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ten es dem Wanderer durch die Mark Brandenburg besonders angetan. Als er das Schloß besuchte, bedauerte er, daß es bereits ausgeschlachtet war. »Aber wohin die Hand der Zerstörung buchstäblich nicht reichen konnte, – die hohen Deckengemälde, sie sind geblieben und sprechen zu uns von jener Morgenzeit brandenburgischer Macht und brandenburgischer Kunst.« Wonnige Nichtigkeiten nannte der Dichter die Apotheosen, darunter auch solche, die die kolonialen Ambitionen des Großen Kurfürsten, seinen Griff nach Afrika, verherrlichen. »Kaum ein Inhalt und gewiß keine Idee, und doch, bei so wenigem, so viel! Ein bequemes Symbolisieren nach der Tradition; in gewissem Sinne fabrikmäßig; alles aus der Werkstatt, in der die Dinge einfach gemacht wurden ohne besondere Anstrengung. Aber wie gemacht! Welche Technik, welche Sicherheit und Grazie.« Fontane fiel der Gegensatz auf zwischen der ehemals reichen Ausstattung unter dem ersten Preußenkönig Friedrich I. (1657–1713, König ab 1701) und dem, was unter dem »Sparsamkeits-König« Friedrich Wilhelm I. (1688–1740, König ab 1713) geschah. Die holländische Jacht, die 1709 die Könige von Preußen, Polen und Dänemark zu einem Treffen von Potsdam nach Caputh trug, wurde gegen Riesensoldaten getauscht und kam zum russischen Zaren Peter I.
     Caputh »sank zu einem bloßen Jagdhause herab, an dem alsbald der mit holländischen
Hans Hauser
Hilfe für Schloß Caputh

Kurfürsten erholten sich in dem Schloß bei Potsdam von der Jagd, Könige feierten im Garten rauschende Feste, Landwirte fuhren auf dem Gut die Ernte ein. In DDR-Zeiten drückten in barockem Ambiente Agronomen, Melioratoren und Elektroniker die Schulbank des zur Bildungsstätte umfunktionierten Schlosses Caputh. Malerisch am Templiner See in einem jetzt verwilderten Lenné-Park gelegen, sah das Gut schon viele Herren und mußte, namentlich nach der Enteignung 1945, viele Verluste hinnehmen. Dem Lustschloß der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen steht ein zweiter Frühling bevor. Schon in diesem Jahr sollen die ersten restaurierten Räume des Schloßmuseums für Besucher geöffnet werden, bestückt mit Bildern und Möbeln aus der Zeit um 1700, der glanzvollsten Periode in der Schloßgeschichte.
     Theodor Fontane rang nach Worten, als er die Reste einstiger Pracht in diesem »märkischen Juwel« beschrieb. Die Ausmalungen mit dem von der Decke lächelnden Kurfürstenpaar Friedrich Wilhelm (1620–1688, Kurfürst ab 1640) und Dorothea, mit Puttenprunk und gekrönten Monogrammen, hat-

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Fliesen ausgelegte Souterrainsaal, weil sich's drin wie in einem Weinkeller pokulieren ließ, das Beste war. Von seinem alten Bestand über der Erde blieben dem Schlosse nur der Kastellan und die Bilder, wahrscheinlich weil mit beiden nichts anzufangen war«, spekulierte Fontane. »Der Kastellan war ein alter Türke, das rettete ihn; die Deckengemälde aber – in den Schlössern waren ihrer ohnehin mehr denn zuviel, und wenn die Schlösser sie nicht aufnehmen konnten, wer damals in brandenburgischen Landen hätte sein Geld an die sinnbildliche Verherrlichung der Künste, an Minerva und Caliban, an Borussia und die Mohrenkönigin gesetzt! Auch heute noch sind ihrer nicht viele.«      Die dem Zugriff von Banausen und Modernisierern entzogenen Deckengemälde gehören zweifellos zum Besten, was sich aus der Zeit vor Andreas Schlüter, dem großen Bildhauer und Schloßbaumeister, in der Mark Brandenburg erhalten hat. Neben den Schlössern Köpenick und Oranienburg gilt die Caputher Sommerresidenz als das wichtigste Zeugnis ländlicher Schloßbaukunst jener Zeit. Nach dem Verlust des Berliner und des Potsdamer Stadtschlosses sind Erhalt und Pflege des Erhaltenen besonders wichtig. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, seit 1995 Besitzerin des Anwesens, hat Sanierung und Restaurierung des Schlosses Caputh und des dazugehörenden Parks da- her ganz oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt.
     Da bei den jetzt laufenden Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten immer wieder unbekannte Schäden festgestellt werden, reichen die Mittel – bisher wurden zwei Millionen Mark investiert – nicht. Jeder Beitrag von Sponsoren und Stiftungen sei daher hochwillkommen, sagt der Generaldirektor der Preußischen Schlösserstiftung, Hans-Joachim Giersberg. Aufgrund einer Spende von 1,7 Millionen Mark, überreicht von der Berliner Cornelsen Kulturstiftung, können 1998 dringend notwendige Arbeiten von der Gemälderestaurierung bis zur Erneuerung der Außenfassade nach historischen Befunden zügig vorangebracht werden. Die Schulbuchverlegerin Ruth Cornelsen bezeichnete ihr Engagement in Caputh und bei anderen Denkmal-Pflegefällen in Berlin und den neuen Bundesländern als »Anstiftung um zu stiften«. Sie hoffe, daß das Beispiel Schule macht.
     Das ehemalige kurfürstliche Jagd- und Lustschloß überwindet langsam die Folgen jahrzehntelanger Vernachlässigung und falscher Nutzung. Die Deckengemälde, der mit blaubemalten Fliesen ausgekleidete Speisesaal aus der Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. im Souterrain, der verwilderte Lenné-Park sind für Restauratoren und Gartendenkmalpfleger eine große Herausforderung. Lange bestand für die Statik Gefahr, weil die zum Teil über
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300 Jahre alte Dachkonstruktion vom Hausschwamm befallen war. In DDR-Zeiten war das Dach zwar neu gedeckt worden, was von weitem gut aussah. Der angegriffene Dachstuhl aber wurde erst jetzt saniert – Startzeichen für die Gemälderestauratoren und Vergolder, die Stukkateure und Tischler. Besondere Probleme bestehen im Fliesenkeller aus der Zeit um 1720. In dem grottenartigen Raum muß jede der über 7 000 Fliesen geprüft werden, ob sie noch in der Wand haftet. Lose Fayence wird neu befestigt, fehlende Platten müssen ersetzt werden. Der Verein der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Mittel für die insgesamt 65 Baustellen der Schlösserstiftung und für den Ankauf musealer Gegenstände auftreibt und sich besonders auch in Caputh engagiert, hat aus Hamburger Privatbesitz holländische Fliesen erworben, die in die Fehlstellen eingefügt werden. Der Verein hat bisher 348 000 Mark für die Restaurierung des Saals und den Ankauf der Fliesen zur Verfügung gestellt. Im Speisesaal wurden Teile eines elegant geschwungenen Brunnens gefunden. Auch er soll wiederhergestellt werden.
     Von den brandenburgischen Herrschern als Jagdschloß und Witwensitz genutzt, erlebte der Herrensitz erst nach dem Dreißigjährigen Krieg seine Glanzzeit. Der kurfürstliche Generalquartiermeister und Baumeister des Potsdamer Stadtschlosses,
Philipp de Chièze, erhielt Schloß und Gut Caputh als kurfürstliches Geschenk und errichtete auf den Trümmern eines älteren Gebäudes ein Herrenhaus. Es fiel nach dem Tod des Besitzers wieder an den Kurfürsten Friedrich Wilhelm zurück und wurde zur repräsentativen Dreiflügelanlage erweitert. Wie schon in Köpenick und anderen Schlössern zu beobachten, verloren die Hohenzollern im Laufe des 18. Jahrhunderts das Interesse an dem Anwesen. Friedrich der Große, der Bauherr von Sanssouci, gar verpachtete nach dem Siebenjährigen Krieg das Gut an einen Färber für »türkisches Garn«.
     Daß Caputh nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 von der Krone an Privatleute verkauft wurde, hat dem Schloß glücklicherweise nicht geschadet. Die neuen Besitzer respektierten im wesentlichen die ursprüngliche Raumstruktur, bauten aber moderne Sanitär- und Heizungsanlagen und fügten einen Seitentrakt an. Peter Joseph Lenné entwarf einen Landschaftspark, der in den nächsten Jahren zurückgewonnen werden soll. Für die Neueinrichtung als Schloßmuseum stellt die Schlösserstiftung barocke Möbel, Gemälde und andere Ausstattungsstücke bereit. Einige stammen noch aus dem Caputher Schloß und kehren nun nach langer Irrfahrt an den Ursprungsort zurück.
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Das Lustschloß – eine Chronik

1317 Erstmalige Erwähnung des Fischerdorfs Caputh.
Um 1548 erwirbt Kurfürst Joachim das Gut, das mehrfach den Besitzer wechselt.
1662 Philipp de Chièze erhält Caputh als Geschenk und baut auf den Grundmauern der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Sommerresidenz der Kurfürstin Katharina von Brandenburg einen neuen Landsitz.
1671 Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm überschreibt nach de Chièzes Tod das Anwesen seiner zweiten Gemahlin Dorothea. Wer den großzügigen Umbau geleitet hat, ist nicht bekannt.
1691 Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I., schenkt Schloß und Gut seiner Gemahlin Sophie Charlotte, die sich allerdings alsbald ihrer neuen Residenz Lietzenburg, 1705 umbenannt in Charlottenburg, zuwendet.
1709 Friedrich I. feiert in Caputh mit (Friedrich) August dem Starken und dem dänischen König ein prächtiges Gartenfest. Laut Fontane soll das prächtige Schiff, auf dem die drei von Potsdam herbeigefahren waren, mit Silber- und Goldgeschirr im Wert von 100 000 Talern beladen gewesen sein.
Nach 1713 Das nunmehr verwaiste Schloß wird vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. gelegentlich als Jagdhaus genutzt.
1764 Friedrich der Große verpachtet das Anwesen, in dessen Nebengebäuden eine

Färberei beziehungsweise eine Lederfabrik eingerichtet werden.
1815 Das Königshaus verkauft das Schloß an den Generalleutnant von Thümen.
1828 Peter Joseph Lenné legt den Schloßgarten an.
1908 Verkauf an den Rittmeister von Willich, der einen Seitentrakt anfügen läßt.
1945 Enteignung im Zuge der Bodenreform, anschließend Nutzung durch die Rote Armee, die Provinzialregierung und als Landwirtschaftsschule.
1987 Beginn von Restaurierungsarbeiten in dem als Weiterbildungseinrichtung des Kombinats Elektronische Bauelemente Teltow verwendeten Schloß.
1995 Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg übernimmt Schloß und Park Caputh und beginnt mit Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten.
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Das alte Oranienburger Thor

Bildquelle: Berliner Kalender 1908

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