Kulturbund Deutscher Juden

(ehem.)
Charlottenburg,
Knesebeckstraße 28.

Hier wohnte der Mediziner, Musikwissenschaftler und Dirigent Kurt Singer (1885-1944), in dessen Wohnung am 15.7.1933 der K. gegründet wurde. Nach der Errichtung des NS-Regimes 1933 verloren zahllose jüdische Künstler, Musiker und Schauspieler ihre Engagements, und auch der Besuch von kulturellen Veranstaltungen wurde Juden verwehrt. Auf diese Ausgrenzung reagierten engagierte Juden mit dem verstärkten Aufbau eines unabhängigen jüdischen Kulturbereichs. Mit der Organisierung und Durchführung eigener Veranstaltungen sollten das jüdische kulturelle Leben erhalten und in Verbindung damit neue Erwerbsmöglichkeiten für jüdische Künstler geschaffen werden. In Berlin fanden fast täglich Veranstaltungen statt: Theater- und Opernaufführungen, Konzerte, Vorträge, Kleinkunstveranstaltungen, Filmvorführungen und Ausstellungen. 1935 existierten in Deutschland mehr als 36 regionale oder lokale Kulturbünde mit etwa 70 000 Mitgliedern in 100 Städten. Auf Grund einer polizeilichen Anordnung musste sich der K. ab 1935 "Jüdischer Kulturbund" nennen. Dieser Anordnung wurde angewiesen, sich mit allen seinen deutschlandweit bestehenden Kulturbünden bis zum August 1935 im "Reichsverband jüdischer Kulturbünde in Deutschland" (RJK) zusammenzuschließen, der dem Reichspropagandaministerium unterstellt wurde. Die Veranstaltungen unterlagen der Zensur und mussten jeweils vom "Reichskulturverwalter" Hans Hinkel (1901-1960) genehmigt werden. Dieser setzte auch eine "Judaisierung" der Spielpläne durch. Zudem wurden die Veranstaltungen von der Gestapo überwacht. Nicht-Juden war der Besuch verboten. Im Juli 1937 umfasste der RJK 112 selbständige Organisationen, darunter neben den regionalen Kulturbünden auch Synagogengemeinden und Vereine mit künstlerischer Betätigung. Die meisten Kulturbünde bestanden bis zur Reichspogromnacht im November 1938 und wurden danach zur Schließung gezwungen. Aus propagandistischen Gründen durfte der Berliner Kulturbund auf Anordnung von Joseph Goebbels am 20.11.1938 seine Arbeit wieder aufnehmen. 1939 wurde der RJK mit allen angeschlossenen Organisationen aufgelöst. An seine Stelle trat der "Jüdische Kulturbund in Deutschland e.V.". Er war als zentraler Verein für sämtliche jüdischen kulturellen Aktivitäten verantwortlich. Ihm oblag nunmehr auch die Durchführung von Veranstaltungen, die bis dahin von regionalen Gesellschaften selbständig getragen worden waren. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges musste der Kulturbund seine Arbeit stark einschränken, bis er am 11.9.1941 schließlich von der Gestapo aufgelöst wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand in der Häuserfront der Knesebeckstraße zwischen Nr. 27 und 29 lange Zeit eine Baulücke, die Ende der 1960er Jahre durch einen Sporthallenbau geschlossen wurde. An die alte Nutzung des Grundstücks Knesebeckstraße 28 erinnert heute nichts mehr.

Quellen und weiterführende Literatur:
Literatur[ Rogge-Gau ]

 

© Edition Luisenstadt, 2005    Stand: 3. Jan. 2005
Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf
www.berlingeschichte.de/Lexikon