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»auf der grünen Wiese« seien einer gewissen
Megalomanie der SED-Politbürokratie entsprungen und hätten deren Selbstbespiegelung gedient
(das zunächst verbreitete höhnische Herabwürdigen der Bauleistungen im Zusammenhang mit allem, was »Platte« genannt werden konnte,
verstummte bekanntlich schon in dem Moment, als für die »Platten«-Bauten nach Käufern gesucht wurde ...).
Die Ausstellung beweist im Gegenteil den ziemlich langen Atem, mit dem Berliner Stadtplaner auf die Explosion der großstädtischen Ballungsräume in und unmittelbar bei ihrer Stadt reagiert haben, um auf Jahre und Jahrzehnte hinaus im Voraus Nutzungs- und Bebauungstrends in den Griff zu bekommen. Ein kurzer (wirklich sehr kurzer) Rückgriff auf den Hobrechtplan leitet zu der ersten Phase Berliner Planungsinteresses an den nordöstlichen Nachbardörfern über, als in der Hauptsache Standorte für das Anlegen von Rieselfeldern interessierten. Aber schon der nur wenig ins Blickfeld der Standardliteratur zur Berlin-Geschichte (allerdings mit der bedeutenden Ausnahme von Michael Erbe in dem Kapitel »Berlin im Kaiserreich« in Wolfgang Ribbes zweibändigem Standardwerk »Geschichte Berlins«, 1987) gelangte amtliche städtebauliche Wettbewerb von 1910 sah eine äußere Ringstraße von Erkner über Rüdersdorf, Altlandsberg, Seefeld nach Bernau vor, innerhalb derer an mit Grün durchmischte Wohngebiete gedacht war. Der in der Weimarer Republik angedachte Generalbebauungsplan blieb bei Einzelplänen stecken, weil der Republik 1933 der Garaus gemacht wurde; aber der Bevölkerungsplan von 1928 sah doch immerhin schon eine Erhöhung der damaligen Einwohnerzahl auf der Fläche der heutigen Neubaugebiete von 28 000 auf 366 000 vor. Speer als »Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt« ging 1939 von dem notwendigen Wohnungsbau für 445 000 Menschen im Siedlungsgebiet östlich von Friedrichsfelde bis zum Autobahnring aus. Der Generalbebauungs- und Generalverkehrsplan für Ost-Berlin von 1968 legte | |||||||
Historische Stadtplanungen für den Berliner Nordosten Ausstellung im Heimatmuseum Marzahn Das Heimatmuseum des »Neu-Bezirks« Marzahn
hat sich in den letzten Jahren bereits durch eine
Reihe von Ausstellungen zu lokalhistorischen
Themen zum Wort gemeldet und damit über die
Bezirksgrenzen hinaus Beachtung gefunden. Erinnert sei z. B. an die Würdigung von Propst Grüber als
Seelsorger in Biesdorf und an die in sensibler
Manier nachgezeichnete Zeit des schwierigen
Neuanfangs nach dem Mai 1945. Mit glücklicher Hand greift
das Museum unter seiner engagierten Leiterin
Dorothee Ifland dabei oft genug auf einheimische Kenner
der jeweils angesprochenen Materie zurück. Dieser Gewohnheit ist es mit vorliegender Ausstellung wieder treu geblieben: Dr. Günther Peters, über viele Jahre Stadtbaudirektor von Ost-Berlin und
an vorderster Stelle involvierter Begleiter der
Planungs- und ersten Aufbauphase der Neubaugebiete Marzahn, Hellersdorf, Hohenschönhausen, hat
der Ausstellung durch sein Wissen und die
archivalischen Bestände seiner »Forschungsstelle
Baugeschichte Berlin« ihr wesentliches Skelett
geliefert (und den Text für das Begleitheft verfaßt).
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Schattenrisse von Moses Mendelssohn, abgebildet auf den Seiten 88/89 | |||||||||||||||
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wurde«. (S. 6) Das früheste bekannte Bildnis
Mendelssohns, eine Miniaturmalerei auf Elfenbein, stammt aus dem Jahre 1767, in dem auch sein
»Phädon oder über die Unsterblichkeit der Seele«
erschien. Diese Arbeit hat Mendelssohn berühmt gemacht und ihm den Beinamen »deutscher
Sokrates« eingebracht. Als Gegenstück zur
herrschaftlichen Ahnengalerie, so Porstmann, eroberte das Bild des deutschen Bürgers die Salons, hing als Vorbild in Studierstuben. Und Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Domstiftsekretär in
Halberstadt, schuf sich einen »Tempel der Musen und
der Freundschaft«: »Ich will in meinem Cabinet
meine Freunde um mich herum hängen; sie sollen
sehen, was ich mache, und die Erinnerung ihrer
Tugenden soll meine Lehrerin seyn.« (S. 6) Gleim
bestellte beim Berliner Maler Christian Bernhard Rode
ein Ölbildnis Mendelssohns.
Porstmann unterscheidet bei den Gemälden zwei Bildnistypen: Porträts, die der klassischen Idealisierung des Abgebildeten folgen, und Darstellungen, die das Charakteristische herausarbeiten. Zur ersten Gruppe gehören das Bild von Rode, des weiteren u. a. ein Porträt des Malers Anton Graff, das der Leipziger Johann Friedrich Bause in Kupfer gestochen hat. Porstmann zitiert aus einem Dankschreiben Mendelssohns an Bause: »Herrn Grafs Pinsel und Ihr Grabstichel haben meinem Bilde alles wiedergegeben, was die Natur dem Originale versagt hat. Ich erkenne mein Bildniß, aber nicht so, wie ich es etwa im Spiegel warnehme; sondern wie ich meiner besten Freundin dreist in einem Morgentraume erschienen seyn mag.« (S. 29) Die Rückgratverkrümmung des Aufklärungsphilosophen, im Bild angedeutet, erscheint erstmalig in einem Porträt, das der Berliner Hofmaler und Akademiepräsident Johann Christoph Frisch von Mendelssohn schuf. »Dieser Makel, im Gegensatz zur idealisierten Körperproportion, wird seit Frischs Gemälde zum bildnerischen Topos. Die >äsopische Hülle< Mendels- | ||||||||
1759 erschienen bei Nicolai die »Briefe, die neuste Literatur betreffend«, abgebildet auf Seite 291 | ||||||||
den Moses und seine Frau Fromet einer
Berliner Synagoge spendeten, ist zu sehen. Auf diese Art einer für die Geistesgeschichte bedeutenden
Zeit nahezukommen, ist eine überaus spannende Angelegenheit. Und selten dazu: Ein Bildband in einer Gesamtausgabe ist einzig zu dem Mathematiker und Philosophen Bernard Bolzano
erschienen, auch im Frommann-Holzboog Verlag.
Porstmann widmet sich am Anfang der Beantwortung der Frage, »welche gesellschaftlichen Konstellationen es ermöglichten, daß ein Jude ohne jedes staatliche oder kirchliche Amt bildwürdig | ||||||||
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sohns erhält die Bedeutung eines symbolischen Attributes. Sie wird das Zeichen des Philosophen.« (S. 33)
Wie nun hat Moses Mendelssohn wirklich ausgesehen? Die 51 Bildnisse zeigen den Wandel vom jungen Mann zum Weltweisen. Allgemein sei man geneigt, so Porstmann, sich an das beeindruckende Frisch-Porträt zu halten. (Schade, daß sich der Leser beim »kleinen Frisch« aussuchen kann, ob das Gemälde 1784, wie auf Seite 34, oder 1786, wie im Bildtext auf Seite 35 berichtet wird, entstanden ist.) Für die größte Wirklichkeitsnähe spreche allerdings die Arbeitsweise Daniel Chodowieckis, von Schadow deshalb einst gerügt. »Ganz in diesem Sinne gilt eine Rötelzeichnung Chodowieckis von 1773 als das Mendelssohn ähnlichste Porträt.« (S. 41) Das Kapitel über Mendelssohns Zeitgenossen beginnt Porstmann mit dem Vorstellen seiner philosophischen Lehrer und Anreger, es folgen Mentoren, Freunde und Schüler, Mitglieder der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Vertreter gelehrter Gesellschaften, Regenten, Dichter, Schriftsteller, Philosophen, Theologen, Naturwissenschaftler. Ihnen allen kann man ins Gesicht schauen, sie alle sind in ihrer Beziehung zu Mendelssohn auch in Textskizzen dargestellt. Sehr bereichernd die vorangestellten Zitate, zumeist Briefen entnommen, die Mendelssohn an die Dargestellten schrieb oder von ihnen erhielt. So Immanuel Kant an Mendelssohn: »Es sind wenige so glücklich, vor sich und zugleich in der Stelle anderer dencken und die ihnen allen angemessene Manier im Vortrage treffen zu können. Es ist nur ein Mendelssohn.« (S. 235) 55 Zeitgenossen stellt Porstmann so vor, und das macht den vorliegenden 24. Band der Gesamtausgabe zu einer wahren Fundgrube für alle, die sich gewissermaßen auf einen Blick auch über die geistigen Kämpfe der Zeit informieren wollen. Porstmann hat die Personen, mit denen Mendelssohn die wichtigsten Auseinandersetzungen führte, unter einem eigenen | ||||||||
Der berühmte »Phaedon«, 1767 erschienen, Abbildung auf der Seite 295 | ||||||||
Kapitel zusammengefaßt: Michaelis, Lavater,
Jacobi, Reimarus. Da aber beispielsweise der Streit um den Spinozismus Lessings sowohl bei den involvierten Personen als auch in
Kommentierungen durch andere abgehandelt wird, wären
Querverweise eine Hilfe für den Leser gewesen. Zumal
es zwar ein gutes Personen-, aber kein
Sachwortregister gibt.
Das Besondere der Jubiläumsausgabe liegt nicht zuletzt in ihrer Entstehungsgeschichte: Begonnen 1929, anläßlich des 200. Geburtstages von Moses Mendelssohn, nach Erscheinen des siebenten Ban- | ||||||||
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stellung der Kriegsjahre in Berlin, noch eine
objektive Beschreibung der Berliner Verhältnisse
zwischen 1943 bis (sic!) 1945 und auch kein Text,
der dazwischenliegt«(BM 3/1996, S. 103), sei.
Da hat der Rezensent durchaus recht aber warum sagt er dann nicht, als was v. Kardorffs »Aufzeichnungen« dank Peter Hartl uns in dieser kritischen Ausgabe entgegentreten? Hartl hat die Neuausgabe der Publikation zwar mit einer feinfühligen Einleitung versehen, die der Protagonistin Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte und für einen Wert des Vorliegenden als authentische Quelle ficht. Das muß ihm im Interesse der verstorbenen Verfasserin hoch angerechnet werden denn es wäre natürlich auch eine andere Gewichtung möglich gewesen beim Abwägen zwischen Dichtung und Wahrheit als den beiden essentiellen Bestandteilen des Gedruckten: beim Hartl'schen Vergleich zwischen den im Nachhinein erst 1947! formulierten »Aufzeichnungen« und den tatsächlichen zeitgenössischen Eintragungen im erhaltenen Tagebuch der Ursula von Kardorff bleibt dem Leser in Dutzenden von Fällen das Verständnis für die Authentizität des Mitgeteilten verschlossen. Stellt man Dichtung (d. h. die 1947 bis ins Detail »nachempfundenen« Textstellen ohne jeden oder mit höchst blassem Beleg im Tagebuch) und Wahrheit (d. h. die authentischen Tagebucheintragungen, die uns Hartl zugänglich macht) gegenüber, dann ergibt sich eine eindeutige 1947 eingeführte Zweckgebundenheit mit der Zielrichtung auf den Aufbau eines Images von der überzeugten Anti-Nazi-Berlinerin, die stets mit der geballten Faust in der Tasche herumlief und aus dieser Haltung heraus auch ihre journalistische Arbeit bei der DAZ betrieb. Verinnerlichte sie dieses für sich selbst zusammengebastelte Bild mit der in solchen Fällen nötigen Konsequenz ja dann mußte bei v. Kardorff natürlich Unverständnis und Verbitterung aufkommen, wenn man infolge (anfänglicher) strenger amerikanischer Richtlinien sie nicht wieder wie selbstverständlich in die neue | Lizenz-Presse schlüpfen ließ. Nach einem
ersten hoffnungsvollen Anfang als Korrespondentin
der »Süddeutschen Zeitung« beim Nürnberger
Prozeß machte sich die damalige amerikanische
Politik, profilierten Journalisten aus den Redaktionen
der bedeutendsten deutschen Zeitungen der NS-Zeit keinen Zugang zu den neuen Presseorganen zu geben, für Ursula 1947 nachteilig bemerkbar.
Da schien es durchaus geboten, eine
rechtfertigende Publikation vorzulegen, die vielleicht die im
Kreis der Berufskollegen durchaus erinnerlichen
Durchhalteartikel in der großdeutschen DAZ der
Jahre 1943/44 vergessen machen konnte; die Frucht
solcher Überlegung gelangte dann allerdings erst 15 Jahre später auf den deutschen Buchmarkt
gedacht war aber bei ihrer Abfassung sehr
verständlich an eine Selbstfindung, die bestimmt nicht
für immer in einer verschlossenen Lade
verbleiben sollte, auch wenn eine vielleicht schon 1947/48 gewünschte Veröffentlichung klugerweise
zurückgestellt wurde.
Das geschah 1947/48 aus gutem Grund, denn gerade war v. Kardorffs Tun und Treiben bei der DAZ während der Jahre 19421945 in der Öffentlichkeit beim Namen genannt worden: Es war sogar der amerikanisch lizenzierte »Tagesspiegel« in Berlin gewesen, der seine Lizenzgeber publizistisch höchst wirksam über Kardorff'sche Durchhalteartikel auf Goebbels'scher Linie informiert und damit ihre Entfernung aus dem Mitarbeiterstab des amerikanischen Besatzungsorgans in deutscher Sprache »Die Neue Zeitung« bewirkt hatte! Immerhin konnte die Betroffene einige Jahrzehnte später doch noch einen Abglanz ihrer Enttäuschung zur Abstrafung von Kommunisten verwerten, denn es war nach ihrer Erinnerung »die kommunistische >Weltbühne<« (S. 391; ein sowjetisch lizenziertes Blatt war natürlich auch 1947 ganz selbstverständlich kommunistisch ...), die des »Tagesspiegels« Attacke zu einer Glosse mißbraucht hatte und so die Wut der Anti-Nazi-Journalistin auf sich ziehen mußte. | ||||||
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Mit sezierender Schärfe legt das Nebeneinanderstellen der 1947 im Nachhinein verfertigten Aufzeichnungen und der realen Tagebucheintragungen bloß, wie späterer Erkenntnisstand (der sei ihr nun doch für 1947 unterstellt ...) der Autorin die Feder führte bei Abfassung von Texten, die der eindeutigen Imagebildung dienten. Immer wieder muß Hartl bei langen antinazistischen Sentenzen kommentieren, daß sich im Originaltagebuch dazu nicht die geringste Eintragung findet. Der Aufschrei vom 3. 2. 1945 nach dem allerschwersten allierten Bombenangriff auf Berlin: »Warum stellt sich niemand auf die Straße und schreit >genug, genug<, warum wird niemand irrsinnig? Warum gibt es keine Revolution?« wird von Hartl, wie in unzähligen anderen Fällen, mit »Zur folgenden Eintragung unter diesem Datum kein Beleg im Original-Tagebuch« kommentiert (S. 287 f.). Man muß natürlich gerecht sein, denn nicht ohne Grund verweist v. Kardorff in ihrer wohl schon 1947/48 (oder erst 1962?) verfaßten Vorbemerkung darauf, daß sie selbstverständlich nicht so selbstmörderisch war, im Milieu des Dritten Reiches ihre oppositionellen, ja widerständlerischen Überlegungen bzw. gar Betätigungen niederzuschreiben: Die 1947 entstandenen »Aufzeichnungen« griffen auf Notizen in Taschenkalendern, auf Briefe und Tagebücher sehr privater Natur zurück. Die damit verbundene Behauptung »Nichts Neues, später Erfahrenes wurde eingefügt ...« (S. 33 f.) läßt sich allerdings relativ leicht widerlegen: So taucht z. B. unter dem 30. 11. 1944 (S. 265) die Zahl von 12 Millionen Fremdarbeitern in Deutschland auf eine Zahl, die man 1944 nicht wissen konnte, die ohnehin falsch war, die aber im Nürnberger Prozeß genannt wurde, dem die Verfasserin der »Aufzeichnungen« bekanntlich als Reporterin beiwohnte. Wenn unter dem 15. 1. 1945 festgehalten wurde, die Russen hätten am 13. 1. die Stadt Oels bzw. das Gut Klein-Oels bei Breslau eingenommen, wo sie am 12. 1. doch überhaupt erst ihre Weichsel-Oder-Operation begonnen und am Folgetag gerade an einigen Stellen die deut- | sche Front durchbrochen hatten der 13. 1. also offenbar mit dem 13. 2. verwechselt, aber einer
Aufzeichnung vom 15. 1. zugeordnet wurde , dann
leidet nicht nur die Authentizität, sondern
überhaupt die Glaubwürdigkeit des Textes. Regelrecht
makaber wird es bei den »Aufzeichnungen« zum 20.
Juli 1944: Was in der publizierten Ausgabe dem 20.
und 23. 7. 44 zugeordnet wird, entstammt einer
Rückbesinnung, die dem Kardorff'schen Tagebuch zum
ersten Jahrestag der Ereignisse anvertraut wurde (auch dieser Rückblick kann natürlich immer
noch recht zuverlässig sein), verwendet auch
authentische Tagebuch-Eintragungen vom 30. 12. 44
(einer Art Jahresrückblick), läßt aber wohlweislich den dort vorzufindenden Eintrag »diese ganze blöde Dilettanten-Revolution, die schon im Keim
erstickt wurde« unter den Tisch fallen. Dann ist der
Autorin aber bei der Benutzung ihrer Unterlagen am
ersten Jahrestag mit einem Blick auf diese Passage
wenigstens noch eingefallen, handschriftlich »Dieses
aus Vorsicht so geschrieben« hinzuzufügen (S. 215):
Was soll der Leser denn nun glauben? Und ähnlich
steht es mit dem angeblichen Zitat einer
Goebbels'schen Bemerkung über »leichtes Gepäck«, die in den
»Aufzeichnungen« unter dem 1. 2. 1944 beim Verlust
der zerbombten Wohnung auftaucht: das »leichte
Gepäck«, mit dem man unbeschwerter kämpfe, hat der versoffene Arbeitsfront-Chef Robert Ley
erfunden aber erst im Frühjahr 1945. Wen wundert
es da, wenn Herausgeber Hartl auch auf dieser
Seite (S. 159) konstatieren muß: »Zur weiteren
Eintragung unter diesem Datum kein Beleg in den Original-Aufzeichnungen.«
Einen tiefen Einblick in die wirkliche Gedankenwelt der 1947 aus den manipulierten »Aufzeichnungen« erstehenden, 1937 bis 1945 bei einem Sprachrohr der NS-Politik tätigen vorgeblichen Anti-Nazi-Journalistin v. Kardorff vermittelt die von Hartl mitgeteilte Tagebucheintragung vom 22. 5. 1945 (also zwei Wochen nach der deutschen Totalkapitulation!), die über Berlin sinniert, daß von dort »nur | ||||||
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ganz spärliche und billige Propaganda« über die Sowjetsender in die ländliche süddeutsche
Abgeschiedenheit dringe und den Alliierten böse
anrechnet, daß sie alles einzustecken scheinen, »was
ihnen Stalin bietet, sie haben jetzt auch schon auf eine gemeinsame Besatzung verzichtet« (welche
Latrinenparole man natürlich den Amerikanern
1947/48 selbst nicht mehr als einstige kurzzeitige
Schreckensvision anbieten konnte!!): »Es gibt nur
eine Hoffnung, daß die Spannung zwischen Sowjets
und den Alliierten so zunimmt (Triest), daß bald
ein Krieg kommt. Ein Wunschtraum, unsere Soldaten mit ihrer Erfahrung und amerikanischer
Ausrüstung und englische Luftwaffe! Das wäre wohl
ein Ziel, ich würde sofort mitmachen, als was auch
immer, denn diese rote Pest in Deutschland ist zu gefährlich.« (S. 328) Da scheint die
Indoktrinierung der angeblich so distanziert zu den Vorgaben
des Propagandaministeriums stehenden DAZ-Mitarbeiterin doch von erheblicher Wirkung gewesen
zu sein, wenn sie selbst nach der totalen
Niederlage noch den Hitler-Himmler-Goebbels-Faden
weiterspinnt, der aus dem Zusammenbruch der
Anti-Hitler-Koalition noch einen Ausweg für das
Dritte Reich erhoffte. Oder schlugen sich da
Erinnerungen an Diskussionen mit Personen aus dem Umkreis
der Verschwörer vom 20. Juli nieder, wo
bekanntlich auch eine Fraktion vertreten war, die sich die
nächste Zukunft nach dieser Richtung hin ausmalte? Aus den »Aufzeichnungen« durchweg getilgt ist 1947 auch der von Hartl mehrmals im Kardorff'schen Tagebuch gefundene Ausdruck »plutokratisch« ein typischer Bestandteil der NS-Indoktrination, darauf gemünzt, die westlichen Demokratien als pure Herrschaft des (implizit jüdischen) Geldsacks zu denunzieren übrigens eine Achillesferse für ideologische Anfälligkeit des ostelbisch-adlig geprägten Gedankenguts, das generell im Bürgertum nicht die für die Führung der Nation notwendigen Tugenden vertreten sah. Hartl hat neben der kritischen Nebeneinander- | stellung von apologetischem und wirklichem
Text der Ursula von Kardorff nicht nur einen
konkreten Beitrag zu einer interessanten Facette
menschlichen Geistes geliefert, der sich seit jeher über eine
Autobiographie abmüht, sein Selbstverständnis vom eigenen Ego in ein mehr oder minder großes
Publikum zu transportieren er hat auch
dankenswerterweise ohne große Worte den Quellenwert
von Autobiographien problematisiert: Das ist immer ganz besonders in einer Zeit vonnöten, in der
kollektive Verdrängung angesagt ist und modisch
vermarktet wird. Skeptisch muß der Historiker a
priori besonders dann sein, wenn ihm im Kontext
solcher Rechtfertigungsschriften viele Jahre später aus
dem Gedächtnis ausgegrabene wörtliche Aussprüche
begegnen. Wie mögen wohl immer wieder als
sakrosankt zitierte autobiographische Standardwerke
bestehen können, wenn sie mit der Hartl'schen Methode kritisch kommentiert erscheinen
könnten? Dank gebührt dem Herausgeber übrigens nicht
zuletzt für seine exakten Erklärungen der den
Nachgeborenen nicht mehr verständlichen Begriffe
oder gar 19421945 alltäglich gebräuchlicher
Abkürzungen, die heutigen Zeitgenossen verschlossen
bleiben müssen.
Alles in allem: Nach der Hartl'schen Ausgabe dürften die »Berliner Aufzeichnungen 1942 bis 1945« eigentlich ihr Leben als authentische Milieuschilderung weitestgehend ausgehaucht haben. Es muß eine gewisse Bequemlichkeit vorliegen, wenn man ihnen und ihrer Verfasserin dennoch in der Berliner Presse und einschlägigen Veröffentlichungen immer mal wieder so begegnet, als fände man darin die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Auch Wahrheit ist zweifellos zu finden aber dank Peter Hartl kann man sich seit 1992 der Mühe unterziehen, sie von der Dichtung zu trennen. Sie sei hiermit empfohlen. Kurt Wernicke | ||||||
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Antje Küpper,
Berliner Museumsführer Gebrauchsanleitung für neue Freizeiterlebnisse L & H Verlag, Hamburg, 4. Aufl. 1997 Bei der großen Zahl von Museumsführern, die
uns im Buchhandel und Museums-Shops begegnen, spricht es für die Qualität einer solchen
Publikation, wenn sie schon in vierter Auflage erscheint. Verglichen mit den vorangegangenen Auflagen, ist allerdings die Ausstattung opulenter geworden:
Die vorliegende ist erstmals komplett vierfarbig
gestaltet. Übersichtliche Karten, eine
orientierungserleichternde farbliche Abstimmung für die
einzelnen Abschnitte, ein ausgesprochen
benutzerfreundliches Inhaltsverzeichnis (das zugleich als Register dient
warum können eigentlich die Register
wissenschaftlicher Bücher nicht so leserfreundlich sein und
sowohl »Galerie der Romantik« wie auch
»Romantik, Galerie der« anbieten?) zählen zu den
empfehlenswerten Vorteilen dieses Museumsführers. Die
Gliederung in fünf regionale Museumsbereiche
(Mitte mit Museumsinsel; Charlottenburg mit
Museumsquartier; Tiergarten mit Kulturforum;
Zehlendorf mit Museumskomplex Dahlem; sonstige
Bezirke) dient in erster Linie Berlin-Besuchern, die auf
diese Art tageweise Museumslandschaften zum Abklappern einplanen können. Die Informationen zu
den vorgestellten musealen Einrichtungen sind
jeweils insofern ausreichend, als sie ganz offenbar
darauf verzichten, die Selbstbespiegelung der
jeweiligen Institution widerzugeben, sondern auf eigenem Augenschein beruhen. Sehr vorteilhaft hebt sich von ähnlichen Handbüchern auch das Bemühen
ab, die erst 1998 eintretenden Veränderungen in
der Museumslandschaft bereits jetzt aufzunehmen.
| umsleiter: Diese Namen könnten schon im
nächsten Jahr obsolet sein ...
Keine Erklärung findet sich rational für die Unterscheidung in beschriebene Museen einerseits und unter der Rubrik »Auch durchaus sehenswert« (S. 242 ff.) nur benannte andererseits. Die Auswahl der Beschriebenen im Gegensatz zu etlichen der bloß Benannten kann einfach nicht gedeckt sein durch das selbstbewußte Bekenntnis in der Vorbemerkung »Vorweg«, daß dieser Führer bewußt die sehens- und erlebenswerten Museen herausstelle: »So sind die Museen, die wir beschreiben, die erlebnisreichsten, wichtigsten, wertvollsten, die didaktisch und wissenschaftlich am besten aufbereiteten.« (S. 20) Dieser Anspruch korrespondiert keineswegs mit der merkwürdigen Tatsache, daß Ephraimpalais und Gründerzeitmuseum Mahlsdorf unter »Auch durchaus sehenswert« rangieren, aber »Das stille Museum« in der Linienstraße und das »Museum der verbotenen Kunst« im Schlesischen Busch (die ganz deutlich nur den Charakter allenfalls diskutabler Galerien haben) zu den im Zitat charakterisierten gerechnet werden. Völlig daneben liegt die dummdreiste Pflichtübung im Rahmen der offenbar allgegenwärtigen und in vorauseilendem Gehorsam stets abgearbeiteten »Delegitimierungs«-Vorgabe, die auf S. 169 im Zusammenhang mit der Vorstellung des Wassersportmuseums Grünau unter Bezugnahme auf Werner Philipp einbringt, »daß Rudern, Segeln und Kanu als bürgerliche Sportarten in der DDR verpönt waren«. Diese denunziatorische Entgleisung, von der sich auch der angeführte Gewährsmann distanziert, sei der Öffentlichkeit und namentlich den Hunderttausenden Wassersporttreibenden der DDR, Freizeitwie Leistungssportlern zur verdienten Abstrafung mittels homerischen Gelächters übergeben. Kurt Wernicke | ||||||
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