Berlin am 9. November
   
1540 Kurfürst Joachim II. Hektor verordnet, daß die Maurer von Berlin und Cölln eine abgeschlossene Zunft bilden sollen und kein fremder Maurer sie in beiden Städten und in den umliegenden Dörfern »in ihrer Nahrung« beeinträchtigen dürfe.
 
1705 Das »Patent, wegen gewisser Ordnung, so im Verkauf des Fleisches bei Hofe und überall in den Residenzien zu halten«, erscheint in Cölln. Es legte u.a. fest, daß für die Hofküche täglich acht Kälber »gut und sonder Tadel« zu liefern seien.
1740 Wegen Versorgungsproblemen in den Residenzstädten erläßt König Friedrich II. ein »Rescript an die Chur-Märckische Krieges- und Domainen-Cammer, daß von dem vom platten Lande eingehenden Brodte von jedem nur 3 Pf. Accise genommen werden soll«.
1751 Die katholischen Pfarrer der Residenzstädte werden aufgefordert, vor Vollzug von Eheschließungen und Taufen von »vornehmen Leuten, auch fremden Officiers« diese Absicht dem Geistlichen Departement anzuzeigen und dessen Erlaubnis abzuwarten.
1763 Die türkische Gesandtschaft Achmet Effendis zieht in einem langen Zug durch das Bernauer Tor (Prenzlauer Berg) in Berlin ein.
1770 Der preußische Justizbeamte Philipp Joseph von Jariges, seit 1755 Großkanzler der Justiz in Berlin, stirbt.
1795 Das Kammergericht und »sämmtliche Regierungen in allen Königlichen Landen« werden aufgefordert, alle Buchhändler und Buchdrucker an ihre Pflicht zu erinnern, ein Belegexemplar bei der Bibliothek der Akademie der Wissenschaften zu Berlin abzuliefern.
1805 Carl Gustav Mitscherlich, Bruder des Chemikers Eilhard Mitscherlich, wird in Neuende bei Jever geboren. Er habilitierte sich 1842 an der medizinischen Fakultät der Berliner Universität und wurde 1844 zum Professor der Arzneimittellehre ernannt.
1806 Die preußischen Finanzbeamten leisten im Berliner Schloß einen Eid, alle Anordnungen der französischen Besatzungsmacht mit größter Loyalität auszuführen: die sogenannte »traurige Zeremonie«.
1816 Karl Friedrich Schinkel gibt seinen Entwurf der Neuen Wache frei zur baulichen Ausführung.
1821 Der Mechaniker Franz Anton Egells erhält bei einem Studienaufenthalt in England ein Patent auf die Verbesserung der Dampfmaschinenkonstruktion. Eggels gründete eine Maschinenfabrik, die sich erst in der Mühlen-, später in der Chausseestraße 3 befand.
1824 König Friedrich Wilhelm III. vermählt sich 14 Jahre nach dem Tode seiner ersten Gemalin, Königin Luise, morganatisch mit Auguste, Tochter des Grafen Ferdinand von Harrach, welche den Titel Fürstin von Liegnitz, Gräfin von Hohenzollern, erhielt.
1836 Karl Marx nimmt als Student in Stralau, im Osten Berlins, bei dem Fischer und Gastwirt Gottlieb Köhler, Stralow Nr. 4, Quartier.
1843 Der »Actien-Verein des zoologischen Gartens bei Berlin« gründet sich.
1848 Die im Schauspielhaus tagende Preußische Nationalversammlung wird unter Hinweis auf die ihre Sitzungen begleitenden Unruhen vertagt und für den 27. November nach Brandenburg einberufen.
1859 Anläßlich des 100. Geburtstages des Dichters Friedrich Schiller am 10. November finden in Berlin bis zum 11. November Gedenkfeierlichkeiten statt.
1874 Eine Allerhöchste Kabinetts-Order verleiht der Kolonie Friedenau (bislang zum Gutsbezirk Deutsch-Wilmersdorf gehörig) den Rang einer selbständigen Landgemeinde.
1885 In der Niederwallstraße 6 (Mitte) wird ein Doppelschulhaus eingeweiht.
1886 Im Architektenhaus (Wilhelmstraße 92, Mitte) behandelt Regierungsbaumeister Poltrock die Frage: »Soll und kann auf dem Potsdamer Platz der bekannte und von den Architekten Kallmann und Heyden entworfene Obelisk aufgestellt werden?
1887 Die Falckensteinstraße (Kreuzberg) erhält ihren Namen.
1888 Auf einer Versammlung des Berliner akademischen Vereins »Hütte« wird der Entschluß gefaßt, ein eigenes Vereinshaus zu bauen.
1905 Am Deutschen Theater in der Schumannstraße (Mitte) hat William Shakespeares »Kaufmann von Venedig« unter der Direktion von Max Reinhardt Premiere. Agnes Sorman als Porzia und Rudolf Schildkraut als Shylock waren die überragenden Spieler des Ensembles.
1905 Durch Kaufvertrag erwirbt Max Reinhardt für 2 475 000 Mark den gesamten Grundstückskomplex Schumannstraße 12, 13 a, 14 und 16 (Mitte) einschließlich Theater mit allem Zubehör von Adolph L'Arronge.
1907 Die Polizei registriert nach dem Harden-Moltke-Prozeß einen starken Rückgang der männlichen Prostitution Unter den Linden (Mitte) und an anderen Berliner Homosexuellentreffs.
1907 Auf einer Konferenz in Berlin gibt die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten bekannt, daß in Berlin nur 9 % der Arbeiter, aber 16 % der jungen Kaufleute, 25 % der Studenten und 30 % der Prostituierten geschlechtskrank sind.
1910 Günter von Drenkmann wird in Berlin geboren. Der Kammergerichtspräsident wurde 1974 von Mitgliedern der »Rote Armee Fraktion« (RAF) ermordet.
1915 Mit der Beförderung von Zeitungen beginnt der Gütertransport auf der Berliner Straßenbahn.
1916 Das erste in Staaken - vor den Toren Spandaus im »Haveler Lug« - gebaute Luftschiff »LZ 75« verläßt die Nordhalle des Flugplatzes.
1918 In Berlin wird der Generalstreik ausgerufen, der die Abdankung des Kaisers, den Sturz der Regierung und die Beendigung des Krieges zum Ziel hatte.
1918 Der Flugplatz Johannisthal wird von bewaffneten Fabrikarbeitern und revolutionären Angehörigen der in Johannisthal stationierten Marineeinheit gemeinsam besetzt.
1918 Der Metallarbeiter und »Führer der proletarischen Jugendbewegung« (SPD-Jugendsektion) Erich Habersath wird zusammen mit zwei weiteren Arbeitern vor der »Maikäfer-Kaserne« (Chausseestraße, Mitte) von regimetreuen Offizieren erschossen.
1918 Philipp Scheidemann ruft von einem Fenster des Reichstagsgebäudes (Tiergarten) die deutsche Republik aus; Karl Liebknecht ruft vom Balkon des Berliner Schlosses (Mitte) die freie sozialistische Republik Deutschland aus.
1918 Ein am Vortag von dem am 31. Oktober an die Öffentlichkeit getretenen »Vollzugsausschuß des Arbeiter- und Soldatenrates« publizierter Aufruf zum Generalstreik für den Sturz der Monarchie wird in Berlin und seinen Vororten hunderttausendfach befolgt.
1918 Hermann Duncker und Ernst Meyer geben in der Redaktion des »Berliner Lokal- Anzeigers« die erste Nummer der Zeitung »Die Rote Fahne« heraus.
1918 Kaiser Wilhelm II. übergibt den Oberbefehl über die Armee an den Chef der Obersten Heeresleitung Paul von Hindenburg. Reichskanzler Max von Baden verkündet aus eigenem Entschluß die Abdankung Kaiser Wilhelms II.
1919 In Berlin wird ein deutsch-polnisches Abkommen unterzeichnet, demzufolge deutsche Beamte in den an Polen abzutretenden Gebieten zunächst in ihren Ämtern verbleiben sollten.
1921 In Berlin findet die Uraufführung des Films »Zwischen Flammen und Fluten« in der Regie von Carl Heinz Wolff statt.
1923 Bei einer Besichtigungstour werden in Nikolassee der Berliner Oberbürgermeister Gustav Böß und der Teltower Landrat von Achenbach mit Forderungen nach Lostrennung des Gebietes von Berlin konfrontiert.
1923 Die erste deutsche Rundfunkreportage über den gescheiterten Hitler-Putsch in München gelangt per Telefon an den Rundfunksender in Berlin und wird direkt ausgestrahlt.
1928 Im Berliner Sportpalast (Schöneberg) findet die Revolutionsfeier der SPD »Nach zehn Jahren!« zum Gedenken an die Novemberrevolution 1918 statt.
1929 Die Bauordnung vom 3. November 1925 wird durch eine Neufassung ersetzt.
1930 In Berlin findet eine Festsitzung anläßlich des 40jährigen Jubiläums der Pharmazeutischen Gesellschaft statt. Den Festvortrag »Der Apotheker als Kulturträger, ein historischer Rückblick« hielt Prof. Paul Walden.
1933 Auf dem Potsdamer Platz (Mitte) inszeniert die NSDAP eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer des Hitler-Putsches von 1923 in München.
1934 Das Moabiter Schöffengericht verhandelt zum zweitenmal in diesem Jahr gegen die 26jährige Schauspielerin Brigitte Helm wegen grober Fahrlässigkeit im Straßenverkehr. Diesmal hatte sie mit ihrem Auto eine Fußgängerin angefahren.
1935 Im Lustgarten und an den umliegenden Bauten (Mitte) beginnt die Preußische Hochbauverwaltung mit baulichen und gestalterischen Veränderungen. Die Bauwerke sollten »in großen Zusammenhang« gebracht und von »störenden überalterten Beigaben« befreit werden.
1938 In der Nacht zum 10. November (Reichskristallnacht«) werden von SA- Angehörigen und NSDAP-Mitgliedern Synagogen, u.a. in der Fasanenstraße (Charlottenburg), niedergebrannt. Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet.
1938 Die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße (Mitte) wird in der Pogromnacht verwüstet und in Brand gesetzt. Dank des Eingreifens von Wachtmeister Wilhelm Krützfeld wurde weiterer Schaden abgewendet. 1943 wurde die Synagoge durch Bomben zerstört.
1947 Im Filmtheater Am Friedrichshain findet die erste Kundgebung der Jüdischen Gemeinde und des Hauptausschusses Opfer des Faschismus zur Erinnerung an die »Reichskristallnacht« 1938 unter Mitwirkung des RIAS-Orchesters statt.
1951 In der Iranischen Straße (Wedding) wird der Erweiterungsbau des Alters- und Siechenheims der Jüdischen Gemeinde eingeweiht. Das Altersheim konnte 140, das Siechenheim 35 Personen beherbergen.
1951 Bei einer Gedenkstunde an die Opfer der »Reichskristallnacht« von 1938 teilt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Heinz Galinski, mit, daß die Jüdische Gemeinde Berlin früher fast 200 000 Mitglieder zählte, jetzt aber nur noch 7 000 Mitglieder hat.
1953 Für die Opfer des Nationalsozialismus wird auf der Ostseite des Steinplatzes (Charlottenburg) ein Gedenkstein aufgestellt.
1960 Anläßlich des 22. Jahrestages der »Reichskristallnacht« wird auf der Grünanlage vor der Matthäus-Kirche in der Schloßstraße (Steglitz) die von Gisela Boeckh von Tzschoppe geschaffene Bronzeplastik »Der Gefesselte« enthüllt.
1960 Am Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße (Mitte) wird aus Anlaß des 22. Jahrestages der »Reichskristallnacht« ein Gedenkstein für die vom einst in unmittelbarer Nähe gelegenen Sammellager in die Vernichtungslager Deportierten enthüllt.
1974 Der Redakteur und Kritiker Felix Henseleit stirbt in Berlin an den Folgen eines Sturzes.
1975 Prinz Charles, der britische Thronfolger, besucht die »Tattoo-Show der britischen Armee in der Deutschlandhalle (Charlottenburg).
1975 Der Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Wolfgang Heinz (Wolfgang Hirsch) verabschiedet sich mit Lessings Stück »Nathan der Weise« als Schauspieler von seinem Publikum.
1981 Der in West-Berlin stattfindende Weltkongreß der Wirtschaftsjunioren (Junior Chamber of Commerce International), an dem ca. 4 800 Delegierte aus 84 Ländern teilnahmen, wird von Bundespräsident Prof. Dr. Karl Carstens eröffnet.
1989 Auf einer vom DDR-Fernsehen übertragenen Pressekonferenz verkündet SED-Politbüromitglied Günter Schabowski »neue Reiseregelungen« für den grenzüberschreitenden Verkehr. Praktisch bedeutete das den Fall der Berliner Mauer nach über 28 Jahren.
1992 Mit einem Festakt wird der Grundstein für den »Erweiterungsbau des Berlin Museums mit Abteilung Jüdisches Museum« in der Lindenstraße (Kreuzberg) gelegt. Der Neubau entstand nach dem Entwurf des Architekten Daniel Libeskind.
1992 Michail Gorbatschow, von 1990 bis 1991 Präsident der UdSSR, Ronald Reagan, von 1980 bis 1989 Präsident der USA, sowie Bundeskanzler Helmut Kohl werden gemeinsam für ihre Verdienste um Berlin Ehrenbürger der Stadt.
1993 An der Stresemann-/Ecke Wilhelmstraße (Kreuzberg) wird der Grundstein für die neue Bundesparteizentrale der SPD gelegt.
1993 Anläßlich des vierten Jahrestages der Öffnung der Berliner Mauer enthüllt die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Hanna-Renate Laurien, im Abgeordnetenhaus (Mitte) ein Porträt des früheren sowjetischen Staatspräsidenten Michail S. Gorbatschow.
1994 Die rekonstruierte Oberbaumbrücke, die die Stadtbezirke Kreuzberg und Friedrichshain verbindet, wird feierlich wiedereröffnet. Vor der ersten Autofahrt über die Brücke kam es zu Ausschreitungen zwischen Auto- Gegnern und der Polizei.
1997 Auf dem CDU-Parteitag zur Bezirksgebietsreform wird mit knapper Mehrheit beschlossen, die 23 Stadtbezirke mindestens um ein Drittel zu reduzieren. Der Landesvorsitzende Eberhard Diepgen hatte mit dem Koalitionspartner SPD zwölf Stadtbezirke vorgesehen.
1997 Unter starkem Polizeischutz findet im Zentrum der Jüdischen Gemeinde in der Fasanenstraße (Charlottenburg) eine Gedenkveranstaltung anläßlich der Pogrome in der sogenannten Reichskristallnacht statt.
1997 Zum achten Jahrestag des Mauerfalls wird in der Bernauer Straße (Mitte) mit dem Bau der Mauergedenkstätte begonnen. Gleichzeitig wurde das Konzept für ein Dokumentationszentrum im Gemeindehaus der Versöhnungskirche (Bernauer Straße, Wedding) vorgestellt.
1998 In der Neuen Synagoge, Oranienburger Straße (Mitte), findet die zentrale Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 statt. Am Abend nahmen 3 000 Berliner an einem Schweigemarsch zum jüdischen Gemeindehaus teil.
1998 Der Berliner Schauspieler Harald Juhnke feiert im Maxim Gorki Theater (Mitte) sein 50. Bühnenjubiläum. Vor 50 Jahren hatte er in dem damaligen »Haus der Kultur der Sowjetunion« einen russischen Offizier in dem Stück »Ljubow Jarowaja« gespielt.
1999 Im jüdischen Gemeindehaus (Fasanenstraße, Charlottenburg) findet eine Gedenkfeier zum 61. Jahrestag der Progromnacht vom 9. November 1938 statt. Unter den Teilnehmern waren die ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion und der USA, M.Gorbatschow und G.Bush.
1999 In der Kiefholzstraße (Treptow) wird für die 15 Maueropfer des Bezirkes ein Mahnmal eingeweiht. Die Metallskulptur der Künstler Rüdiger Roehl und Jan Skuin zeigte ein Mauersegment in Originalgröße und die Silhouette eines Kindes.
2000 Nach einer Zeremonie an der Neuen Synagoge (Mitte) zum Gedenken an die »Reichskristallnacht« 1938 ziehen mehr als 200 000 Menschen von der Oranienburger Straße zum Brandenburger Tor, um für mehr Menschlichkeit und Toleranz zu demonstrieren.

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