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dern mit seinem Bauwerk die deutsche Märchenwelt nahebringen. Die ersten Pläne hierzu waren als Modell auf der Berliner Kunstausstellung 1901 zu sehen.
     Da Kaiser Wilhelm II., der sich recht oft in die Angelegenheiten der Kunstdeputation einmischte, dem Entwurf Ludwig Hoffmanns seine Zustimmung verweigerte, gab es auch in der Berliner Stadtverordnetenversammlung längere Auseinandersetzungen. Der Baubeginn verzögerte sich immer wieder. Nach einer Audienz beim Kaiser betrachtete auch Hoffmann selbst seine bisherigen Vorstellungen als nicht ausgereift. Er änderte den Entwurf für den Märchenbrunnen gemäß den kaiserlichen Wünschen.
     Im Dezember 1905 beauftragte die Kunstdeputation die Bildhauer Josef Rauch, Ignatius Taschner und Georg Wrba mit der Herstellung der Modelle für die figürlichen und ornamentalen Teile der Brunnenanlage. Die Fertigstellung des Märchenbrunnens dauerte sehr lange. Grund dafür waren wohl vor allem finanzielle Probleme. Die Baukosten der Anlage waren auf 700 000 Mark veranschlagt. Der städtische Kunstetat insgesamt aber bezifferte sich nur auf 100  000 Mark pro Jahr. Und davon galt es zahlreiche weitere Kunstprojekte zu bestreiten.
     Zudem arbeiteten ja gleichzeitig mehrere Bildhauer an den mehr als 40 Gruppen und Skulpturen sowie an der eigentlichen Brunnenanlage. Das erschwerte es, die individuelle Handschrift der einzelnen Künstler zu

Achim Hilzheimer
15. Juni 1913:

Der Märchenbrunnen wird übergeben

Mehr als zehn lange Jahre sollten vergehen, ehe die Idee einer künstlerischen Ausgestaltung des westlichen Eingangs zum Volkspark Friedrichshain Realität wurde. Anläßlich der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Thronbesteigung Wilhelms II. schließlich wurde der Märchenbrunnen am 15. Juni 1913 der Öffentlichkeit zur Nutzung übergeben.
     Die nach Friedrich II. benannte Parkanlage wurde in zwei Etappen gestaltet: von 1846 bis 1848 und von 1874 bis 1876. Der Entwurf für diese Anlage, lange Zeit unbebautes Gelände einstiger Wein- und Mühlenberge, stammt von Gustav Meyer, einem Schüler Peter Josef Lennés. Meyer bezog die vorhandenen natürlichen Erhebungen in die Gestaltung des Volksparkes ein.
     Bereits 1893 hatte die gerade gegründete städtische Deputation für Kunstwerke beschlossen, den Hauptzugang zur Parkanlage in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Königstores künstlerisch auszugestalten. Die architektonische Konzeption für dieses Vorhaben lieferte 1901 der Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann. Er wollte den in der Nähe des Volksparkes lebenden vielen Kin-

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Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain
erhalten und zugleich die Geschlossenheit und Qualität des Gesamtbauwerkes zu gewährleisten. Ludwig Hoffmann selbst betonte mehrfach, daß bei den beachtlichen Dimensionen der Anlage ein höheres Bautempo unmöglich sei, wenn die Qualität nicht darunter leiden solle.
     Das spitzwinkelige Areal zwischen der Straße am Friedrichshain und der Friedenstraße wird durch eine von zahlreichen Torbögen unterbrochene Wand im Hintergrund vom übrigen Parkgelände abgeschirmt. Neben einigen Tier- und Kinderplastiken ziehen natürlich vor allem die Märchenfiguren der Gebrüder Grimm am Rande der vierstu-
figen Brunnenanlage das Interesse nicht nur der Kinder auf sich: Hänsel und Gretel auf Enten sitzend, der gestiefelte Kater, Hans im Glück, Aschenbrödel, Rotkäppchen und viele andere.
     Natürlich ist auch Schneewittchen mit seinen sieben Zwergen zu bewundern. Hartnäckig hält sich bei vielen Kennern der Anlage die Vermutung, daß als einer der sieben Zwerge kein Geringerer als Adolph Menzel auf Schneewittchens Schoß sitzt.
     Der aufmerksame Betrachter mag Ähnlichkeiten in den Gesichtszügen feststellen.

Foto: LBV/Simon

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