegründet.

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21. Februar
Mehr als 14 400 Fahrzeuge
überprüft die Polizei rund um Diskotheken und Jugendtreffs in Berlin und Brandenburg. Allein in dieser Nacht gab es in Berlin 94 Strafanzeigen sowie 1 216 Verwarnungen wegen Alkoholgenusses und überhöhter Geschwindigkeit.

22. Februar
Der Film »In Nacht und Eis«
, der erste Spielfilm über den Untergang der Titanic aus dem Jahre 1912, wird im Kino Filmkunst 66 (Charlottenburg) aufgeführt. Kopien des verloren geglaubten 40-Minuten-Streifens wurden in der Kinemathek und bei Filmfreunden gefunden.

23. Februar
Die Komische Oper
(Mitte) lädt am Rosenmontag zur »Zwangsvorstellung« ein. Es wurden Texte von Karl Valentin und Filmschlager der 20er und 30er Jahre geboten.

24. Februar
Der Berliner Anwaltsverein
gibt bekannt, daß es in Berlin 6 163 zugelassene Anwälte gibt. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl um 581 an. Im Jahr zuvor lag die Zuwachsrate bei 461.
Das letzte besetzte Haus der Stadt in der Lichtenberger Pfarrstraße wird von 260 Polizisten geräumt. In dem Haus befanden sich noch elf Menschen.
Ein Hund wurde erschossen.

25. Februar
Einen Politischen Aschermittwoch
veranstaltet die Berliner CDU. Innensenator Jörg Schönbohm und Berlins CDU-Generalsekretär Volker Liepelt setzten sich für einen Aufbruch der »98er-Bewegung« in der eigenen Partei ein.

26. Februar
Im Lustgarten
(Mitte) werden vier Baumreihen mit 50 im Jahre 1951 gepflanzten Linden gefällt.
Die Aktion war Teil der Umgestaltung nach historischem Vorbild: Karl-Friedrich Schinkel hatte den Garten entsprechend der Größe des Alten Museums angelegt.
Auf ein neues Modell der Bezirksgebietsreform einigt sich die Berliner Koalition nach langen Verhandlungen. Demnach sollen bis zum Jahr 2001 in mehreren Schritten 12 Bezirke gebildet werden.

27. Februar
Eine Abordnung
des Projektes »Absolute Mehrheit« erscheint im Berliner FDP-Büro und präsentiert 2 687 Aufnahmeanträge. Wenn alle Anträge berücksichtigt würden, hätten die Studenten tatsächlich die absolute Mehrheit gehabt.
Die Jury für ein Denkmal, das an den Aufstand vom 17. Juni 1953 erinnern soll, gibt bekannt, daß keiner der 54 eingereichten Entwürfe akzeptabel ist. Eine grundsätzliche Neudiskussion wurde empfohlen.

28. Februar
Die Ausstellung
»ZionsSehnsucht – Auf dem Weg zum Staat Israel«, der am 14. Mai vor 50 Jahren gegründet wurde, wird in der Akademie der Künste (Hanseatenweg, Tiergarten) eröffnet.
Zum 5. Geburtstag des Jugendsenders »Fritz« findet in der Columbiahalle (Kreuzberg) eine »Fritz-Radio-Show« statt.

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© Edition Luisenstadt, 1998
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