Berlin im Jahr 1806
30. 01. Der Naturforscher Alexander von Humboldt hält in der öffentlichen Sitzung der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften seinen ersten, berühmt gewordenen Vortrag über die Pflanzenphysiognomie und behandelt dabei die »Hauptformen der Vegetation«.
 
20. 03. Alexander von Humboldt schildert in einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften seine »Beobachtungen über die Wärmeabnahme in der oberen Region des Luftkreises und über die unteren Grenzen des ewigen Schnees«.
27. 03. Der Physiker Paul Erman und der Geologe Leopold von Buch werden als außerordentliche Mitglieder in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen.
11. 04. Ludwig Lohde wird in Berlin geboren. Der Architekt war Dozent am Gewerbeinstitut.
01. 05. Durch das »Reglement über die Einpfarrung des Weddings und mehrerer Etablissements vor dem Oranienburger Tor allhier« wird die Zugehörigkeit der größten Teile des Weddings durch deren Anschluß an den Pfarrbezirk der Sophienkirche geregelt.
23. 06. Der Landschaftsmaler Adolf Friedrich Harper, Hofmaler und Galeriedirektor in württembergischen Diensten, stirbt in seiner Vaterstadt Berlin.
 
04. 08. Der Schriftsteller und Kritiker Johann Gottfried Lucas Hagemeister, Lehrer am Schindlerschen Waisenhaus, stirbt im Alter von 44 Jahren.
09. 08. Die Mobilmachung der preußischen Armee zum Krieg gegen Frankreich wird in Berlin verkündet.
11. 08. König Friedrich Wilhelm III. verfügt mit einer Kabinettsorder die Gründung einer Blindenanstalt in Berlin, Gipsstraße 11 (Mitte).
20. 09. König Friedrich Wilhelm III. verläßt Berlin, um sich, begleitet von der Königin Luise, zur Armee zu begeben. Am 26. September gab er mit der Aufforderung an Napoleon, die rechtsrheinischen Gebiete zu räumen, den Auftakt zum Vierten Koalitionskrieg.
10. 10. Der 1772 im Schloß Friedrichsfelde geborene Prinz Louis Ferdinand von Preußen, Sohn des Prinzen Ferdinand, eines Bruders Friedrichs II., fällt im Vorpostengefecht gegen die Franzosen bei Saalfeld.
13. 10. Der Geograph und Germanist August Zeune eröffnet in Berlin eine Blindenanstalt.
17. 10. Der Telegraph von K. J. Lange erscheint als erste Zeitung Berlins täglich.
17. 10. Nach der Niederlage des preußischen Heeres in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 läßt der Gouverneur von Berlin, Friedrich Wilhelm Graf von der Schulenburg, auf Plakaten verkünden, daß jetzt Ruhe die erste Bürgerpflicht sei.
18. 10. Der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland reist gemeinsam mit Königin Luise nach der Niederlage der preußischen Truppen bei Jena und Auerstedt nach Ostpreußen ab.
19. 10. Der Gouverneur von Berlin, Friedrich Wilhelm Graf von der Schulenburg, flüchtet nach der Niederlage der preußischen Truppen bei Jena und Auerstedt aus der Stadt.
24. 10. Nach der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt zieht General Pierre Augustin Graf Hulin, der künftige Kommandant von Berlin, mit einer kleinen französischen Vorhut in die Stadt ein. Damit begann eine 26monatige Besatzungszeit.
25. 10. Die Festung Spandau wird von ihrem Kommandanten, Major Ernst Ludwig von Beneckendorff, kampflos an die französischen Truppen übergeben.
25. 10. In der Spenerschen Zeitung erscheint nach Einzug der französischen Truppen eine erste Mitteilung in französischer Sprache, die über die Einsetzung des Generals Pierre Augustin Graf Hulin als Kommandant der Residenz informierte.
25. 10. Nachdem bereits am Vortag eine kleine französische Vorhut unter General Pierre Augustin Graf Hulin in Berlin eingetroffen war, zieht Marschall Davout mit seinen Truppen durch das Hallesche Tor in die Stadt ein.
25. 10. Die Stadtschlüssel von Berlin werden vor dem Halleschen Tor durch den Magistrat an die französische Armee übergeben.
26. 10. Kaiser Napoleon I. besichtigt Spandau und ordnet die Instandsetzung der Festungswerke an.
26. 10. Kaiser Napoleon I. zieht von Spandau kommend in das Schloß Charlottenburg ein, das kurze Zeit vorher von der Königin Luise verlassen worden war.
26. 10. Napoleonische Truppen unter dem Kommando von Marschall Davout ziehen durch das Potsdamer Tor über den Potsdamer Platz. Am folgenden Tag ritt Napoleon I. durch das Brandenburger Tor in Berlin ein.
27. 10. Kaiser Napoleon I. zieht im Triumphzug durch das Brandenburger Tor in Berlin ein. Die napoleonische Armee hatte am 14. Oktober 1806 die preußisch-sächsischen Truppen bei Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen.
27. 10. Napoleon ordnet in Berlin die Bildung einer Bürgergarde von 1 200 Mann an, die in Zivil- und Polizeisachen den städtischen Behörden, in militärischen Angelegenheiten dem französischen Kommandanten von Berlin, General Pierre Graf Hulin, unterstellt wurde.
29. 10. Kaiser Napoleon I. beordert 2 000 begüterte Bürger in die Petrikirche und läßt sie aus ihrer Mitte eine 60köpfige Generalverwaltung wählen. Diese bestimmte ein siebenköpfiges Kollegium, das unter französischer Kontrolle die Stadt verwalten sollte.
01. 11. In der Spenerschen Zeitung wird ein Steckbrief gegen 22 Verbrecher veröffentlicht, die aus dem Stadtvogteigefängnis ausgebrochen waren.
07. 11. Das auf Veranlassung Napoleons eingesetzte siebenköpfige »Comité administratif« zur Verwaltung von Berlin tritt zu seiner ersten Sitzung zusammen. Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Beschaffung von Geld für die französische Besatzungsmacht.
08. 11. Der französische Kommandant von Berlin, General Pierre Augustin Graf Hulin, erläßt einen Tagesbefehl, in dem übermäßige Lebensmittelforderungen seitens französischer Soldaten verboten werden.
09. 11. Die preußischen Finanzbeamten leisten im Berliner Schloß einen Eid, alle Anordnungen der französischen Besatzungsmacht mit größter Loyalität auszuführen: die sogenannte »traurige Zeremonie«.
11. 11. Die »Spenersche Zeitung« veröffentlicht eine Bekanntmachung, nach der es bei schwerer Strafe verboten ist, von französischen Militärpersonen Lebensmittel und Fourage zu kaufen.
16. 11. Die preußischen Bevollmächtigten von Lucchesini und General von Zastrow unterzeichnen in Charlottenburg den von Kaiser Napoleon I. vorgelegten Waffenstillstandsentwurf. Friedrich Wilhelm III. lehnte den Waffenstillstand ab.
17. 11. Der Gouverneur von Berlin, der französische Brigadegeneral Clarke, läßt durch einen Schutzbrief »De part de L'empereur« die Pfaueninsel in der Havel unter Schutz stellen.
21. 11. Kaiser Napoleon I. verkündet in Berlin die »Kontinentalsperre«, ein totales Handelsverbot mit Großbritannien, das insbesondere die Berliner Textilindustrie in eine tiefe Krise stürzte.
25. 11. Kaiser Napoleon I. verläßt um 3.00 Uhr früh die preußische Hauptstadt.
01. 12. Das Polizeidirektorium erläßt eine Verfügung, nach der »keine öffentlichen oder sonst unsittlichen und liederlichen Mädchen in den ersten Ranglogen und Sperrsitzen des Theaters geduldet werden sollen«.
08. 12. Der Abbau der Quadriga vom Brandenburger Tor durch die Franzosen wird abgeschlossen. Einige Tage später wurde sie auf dem Wasserweg nach Paris gebracht.
13. 12. Karl Friedrich Werder wird in Berlin geboren. Der Philosoph und Dichter vertrat als außerordentlicher Professor in Berlin die Lehre Hegels.
21. 12. Die vom Brandenburger Tor herabgenommene und zerlegte Quadriga von Schadow wird, in zwölf Kisten verpackt, auf dem Wasserweg nach Paris transportiert, ebenso wie 96 Kisten mit Gemälden, antiken Bildwerken und Büsten aus den preußischen Schlössern.

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