Henning Strohband



Bürgermeister Wappen Strohband
von 1401 bis 1402, 1403 bis 1404,
1405 bis 1406, 1407 bis 1408,
1409 bis 1410, 1421 bis 1422,
1423 bis 1424, 1425 bis 1426,
1427 bis 1428, 1429 bis 1430,
1431 bis 1432, 1433 bis 1434,
1435 bis 1436, 1437 bis 1438,
1439 bis 1440, 1441 bis 1442,
1444 bis 1445, 1446 bis 1447

Henning Strohband entstammte einer alten berühmten märkischen Familie, die sich große Verdienste um Gemeinwesen und Wissenschaft erworben hatte. Sogar in Polen soll ihr Bürgerrecht verliehen worden sein. Ursprünglich ansässig in Frankfurt an der Oder, findet sich im 14. Jahrhundert ihr Name in den Ratslisten von Spandau, bis sie dann mit Beginn des folgenden Jahrhunderts in der Person von Henning Strohband an die Spitze der Stadtregierung Berlins trat.

Henning Strohband muß über ein beträchtliches Vermögen verfügt haben, da er in Zusammenhang mit verhältnismäßig bedeutenden Gelddarlehen erwähnt wird: Kurfürst Friedrich I. zahlte ihm 1424 ein Darlehen von 150 Schock Böhmischer Groschen zurück, 1429 lieh der Bürgermeister Markgraf Johann, dem Sohn Friedrichs I., 400 Schock Böhmischer Groschen. Als Gegenleistung erhielt er die Orbede (ständige Abgabe an den Landesherrn) von Strausberg als Pfand. 1430 übereignete ihm der Landesherr die Anwartschaft auf Lehensgüter in Wartenberg und Selchow.

Henning Strohband galt als sehr kluger Mann, der auch den gefürchteten und mächtigen adligen Brüdern Quitzow gegenüber eine geschickte Politik betrieb, um Berlin vor ihren Zugriffen zu schützen. Offenbar wußte auch der Kurfürst diese seine Fähigkeiten zu schätzen. Als es 1426 in Prenzlau zwischen Rat und Bürgerschaft zu Auseinandersetzungen um die Einsetzung eines neuen Rates kam, wurde er als Vermittler hinzugezogen.

In der siebenten Amtsperiode von Henning Strohband setzte eine Reihe folgenschwerer Ereignisse für Berlin ein. Nach der mehr losen Vereinigung von Berlin und Cölln im Jahre 1307 beschlossen 1432 die Regierenden beider Städte, sich zu einer außen- und innenpolitische Angelegenheiten regelnden Gemeinschaft zusammenzuschließen. Gerichtet war diese Verbindung gegen Bestrebungen des Kurfürsten, die Selbständigkeit der Städte einzuschränken. Andererseits glaubten die herrschenden Patriziergeschlechter in Berlin und Cölln, durch ihre nunmehr vereinte Macht die nach Beteiligung am Stadtregiment drängenden breiteren Schichten des Bürgertums in ihre Schranken verweisen zu können. Die alltäglichen Konflikte zwischen beiden Städten, die sich oft als Konkurrenten betrachteten, wurden zurückgestellt.

Nach der aus diesem Anlaß beschlossenen neuen Stadtverfassung wurde der gemeinsame Ratskörper von zwei Bürgermeistern und zehn Ratsmannen aus Berlin, von einem Bürgermeister und fünf Ratsmannen aus Cölln gebildet, Zins und Schoß (Abgabe) gemeinsam eingezogen und grundsätzlich für beide Städte verwendet. Die Kämmereigüter waren von jetzt an gemeinsamer Besitz, auch die Feldmarken konnten gemeinschaftlich genutzt werden. Das Bürgerrecht galt für beide Städte. Wochen- und Jahrmärkte wurden terminlich abgestimmt, um leidige Konkurrenzstreitigkeiten auszuschalten. Die Handwerkerinnungen blieben aber nach wie vor getrennt.

Die 1432 geschlossene Vereinigung hielt aber nur etwa zehn Jahre vor. Wieder einmal brachen innerstädtische Auseinandersetzungen aus. Besonders die in den "Viergewerken" vereinigten wichtigsten Handwerkerinnungen der Knochenhauer (Fleischer), Bäcker, Schuhmacher und Tuchmacher lehnten sich gegen den gemeinsamen Rat auf, dessen Amtsführung nach ihrer Meinung nur Schaden und Verderben für beide Städte gebracht hätte und forderten die Trennung Berlins und Cöllns. Der Streit nahm ein solches Ausmaß an, daß er gütlich nicht mehr beigelegt werden konnte und die Städte faktisch unregierbar geworden waren.

Die Bürgermeister Henning Strohband und Jacob Heidicke aus Berlin sowie der Cöllner Bürgermeister legten - wie auch sämtliche Ratsmitglieder - am 26. Februar 1442 ihre Ämter nieder, erschienen mit Viergewerken und Gemeinen vor dem seit 1440 regierenden Friedrich II. Eisenzahn, händigten ihm die Schlüssel zu den Stadttoren aus und riefen ihn zum Schiedsrichter an. Friedrich II. Eisenzahn, der noch weitaus stärker als sein Vorgänger nach Begrenzung der Macht der Städte trachtete - bereits bei der Erbhuldigung 1440 hatte er entgegen allen Gepflogenheiten zuerst die Eidesleistung entgegengenommen und dann erst die Privilegien der Städte bestätigt - nutzte diese Möglichkeit, um die Stadtregierung seiner Kontrolle zu unterwerfen. Er verfügte die Separierung von Berlin und Cölln, ernannte für jede Stadt wieder einen eigenen Rat und setzte für Berlin als Bürgermeister Johann Rathenow - der bereits von 1438 bis 1439 und von 1440 bis 1441 dieses Amt versehen hatte - und Augustin Völker, für Cölln Jacob Tiedicke ein. Um die patrizische Stadtherrschaft zu schwächen, ordnete er die Einbeziehung von Angehörigen der Viergewerke und der gemeinen Bürgerschaft in den Rat an und behielt sich das Recht der Bestätigung der gewählten Ratsherren und Bürgermeister vor. Das Eingehen von Bündnissen mit anderen Städten ohne Einwilligung des Landesherrn wurde verboten.

Die neuen Räte, Viergewerke und gemeine Bürgerschaft schworen Friedrich II. Eisenzahn Gehorsam und gelobten, alle seine Anordnungen einzuhalten. Offenbar hielten sich die Städte aber nicht daran, denn bereits im August desselben Jahres schränkte der Kurfürst deren Rechte noch weiter ein: Sie wurden gezwungen, ihm das höhere und niedere Gericht, das gemeinsame Rathaus an der Langen Brücke (heute Rathausbrücke) als künftigen Sitz des kurfürstliche Richters, das Niederlagsrecht, das heißt das Recht zur Einziehung von Steuern von durchreisenden fremden Kaufleuten, und einen Platz an der Cöllner Stadtmauer zum Bau eines Schlosses zu überlassen. Die Güter Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde, Rixdorf (heute Neukölln), die Berlin und Cölln 1435 vom Johanniterorden für eine hohe Summe erworben hatten und vom Kurfürsten inzwischen beschlagnahmt worden waren, erhielten sie hingegen zurück.

Die Maßnahmen Friedrichs II. Eisenzahn führten zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung. Verstärkt wurde dieser durch die angeordnete Überprüfung von Lehensurkunden durch landesherrliche Beamte. Neben dem Patriziat, das über erhebliche Besitzungen verfügte, hatten auch einfache Bürger kleine Lehen oder Anteile daran in der Umgebung Berlins erworben, ohne mitunter die vorgeschriebene Einwilligung des Kurfürsten einzuholen. Jetzt mußten sie den entschädigungslosen Einzug dieses ihres Eigentums befürchten. Die Erbitterung der Berliner führte schließlich Ende 1447/Anfang 1448 zu gewalttätigen, gegen markgräfliche Amtsträger und Einrichtungen gerichtete Aktionen, die als "Berliner Unwille" in die Geschichte eingingen. Den kurfürstlichen Richter warf man ins Gefängnis, seinen Dienern wurde das Betreten der Stadt untersagt. Im Hohen Haus, dem Wohnsitz des Kurfürsten in Berlin, vernichtete man in der dort befindlichen kurfürstlichen Kanzlei eine Reihe von Dokumenten - offensichtlich Beweisstücke über angeblich unrechtmäßig erworbene Lehen. Die Aufständischen öffneten das zur Anlage eines Schloßgrabens errichtete Wehr, was zur Überflutung eines Teils des Schloßbaugeländes führte.

Die daraufhin durch den Kurfürsten veranlaßte Vorladung der gesamten Bürgerschaft der Doppelstadt vor das landesherrliche Gericht zu Spandau wurde von Berlin und Cölln zurückgewiesen, die bewaffnete Verteidigung vorbereitet und um die Unterstützung verbündeter Städte nachgesucht. Diese allerdings versagten eine direkte Hilfe, bemühten sich jedoch gemeinsam mit einigen geistlichen und weltlichen Würdenträgern, die verfeindeten Seiten zu einem Vergleich zu bewegen. Im Mai 1448 erfolgte dann auch vor den in Spandau versammelten Ständen die Beilegung des Konflikts. Berlin und Cölln mußten erneut die Festlegungen vom August 1442 anerkennen. Vor einer weiterführenden Beschränkung der Städtefreiheit sah der Kurfürst ab. Auch konnte er eine völlige Trennung Berlins und Cöllns nicht durchsetzen. Der 1307 hergestellte Status einer Städteunion blieb bestehen. Hart bestraft wurden hingegen die Anführer des Aufruhrs, sämtlich Angehörige der reichen Patrizier- und Ratsfamilien. Ihre Lehen wurden eingezogen und hohe Geldstrafen verhängt. Über einige von ihnen sprach man sogar ein Verbannungsurteil aus: sie durften sich nicht mehr in den größeren Städten der Mark und in Spandau aufhalten. Die Alleinherrschaft des Patriziats war damit beendet.

Auch Henning Strohband hatte sich an diesem Aufstand beteiligt. Das Gericht in Spandau verurteilte ihn und seine Söhne Barthold, Heinrich und Caspar zur Zahlung von 2000 Gulden und zum Verlust ihrer Lehen. Außerdem mußte er auf eine beträchtliche Geldsumme verzichten, die ihm der Kurfürst noch schuldete. Mehr als zwei Jahre waren sie genötigt, die Folgen der Strafe zu tragen. 1451 wurden sie begnadigt und erhielten ihre Lehen zurück.

Der Historiker Carl Brecht ("Berliner Geschlechter", Bd. 1, Berlin 1888) zieht aus der langen Amtsunterbrechung bei Henning Strohband zwischen 1410 und 1421 die Schlußfolgerung, daß es sich um zwei Personen gleichen Namens handeln muß, vermutlich um Vater und Sohn, da es allen Gebräuchen jener Zeit widersprechen würde, einen Bürgermeister, der fünfmal hintereinander das Amt innehatte, in den darauffolgenden elf Jahren bei den Wahlen zu übergehen. Belegen kann Carl Brecht diese Annahme nicht. Wie vorherrschend in der einschlägigen Literatur, geht auch die vorliegende Darstellung von nur einer Person aus.

 

© Edition Luisenstadt, 1998
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